Der Diäten-Wahnsinn nach Weihnachten

BLOG: Die Sankore Schriften

Die Welt ist voller Rätsel
Die Sankore Schriften

Bauch vergib mir, ich habe gesündigt! Viele Leute packt jetzt im Januar das schlechte Gewissen, weil sie zur Weihnachtszeit so genüsslich zugelangt haben. Man konnte sich vor süßen Leckereien kaum retten: Es wurden Plätzchen und Kuchen bis zum Umfallen gebacken. Adventskalender versprachen hinter jedem Türchen ein Stückchen Schokolade und der Weihnachtsmarkt lockte mit Glühwein und Spanferkel. Als großes Finale gab’s dann am Heilig Abend die fette Weihnachtsgans. Jetzt sieht man an Figur und Gewicht was diese Kalorienbomben angerichtet haben – und will ganz schnell etwas ändern. Doch wie anfangen?

Viele Zeitschriften locken auf ihren Titelseiten mit Turbo-Diäten ihre Leser zum Kauf: „Im Nu zehn Kilo weniger“,  „In zwei Wochen fünf Kilo abspecken“, „In fünf Tagen zur Traumfigur“. Natürlich geht man das neue Jahr – den neuen Vorsätzen folgend – mit Schwung an und schafft mit eiserner Disziplin tatsächlich in wenigen Wochen einige Kilos abzunehmen. Doch die Freude hält nicht lange.

Das Dreigestirn: Selbstkasteiung, Lustlosigkeit und Versuchung

Das Tückische an diesen Hungerkuren: So schön das Gefühl abgenommen zu haben auch ist, die wenigsten wissen, dass sie während dieser Crash-Diät kaum Fett, sondern hauptsächlich Wasser verloren haben. Die meisten solcher Diäten sparen nämlich an Kohlenhydraten und so beginnt der Körper während einer Diät logischerweise erstmal damit die Kohlenhydratreserven zu verbrennen. Diese Reserven liegen als der Zucker Glykogen im Muskel vor. Im Körper ist Glykogen an Wasser gebunden. Ist das Glykogen irgendwann aufgebraucht, wird das Wasser, welches an Glykogen gebunden war, ausgeschieden.

Zusätzlich wird im Hungerzustand, um die Kohlenhydratreserven wieder aufzubauen, durch die Gluconeogenese Glucose hergestellt –  allerdings auf Kosten der Proteine. Es kommt zu einem gefährlichen Eiweißabbau. Das Eiweiß für diesen Prozess wird hauptsächlich aus den Muskeln gewonnen.

Gerade Diäten, bei denen ein schneller Gewichtsverlust erzielt werden soll, schlagen in der Regel 900 bis 1300 Kalorien pro Tag vor. Das ist für den Körper längerfristig nichts anderes als ein Hungernotzustand. Der Körper schraubt seinen Energieverbrauch herunter, denn nur so kann er diese Hungerperioden überhaupt überstehen. Das hat zwei Nachteile:

Erstens wächst die Sehnsucht nach einem leckeren Eis, einer Tafel Schokolade oder einem saftigen Steak. Je länger die Diät dauert, desto schwieriger wird es den Versuchungen zu widerstehen. Es drohen Heißhungerattacken.

Zweitens fühlt man sich schlapp, lustlos und es tritt Konzentrationsschwäche ein (weil das Gehirn, was von allen Organen den höchsten Brennstoffbedarf hat, nicht genug Energie bekommt). Wer hat da noch Lust Sport zu treiben? Aber Sport ist notwendig wenn man dauerhaft abnehmen will. Ohne Bewegung nützt alles nichts.

Ohne Bewegung geht gar nichts!

Du nimmst nur ab, wenn Du mehr Energie verbrauchst als Du zu Dir nimmst. Das nennt man eine negative Energiebilanz. Beim Sport verbrauchst Du Energie und beschleunigst langfristig deine Körperfunktionen.  Die beschleunigten Körperfunktionen haben eine Beschleunigung des Stoffwechsels zur Folge, sodass auch wenn Du kein Sport treibst, also der Körper in Ruhe ist, mehr Energie verbrauchst. Der Grundumsatz des Körpers (die Menge an Energie die der Körper in Ruhe verbraucht) wird durch Sport erhöht.

Der sogenannte Jojo-Effekt beruht auf einem erniedrigten Grundumsatz.  Durch die Diät sinkt der Grundumsatz nach unten. Isst man nach der Diät wieder normal, nimmt man mehr Energie auf als der Körper zurzeit verbraucht. Es kommt zu einer positiven Energiebilanz. Man nimmt schnell wieder zu, weil sich der Stoffwechsel nicht so schnell umstellen kann.

