Tauwetter am Nordpol, Eiszeit bei uns – was ist da los?
In den letzten Tagen macht eine extreme Wärmeanomalie in der Arktis Schlagzeilen von Europa über die USA bis in Australien. Trotz Polarnacht wurden am Nordpol Temperaturen am oder sogar über dem Gefrierpunkt erreicht. Gleichzeitig herrscht im Norden Eurasiens kräftiger Frost. Warum mehr als nur der Wetterzufall dahinter steckt.
Potsdam gestern: Spaß auf dem Eis nach Feierabend (Foto S.R.)
Abb. 1 zeigt die Temperaturanomalie am 26. Februar. Mehrere Arktisexperten wiesen darauf hin, wie einmalig und “schockierend” diese Wärmeanomalie ist (siehe die verlinkten Medienberichte).
Die European Geosciences Union präsentierte diese Animation:
The #Arctic is having an off-the-charts #heatwave this week, from @EARTH3R https://t.co/fjziOtAEZF pic.twitter.com/CXgaDHuRNT
— EGU (@EuroGeosciences) February 26, 2018
Der Hamburger Meereisexperte Lars Kaleschke (gelegentlich Gastautor bei KlimaLounge) wies auf Twitter auf offenes Wasser nördlich von Grönland hin:
There is open water north of #Greenland where the thickest sea ice of the #Arctic used to be. It is not refreezing quickly because air temperatures are above zero confirmed by @dmidk‘s weather station #KapMorrisJesup. Wacky weather continues with scary strength and persistence. pic.twitter.com/YMnvCD8XvL
— Lars Kaleschke (@seaice_de) February 25, 2018
Die Arktis verändert sich drastisch
Der Arktische Rat (Arctic Council) folgert in seinem letzten Bericht (2017):
Die Arktis erwärmt sich mehr als doppelt so schnell wie der Rest des Globus. Die Dicke des Meereises in der zentralen Arktis hat 1975–2012 um 65% abgenommen. In diesem Jahr war die Ausdehnung des Meereises im Januar in der Arktis (und auch weltweit) so gering wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch der Verlust von Landeis hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt, was dazu beiträgt, dass auch der Anstieg des globalen Meeresspiegels sich immer weiter beschleunigt.
Seltsame Meldungen über die Veränderungen in der Arktis häufen sich. Im Sommer 2012 wurde eine Brücke durch die Schmelzwassermassen vom Grönlandeis weggerissen, nachdem eine Hitzewelle 97% der Eisoberfläche angetaut hatte. 2016 gab es einen großen Zyklon in der Arktis. Im August 2017 brannten wochenlang große Feuer in Grönland. Erst kürzlich durchquerte erstmals ein Frachter im Winter die Arktis ohne Eisbrecher – nachdem 2007 erstmals seit Menschengedenken die Nordwestpassage offen war.
Die Rolle des Polarwirbels
Auch wenn die Arktis sich besonders rasch erwärmt – im Langzeittrend macht das „nur“ 2 bis 3 Grad aus. Wie kann es dann zu Temperaturanomalien von 25 Grad kommen, wie in den vergangenen Tagen? Zunächst spielen hier – wie stets bei Extremen – kurzfristige Wetterschwankungen und langfristige Klimaentwicklung zusammen. Wenn diese beiden Dinge sich einfach addieren, dann würde sich praktisch weiter dasselbe Wettergeschehen abspielen, nur auf etwas höherem Temperaturniveau. Das alleine schon kann die Häufigkeit von Extremen um ein Vielfaches Erhöhen – je extremer desto mehr (das klingt paradox, ist aber eine Eigenschaft der Normalverteilung).
Aber was, wenn die Erwärmung sich nicht einfach zum normalen Wetter hinzuaddiert? Wenn die Dynamik des Wettergeschehens selbst sich ändert?
Dieser Frage geht seit vier Jahren eine von Dim Coumou geleitete und vom BMBF geförderte Nachwuchsgruppe in meiner Abteilung am Potsdam-Institut nach. Die Forschergruppe untersucht den Zusammenhang von Jetstream, Polarwirbel und Wetterextremen. Sie konnte bereits in Science aufzeigen, dass eine frühere Befürchtung tatsächlich eingetreten ist: der Jetstream hat sich über die letzten Jahrzehnte verlangsamt, dafür schwingt er stärker von Nord nach Süd und zurück: seine Mäander werden größer [cite ref="(Coumou et al. 2015)"]10.1126/science.1261768 [/cite].
Abb. 2 Der Polarwirbel Quelle: Marlene Kretschmer.
Der Polarwirbel schließt die arktische Kaltluft wie ein doppelter Ringzaun ein (Abb. 2). In der unteren Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, umschließt der Jetstream die Kaltluft. Dieses kräftige Windband markiert die Luftmassengrenze – denn auf einer rotierenden Kugel wie der Erde neigen Winde und Meeresströmungen unter dem Einfluss der Corioliskraft dazu, entlang von Linien konstanten Drucks (Isobaren) zu strömen. Weiter oben, in der Stratosphäre, bildet der Polarwirbel einen zweiten, engeren Ring, der teilweise mit dem in der Troposphäre wechselwirkt.
