ISS – Besatzung vollständig
BLOG: Zündspannung

Seit gestern die Sojuz an der Internationalen Raumstation angedockt hat, ist die permanente Besatzung der ISS zum ersten Mal in ihrer Geschichte vollständig. Ab jetzt werden sechs Astronauten / Kosmonauten dort leben und forschen – zum ersten Mal steht etwa 50 Prozent der verfügbaren Zeit für die Wissenschaft zur Verfügung. Die Besatzung ist auch wirklich international – sie besteht aus einem Amerikaner, einem Kanadier, einem Japaner, einem Europäer und zwei Russen. Der ESA-Astronaut, Frank de Winne, hat damit die OasISS – Mission gestartet, in der viele wissenschaftliche Experimente durchgeführt werden sollen. Mehr dazu bei den Kollegen von den Kosmologs.
Im einem kleinen Rückblick zeigt eine wirklich sehenswerte Animation die Konstruktion der Raumstation und macht noch einmal anschaulich, welch ein Aufwand eigentlich in die ISS gesteckt wurde und wie viele Raktenstarts notwendig waren. Eine wirklich beachtliche Leistung.
Ich bin vor allem gespannt auf die wissenschaftlichen Ergebnisse, die jetzt zu erwarten sind. Einen Überblick findet man zum Beispiel auf den (nicht ganz aktuellen) Seiten der NASA.
Quellen: UniverseToday, Raumfahrer.net, NASA, ESA; Bild: NASA TV
Bin da gleich gespannt wie du, was jetzt wir jetzt für Ergebnisse gewinnen.
Wenn ja mehr Personen dort arbeiten, gibt es wahrscheinlich auch mehr Entdeckungen.
Ich denke wir können gespannt sein
Wissenschaft auf der ISS
Wir hatten ja schon einmal Ansätze einer Diskussion dazu, was nun eigentlich an bahnbrechender Wissenschaft auf der ISS betrieben wird und, daran gekoppelt, die Frage, ob der wissenschaftliche Nutzen bei der Rechtfertigung der enormen Kosten nicht unangemessen hochgehängt wird.
Die NASA-Seite, auf die du verweist, ist da ja eher, nun ja, kümmerlich. Zwei der drei aktuellen Aktivitäten: Messen, ob es an Bord der ISS unangenehm laut ist (Arbeitsschutz?). Eine automatische Kamera für Mittelstufenschüler einrichten (Outreach). Auch ein Drittel der internationalen Partnerexperimente anscheinend Outreach (inklusive “ancient East Asian dances in microgravity”). Nun habe ich (schon beruflich) nicht das geringste gegen Outreach, aber gibt es nicht irgendwo mal eine Gesamtauflistung der geplanten Experimente, mit unabhängiger Expertenbewertung, wie deren Nutzen im einzelnen und insgesamt einzuschätzen ist? Und welche besonders wichtigen Ergebnisse sind denn nun eigentlich, und sei es im günstigsten Falle, zu erwarten?
“Die NASA-Seite, auf die du verweist, ist da ja eher, nun ja, kümmerlich. Zwei der drei aktuellen Aktivitäten…”
Hm? Das sind drei Aktivitäten, zu denen da mehr Text steht, aber alleine auf US-Seite werden dort für die Woche, um die es geht, 12 Experimente aufgeführt. Wenn man dann auf die Links zu den jeweiligen Experimenten klickt, bekommt man auch eine Menge mehr Informationen, inklusive eine Liste der relevanten Publikationen und einer genauen Erklärung, warum diese Forschung wichtig ist.
Ebenso findet man ohne großen Aufwand auf den NASA-Seiten eine Liste der wissenschaftlichen Publikationen in Zusammenhang mit den amerikanischen Experimenten auf der ISS. Einen Überblick über die Experimente der ESA gibt es auch online (allerdings ohne Publikationsliste).
Eine gute Gesamtübersicht inklusive der russischen Experimente habe ich allerdings leider so schnell auch nicht gefunden.
Die geforderte Bewertung von unabhängigen Experten findet übrigens wohl eher im Auswahlprozess der potentiellen Experimente für die ISS statt.
