Immer diese Klischees
BLOG: Zündspannung

Dieses Wochenende war ich bei der SETIcon II im Silicon Valley. Diese Konferenz soll eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Science Fiction darstellen, besonders bezogen auf die Suche nach außerirdischen Intelligenz. Es gab Diskussionsrunden zu allen möglichen Themen, z.B. ob der Nachweis von außerirdischem Leben ein Problem für die Religionen darstellen würde, dazu, wie Wissenschaft in Fernsehserien und Kinofilme kommt, oder zur Kepler-Mission. Außerdem gab es “Kamin-Gespräche” – Interviews von einzelnen Leuten vor Publikum – und Filmvorführungen.
In einer solchen Vorführung habe ich den Kurzfilm D.O.E.: Do Not Erase gesehen. Die offizielle Premiere soll demnächst bei einem Filmfestival stattfinden, jetzt lief es unter “Vorführung für ein Zielpublikum”. Den Trailer kann man bereits bei youtube ansehen.
Der Film selbst hat mir im Prinzip sehr gut gefallen, er ist super gemacht und einfach cool. Es geht um Zeitreisen, und die Anspielungen auf Dr. Who sind nicht zu übersehen. Kevin Grazier, der unter anderem der wissenschaftliche Berater von Battlestar Galactica und Eureka war, hat diesen Kurzfilm produziert und auch bei der Konferenz vorgestellt. Er war sichtlich stolz darauf, und das auch mit Recht.
Allerdings: In dem Kurzfilm geht es um einen Physiker und seine Freundin. Die Freundin wartet darauf, dass der Physiker noch eine Rechnung beendet, und wird im Laufe des Abends immer wütender, weil er kein Ende findet. Sie verkündet dann laut “Ich hasse Mathe!” und läuft irgendwann aus dem Saal.
Dieser kleine Satz hat mich wirklich gestört. Warum müssen die Frauen in Filmen immer Mathe nicht mögen? Dieses Klischee wird so oft wiederholt, dass Mädchen irgendwann das Gefühl bekommen, so eine Einstellung müsse der Standard sein.
Eine Frau im Publikum hat nach dem Film das dann auch kritisiert. Leider hat Kevin Grazier das Problem nicht verstanden. Er meinte, es wäre wichtig für den Plot, dass sie Mathe nicht mag (ich erkläre das hier jetzt nicht weiter, um die Überraschung nicht zu verderben). Meiner Meinung nach wäre es aber auch gut anders gegangen, und für mich und vermutlich viele andere Leute hat dieses Klischee den Film erheblich weniger gut gemacht. Dass Klischees die Leute stören, sieht man ja auch an der aktuellen Diskussion über den Werbefilm der EU für Frauen in der Wissenschaft. Es scheint aber noch zu dauern, bis sich diese Erkenntnis bei den Filmemachern durchsetzt, auch bei den eigentlich progressiveren Science-Fiction-Machern. Wirklich schade.
Vorsicht, Science-Fiction-Humor:
Das Schweigen von SETI:
http://www.e-stories.de/…geschichten.phtml?25464
Der Time Lord Admiral:
http://www.e-stories.de/…geschichten.phtml?28322
Klischees
Dem Frust kann ich nur zustimmen – zumal genau solche Klischees sich dann auch selbst bestätigen können, wenn z.B. Mädchen dann wirklich Glauben, Mathe wäre nichts für sie.
Das Mathe-Ass meiner Schule war eine Frau und am Mädchengymnasium meiner Frau (St. Agnes) gab und gibt es erfolgreiche Mathe- und Physik-Leistungskurse. Klischees verschwenden Entdeckerfreuden & Potential.
Zugegeben, ich mag solche Rollenbilder auch nicht. Allerdings geht es hier glaube ich weniger darum, den Glauben an das Unvermögen von Frauen zu mathematischer Leistung zu verbreiten, sondern um die Abneigung eines Partners gegenüber der Leidenschaft des Lebensgefährten. Jedenfalls schimpft meine Frau (Mathematikerin ironischerweise) auch bei jeder Gelegenheit, wenn ich wieder Stunden zwischen meinen “vergilbten Franzen” (Pergament) verbracht habe…
Grüße! Thomas
PC
Offensichtlich kein gänzlich politisch-korrekter Film!