Doch gelegentlich bricht der stratosphärische Polarwirbel zusammen oder kehrt gar seine Strömungsrichtung um, es kommt zu einer plötzlichen, massiven Erwärmung der Stratosphäre über dem Nordpol. Diese Ereignisse sind als SSW bekannt – sudden stratospheric warming. Eine solche SSW fand vor gut zwei Wochen einer guten Woche statt (wie auch die meteorologische Weltorganisation WMO konstatierte) und ist die Ursache der aktuellen Großwetterlage.
Unsere Doktorandin Marlene Kretschmer, Diplom-Mathematikerin, benutzte in den vergangenen Jahren ausgefeilte mathematische Verfahren, um den gesammelten täglichen Wetterdaten seit 1979 ihre Geheimnisse zu entlocken. Sie analysierte die verschiedenen Zustände des Polarwirbels mit Hilfe einer Clusteranalyse – das ist ein objektiver Algorithmus, der die tägliche Lage des Polarwirbels in Gruppen einteilt [cite ref="(Kretschmer et al. 2017)"]10.1175/BAMS-D-16-0259.1[/cite]. Es kamen sieben verschiedene Gruppen, also sieben typische Verhaltensmuster des Polarwirbels dabei heraus – von einem starken Polarwirbel mittig über dem Pol bis hin zu einem gestörten schwachen Polarwirbel.
Cluster Nummer 7 ist der mit einem extrem schwachen stratosphärischen Polarwirbel, wie in der rechten Schemazeichnung. Interessant ist die dazugehörige Temperaturverteilung (Abb. 3).
Abb. 3 Die Temperaturanomalie im Mittel über alle Tage von 1979-2015, an denen der Polarwirbel im schwachen Zustand (Cluster 7) war. Quelle: Kretschmer et al. 2017.
Diese Temperaturverteilung bringt große Kälte zu uns nach Europa, und insbesondere nach Nordasien – genau wie wir es derzeit erleben.
Und jetzt kommen wir zum Klimawandel: Marlenes Datenauswertung zeigt, dass dieser schwache Cluster-7-Zustand des Polarwirbels während des Untersuchungszeitraums 1979 – 2015 zunehmend länger anhält. Die Zahl der Tage, an denen dieser Zustand herrscht, hat – gemessen am linearen Trend – um rund das Fünffache zugenommen! Dagegen tritt der Cluster-1-Zustand mit dem starken, stabilen Polarwirbel direkt über dem Pol jetzt viel seltener auf. Dies ist auch ein Grund, warum sich im nördlichen Eurasien die Winter zuletzt abgekühlt haben, gegen den globalen Erwärmungstrend [cite ref="(Cohen et al. 2012)"]10.1088/1748-9326/7/1/014007[/cite].
Aber damit nicht genug. Marlene hat in einer weiteren Studie ein innovatives Verfahren angewandt, um Kausalzusammenhänge zwischen verschiedenen Datenreihen zu identifizieren: Causal Effect Networks oder kurz CEN [cite ref="(Kretschmer et al. 2016)"]10.1175/JCLI-D-15-0654.1[/cite]. Hauptresultat: es ist vor allem der Eisschwund in der Barents-Kara-See, der zu der zunehmenden Instabilität des Polarwirbels führt. Damit führt die Indizienkette direkt zur globalen Erwärmung, die ja diesen Eisschwund verursacht. Was in der Arktis passiert, bleibt nicht in der Arktis. Es betrifft auch uns.
Marlene hat ihre Doktorarbeit Ende letzten Jahres abgeschlossen und eingereicht. Ich wünsche ihr viel Glück bei der demnächst anstehenden Disputation!
P.S. (31.3.) Durch das Paralleluniversum der Klimaskeptikerblogs (Beispiel) geistert derzeit die These, eine im Januar erschienene Studie von Jensen et al. widerspreche den in diesem Beitrag diskutierten Arbeiten. Das ist allerdings nicht der Fall – wie man schon daran sieht, dass keine dieser Arbeiten in der Jensen-Studie zitiert wird. Die Jensen-Studie befasst sich mit der Frage, wie oft im Jahr sich nach einem bestimmten Maß das Zirkulationsmuster in der Atmosphäre umstellt (Antwort: rund 30 bis 35 mal). Sie findet in Simulationen mit zwei Versionen eines grob-auflösenden französischen Klimamodells, dass sich daran in den nächsten Jahrzehnten (bis 2050) nichts nennenswert ändert. Das Ganze hat nichts mit den hier besprochenen Kaltluftausbrüchen aus der Arktis zu tun, und der Begriff “polar vortex” taucht gar nicht auf. Es ist ein typisches Beispiel dafür, wie selbsternannte “Klimaskeptiker” sich aus den jährlich mehr als zehntausend neuen Klimastudien in der Fachliteratur eine herauspicken und einem Laienpublikum irgendwas weismachen, was angeblich daraus folgen soll.
Einer der Autoren der Studie wird mit der Aussage zitiert: “Solange wir einen wärmeren Äquator und kühlere Polarregionen haben, werden wir diese Jetstreams haben”. Dem wird jeder Klimatologe sofort zustimmen, und niemand hat je etwas anderes behauptet.
Im übrigen: die von mir hier diskutierten Studien befassen sich mit der Auswertung von Messdaten – sollte tatsächlich eine Modellsimulation diesen Daten widersprechen, dann glauben die “Klimaskeptiker” diesem Modell und nicht den Messdaten? Ernsthaft?
