Spannende Wochen

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Die letzten Wochen waren sehr spannend bei uns im Institut.

Vor zwei Wochen sind unsere russischen Kollegen zu Besuch gekommen und haben die Daten der letzten Mission auf der Raumstation mitgebracht, die vorher von der Sojuz zurück zur Erde geholt wurden.

Das läuft dann immer so ab, dass das gesamte Team sich in einem Besprechungsraum trifft und die Videos der Daten anschaut. Wir haben dabei einiges an sehr schöner Kristallisation der Mikroteilchen im Plasma beobachten können, und auch die Durchdringung einer Wolke von Teilchen von anderen, neu eingeschüttelten.

Blasen, wie sie auf der Erde unter Einwirkung von Thermophorese entstehen (und die unter anderem Teil meiner Doktorarbeit sind), konnten wir allerdings leider wieder nicht sehen; die Teilchen wurden durch den angelegten Temperaturunterschied einfach zur Seite gedrückt. Natürlich ist auch das Nicht-Auftreten eines Effekts ein Ergebnis (wenn auch kein sehr befriedigendes): Es scheint mittlerweile alles darauf hinzudeuten, dass wirklich ein sehr großer Temperaturunterschied notwendig ist, um die Blasen zu erzeugen.

Danach haben wir dann die nächste Mission begonnen zu planen, die vermutlich im Juli durchgeführt werden wird. Es wird wieder drei Experiment-Tage geben, die uns (d.h. den Wissenschaftlern des russischen JIHT und meines Instituts gemeinsam) zur Verfügung stehen, und ausnahmsweise einen zusätzlichen Tag für eine Gruppe von japanischen Wissenschaftlern.

Zuerst haben wir unsere drei Tage geplant. Es soll zum Beispiel wieder Experimente zur Spur-Bildung von sich durchfließenden Teilchenwolken geben. Außerdem sind wir durch das Experiment mit den nicht-existenten Blasen auf eine andere Idee gekommen, wie wir eventuell eine bestimmte Instabilität in der Mikroteilchenflüssigkeit erzeugen können, die wir auch gleich ausprobieren werden.

Danach sind dann die Japaner zu Besuch gekommen. Sie haben schon in der Vergangenheit Experimente von dem Labor auf der ISS ausgewertet und haben zuerst ihre Ergebnisse in Vorträgen vorgestellt. Dann ging es an die Planung von dem zusätzlichen Experiment-Tag, wobei die japanischen Wissenschaftler in die Nähe des sogenannten "Kritischen Punkts" kommen können, in denen ein Phasenübergang verschwindet.

Theoretische Vorhersagen für die Position dieses Punkts gibt es auch für unsere Komplexen Plasmen, allerdings sind die Parameter experimentell kaum zu erreichen (z.B. müsste die Teilchendichte sehr viel höher sein als die bisher erzielte). Die Japaner haben nun vorgeschlagen, Experimente bei höheren Leistungen zu machen als wir sie bisher verwenden, was vermutlich ganz neue Effekte hervorrufen wird. Man kann gespannt bleiben.

Auch die Woche danach war interessant, gekrönt von dem Start von Herschel und Planck, an dem meine Gruppe zwar nicht beteiligt ist, dafür aber viele unserer Kollegen am Institut, mit denen wir mitgefiebert haben.

Ende der Woche bin ich dann ins Flugzeug nach Amerika gestiegen. Sonntag abend hat der "Workshop on the Physics of Dusty Plasmas" in Boulder, Colorado, begonnen. Gestern gab es bereits viele interessante Vorträge, heute wird auch wieder spannend, da muss ich auch selbst meinen Vortrag halten.

Leider kann ein russischer Kollege aus unserer Gruppe am Institut nicht teilnehmen, da sein Visum nicht rechtzeitig eingetroffen ist (und das Visum eines anderen Kollegen erst ganz kurz vor dem Abflug). Von anderen ausländischen Wissenschaftlern weiß ich, dass sie die Prozedur der Visums-Beschaffung zwischendurch aufgegeben oder wegen der Probleme dabei gar nicht erst versucht haben. Eigentlich kann man solche Konferenzen in den USA gar nicht mehr veranstalten, da zu viele Wissenschaftler wegen solcher Probleme nicht teilnehmen können. Die USA leiden darunter am meisten.

Nun ja, ich werde die Zeit trotzdem genießen. Boulder ist eine tolle Stadt direkt an den Rocky Mountains, die viel bietet. Danach geht es dann in den Endspurt meiner Doktorarbeit.

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

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