MFG
Dr. Webbaer (der nur den Trailer gesehen hat und auch den Mann, dessen pers. Wert anscheinend an einer auf einer Tafel niedergelegten schriftlichen Formulierung hängt, als dümmlich überzeichnet einstufen muss – Welcher (männliche) Denker hängt schon an einer einzelnen schriftlichen Ausgabe?)
Klischees
In diese Ultra-Kurz-Geschichte habe ich mindestens vier Klischees eingebaut:
Männer-Klischee, Frauen-Klischee, Space-Opera-Klischee, und das beliebte Dschungelwelt-Venus-Klischee.
Die Blondinen-Geschichte:
http://www.e-stories.de/…geschichten.phtml?33825
Quentin Tarantino
… arbeitet sozusagen naturgemäß mit gesellschaftlichen Abbildern, der Film lebt davon gesellschaftliche Konflikte oder Schräglagen zu antizipieren und gesellschaftlich bearbeitbar zu machen, die Kunst sollte davon leben, tut sie in der Praxis oft nicht, deshalb bleiben wir beim (kommerziell erfolgreichen) Film.
Kennt jemand die Feminismus-Debatten um Tarantino-Filme, ein spannendes Thema, zum Einstieg scheint dieses Vid geeignet:
http://lolvideos.org/…pwns-some-woman-named-jane
HTH
Dr. Webbaer (der anregt das Wesen der (idelatypisierten) Kunst aufzunehmen bevor der Einzelfall betrachtet wird)
Welches Klischee?
Wenn eine Frau sich wirklich für Mathematik interessiert, wird sie sich wohl kaum von der Pauschalaussage in einem Film, dass “Frauen sich nicht für Mathe interessieren” umorientieren lassen. Hey, come on. Wie wahrscheinlich ist das denn?
Viel schädlicher ist doch wohl nicht dieses Klischee, sondern das viel ausgiebiger gepflegte, nach der alle (Jungs wie Mädchen), die sich ernsthaft mit Naturwissenschaften befassen, von der Umwelt als uncool wahrgenommen werden, als hässlich, als unattraktiv und als bar sozialer Kompetenz. Wie typische Nerds halt.
Das Klischee, dass Frauen sich nicht für Mathe interessieren, unterstellt jeder Frau selbst eine Einstellung. Das heißt, jede Frau kann selbst leicht überprüfen, ob das auf sie selbst zutrifft oder nicht.
Das andere, verbreitetere Klischee, unterstellt jedoch Vorstellung der Umgebung. Die kann jeder einzelne nicht so schnell verifizieren und als unzutreffend erkennen. das Nerd-Klischee sagt ja nicht “Du bist so!”, (worauf ich sagen kann “Nö, bin ich nicht”), sondern es sagt: “Leute wie du werden so wahrgenommen.”, was zu widerlegen einem erst mal schwer fällt.
Abgesehen davon ist mir auch nie ein Klischee begegnet, nach dem Frauen sich nicht für Mathe interessieren. Ich kenne allenfalls die Behauptung, nach dem Frauen sich nicht für Technik interessieren. Letzteres wäre vollkommen mit einem starken Interesse an Mathematik vereinbar, jedenfalls nach meiner gesammelten Erfahrung mit Mathematikern.
Noch mehr Klischees:
Die Fernsehserie “The Big Bang Theory”:
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Big_Bang_Theory
Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=SlFb2C2NxLI
Sehenswert:
EU-Video lässt Wogen hochgehen:
http://science.orf.at/stories/1700786/
Mädchen und Mathe
Also, dass das Klischee “Mädchen hassen Mathe” existiert, halte ich für ziemlich offensichtlich. Falls Ihnen das tatsächlich noch nie begegnet ist, googlen Sie doch mal “girls hate math” oder dergleichen. Und ich denke nicht, dass dieses Klischee unschädlich ist, denn gerade junge Mädchen sind auch in ihren Interessen oft nicht so gefestigt, dass sie so etwas nicht beeinflussen würde. Außerdem führt das unweigerlich dazu, dass bei den kleinsten Schwierigkeiten gedacht wird “macht nichts, als Mädchen musst du Mathe ja nicht können”.
Aber es stimmt natürlich, dass es auch nicht gerade hilfreich ist, wenn einem andauernd gezeigt wird, dass man auf andere bei einem Interesse für Mathe/Technik/Wissenschaft uncool, unfeminin und allgemein abschreckend wirkt.