Weiter wird die These vertreten, dass es im frühen Holozän bei ebenfalls geringer arktischer Meereisbedeckung dann ja ebenfalls solche Kaltluftausbrüche gegeben haben müsse (das ist plausibel) – das könne aber nicht sein, weil es “den Niedergang der ersten Ackerbauern/ Getreidebauern und Viehhalter zur Folge gehabt hätte”. Sie lesen richtig: Winter wie der gerade vergangene hätten angeblich zum Untergang von Kulturen führen müssen! Als einziges Argument dafür werden “Missernten” genannt – als würde Frost im Februar oder Anfang März zu Missernten führen. Das illustriert den Unterschied zwischen Blogs und der Fachliteratur: in Blogs kann jeder (zumal im Schutze eines Pseudonyms) jeden Unsinn erzählen, in der Fachliteratur dagegen muss man gute und nachvollziehbare Belege präsentieren und mit dem eigenen Namen dafür gerade stehen.
Letzter Punkt, auch typisch für “Klimaskeptiker”: die Diskussion wird personalisiert oder auf ein Institut fokussiert statt in der Sache geführt. Daher der Hinweis: ich selbst forsche überhaupt nicht zu diesen winterlichen Kaltluftausbrüchen, sondern habe hier nur über die Studien von Kollegen berichtet. An keiner dieser Studien war ich beteiligt – siehe Literaturliste unten. Es geht hier auch nicht nur um Arbeiten aus dem PIK – Eli Tziperman ist Professor an der Harvard University, Judah Cohen Klimatologe am Massachusetts Institute of Technology (MIT), usw.
Links
Arctic warming: scientists alarmed by ‘crazy’ temperature rises (Guardian)
North Pole surges above freezing in the dead of winter, stunning scientists (Washington Post)
‘Really extreme’ global weather event leaves scientists aghast (Sydney Morning Herald)
The North Pole just had an extreme heat wave for the 3rd winter in a row (Vox)
Cold winter, warm climate (Audio: Mein Interview mit BBC World Service, ab Minute 0:58)
Arctic enveloped in warmth as Europe shivers (Financial Times – mit Zitat von Marlene)
Explainer: The polar vortex, climate change and the ‘Beast from the East’ (Carbon Brief – generell eine empfehlenswerte Quelle für fachlich kompetente Hintergrundberichte zu Klimathemen)
One of the most bizarre ideas about climate change just found more evidence in its favor (Washington Post im September 2017 zu Marlenes Forschung)
Steigende Temperaturen in der Arktis führen zu Rekordwintern in Europa (Focus online im Oktober 2017 zu Marlenes Forschung)
Bin gerade auf Zeitonline am Streiten mit einem EIKE-Schreiber unter anderem über eine Äußerung von Mojib Lativ anno 2000 laut SPIEGEL (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/winter-ade-nie-wieder-schnee-a-71456.html):
“Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren [also in den 1980er Jahren] wird es in unseren Breiten nicht mehr geben”
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-02/arktis-erderwaermung-klimawandel?cid=18438332#cid-18438332
Jetzt meine Frage: Kann es wegen des zunehmend schlingernden Polarwirbels m i t t e l f r i s t i g bis ungefähr 2050 nicht doch zu vereinzelt knackigen Wintern kommen auf der Nordhalbkugel diesseits der Arktis?
Vielen Dank für Ihre Artikel und Gruß
Soweit ich weiß bezog sich die Aussage von Latif auf das Ende des 21. Jahrhunderts. Zunächst mal kann es sicher noch zu Phasen extremer Kälte kommen – ob bis 2050 kann ich nicht vorhersagen, so gut verstehen wir die Veränderungen im Verhalten des Polarwirbels noch nicht.
Themenfern, aber ich bin wissensdurstig. 🙂
Im SPIEGEL-Artikel wird Latif wie folgt zitiert anno 2000 respektive hat der Klimaforscher folgende Aussagen getroffen: Und zwar laut Latif werden wegen des Treibhauseffekts es in Mittel- und Nordeuropa künftig mehr Westwindlagen geben, was wiederum wiederum regenreiche und noch mildere Winter zur Folge hätte. Frage: Ist da schon heute eine Tendenz zuerkennen?
Zitat:
>> Deutschland wird verstärkt unter dem Einfluss von Island-Tiefs stehen, im Mittelmeerraum werden sich dagegen Azorenhochs verstärkt auswirken <> Eine wochenlange Wasserknappheit wie im vergangenen Sommer [also 2009] auf Mallorca könnte dann zur Regel werden <<
Frage: Hat seit 2000 die Wasserknappheit bis heute tendenziell zugenommen?
Mehr traue ich mich nicht zu fragen, weil Sie bestimmt sehr viel zu tun haben und auch mal Feierabend haben möchten. Vielleicht noch der Vorschlag, hier auf Scilogs eine Fragerunde einzurichten. Dann kann ich womöglich den (Pseudo)Skeptiker-Argumenten besser Paroli bieten.
Ja – der Mittelmeerraum leidet zunehmend unter Wasserknappheit und Dürre. Gibt eine Menge Literatur dazu, siehe z.B. http://www.pnas.org/content/112/11/3241
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Sehr geehrter Herr Niese,
für Deutschland können Sie hier die entsprechenden Daten bequem einsehen: https://www.dwd.de/DE/leistungen/zeitreihenundtrends/zeitreihenundtrends.html?nn=495662
Die Winter werden tatsächlich regenreicher und wärmer.
