Ultrakalte Ionen, etwas wärmere staubige Plasmen und wachsende Teilchen (EPS Tag 2)

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Von meinem Lieblingsvortrag (über Star Trek Schilde) am Tag 2 habe ich ja bereits berichtet. Hier möchte ich einige andere meiner persönlichen Highlights vom zweiten Tag der Konferenz über Plasmaphysik der Europäischen Physikalischen Gesellschaft berichten. Morgens habe ich einen der Plenarvorträge besucht, über "Tanzende Ionen nahe dem absoluten Nullpunkt" von Thomas Killian von der Rice University in Houston.

Mit dem absoluten Nullpunkt ist der Temperaturnullpunkt gemeint, 0 Kelvin, oder etwa -273 Grad Celsius. Die Gruppe von Killian kühlt Atome mittels eines genau abgestimmten Lasers auf Temperaturen im mK-Bereich. Diese Kühlmethode gab in den 90ern einen Nobelpreis, sie nutzt aus, dass die Photonen des Lasers einen Impuls übertragen und die Bewegung von Atomen damit, wenn sie von beiden Seiten angestrahlt werden, dämpfen können.

Zusätzlich zu diesem Kühllaser werden die Atome in Killians Aufbau noch mit einem Anregungslaser bestrahlt, dessen Energie genau abgestimmt ist, so dass Elektronen aus den Hüllen der Atome gehoben und auch noch deren Energie genau bestimmt werden kann. Somit werden die Atome ionisiert und ein Plasma erzeugt.

Dieses System zeigt einige "klassische" Plasmaphysik wie normale, schwach gebundene Plasmen, z.B. dehnt es sich aus. Andererseits zeigt es aber auch stark gekoppelte Phänomene, der Kopplungsparameter (das Verhältnis von Coulombenergie zu thermischer Energie) ist größer als 1, allerdings nur wenig, so dass das System am ehesten als flüssig zu bezeichnen ist. Killian hat einige schöne Bildgebungstechniken vorgestellt, mit der die Ausdehnung der Plasmen genau beobachtet werden kann. Nach der Theorie fliegen zunächst die Elektronen mit der höchsten Energie weg, wodurch sich ein Feld aufbaut, das die restlichen Elektronen an das System bindet. Das Gesamtsystem dehnt sich aber immer weiter aus, da es kein Confinement gibt (das ist für die Zukunft geplant). Dabei werden verschiedene Effekte beobachtet, z.B. die Auswirkungen der Oszillationen der Elektronen um ihren Gleichgewichtspunkt.

Ein anderer interessanter Vortrag wurde von Oleg Petrov vom Institut für hohe Temperaturen in Moskau gehalten. Es ging um externe Kräfte auf Komplexe Plasmen. Zunächst sprach Petrov von den Auswirkungen eines Magnetfelds, was ich ja bereits bei dem Poster am Vortag gesehen habe.

Besonders interessant fand ich den Teil des Vortrags über Komplexe Plasmen in cryogenischen DC-Entladungen. Dabei wird der gesamte Ausbau in flüssigen Stickstoff oder sogar flüssiges Helium getaucht, das das System auf 77 K bzw. 4 K abkühlt. Dabei wurde eine sinkende Teilchenladung und kleinere Teilchenabstände der Mikroteilchen im Plasma beobachtet.

Außerdem wurde superdichte Mikroteilchenstrukturen gesehen, wobei mir nicht klar ist, ob dieses Phänomen mehr als einmal aufgetreten und wiederholbar ist oder nicht (ich nehme eher an, dass es eine zufällige Beobachtung war).

Mein letztes persönliches Highlight der Vorträge, die ich am Dienstag besucht habe, war der Vortrag von B.W. James über Entladungsdiagnostik während Teilchenwachstum. Die Experimente zu diesem Vortrag wurden hauptsächlich von einem befreundeten Doktoranden, Lénaic Couedel, durchgeführt, der im Moment in Sydney dabei ist, seine Doktorarbeit zusammenzuschreiben.

Es wurden in einem Plasmareaktor Teilchen durch Sputtering produziert, dazu werden Mikroteilchen auf die untere Elektrode gelegt, von denen durch den Ionenstrom Bruchstücke abbrechen und in das Plasma aufsteigen. Danach kleben mehrere dieser Teilchen zusammen, so dass mit der Zeit immer größere Mikroteilchen in dem Plasma wachsen.

Die Spannung, die im Mittel relativ zwischen dem Plasma und den Elektroden anliegt, ändert sich während dieses Teilchenwachstums, was daran liegt, dass mehr und mehr Elektronen auf den Teilchenoberflächen gebunden werden und sich der Fluss der Ionen und Elektronen zu den Elektroden anpassen muss.

Es wurden außerdem die Spektrallinien des Plasmas untersucht, womit nachgewiesen wurde, dass zumindest am Anfang die Elektonen keiner Maxwell-Verteilung gehorchen. Allerdings scheint es so zu sein, dass die Energieverteilung der Elektronen mit größeren Mikroteilchen dann wieder Maxwell-ähnlicher wird.

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

1 Kommentar

  1. Eingemachte

    Das ging ja ganz schön ins Eingemachte und alles habe ich nicht verstanden. Da fehlt halt das nötige Fachwissen. Ich fand es dennoch interessant zu lesen. Den Star Trek Artikel muß ich mir auch noch zu gemüte führen, wenn ich Zeit habe.

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