Preise und Mathematik
Wer derartige Preisvergaben soziologisch ummünzt und zu verallgemeinern wünscht, hat halt das Problem entweder 1.) Zufall oder 2.) die Bevorteilung (meist) jüngerer männlicher Mathematiker oder 3.) die systematische und vielleicht sogar “irgendwie” “patriarchalistische” Benachteiligung von Damen zu erkennen (oder nicht zu erkennen).
Der Schreiber dieser Zeilen, der bekanntlich weitgehend schmerzfrei ist, würde sich hier auf Grund der Größe der Datenbasis einer Meinung enthalten, im pers. “Mikrokosmos” oder allgemein dagegen sehr wohl eine Ausrichtung sehen wollen, wie sie hier inkrementiert ist.
Wodurch eine solche Ausrichtung erklärbar wird? – A: Jomei!, man ist ja allgemein nicht gleich, es mag hier Vorlieben geben unter den Geschlechtern oder gar zwischen den Altersgruppen oder gar zwischen Kulturen oder gar innerhalb von Bevölkerungsgruppen dieses Planeten.
Wer mag da schon entscheiden wollen?, sicherlich sollten Kultur-Artefakte dieser Art (siehe: Artikel-Film) auch gesellschaftliche Bezüge berücksichtigen, gerne auch Bezüge zu den Systemen der Europäischen Aufklärung herstellen, allein!: Gleichheit (vs. Gleichberechtigung) war nie ein Wert an sich.
MFG
Dr. Webbaer
derartige Preisvergaben
* derartige Preisvergaben
Beliebter Studiengang bei Frauen
Wenn Mädchen Mathe wirklich hassen würden, dann könnte Mathematik nicht zu den beliebtesten Studienfächern – bei Frauen – zählen.
http://www.studieren-im-netz.org/…-studiengaenge
Barking up the wrong tree?
Ich habe nicht gesagt, dass es nicht existiert, sondern dass es mir noch nicht begegnet ist. Wenn ich erst danach suchen muss, ändert das nichts daran, dass es mir halt so noch nicht begegnet ist. Dass das das eine oder andere Mädchen mal abschrecken mag, kann sein, aber generell erschjeint es mir wenig plausibel. Das weiß man doch wohl selbst was man hasst.
Das andere Klischee “Wer Naturwissenschaft mag ist ein Nerd, und Nerds kommen als uncool ‘rüber” ist übrigens – ich wiederhole mich hier – keienswegs etwas, womit nur Mädchen konfrontiert werden – und das wirkt deutlich mehr.
Ich denke allerdings, dass die beliebte Furch davor, wie angeblich Mädchen und Frauen abgeschreckt werden, ein ziemlich deutsches Phänomen ist. Ich habe viel mit technischen Experten zu tun, und in jedem anderen Land sind darunter viele Frauen.
Auf jeder Ebene, von der Jungingenieurin bis hinauf zur Hauptabteilungstleiterin oder Projektmanagerin. In jedem Land – USA, Italien, Russland, Frankreich, Spanien … nur nicht in Deutschland. Komisch, oder? Entweder werden junge Frauen anderswo nicht mit den Klischees konfrontiert, die ja hier angeblich die Frauen vom Interesse an technischen Dingen fernhalten. Das wird’s sein. Machoklischees sind ja bekanntlich Italienern vollkommen fremd, und Russen erst recht. Oder aber, anderswo sind junge Frauen gegenüber diesen Klischees weniger anfällig als hier.
Oder aber … das Ganze hat vielleicht gar nicht so viel mit Klischees zu tun wie man hier immer hört. Vielleicht liegt das ja an ganz etwas Anderem.
Schauen wir doch einmal am konkreten Fall nach, wie das mit der Abwesenheit von Frauen in den Naturwissenschaften aussieht. Beispiel gefällig? Die aktuelle Mars-Rover-Mission MSL der NASA. Schauen wir doch mal hier auf Seite 2. Neun Haupt-Instrumentenpakete und neun Principal Investigators. Unter diesen neun Chefwissenschaftlern sind fünf Frauen.