Sommerniederschläge bleiben zwar bisher gleich, aber da die Temperatur steigt, nimmt somit die Aridität zu. Den Pflanzen steht also weniger Wasser zur Verfügung.
MfG Frankfurter
Vielen Dank. Der Link unterstützt Latifs Aussage. Habe ihn in einer Antwort auf einen EIKE-Schreiber angeführt.
http://www.zeit.de/wissen/2018-03/klimawandel-eiszeit-temperatur-risiko-bodensee-podcast?cid=18818597#cid-18818597
Wenn ich höre, dass die Polarregion sich massiv erwärmt, macht mir vor allem der tauenden Permafrost mit den daraus resultierenden Methan- und CO2-Emissionen Sorgen. Hinzu kommt dann noch, dass die in den Meeressedimenten gelagerten enormen Methanhydrat-Massen durch die sich erwärmenden Polarmeere instabil werden können.
Diese beiden Phänomene wirken nach meinem Verständnis wie ein Turbolader auf die Klimaerwärmung. Ich befürchte, dass die Menschheit hierdurch ganz schnell vom driverseat verdrängt wird und der sich selbst verstärkenden Klimakatastrophe dann nur noch zuschauen kann.
Der Zeitraum, der der Menschheit bleibt, um diesen Kipppunkt zu vermeiden ist meiner Meinung nach extrem klein.
Mich wundert, dass dieser Zusammenhang von den Klimaforschern nicht stärker in den Medien thematisiert wird.
Herr Prof. Rahmstorf können Sie mir das diesbezügliche Schweigen bitte erläutern.
Für mich sind die Zusammenhänge mit Händen zu greinfen – sehe ich zu schwarz ?
@Karl Werner Grötzinger
Eine neue Studie könnte vielleicht ihre Frage zu den Gas-Emissionen beantworten:
http://advances.sciencemag.org/content/4/1/eaao4842.full
Sie kommt zu dem Ergebnis:
“Our data suggest that even if increasing amounts of methane are released from degrading hydrates as climate change proceeds, catastrophic emission to the atmosphere is not an inherent outcome,” lead study author Katy Sparrow of the University of Rochester said in a statement.
@Karl Werner Götzinger: Es gibt einige Untersuchungen zur Methan- und Kohlenstoff (CO2)-Freisetzung durch auftauenden Permafrost. Auch im Spektrum der Wissenschaft wurde das schon behandelt. Doch kaum eine Untersuchung kommt zum Resultat, dass dies den zukünftigen Treibhauseffekt dominieren wird. Was aber sicher stimmt ist, dass die klimatischen Veränderungen in der Arktik in der Summe einen deutlich positiven Rückkoppelungseffekt bedeuten, denn es summieren sich die Änderung der Albedo (Verschwinden von reflektierendem Eis), die zunehmende Begrünung im hohen Norden und die Freisetzung von zusätzlichen Treibhausgasen. Insgesamt bedeutet dies, dass sich die Erwärmung verstärkt und dass dann sogar sinkende Treibhausgaskonzentrationen (weil der Mensch die technischen Emissionen auf Null reduziert) sich nur verzögert auswirken.
Bin zwar nicht Stefan Rahmstorf, aber halten wir fest: Die Ka**e ist mächtig am Dampfen in der Umweltkrise der Zivilisation. Wird ziemlich wahrscheinlich in ein paar Jahrzehnten nicht die Rede davon sein, seit den 90ern bis heute würde zu viel Alarmismus verbreitet worden sein. Aber ich bezweifle, ob es einen Sinn haben würde, würden die Leitmedien haufenweise Worstcase-Szenarien kommunizieren. Warum? Zu deprimierend! Oder genauer: Angst kann so deprimieren, dass sie resignativ macht. Und Resignation bedeutet nicht handeln. Die Option nicht handeln braucht die Spezies Mensch wie ein Loch im Kopf.
Ein besserer Ansatz ist Besorgtheit. Weil ich besorgt bin, bin ich bereit, meinen Konsum zu ändern. Wenn ich aber zu wissen glaubte, dass wegen den Kipppunkten – genau genommenen sind sehr wahrscheinlich schon Kipppunkte überschritten – der Drops eh schon gelutscht ist: Warum dann nicht einfach ein Weiter so? So aber wenigstens …
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-02/arktis-erderwaermung-klimawandel?cid=18442338#cid-18442338
Denn wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat es Stefan Rahmstorf sinngemäß so formuliert, dass es eigentlich eine gute Nachricht ist, dass die Menschheit den Klimawandel b e g r e n z e n kann.
Passend zum Thema:
http://www.sonnenseite.com/de/wissenschaft/tauender-permafrost-produziert-mehr-methan-als-erwartet.html
Das wird unseren Kindern den Gar ausmachen – davon bin ich überzeugt !
Ich finde solche Artikel, wie diesen, bei dem es um aktuelle Forschungsergebnisse geht, immer viel interessanter als Klimaleugnerwiderlegungen… 🙂
Ich auch! Allerdings sehe ich auch, dass die Widerlegung von Mythen viele Klicks bringt, d.h. es gibt offenbar einen Bedarf dafür.