Eine europäische Studie weist daraufhin, dass eine proteinreiche Ernährung mit magerem Fleisch, fettarmen Milchprodukten, Hülsenfrüchten und wenig raffinierten Stärkeprodukten wie Weißbrot diesem Effekt am besten entgegen wirkt. Im Rahmen dieser Studie machten 772 Familien eine achtwöchige Diät, anschließend sollten sie weitere sechs Monate eine von fünf vorgegebenen Diäten einhalten. Am erfolgreichsten war eine Kombination von niedrigem glykämischen Index und hohen Proteinanteil [1].

Regelmäßiger Sport erhöht den Anteil an Muskelmasse an deinem Körpergewicht. Diese Zunahme  wiederum verbessert die Fettverbrennung. Auch die Hormone, die der Körper beim Sport ausschüttet verbessern die Fettverbrennung. Und schließlich werden beim Sport Endorphine ausgeschüttet: Diese führen zu einer guten Laune und erhöhen so das Durchhaltevermögen.

Doch wie viel Sport soll es sein?

Optimal ist, wenn Du mit zweimal 45 Minuten Sport am Tag beginnst. Natürlich darfst Du dabei Pausen machen. Aber 90 Minuten täglich müssen es schon sein. Nach zwei Wochen reichen dann schon 45 Minuten täglich aus, nach drei Monaten genügen dann schließlich zwei bis drei Trainingseinheiten die Woche, um den Körper zu ausreichender Fettverbrennung anzuregen.

Achte beim Sport darauf, dass dein Puls nicht über 130 Schläge pro Minute geht. Das ist gewährleistet, wenn Du dich beim Laufen, Radfahren oder Schwimmen noch unterhalten kannst ohne außer Atem zu kommen. Liegt der Puls höher als 130 beginnt der Körper nämlich mit dem Abbau von Kohlenhydraten, anstatt Fett. 1 g Fett liefert doppelt soviel Kalorien wie 1 g Kohlenhydrate oder Eiweiß.

Fett ist meist konzentriert, während Kohlenhydrate im Volumen gewaltig auftragen. So beanspruchen 500 Kohlenhydratkalorien in Nudeln etwa 600 g der Mehlspeise. 500 Fettkalorien dagegen haben problemlos in einer einzigen Bratwurst Platz. Wer seinen Kalorienbedarf größtenteils über Fett abdeckt, hat schnell seinen Tagesbedarf erreicht, ohne viel gegessen zu haben.

Für den Abbau von Fett braucht der Körper aber Sauerstoff, der steht jedoch für den Abbau nur zur Verfügung wenn der Körper sich nicht zu schnell bewegt. Für den Abbau der Kohlenhydrate braucht man zwar keinen Sauerstoff erhält dafür aber auch weniger Energie, muss also mehr Einheiten Kohlenhydrate abbauen als bei Fett um den gleichen Energiebedarf zu decken. Dafür steht die Energie viel schneller zur Verfügung als beim Fettabbau.

Betreibe am besten unterschiedliche Sportarten um einseitige Belastungen zu vermeiden. Optimal sind Sportarten, bei denen Du eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftsport hast, beispielsweise Nordic Walking und Gymnastik.

Abnehmen kann nur wer satt ist!

Diät ist keine Selbstkasteiung! Wichtig sind auch beim Abnehmen eine ausreichende Sättigung und eine Nahrungsaufnahme mit Genuss ohne rigide Einschränkungen. Vollkornprodukte, Obst und Gemüse haben einen hohen Ballastanteil und halten lange satt. Das Problem: Ballaststoffe führen dem Körper keine Energie zu und schmecken oft nicht so lecker wie….Du weißt schon 😉  

Weißmehlprodukte, Süßigkeiten, Kuchen, Kekse rufen allerdings den Heißhungereffekt hervor: Durch den hohen Anstieg des Blutzuckers nach dem Verzehr dieser Lebensmittel, wird sehr viel Insulin ausgeschüttet um den vielen Blutzucker schnell in die Zellen zu transportieren. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel wieder ganz schnell ab und es entsteht wieder ein Heißhunger. Obwohl man gerade gegessen hat, hat man wieder Hunger. Ein Teufelskreis

Wichtig ist, dass man den Blutzucker langsam und kontinuierlich auf- und abbaut durch ballaststoffreiche Ernährung. Damit der Genuss und die Energieaufnahme nicht zu kurz kommen, sollte man deshalb ballaststoffreiche und zuckerhaltige Ernährung kombinieren z. B. ein Vollkornbrot mit Marmelade. Gut ist es auch vor dem Essen und während des Essens ein Glas Wasser zu trinken, das macht schneller satt und unterstützt die Verdauung.