Anderes Beispiel gefällig? Die Saturnmission “Cassini”. Projektwissenschaftlerin: Eine Frau. Stellvertretende Projektwissenschaftlerin: Eine Frau. Science System Engineer: Eine Frau. Leiter des Kameraexperiments: Eine Frau. Leiterin der Operationen: Eine Frau. Hm. Ich kenne natürlich nicht alle Missionen unbd deren personal, aber bei denen, mit denen ich zu tun hatte, war das durchaus gängig. Unterrepräsentanz stelle ich mir da doch irgendwie anders vor.
Vielleicht hat der Filmemacher Ken Grazier das Problem, das Sie und noch jemand mit diesem Klischee hatten, schlicht deswegen nicht verstanden, weil ihm die angeblich unausweichliche Folge, dass Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Jobs unterrepräsentiert sind, unbekannt ist. In den Kreisen, in denen er sich bewegt, wird er möglicherweise – verwunderlich fände ich das nicht – denselben Eindruck gewonnen haben wie den, den ich außerhalb Deutschlands gewinne, nämlich den, dass der Anteil von Frauen erheblich ist, Tendenz steigend.
Stolze Nerds
Als sogenannter “Nerd” rechnet man sich selbst zur geistigen Elite, und ist auch froh darüber und stolz darauf.
Dass einige dümmere Menschen einen für noch dümmer halten, als sie selbst sind, findet man höchstens erheiternd.
Bei mir hat das alles schon seit dem Jahre 1957 sehr gut funktioniert, obwohl damals der Begriff “Nerd” noch gar nicht erfunden war.
Die Beeinflussbarkeit durch Klischees hängt sehr stark vom eigenen Selbstbewusstsein ab.
Ein deutsches Klischee?
“Ich denke allerdings, dass die beliebte Furch davor, wie angeblich Mädchen und Frauen abgeschreckt werden, ein ziemlich deutsches Phänomen ist. Ich habe viel mit technischen Experten zu tun, und in jedem anderen Land sind darunter viele Frauen.” (Michael Khan)
Was Deutschland betrifft, kann ich da durchaus zustimmen. Zumindest in Bezug auf die ältere Generation, bei den jüngeren Leuten wandelt sich das Bild allmählich. Die Ursache dafür sehe ich im Frauenbild des Nationalsozialismus begründet, der auch das Vorurteil schürte, dass Frauen von Technik keine Ahnung hätten, weil die Frau in erster Linie Mutter sein sollte und den Männern keine Konkurrenz machen durfte. Frauen die sich dem widersetzten wurden als “unfeminin und allgemein abschreckend” (Mierk Schwabe) angesehen.
http://de.wikipedia.org/…_im_Nationalsozialismus
Beeinflussung durch Klischees
Ich denke nicht, dass die Aussage, dass dies ein vor allem deutsches Phänomen ist, stimmt, und ich bin auch skeptisch, dass sich genügend selbstbewusste Nerds nicht von Klischees beeinflussen lassen. Aber um das belegen zu können, muss ich erst etwas Recherche betreiben. Das ist ein schönes Thema für ein neues Blog-Post.
Kein deutsches Problem
Nein, da hat Mierk ganz recht, es ist definitiv kein deutsches Phänomen. Selbst im recht genderbewussten Schweden ist das Problem der festlegenden Rollenbilder bekannt und wird aktiv diskutiert.
Kunststück!
Schließlich wurden Frauen in der Vergangenheit fasst überall auf der Welt diskriminiert. Man braucht sich nur zu erinnern, dass das Frauenwahlrecht ja auch noch recht jung ist. Ich würde es auch spannend finden, da mal ein Thema für einen Blog-Post draus zu machen.
Zu Deutschland: Bei uns arbeiten weniger Frauen in technischen Berufen, als anderswo. Wir hinken da unleugbar hinterher und gehören nicht umsonst zu den Schlusslichtern in Europa:
http://ne-na.de/…t-zu-schlusslichtern-in-europa/
Was ist das deutsche Problem
Das deutsche Problem ist die Unterrepräsentanz der Frauen in technisch/naturwissenschaftlichen Branchen. Andere Nationen sind da weiter. Dort gibt es sicher auch Klischees und das sind keineswegs Nationen, in denen Rollenbilder oder institutionalisierte Diskriminierung keine Rolle spielen.