Ich mit, allerdings bin ich der Meinung, nicht jeden Pseudoskeptikermist unwidersprochen stehen zu lassen. Auch wenn es zuweilen ermüdend ist, wenn Pseudoskeptiker unermüdlich und i m m e r überwiegend mit Unterstellungen, Beleidigungen und Falschbehauptungen arbeiten. Wenn mit Pseudoskeptikern keine Diskussion möglich ist – egal, wie unkonfrontativ man oder frau agiert. Seit Jahren kenne ich das schon in den Threads auf Zeitonline von den Abstreitern: Falschbehauptungen, Unsachlichkeit, Unterstellungen, Häme, Hetze, Heuchler- und Alarmismuskeulen sowie den augenscheinlichen Vorsatz, kaum je auf Sachargumente einzugehen mit dem offensichtlichen Ziel, die Debatten zu zerstören, bis auch der oder die Letzte diesseits der Pseudoskepsis entnervt aufgibt. Wegen unablässiger Inkompetenz gepaart mit einer Arroganz, die dummerweise nur aus Ignoranz gespeist wird mit übelster Propaganda gegen den Klimakonsens.
Und da ist es schon wieder passiert: Die Beeinflussung von Debatten durch Klimaleugner. Mist. Zurück zum Inhalt des Artikels. 🙂
Gebührt nicht Vladimir Petoukhov das Verdienst, auf diesen Zusammenhang im Jahre 2010 erstmals hingewiesen zu haben?
z. B. hier:
https://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/archiv/2010/erderwaermung-koennte-winter-kaelter-werden-lassen?searchterm=Petoukhov
Wenn ich das hier oben durchschaue, kommt er gar nicht vor.
Vladimir Petoukhov’s Leistung haben wir früher hier und hier schon gewürdigt – den aktuellen Artikel wollte ich kurz halten und habe ihn auf die neuen Resultate beschränkt. Marlene Kretschmer und Kollegen schreiben in ihrem 2016 Paper: “We also find a robust pattern indicating a direct tropospheric connection of Barents and Kara sea ice and AO, as, for example, proposed by Petoukhov and Semenov (2010).” Also eine Bestätigung der früheren Arbeit.
Was ist mit den Feedbacks? Kühleres Nordasien könnte zu einer längeren Schneebedeckung führen, was die Albedo so weit erhöht, dass die Eisschmelze reduziert wird. Ebenfalls hat Grönland dieses Jahr eine Menge Schnee bekommen und die Nordhemisphärische Schneebedeckung ist massiv über dem Normwert. Auch das könnte im Frühjahr zu einer reduzierten Schmelze führen und somit stabilisierend wirken, so dass der Eisverlust (ähnlich wie letztes Jahr) vielleicht nicht so massiv ausfällt. Kann solches Feedback den Trend wieder umkehren/verzögern ? So nach dem Motto eines selbststabilisierenden Systems (was natürlich seine Grenzen hat).
Im Sommer ist der Schnee dann wieder weg – ich gehe davon aus, dass dieser Feedback daher nur kurzfristig wirksam ist und am Trend wenig ändern kann.
Beim Rutgers Snow Lab gibt es Grafiken dazu: https://climate.rutgers.edu/snowcover/chart_seasonal.php?ui_set=nhland&ui_season=2
Die Abnahme im Frühjahr und Sommer (für JJA gibt es leider nur monatliche Grafiken) der Scheebedeckung auf der Nordhalbkugel und auch in Eurasien ist deutlich stärker als die Zunahmen im Herbst und Winter. Diese Zunahmen werden von der mit der Temperatur mit steigenden Wasserdampfmengen verursacht, und von der stärkeren Schmelze aufgrund dieser Temperaturzunahme mehr als kompensiert.
das kann ja nun schlecht sein, kann ja nicht mehr Schnee schmelzen als liegt. Reden wir von Tage mit Schneedecke, der Ausdehnung der Schneedecke in m^2 oder Wasseräquivalent? So wie ich sie verstehe, wollen Sie sagen, dass der Rückgang der Ausdehnung der Schneedecke im Sommer stärker ist als die Zunahme derselben im Winter. Soweit ok, aber was ist mit dem Wasseräquivalent?
Genau weil eine wärmere Arktis auch sehr wahrscheinlich eine feuchtere Artkis ist, sind zunehmende Schneemengen im Winter durchaus interessant. So wie eine Art Puffer, ähnlich zur Chemie. Ich hab ja nie geschrieben, dass so was einen Temptrend umkehren kann. Ich bin halt als Meteorologe mehr an den Wechselwirkungen und direkten Einflüssen auf das Wetter interessiert, also an der Kurzfrist.
@Bernhard Geyer: sorry, ich schrieb nordhemisphärisch, laut MetServiceCanada ist es aber nur die nordamerikanische Schneedecke. Mein Fehler.
Von März bis August zeigt die Nordhemisphäre ein Abnahme der Schneebedeckung
Die Daten des dmi.dk zeigen für 2017/18 nur eine relativ geringe erhöhte Schneemenge. 16/17 war da stärker über den langjährigen Mittel
Die Daten der NOAA können deine Ausage nicht bestätigen. Der Februar hat praktisch eine “Punktlandung” in der Schneebedeckung gebracht.
Eine Vorhersage des Eisverlustes (Grönland/Arktisches Meereis) über mehrere Monate zu machen ist immer sehr gewagt. Trotz der geringen (Meereisverlustes) im letzen Sommer in der Arktis zeigte sich Anfangs des Jahres die Arktis wieder mit Rekordminima.
