Warum wir die Entdecker brauchen
BLOG: Zündspannung

Die Zeiten sind hart, überall soll und muss gespart werden. Warum wir trotzdem die Entdecker, die durch Neugierde getriebene Wissenschaft weiter finanzieren müssen, erklärt der wunderbare Brian Cox, Teilchenphysiker, im Rahmen eines TED-Vortrags. Für diejenigen, die den englischsprachigen Vortrag lieber im Original anschauen wollen: Ich füge ihn unten ein. Für alle anderen meine kurze Zusammenfassung:
Cox beginnt dabei mit einer Übersicht über die britischen Ausgaben für Wissenschaft im Jahr 2008/2009: von dem 620 Milliarden Pfund Jahresbudget werden gerade einmal 3.3 Milliarden für Wissenschaft ausgegeben-ein Prozentsatz, der in Deutschland ganz ähnlich ist.
Als nächstes geht Cox darauf ein, was dieses eingesetzte Geld "bringt": Die Erforschung des Sonnensystems hat zunächst einfach wunderschöne Bilder produziert, wie das folgende von der Cassini-Mission:
Es zeigt den Saturnmond Enceladus, unten links ist Saturn zu sehen (der tatsächlich weiter von der Sonde entfernt ist als der Mond, aber eben auch viel größer ist). In der Mitte des Bilds ist eine Überraschung zu entdecken: Nahe des Südpols von Enceladus bricht gerade ein Geysir aus, der Wassereis in das All schleudert. Der Mechanismus zur Erklärung dieser Ausbrüche sagt Seen aus Wasser unter der Oberfläche des Monds voraus – was die Möglichkeit des Lebens bieten könnte.
Der Hauptkandidat für Leben außerhalb der Erde in unserem Sonnensystem ist allerdings der Jupitermond Europa.
Durch Missionen zu diesem Mond wissen wir, dass die vielen Striche auf Europas Oberfläche tatsächlich Risse in seinem Eispanzer sind, unter dem sich ein hunderte Kilometer tiefes Meer befindet. In diesem Meer befindet sich mehr Wasser als in allen Ozeanen der Erde zusammen!
Durch die Erforschung des Sonnensystems können wir somit auch mehr über die profunde Frage erfahren: Sind wir allein im Universum?
Aber er gibt, so Cox, auch weiteren Nutzen der Wissenschaft als die Ehrfurcht vor den Wundern der Natur.

Diese Supernovae sind dann häufig genauso hell wie die Zentren der Galaxien, die sie beherbergen. Dank der Grundlagenforschung und dank unseres Wissens über grundlegende Physik, wie die Physik der Atome, wissen wir mittlerweile, dass alle schweren Elemente (schwerer als Eisen) in solchen Sternenexplosionen entstanden sind.
Die Wissenschaftler, die die Atome erforscht haben, haben sicher nicht vorgehabt, irgendwann Transistoren zu ermöglichen oder zu zeigen, dass die Bausteine des Lebens in Sternexplosionen geformt werden – aber es ist geschehen.
Die Wissenschaft kann wunderbare Schönheit und Verblüffendes hervorbrigen, aber auch tiefgehende Erkenntnisse über unseren Platz im Universum und unseren Heimatplaneten.
Bild: CICLOPS team
Dieses Bild wurde während der Cassini-Mission aufgenommen – und es zeigt im Hintergrund die Erde, vom Saturn aus gesehen. Das Bild, das die Erde aus der größten Entfernung zeigt, ist allerdings ein anderes: das berühmte "Pale Blue Dot" – Bild.
Auf Initiative Carl Sagans hat sich die Voyager-Sonde im Jahr 1990 umgedreht und die Erde fotographiert – aus einer Entfernung von über sechs Milliarden Kilometern. Die Erde hatte dabei die Größe von weniger als einem Pixel und befand sich im Bild zufällig in einem der gestreuten Sonnenstrahlen:
Bild: NASA
Sagan hat über diesen hellblauen Punkt gesagt (Übersetzung von mir):
Betrachten Sie diesen Punkt noch einmal. Das ist Hier, das ist Zuhause, das sind wir. Auf diesem Punkt hat jeder, den Sie lieben, jeder, den Sie kennen, jeder, von dem Sie je gehört haben, jeder Mensch, den es je gab, sein Leben gelebt. Die Summe von Freude und Leid, tausender selbstbewusster Religionen, Ideologien und Wirtschaftsdoktrinen, jeder Sammler und Jäger, jeder Held und Feigling, jeder Erschaffer und Zerstörer von Zivilisationen, jeder König und Bauer, jedes junge Liebespaar, jede Mutter und Vater, jedes hoffnungsvolles Kind, jeder Erfinder und Entdecker, jeder Moralprediger, jeder korrupter Politiker, jeder "Superstar", jeder Führer, jeder Heiliger und Sünder in der Geschichte unser Spezies lebte dort – auf einem Stäubchen in einem Sonnenstrahl.
Cox endet mit der Erinnerung daran, dass das Argument, dass wir genug über unsere Welt wissen, schon immer gebracht wurde und auch wohl immer wieder aufgeführt werden wird. In den 20ern wäre es vor der Entdeckung von Penizilin gekommen, in den 80ern vor der Entwicklung des Transistors – und auch heute wird wieder gesagt, dass wir doch sicherlich genug wissen, wir müssten nichts neues mehr herausfinden. Als Erwiderung darauf zitiert er Humphry Davy (Übersetzung wieder von mir):
Nichts ist so fatal für den Fortschritt des menschlichen Geists wie die Annahme, dass unsere Auffasssung der Wissenschaft die ultimative ist; dass es keine Mysterien in der Natur gibt; dass unsere Triumphe komplett sind; und dass es keine neue Welten zum Erobern gibt.
Und hier jetzt endlich der Vortrag von Brian Cox, unbedingt anschauen!
Vielen Dank
für diese schöne Zusammenfassung!