Aber vielleicht war man dort ganz einfach weniger bereit, monokausal zu denken und die Problemursache bei so wenig plausiblen Ursachen zu suchen wie “Man redet Frauen ein, dass sie Mathematik hassen.” und versuchte stattdessen, dem Problem beizukommen. Offenbar mit Erfolg.
Sorry, aber diese Begründung mit den Klischees, die ist mir dann doch etwas zu glatt. Man sollte Theorien schon noch an den Daten erden, insbesondere solche, mit denen Leute immer gleich und vielleicht doch etwas vorschnell herausrücken.
Warum es monokausales Denken ist, wenn man ein Problem nennt, leuchtet mir nicht unmittelbar ein.
Und die Behauptung “Man rede Frauen etwas ein” kommt in Mierks Blogbeitrag auch nicht vor. Klischees funktionieren auf vielen Ebenen.
@J. Schulz @Mona
@Mona:
Zweifelsohne. Eigentlich jede Gesellschaft der Welt blickt auf eine ungebrochene Historie der Diskriminierung zurück.
Es ist aber nun einmal so, dass die Unterrepräsentanz von Frauen in den naturwissenschaftlichen und technischen Branchen von Wissenschaft und Industrie in Deutschland deutlich ausgeprägter ist als in vergleichbaren Industrienationen, in denen die Ausgangslage für die Frauen sicher nicht besser war und ist als in Deutschland. Dass es da gewaltige Unterschiede gibt, sehe ich wirklich jeden Tag. Wer das ander sieht, sollte sich zu den von mir genannten beispielen äußern. Das sind keine Einzelfälle.
Da es nun aber von Nation zu Nation wirklich beträchtliche Unterschiede im Anteil der Frauen in MINT-Berufen gibt, muss es eben auch noch etwas Anderes geben als das die Altlast der Vergangenheit und die Klischees die in den Köpfen herumspuken und die anderen Dinge, die da immer so gern angeführt werden. Auch Ihr Argument, dass das nun immer noch am Frauenbild der NS-Zeit liegt, finde ich nun wirklich weit hergeholt.
Wäre es so, dass überall gleich wenig Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen arbeiten, dann wäre die Situation klarer. Entweder sie können es einfach nicht, oder aber die Männer lassen sie nicht. Beide Erklärungen sind aber offenkundig unzutreffend, denn wie könnte es dann sein, dass man außerhalb Deutschlands auf so viele Frauen auf allen Ebenen in technischen Berufen trifft?
@J. Schulz:
Ich zitiere wörtlich aus dem Blogbeitrag:
Ich habe jetzt wirklich keine Lust auf eine lange Diskussion, ob dies bedeutet, dass man Frauen etwas einredet, oder ob man es nicht doch anders interpretieren kann. Zumal es offensichtlich sein sollte, dass es exakt das bedeutet.
Ich hätte eigentlich in einem von einer Naturwissenschaftlerin geschriebenen Artikel auch so etwas erwartet wie die Erdung einer Theorie an der Realität, d.h., den Daten.
Das, was ich hier wörtlich zitiert habe, ist zunächst einmal eine Theorie. Auch wenn es so geschrieben ist, als wäre es eine bewiesene Tatsache.
Die Daten wären beispielsweise solche Zahlen, die belegen, dass in der Tat Frauen von diesem Klischee in der Wahl ihrer beruflichen Interessen beeinflusst werden. Also, den Anspruch habe ich schon an einen Artikel in einem Wissenschaftsblog – im Gegensatz beispielsweise zu einem Artikel in einem Magazin.
Wo sind denn die Zahlen, die belegen, dass Mädchen das Klischee, Frauen hassen Mathematik, als Wahrheit akzeptieren? Die Zahl der Mathematikstudentinnen? Offenbar nicht. Was dann? Wenn es keinen Beleg gibt, warum dann die kategorische Behauptung?
Moment einmal…
ich habe nun wirklich nirgends behauptet, dass der einzige Grund für die geringe Anzahl von Frauen in den technischen Fächern das Klischee wäre, dass Mädchen kein Mathe mögen. Das einizge, was ich unterstellt habe, ist es, dass Leute, die ein Klischee immer wieder hören, irgendwann denken, dass es auf die meisten Menschen zutreffen würde. Das ist bestimmt nicht bei allen Menschen so, aber dass viele Leute, gerade Kinder, von ihrer Umgebung beeinflusst werden, ist doch offensichtlich, oder?