Habe mir versucht, die stärkeren Auslenkungen des Jetstreams zu erklären und bin dabei auf den guten alten Kreisel gestoßen: Ein Kreiselsystem ist umso stabiler, je schneller es sich dreht, sprich mit Bewegungsenergie “aufgeladen”. Wird der Kreisel durch Reibungsverluste langsamer, fängt er an zu torkeln, wobei die Ausschläge immer größer werden.
Beim Jetstream werden die Ausschläge größer, weil der Temperaturunterschied zwischen Äquator und Nordpol kleiner, damit die Süd-Nordströmung langsamer und die Kreiselgeschwindigkeit geringer wird. Das System wird immer instabiler und läßt sich auch leichter durch äußere Einflüsse stören und eben ablenken.
Ganz zum Erliegen kommt der Kreisel Jetstream aber nicht, weil ja die geometrischen Verhältnisse der Kugel und die unterschiedliche Sonneneinstrahlung bestehen bleiben.
Als Kinder haben wir das Kreisel mit einer an einem Stab befestigten Schnur “am Kreiseln gehalten”. Praktizierte, spielerische Wissenschaft außerhalb jeglicher Lehranstalt. Und auch noch freudvoll. Und auch noch energie- und rohstoffsparend.
Garnichtmal so doof die Altvorderen, wie wir immer wieder meinen. –
Gilt übrigens auch für den guten alten Hebel, wenn er richtig angesetzt wird. Politiker und Politikerinnen sind ist da wenig erfolgreich, weil sie immer wieder am falschen, kürzeren Ende anpacken.
Naja, sie leben eben noch in der Vorsteinzeit und da war der Keil noch nicht erfunden bzw. gefunden. Spalten konnten sie aber schon damals …
Harald Jochums / u.a. Archetekt für Ökologisches Bauen / Duisburg-Rheinhausen
“Unsere Doktorandin Marlene Kretschmer, Diplom-Mathematikerin, benutzte in den vergangenen Jahren ausgefeilte mathematische Verfahren, um den gesammelten täglichen Wetterdaten seit 1979 ihre Geheimnisse zu entlocken. Sie analysierte die verschiedenen Zustände des Polarwirbels mit Hilfe einer Clusteranalyse – das ist ein objektiver Algorithmus, der die tägliche Lage des Polarwirbels in Gruppen einteilt.”
Der Zeitraum von 1979 -2018 ist doch recht kurz. Satellitendaten vor 1979 gibt es offensichtlich nicht. Also muss man langjährige Zeitreihen der Wetterstationen untersuchen. Die Zunahme von Kälteperioden sollte zu einer größeren Variabilität der Temperaturen in den Wintermonaten führen. Schaut man sich das gleitende 30-Jahres-Mittel der Standardabweichung für die einzelnen Wintermonate an (Hohen-Peißenberg ab 1781), kann man keine systematische Änderungen in jüngster Zeit erkennen.
Die Betrachtung eines längeren Zeitraums bringt hier relativ wenig, da der größte Teil der globalen Erwärmung und vor allem des Eisschwundes in der Arktis innerhalb der Satellitenperiode aufgetreten ist. Eine Einzelstation, zumal am Rande des vom Cluster 7 betroffenen Gebietes, wird da auch wenig Aufschluß bieten können.
Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte: Doch, die beobachteten Veränderungen anhand der Satellitenmessungen über fast drei Jahrzehnte sind aussagekräftig, zumal im Kontext mit in Massen anderen Messergebnissen, mit den weltweiten Klimaveränderungen und im Kontext von Albedo und anderen Rückkopplungen, Kipppunkten, Meeres- und Luftströmungen sowie physikalischen Gesetzen und was ich sonst noch so nicht aufgezählt habe?
Warum sollten Wetterdaten von 1781 – 2006 eines Bergobservatorium in einem oberbayrischen Landkreis die Behauptung rechtfertigen, dass die Winter in Deutschland n i c h t milder geworden sind seit den 70er Jahren? Fehlen ein dutzend Jahre. Wer sagt, dass die Winter in Hohenpeißenberg
n i c h t milder geworden sind seit 2006? Ist nur ein winziger Mosaikstein aller Wetterdaten. Wetterdaten von vielen, vielen Messstationen über viele Jahrzehnte dokumentieren, d a s s die Winter gemittelt milder geworden sind in Europa. Dass wegen der offenkundig schmelzenden Arktis und des schlingernden Jetstreams vereinzelt knackige Kälteperioden erklärbar sind und in näherer Zukunft auftreten werden können, legen klimawissenschaftliche Erkenntnisse nahe. Aber auch dass die mittlere Wintertemperatur in Deutschland von 1761 bis 2013 in den linearen Trendlinien die Tendenz aufweist, dass die Winter überm Strich milder geworden sind in Deutschland. (https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/winter-in-deutschland/ )
Behaupte ich einfach mal so nicht nur in Deutschland, sondern auf den vielen Wetterstationen und aufgrund vieler Satellitenmessungen der restlichen Nordhalbkugel der diesseits aller Pseudoskepsis schmelzenden Arktis. Wie käme ich als Laie darauf, daran zu zweifeln? Ist Zweifeln so geil, dass man die Gesamtbetrachtung im Kopf negiert? Mist, und wieder polemisch geworden. Polemischer als P.Berberich. Aber wer kann widerlegen, dass die Winter in Hohenpeißenberg bis 2006 allein nicht widerlegen können, dass die Winter
– und nicht nur die – aufgrund der hauptsächlich menschlich verursachten Erderwärmung überm Strich wärmer geworden sind?