Wissenschaft auf der ISS
Ich hatte jetzt einfach mal geschlossen, dass die drei ausführlich beschriebenen Experimente aus Sicht der Betreiber auch die wichtigsten sind (das mag falsch sein), und – siehe mein Kommentar oben.
Danke für den Hinweis auf die Publikationsliste. Zumindest den Äußerlichkeiten nach beurteilt (viele Proceedings, kein einziger Science– oder Nature-Artikel, soweit ich sehen kann) ist da allerdings noch nicht soooo viel gelaufen, oder?
Jedenfalls bin ich beim Stöbern nach ISS-Science-Artikeln noch auf ein paar interessante andere Artikel gestoßen. Dieser hier, A $100 Billion Orbiting Lab Takes Shape. What Will It Do? (David Malakoff in Science 14 May 1999: Vol. 284. no. 5417, pp. 1102 – 1108), gibt eine ganz interessante Übersicht über eine frühere Phase der Kontroverse – von einigen recht unschönen NASA-Versuchen, das wissenschaftliche Potential zu rosig darzustellen, zur Problematik der Mittelvergabe und zu der generellen Frage, für welchen Teil der geplanten Experimente denn nun wirklich eine bemannte Station nötig ist – und umgekehrt, warum die ISS mit ihrem Standardrepertoire an Rütteln und Schütteln für eine Reihe von Experimenten (u.a. generell für astronomische Teleskope) nicht geeignet ist.
Eine neuere Version solch einer Übersicht habe ich leider bislang nicht gefunden-Berichterstattung gibt’s da natürlich schon hier und da (Space station: Boon or boondoggle? dürfte einigermaßen repräsentativ sein), und an einer Reihe von NASAwatch-Beiträgen habe ich mich bei dieser Gelegenheit auch gleich wieder festgelesen. Aber ein schöner umfassender Artikel in Science oder Nature wäre natürlich weit besser.
Hier sind noch ein paar gemischte weitere Funde:
Amidst doubts, space research program takes flight (Emma Marris in Nature Medicine 13, 1123 (2007)) zu den biologischen Experimenten
An Assessment of Balance in NASA’s Science Programs (2006, Space Studies Board der National Academies of Science) – der Link führt direkt zum Abschnitt über Mikrogravitation
Review of NASA Plans for the International Space Station (2006, National Research Council) – Zitat aus dem Executive Summary: “…the panel noted with concern that these objectives no longer include the fundamental biological and physical research that had been a major focus of ISS planning since its inception.”
All das zusammengenommen bestätigt meinen Eindruck, dass die wissenschaftslastigen “Verkaufsargumente” zugespitzt gesagt Etikettenschwindel sind. Was mich insbesondere wundert, da das durchaus legitime Ziel Weltraumerkundung (Exploration) doch eigentlich auch für sich tragfähig wäre.
Hm.
@Markus Pössel
Das ist wirklich eine interessante Zusammenstellung! Ich denke auch, dass die ISS weder Fisch noch Fleisch ist. Erst jetzt mit der sechsköpfigen Stammbesatzung kann sie ihr wissenschaftliches Potenzial ausspielen und man darf gespannt sein, wie weit das trägt. Exploration ist aber auch kein gutes Verkausargument für die ISS, denn sie bindet ja sogar finanzielle Mittel, die für eine echte Exploration jenseits der Erdumlaufbahn nötig wären. Was bleibt sind die Erfahrungen in Sachen Langzeitflüge, internationale Kooperation und Management, sowie technische Fähigkeiten beim Betrieb und Ausbau der Station. Inwieweit sich diese Fähigkeiten als nützlich für die Zukunft erweisen wird man sehen.
Scheißhausprobleme
In der aktuellen ZEIT WISSEN 04-09, Seite 29 steht, dass sich ein Russe beschwert hat, weil er die amerikanische Toilette nicht benutzen durfte.
man muss sich doch stark wundern, da werden Milliarden von Euro für eine Raumstation ausgegeben – und die Leute haben derartigen ´Probleme´.