Und: das hier ist ein Blog. Ich habe einen kurzen Bericht über ein Erlebnis von mir geschrieben, keine umfassende wissenschaftliche Publikation.
Ich denke übrigens auch, dass es sehr viel helfen würde, wenn mehr Frauen in den STEM-Fächern tätig und damit auch in der Öffentlichkeit sichtbar wären. Warum? Weil das hilft zu zeigen, dass diese Fächer eben nicht rein maskulin sind, und sie überhaupt erst auf das Radar der Mädchen zu setzen – wo sie unter anderem wegen dummer Klischees nicht sind.
@Michael Khan
Ich habe an einen Blog einer Wissenschaftlerin nicht den Anspruch, dass jeder Artikel den Rang einer Fachpublikation hat. Wenn Mierk Daten veröffentlichen wollte, dann würde sie das in einem Fachmagazin für Experimentelle Psychologie machen und dann ggf. von hier darauf verweisen. Hier ist ihr persönlicher Blog und da ist es auch erlaubt, mal eine persönliche Einschätzung abzugeben.
Dass Menschen sich in der Gesellschaft an Rollenbilder orientieren und von ihrer Umwelt Verhaltensweisen erlernen und annehmen ist in der pädagogischen Literatur gut belegt. Das ist Lehrbuchwissen, selbst wenn das hier ein Fachartikel wäre, müsste man solche Grundlagen nicht jedesmal belegen.
Ich gebe auch nicht in jeder Publikation eine Definition des Begriffs “Impuls” mit Verweis auf Daten, die die Impulserhaltung belegen.
@Michael Khan
Da es nun aber von Nation zu Nation wirklich beträchtliche Unterschiede im Anteil der Frauen in MINT-Berufen gibt, muss es eben auch noch etwas Anderes geben als das die Altlast der Vergangenheit und die Klischees die in den Köpfen herumspuken und die anderen Dinge, die da immer so gern angeführt werden…”.
Ich weiß jetzt nicht welche “anderen Dinge” da gemeint sind, aber es reicht doch schon, dass es Dinge gibt die in den Köpfen der Leute herumspuken, denn wenn diese keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Leute hätten, dann könnte sich die Werbeindustrie viel Geld sparen. In Deutschland scheint sich das Rollenbild nun mal langsamer zu wandeln als in anderen Ländern.
Dabei handelt es sich vermutlich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das mehrere Ursachen hat. In Deutschland gibt es außerdem auch noch sehr wenige Frauen in Wissenschaft und Forschung, da macht man sich ebenfalls Gedanken warum das so ist. http://www.innovationsindikator.de/…d-forschung/
@ Mona
„Dabei handelt es sich vermutlich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das mehrere Ursachen hat.“
Ich verstehe nicht, warum das überhaupt ein Problem sein soll. Ein Problem wäre es, wenn Frauen Wissenschaft treiben wollten, aber nicht dürfen. Dieses Problem ist inzwischen gelöst. Frauen dürfen studieren und jeden Beruf ergreifen, ohne jemanden fragen zu müssen. Punkt.
Es dagegen als „Problem“ zu betrachten, dass die Statistik nicht ausgeglichen ist und dass die Geschlechter unterschiedliche Präferenzen der Berufswahl zeigen, ist eine rein ideologische Position. Es ist das Projekt von Leuten, die selbst davon gar nicht betroffen sind, und die dafür sorgen möchten, dass andere Menschen ihre Präferenzen ändern. Es zeigt sich aber selbst in feministischen Traumland Schweden, dass die Geschlechterdifferenzierung bei der Berufswahl eher zu- als abnimmt, wenn die Wahlfreiheit größer ist.
Was ist das eigentlich für eine Schnapsidee, dass wir eine „bessere“ oder „gerechtere“ Gesellschaft hätten, wenn alle alle alle Lebensbereiche statistisch homogen durchmischt wären?