Dass der Jetstream nach der Metapher von Harald Jochums nicht nur über Deutschland wie ein sich immer langsamer drehender Kreisel seine Rotationskraft verliert, ist einleuchtend. Ist doch eine gute Nachricht, wenn die Doktorandin und Diplom-Mathematikerin Marlene Kretschmer herleiten kann, dass vorwiegend der Barents-Kara-See es ist, der zu der zunehmenden Instabilität des Polarwirbels führt, die wahrscheinlich auch uns betreffen und betreffen werden. Heißt, dass die Zivilisation trotz Erwärmung Mittel vorhalten sollte, damit Zivilisation nicht zusammenbricht, wenn es Minus 15 Grad ist oder wie Huf schneit. Ist nur so eine Vermutung fern aller akademischen und intellektuellen Reputation: Schneerekorde sind möglich in den nächsten Jahrzehnten, die alles menschenerlebte in den Schatten stellen. Braucht nur Europa bei gleichbleibenden Werten unter Null Grad wochenlang unter einem Tiefdruckgebiet liegen, welches Wasser für Schneefälle aus einen warmen Atlantik saugt. Schneefälle, auf die sich die Zivilisation vorbereiten kann. Dank der Klimawissenschaft. Und wer weiß, vielleicht kann menschengemachte Albedo gerade in der Region des Barents-Kara-Sees dazu beitragen, das Schlingern des Jetstreams zu b e g r e n z e n?
Der Barentssee, der Karasee, der Ostsee, der Nordsee…
@ Prof. Rahmstorf
Eine Aussage des Artikels ist, dass je größer die Standardabweichung einer Temperatur vom langjährigen Mittel nach oben ist, umso mehr diese auf die Globale Erwärmung zurückzuführen ist. Der Grund dafür ist die Normalverteilung, nach der durch die Globale Erwärmung die Wahrscheinlichkeit für extreme heiße Temperaturen mehr steigt als für weniger extrem heiße Temperaturen. Warum ist das so?
Das ist unter dem Link zu dieser Aussage erklärt und grafisch dargestellt.
Meinerseits rein eine Frage:
Über sehr lange Zeit ändert sich ja die Schrägstellung der Erdachsse gegen die Umlaufbahn.
Kann sich das in irgend einer Weise auswirken?
Natürlich, die Periode dieses Zyklus beträgt 41.000 Jahre ist in paläoklimatischen Daten deutlich ersichtlich. Über 100 Jahre hat das aber keine messbaren Auswirkungen.
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Meiner laienhaften Vorstellung nach, müsste eine stärkere Schiefstellung zu größeren Jahreszeitenunterschieden führen. Und somit zu größeren Temperaturunterschieden zwischen Nord- und Südhalbkugel.
Und das wiederum sollte zu insgesamt stärkerer Wärmeabstrahlung führen, da diese ja exponentiell (^4) zur Temperatur erfolgt.
Ergo müsste die durchschnittliche Globaltemperatur bei stärkerer Schiefstellung abnehmen….
Ungeachtet, ob diese sehr langsame Änderung überhaupt im Laufe von Jahrzehnten wahrnehmbar ist.
MfG Frankfurter
Der Zyklus hat eine Periode von 41.000 Jahren und ist – wie die Milankowitsch-Zyklen generell – für die Klimaentwicklung über die letzten Jahrzehnte vernachlässigbar. Welche Auswirkungen die Zyklen über längere Zeiträume haben ist in den einschlägigen Lehrbüchern zur Paläoklimatologie erklärt, z.B. dem Ruddiman.
Die üblichen Verdächtigen halten sich hier auffallend zurück. Es geht ja auch um die Realität. Ich habe im Internet unter dem Suchbegriff “Unwetter Paraguay” deutschsprachige Beiträge gefunden, die belegen, dass dort die Starkregenereignisse sich in den letzten 4-5 Jahren vervierfacht haben. Die Hauptstadt meldet jetzt häufig “Land unter”. Deshalb meine Frage an Prof. Ramstorf: Wie sieht es auf der Südhalbkugel aus?
Die Unwetter in Südamerika dürften auch stark vom Wetterphänomän El Nino geprägt sein. Neben den “vollständigen” El Nino 2015/16 gab es in der Gegend auch noch einen sogenannten “Küsten-El Nino”. Diese sorgen an der West-Küste Südamerikas immer für sehr starke Niederschläge. Im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung könnten diese in Zukunft noch viel stärker Ausfallen.
Mir scheint, wir haben eine ganz typische “Petuchow-Wetterlage”, Herr Professor ?!
http://www.karstenhaustein.com/reanalysis/gfs0p5/ANOM2m_equir/ANOM2m_fcstMTH_equir.html
Hier kann man die weitere Temperaturentwicklung in der Arktis nach der extremen Temperaturspitze vom 26.2.18 verfolgen:
http://ocean.dmi.dk/arctic/meant80n.uk.php
Wie gut zu erkennen ging danach Temperatur wieder auf einen der Jahreszeit „angemessenen“ Wert zurück und folgt nun anscheinend dem Mittelwert von 1958 – 2002. Temperaturspitzen in der Zeit von Januar bis März gab es schon oft, wie man aus den Temperaturverläufen der Jahre seit 1958 erkennen kann, nur waren sie in wenigen Jahren ähnlich hoch.
