Zwischen Ozean und Vulkan

Für ihre Bewerbung um den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation 2021 in der Kategorie Geographie veranschaulichte Lisa Eberhard, was sie in ihrer Promotion erforscht hat.

Die äußere Hülle der Erde setzt sich aus einzelnen Platten zusammen. Durch die Bewegung dieser Platten kommt es an einigen Stellen dazu, dass eine Platte in den Erdmantel abtaucht. Dadurch wird Material in das Erdinnere transportiert. Durch vulkanische Aktivitäten kommt ein Teil davon wieder an die Erdoberfläche zurück. Die Prozesse dazwischen sind jedoch tief im Erdinneren verborgen. Spezielle Hochdruckexperimente helfen nun diese besser zu verstehen.

Die Plattentektonik ist eine Theorie, die beschreibt wie sich die einzelnen Platten der festen Erdoberfläche relativ zueinander bewegen. Die Theorie ist jedoch noch gar nicht so alt. Erst Mitte des letzten Jahrhunderts wurde sie weitestgehend akzeptiert. Der Grund dazu lag in den Ozeanen. Man nahm an, dass sich zum Beispiel Afrika und Südamerika voneinander wegbewegen. Der Ozeanboden dazwischen besteht, wie auch die Kontinente selber, aus festem Gestein. Lange war es nicht möglich zu erklären, wie sich die Kontinente durch den Ozeanboden bewegen. Heute weiß man, das geschieht durch die Bildung von neuem und Konsumierung von altem Ozeanboden. Und genau dies ist ein zentraler Prozess, der auch die Zusammensetzung des Erdmantels und der Erdatmosphäre beeinflusst.

In der Mitte der Ozeane befinden sich die Mittelozeanischen Rücken. Hier drückt heißes Material aus dem Erdmantel nach oben und schiebt den Ozeanboden auseinander. Das Material kühlt aus und bildet neue Gesteine. Um das Volumen der Erde konstant zu halten, muss dieser Prozess kompensiert werden. Das geschieht durch Subduktion, das Abtauchen ozeanischer Erdplatten in den Erdmantel. Die Gesteine werden dabei im Erdinneren recycelt.

Die ozeanischen Gesteine werden ungefähr 200 Millionen Jahre alt bevor sie subduziert werden. In dieser Zeit finden chemische Reaktionen zwischen dem Meerwasser und den Gesteinen statt, wie zum Beispiel die Aufnahme von Wasser, Sauerstoff, Kohlenstoff und Schwefel. Durch die Reaktion mit Wasser werden die Gesteine in Serpentin umgewandelt. Serpentin kennt man vor allem als grünes, massives Gestein aus Architektur und Handwerk. Eine wichtige chemische Eigenschaft von Serpentin ist sein hoher Wassergehalt. Er kann bis zu 13 Gewichtsprozent Wasser speichern. Wasser ist dabei nicht etwa flüssig, sondern gebunden im atomaren Kristallgitter. Während dieser Reaktion wird auch Eisen, das in den Gesteinen vorhanden ist, oxidiert. Der Oxidationszustand der Gesteine wird dadurch höher.

Bei der anschließenden Subduktion wird das nun wasserhaltige, oxidierte Gestein in den Erdmantel transportiert. Im Prinzip ist es möglich, alles Wasser aus den Ozeanen über das ganze Erdzeitalter zu subduzieren. Das ist aber nicht der Fall und deshalb muss es Prozesse im Erdinneren geben, die das Wasser zurück an die Erdoberfläche bringen. Häufig finden sich Vulkane entlang der Subduktionszonen. Hier treten neben Lava auch Gase aus Wasserdampf, Kohlenstoff- sowie Schwefelverbindungen aus. Ein Indiz dafür, dass subduziertes Material durch vulkanische Aktivität zurück zur Oberfläche gelangt. Das gängige Modell der Subduktionszone zeigt, dass mit zunehmender Tiefe im Erdmantel der Druck und die Temperatur zunehmen. Dabei kommt es zu Reaktionen, die Wasser aus dem Serpentin freisetzen. Das Wasser fließt von der subduzierten Erdplatte in den darüber liegenden Erdmantel. In der Umgebung von Wasser schmilzt der Erdmantel, da Wasser den Schmelzpunkt heruntersetzt. Die Schmelzen wiederum kommen durch vulkanische Aktivität zurück an die Erdoberfläche. Häufig wird auch beobachtet, dass das vulkanische Material sehr oxidiert ist. Wasser, freigesetzt in der subduzierten Erdplatte, könnte gelöste Kohlenstoff- und Schwefelkomponenten enthalten und diese wiederum den Erdmantel und die daraus entstehenden Schmelzen oxidieren.

Skizze einer Subduktionszone. Am Ozeanboden wird Wasser aufgenommen, im Bild dargestellt als hellgrüne Schicht. Durch die Subduzierung wird es in den Erdmantel transportiert. Ein Teil des Wassers wird wieder freigesetzt und gelangt durch Vulkanismus zurück an die Erdoberfläche.
© Lisa Eberhard

Das Innere der Erde ist jedoch nicht zugänglich. Um sich ein Bild von den Prozessen tief unter der Oberfläche zu machen, müssen Wissenschaftler unter anderem auf Experimente zurückgreifen. Wir haben dazu Serpentingestein in kleine Goldkapseln eingeschweißt. Die Kapseln wurden dann in speziellen Hochdruckpressen komprimiert. Dabei wurden Drücke von 3 Gigapascal erreicht. Das entspricht dem 30’000-fachen vom Luftdruck an der Meeresoberfläche. Gleichzeitig haben wir die Kapseln auf mehrere hundert Grad Celsius aufgeheizt. Nach dem Experiment haben wir die Kapseln aufgeschnitten und mit verschiedenen analytischen Methoden die Minerale und ihren Oxidationszustand untersucht.