[1] Diets with High or Low Protein Content and Glycemic Index for Weight-Loss Maintenance N Engl J Med, November 25 2010, 363, 2102-2113.

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

10 Kommentare

  1. Diäten-Wahnsinn

    Manchmal denke ich im Zusammenhang mit der vorweihnachtlichen Völlerei, dass der Islam mit seinen Fastenwochen im Ramadan gar nicht so verkehrt liegt. Natürlich kann sich auch hier oft der Jo-Jo-Effekt nach einem übermässigen Fasten einstellen, aber er erzieht dennoch zur Selbstdiszipiln beim Essen.

  2. Kraftsport

    “Achte beim Sport darauf, dass dein Puls nicht über 130 Schläge pro Minute geht. Liegt der Puls höher als 130 beginnt der Körper nämlich mit dem Abbau von Kohlenhydraten, anstatt Fett.”

    “Optimal sind Sportarten, bei denen Du eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftsport hast.”

    Sehen Sie da keinen Widerspruch?

    Beim Kraftsport verbraucht man ausschließlich Kohlenhydrate, und das in großer Menge. Glucose wird hierbei nur bis zum Pyruvat abgebaut und dann als Laktat ins Blut freigesetzt. So kann man aus ca. 300g Muskelglykogen nur ca. 80 kcal im Skelettmuskel gewinnen. Die hat man bei Kraftsport schnell verbraucht und bekommt sie nur zum Teil über den Cori-Zyklus zurück.

  3. @Jürgen Bolt

    Kraftsport ist für mich z.B. Gewicht heben oder Arm drücken. Krafttraining findet daher meistens mit Hanteln oder anderen Gewichten statt. Ich glaube nicht, dass da eine hohe Pulsrate entsteht. Ich glaube vieles hängt von der Intensität und Dauer ab. Muskeln verbrauchen viel Energie, sogar im Liegen oder Sitzen.

    Beim Krafttraining werden Muskeln aufgebaut. Das Pyruvat aus der anaeroben Glykolyse wird dazu benutzt Aminosäuren herzustellen und letztendlich Proteine für den Aufbau des Muskels.

    Aus Pyruvat wird z.B. durch Transaminierung Alanin.

    Das Pyruvat, was in den Citratzyklus geht, wird später zu Alphaketoglutarat (Vorstufe von Glutamat, Glutamin, Prolin Arginin) und Oxalacetat (Vorstufe von Aspartat, Asparagin, Methionin, Threonin, Lysin, Isoleucin) umgewandelt.

  4. @Joe Dramiga: Kraftsport II

    Danke für die Antwort. Ich halte es nur für keine gute Idee, Kraftsport in Phasen zu betreiben, in denen man eine negative Energiebilanz haben möchte, um Gewicht zu reduzieren. Die Begründung haben Sie in Ihrem Beitrag gegeben: man verbraucht dabei extrem viel Kohlenhydrate, die man bis zur nächsten Trainingseinheit wieder auffüllen muß. Eine hohe Zufuhr an Kohlenhydraten (und Eiweiß – die Aminogruppen, die auf Pyruvat transferiert werden können, müssen ja schließlich irgendwo herkommen) und eine negative Energiebilanz sind schwer gleichzeitig zu realisieren.

    Dagegen scheint es mir sinnvoll, im Verlauf längerfristiger Gewichtsreduktion Phasen einzubauen, in denen man Kraftsport bei ausgeglichener Energiebilanz betreibt.

    Daß beim Krafttraining keine sehr hohen Pulsraten entstehen, ist richtig, sagt aber nichts über den Energiestoffwechsel im trainierten Muskel. Die Pulsfrequenz als Hinweis auf die Belastungsintensität ist nur aussagekräftig, wenn die Gesamtmasse der trainierten Muskeln so groß ist, daß der Sauerstoffbedarf des Gesamtorganismus deutlich steigt. Wenn man z.B. den Latissimus an seiner anaeroben Schwelle trainiert, hat das auf Herzleistung und Atmung keine nennenswerten Auswirkungen, dazu ist er einfach zu klein.

    Die Intensität beim Krafttraining muß aber, um morphologische Änderungen auszulösen, auf jeden Fall jenseits der anaeroben Schwelle liegen.