Zwar ist die vom Meereis bedeckte Fläche der Arktis (Link oben im Blog) die kleinste seit Beginn der Messungen, gleichzeitig entwickelt sich nun zur Zeit das Meereisvolumen, das bis vor 2 Wochen auch auf dem fast niedrigsten Stand seit Beginn der Messungen war, wieder hin zu deutlich größerem Volumen – eine mir seltsam vorkommende Entwicklung:
http://ocean.dmi.dk/arctic/icethickness/images/FullSize_CICE_combine_thick_SM_EN_20180317.png
In der Physik, wozu die Klimaforschung gehört, ist Kausalität der nachweisbare direkte Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Der Zusammenhang von Zahlenreihen dagegen kann niemals eine Kausalität beweisen, nur eine aufzeigen Korrelation. Deshalb meine Frage zum im Blog genannten neuartigen Verfahren, da ich dies so aus dem abstract nicht herauslesen konnte: Funktioniert das Verfahren so, dass zuerst miteinander korrellierende Datenreihen herausgesucht werden und dann überprüft wird, ob diesen Datenreihen einer immer gleiche Abfolge von physikalischen Vorgängen entsprechen, die man bei einer genügend großen Anzahl gleicher Abfolgen dann als Kausalfolgen ansieht?
Die Aussage „Erst kürzlich durchquerte erstmals ein Frachter im Winter die Arktis ohne Eisbrecher“ im Blog ist so nicht richtig, denn das Schiff „Eduard Toll“ ist zwar ein Frachter, aber es ist gleichzeitig auch ein Eisbrecher, so dass es sich alleine den Weg durchs Eis bahnen kann:
http://teekay.com/blog/2018/01/31/eduard-toll-teekays-first-icebreaker-lng-carrier-newbuilding-delivered/
Da laut Internetseite insgesamt 6 derartige Flüssigkeitsgastanker gebaut werden sollen oder schon gebaut sind, kann man davon ausgehen, dass die Reederei nicht damit rechnet in den nächsten Jahren eine ganzjährig eisfreie Nordwestpassage vorzufinden.
Diese neue Studie: “The Dynamic Character of Northern Hemisphere Flow Regimes in a Near-Term Climate Change Projection” http://www.mdpi.com/2073-4433/9/1/27/htm widmet sich den Jetstreams, die ja im direkten Zusammenhang mit dem Polarwirbel stehen und kommt im Gegensatz zur beschriebenen Doktorarbeit zum Ergebnis, dass sich in den letzten 31 Jahren keine Änderungen zeigen, die dem Klimawandel zuzurechnen wären. – Das ist eben Wissenschaft, Studien zu gleichen oder verwandten Thema kommen eben auch mal zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Sehr geehrter Herr Rahmsdorf!
Vor zwei Tagen wurde auf Nature das Paper “Limited influence of climate change mitigation on short-term glacier mass loss”, https://www.nature.com/articles/s41558-018-0093-1, veröffentlicht. Leider habe ich keinen Zugriff auf die gesamte Publikation. Aber in der Ankündigung auf http://www.sonnenseite.com steht “Forscher der Universitäten Bremen und Innsbruck zeigen in einer aktuellen Studie, dass das weitere Abschmelzen der Gletscher im laufenden Jahrhundert nicht mehr verhindert werden kann – selbst wenn alle Emissionen jetzt gestoppt würden”.
Weiter heißt es dort „…Etwa 36 Prozent des heute noch in Gletschern gespeicherten Eises würde langfristig auch ohne weiteren Ausstoß von Treibhausgasen schmelzen. Das heißt: Gut ein Drittel des heute noch vorhandenen Gletschereises ist auch mit den ambitioniertesten Maßnahmen bereits nicht mehr zu retten.“
Wenn das zutreffen sollte, kann man abschätzen was das für Auswirkungen auf den Meeresspiegel hat und handelt es sich hier um einen Kipppunkt der überschritten wurden?
Das Eis braucht Zeit zum schmelzen, daher schmilzt es immer noch eine Weile weiter, auch wenn die Temperatur nicht mehr ansteigt. Laut dieser Studie entspricht das heute vorhanden Gletschereis einem globalen Meeresspiegelanstieg von ca 30 cm. Ein gutes Drittel dieses Eises wird auch ohne weiteren Temperaturanstieg noch verloren gehen, daher sind selbst bei sorfortigem Stopp der Erwärmung noch gut 10 cm Meeresspiegelanstieg fest einprogrammiert. Aber: nur durch die Gletscher! Das Problem mit der verzögerten Reaktion ist bei den großen Kontinentaleissmassen auf Grönland und der Antarktis viel viel größer. Nach einer Studie meines Kollegen Anders Levermann ist pro Grad Erwärmung langfristig mit 2-3 Metern Meeresspiegelanstieg zu rechnen, und ein Grad Erwärmung haben wir schon. Von den daher zu erwartenden 2-3 Meter Anstieg haben wir aber erst ca. 20 cm hinter uns, der Rest kommt noch, auch ohne weitere Erwärmung.
Ab wann haben eigentlich die Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler auf dem Schirm gehabt, dass durch die überdurchschnittliche Erwärmung der Arktis das Wetter verrückt spielt, weil die Polarwinde ins Schlingern kommen? Doch bestimmt länger als vier Jahre, als im Potsdam-Institut der Zusammenhang von Jetstream, Polarwirbel und Wetterextremen untersucht wurde.