In den Experimenten ist Serpentin bei 500 Grad Celsius noch stabil. Zwischen 550 und 650 Grad Celsius zersetzt er sich und Wasser wird frei. Die Resultate zeigen auch, dass sich der Oxidationszustand der Gesteine mit zunehmender Temperatur verringert. Damit haben die Resultate auch großen Einfluss auf das Verständnis von der chemischen Entwicklung im Erdmantel. Häufig wurde angenommen, dass kleinste Mengen an oxidiertem Schwefel gelöst im Wasser den hohen Oxidationszustand der Schmelzen aus dem Erdmantel erklären. Ganz unabhängig vom ursprünglichen Oxidationszustand erreicht Serpentin immer Bedingungen, bei welchen Schwefel in seiner reduzierten Form ist. Schwefel kann also nicht den Erdmantel oxidieren. Der Kohlenstoff kommt jedoch bei den Bedingungen in seiner oxidierten Form CO2 vor und hat damit tatsächlich das Potential, den hohen Oxidationszustand der subduzierten Platte an den Erdmantel und die daraus resultierenden Schmelzen zu übertragen.

Ein Problem bleibt aber trotzdem: Die Löslichkeit von CO2 bei diesen Bedingungen ist relativ klein. Um einen großen Effekt zu erzielen, müssen große Mengen an CO2 transportiert werden und dazu benötigen wir einen enormen Wasserumsatz. Das wirft gleich die Folgefrage auf, wie das freigesetzte Wasser in den Mantel gelangt. Serpentingestein ist stark geschichtet. Es wurde postuliert, dass diese Schichtung einen Einfluss darauf hat, wie Wasser durch das Gestein fließt und wie viel Wasser überhaupt den Erdmantel erreicht. Auch das haben wir mit unseren Hochdruckexperimenten untersucht. Das Serpentingestein wurde diesmal erst in eine Hülle aus Magnesiumoxid eingepackt und erst dann in die Goldkapsel eingeschweißt. Wasser das in diesen Experimenten freigesetzt wird reagiert mit Magnesiumoxid. Anhand dieser Reaktion konnten wir nun zeigen wo genau das freigesetzte Wasser durchfließt und ob es zum Beispiel der Schichtung folgt. Die Experimente jedoch zeigten keinen Zusammenhang zwischen der Schichtung und dem Fließen des Wassers. Das mag zunächst mal enttäuschend klingen. Es zeigt aber auch, dass Reaktionen, die Wasser frei setzen, die Gesteinstextur so verändern, dass Richtungsabhängigkeiten, wie Schichtungen, verloren gehen. Wasser kann dann besser durch das Gestein in den Erdmantel gelangen und dabei mehr Kohlenstoff mitnehmen. Das wiederum begünstigt die Oxidation im Erdmantel und beeinflusst die Zusammensetzung der vulkanischen Gase und damit die Erdatmosphäre.

links: Ophikarbonate sind Gesteine die Wasser und CO2 in Form von Serpentin (grün) und Karbonat (weiss) enthalten. Der Hammer dient als Massstab. rechts: Dasselbe Gestein unter dem Mikroskop. Der Serpentin (hier grau) zeigt eine starke Foliation. © Lisa Eberhard

Lisa Eberhard hat von 2012 bis 2017 an der Universität Bern Geologie studiert. In der Masterarbeit hat sie sich das erste Mal mit Serpentin beschäftigt. Während der anschließenden Promotion an der Universität Bayreuth hat sie offene Fragen experimentell beantwortet. Seit September 2021 forscht sie an der Universität Utrecht.

1 Kommentar

  1. Faszinierend an der Plattentektonik finde ich, dass die Kräfte, die sie antreiben seit Milliarden von Jahren am Werk sind. Über diese Zeiträume sind gewaltige Mengen an Material umgewälzt worden. Und trotzdem blieb die Erde und die Plattentektonik in gewissem Sinne immer jung, anders als Tiere und Menschen, die eine Phase der Jugend, der Reife und des Alters durchlaufen. Wobei: Natürlich musste auch die Plattentektonik zuerst ins Laufen kommen. Es gab also eine erste Phase des Aufbaus. Doch seither, scheint mir, haben sich keine Abnützungserscheinungen bemerkbar gemacht.

    Wie in diesem Beitrag ja erklärt wird, sind in den Jahrmilliarden seit die Plattentektonik aktiv ist unter anderem soviel Wasser in den Erdmantel transportiert worden wie das gesamte Weltmeer enthält. Zum Glück ist dieses Wasser alles (?) wieder an die Oberfläche zurückgekehrt.

    Interessant fände ich die Frage, ob die plattentektonischen Vorgänge irgendwann zum Erliegen kommt. Die Energiequelle der Plattentektonik ist die Wärme des Erdinnern und diese Wärme stammt zum grossen Teil (zur Hälfte ungefähr) aus dem radioaktiven Zerfall von: Uran-238 (238U), Uran-235, Thorium-232 und Kalium-40. Zum Glück, kann man sagen, hat Uran238 eine Halbwertszeit von über 4 Milliarden Jahren und Thorium-232 eine von über 14 Milliarden Jahren.

    Ohne Plattentektonik gäbe es auf der Erde wohl kein höheres Leben. Überhaupt musste unheimlich viel zusammenkommen, damit Leben nicht nur entstehen, sondern sich über Jahrmilliarden entwickeln konnte.

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