    Das gilt selbst für das in Fitneßstudios übliche Kraftausdauertraining: 15 Wiederholungen oder 45 Sekunden Belastung, den Widerstand so gewählt, daß man danach (wegen lokaler Laktatazidose) erschöpft ist, dann Pause, in der man eine andere Muskelgruppe trainiert, usw. Und das Ganze dann dreimal. Danach sind die Glykogenspeicher der trainierten Muskeln weitgehend erschöpft.

    Geht man von einer Reduktion des Muskelglykogens von 200g aus, werden damit gut 500g weniger gebundenes Wasser. Dazu kommt der Salzverlust über den Schweiß (1-4g/l; und 1g Salz bindet 125ml Wasser). Ergibt etwa 1 Kilo Gewichtsreduktion durch Wasserverlust bei einer Stunde Krafttraining.

    Diesen Trick modischer Diäten, hohe Effektivität durch Wasserausscheidung vorzutäuschen, kritisieren Sie ja völlig zurecht. Ich würde sagen, derselbe Trick wird beim Krafttraining angewandt. Oder sehe ich da etwas falsch?

  5. @Jürgen Bolt: Kraftsport II

    Erstmal vielen Dank für deine detaillierten Informationen zum Training in den Fitnessstudios und zu dem was im Muskel dabei passiert.
    Viele Wege führen nach Rom. Ich denke wir sind uns in den Zielen einig und darüber, dass man an mehreren Punkten gleichzeitig ansetzen muss. Übergewichtige haben eine stark positive Energiebilanz. Ich möchte verhindern, dass die Kohlenhydrate in Fett umgewandelt werden. Deshalb verbrauche ich einen Teil der Kohlenhydrate beim Sport, den anderen Teil benutze ich für den Proteinaufbau im Muskel, damit mehr Muskeln entstehen.
    Übergewichtige belasten über die Maßen dauerhaft ihre Gelenke, Rückenschmerzen und Co. sind die Folge. Dem will ich entgegenwirken indem ich die Muskulatur stärke und die Gelenke entlaste.
    Die eigentliche Fettverbrennung ist für mich Sache des Ausdauersports. Denn mehr Muskelmasse nützt wenig wenn die Arterien durch Fettablagerungen verkalkt sind und der Muskel nicht ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe bekommt. Ein Grund das Rauchen einzuschränken oder ganz damit aufzuhören.
    Wenn ich Dich richtig verstanden habe, sollte man also erstmal Ausdauersport machen und das Krafttraining auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?

  6. @verwoehnwe

    Beim Ramadan ist es ja so, dass der Gläubige vom Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang nichts isst, nichts trinkt. Zwischen Sonnenuntergang und Morgendämmerung wird gegessen.
    Bei den Christen sollen die Katholiken und die Orthodoxen ja von Aschermittwoch bis Ostersonntag fasten. Dazu eine kleine Anekdote: Ein Freund von mir meinte, er würde bis Ostersonntag kein Bier mehr trinken. Was für ein Verzicht!
    Also außer für eine bestimmte Zeit nichts zu essen kommt sowieso noch eine geistige/spirituelle Dimension hinzu – z.B. Selbstdisziplin. Aber dazu können Dir die Blogger von Chronologs mehr sagen.

  7. @Joe: Ja

    “Wenn ich Dich richtig verstanden habe, sollte man also erstmal Ausdauersport machen und das Krafttraining auf einen späteren Zeitpunkt verschieben?” Das scheint mir sinnvoller.

    Die durchschnittliche tägliche Kohlenhydratzufuhr in Deutschland ist ca. 1000 kcal. 600-700 verbrauchen Nervensystem und Erythrozyten obligatorisch. Da bleibt für die Muskeln – selbst ohne Einschränkung der Kalorienzufuhr – nicht mehr viel übrig. Kaum genug für Ausdauer- und bestimmt zuwenig für Kraftsport. Wenn man beim Kraftsport echte Ergebnisse erzielen möchte, sollte man auf ausreichende Kohlenhydrat- und Eiweißzufuhr achten und nicht auf Kalorienreduktion. Wie Du sagst: lieber nacheinander. Das ist jedenfalls mein Infostand.

  8. Kalorien

    Interessanter Text…das mit dem Glas Wasser vor dem Essen habe ich mal versucht,aber es hat nicht viel gebracht. Jetzt versuche ich es mit Kalorien zählen. Kennt jemand gute Pastarezepte,die wenig Kalorien enthalten?

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