@ Mierk Schwabe: Klischees in Filmen
Wenn man die Konsequenz aus Ihrer Beschwerde über die Filmszene zieht, dann müssten Sie ja wollen, dass Filme grundsätzlich nur politisch korrekte Charaktere zeigen, die stets und immer die vertrauten Genderstereotype und sonstige Stereotype auf den Kopf stellen. Das wäre nicht nur weltfremd, sondern auch stinklangweilig. Ich kann auch gar nicht nachvollziehen, warum – gerade von Frauen – das Verhalten von Filmpersonen immer als „Vorbild“ interpretiert wird. Glauben Sie wirklich, dass alles, was Mädchen so primitiv sind, solche Opfer? Wenn es danach ginge, müssten wir auch alle zu Mördern werden, denn jeder Mensch mit durchschnittlichem Fernsehkonsum hat schon zig-tausend Filmmorde gesehen. Aber nur auf die wenigsten scheint es dahingehend zu wirken, dass sie selbst Leute umbringen wollen.
sorry, Grammatikfehler
Im drittletzten Satz meines letzten Beitrags muss “alles, was” natürlich raus.
@J. Schulz @Mona @fegalo
@J.Schulz
Sicher, es bleibt jedem selbst überlassen, wie er einen Blog-Artikel einschätzt. Wenn ich eine Theorie aufstelle, schon gar kategorisch “Das ist so!” anstatt “Das könnte ja auch so sein …”, dann mache ich mir auch die Mühe, nachzuschauen, ob diese Theorie zumindest ansatzweise mit den Fakten konsistent ist.
Dadurch wird ein Artikel noch nicht zu einer Fachpublikation. Zumindest nicht in meiner Fachrichtung – da gehört dann schon noch etwas mehr dazu.
Es steht natürlich jedem frei, das anders zu handhaben. Wie ich in den scilogs feststellen muss, machen auch zunehmend mehr Blogger von diesem Recht Gebrauch.
Abschließend: Nein, es geht mir nicht um die Trivialtatsache, die auch keiner bestreitet, dass oft wiederholte Klischees einen Einfluss haben können. Aber darauf bin ich nun schon mehrfach eingegangen, ich glaube nicht, dass es zielführend ist, das noch einmal darzulegen, damit es dann wieder ignoriert werden kann.
@Mona
Ich kann Ihnen auch nicht alle Umstände benennen, die dazu führen, dass Frauen in technischen Berufen in Deutschland gegenüber vergleichbaren Nationen unterrepräsentiert sind. Ich behaupte aber auch nicht, dass ich das könnte.
Alles, was ich sage, ist, dass eine Aussage wie die weiter oben von mir aus dem Blogartikel zitierte, nach der es das angeblich weitverbreitete Klischee, dass Frauen Mathe hassen, wenn es nur oft genug wiederholt wird, von Frauen verinnerlicht führt, mir nicht plausibel erscheint, weil es sich schon mal mit der leicht überprüfbaren Tatsache beißt, dass mehr Frauen als Männer Mathematik studieren. Das passt ja wohl nicht so ganz zusammen.
(Wobei ich, wie schon angemerkt, ein Klischee, nach dem Frauen Mathe hassen sollen, auch nicht für besonders verbreitet halte. Eher schon das Klischee, nachdem Mathematik generell etwas ganz und gar Unzugängliches und Abschreckendes, sei. Das wiederum höre ich bis zum Abwinken. Und diese Behauptung hat sicher Wirkung. Wer immer hört, dass etwas schwer verständlich ist, der findet es dann nur zu oft auch schwer verständlich. Eine selbst-erfüllende Prophezeiung.)
In Deutschland haben wir, meine ich, ein besonderes Phänomen, und zwar das der weitgehenden Indifferenz gegenüber den Natur- und Ingenieurswissenschaften. Zwar hängt unser Wohlstand von diesen Feldern mehr ab als von allem anderen, aber anerkannt wird diese Tatsache nicht.
Das lässt sich an vielerlei festmachen. Beispiel: Ich mag diese “die 10 größten ….”-Wettbewerbe nicht besonders, finde die resultierende Auswahl aber doch in mancher Hinsicht aussagekräftig. Beispielsweise gelangte, als das BBC in einer Umfrage die 10 größten Briten wählen ließ, der Ingenieur I.K. Brunel auf Platz 2. (Bru … Wer? Ja, genau das meine ich. 🙂 )
Sowas würde in Deutschland gewiss nicht passieren. Und jetzt möge sich bitte keiner an diesem einen Beispiel hochziehen. Man kann es genau so gut auch an anderen Dingen festmachen, aber ignorieren sollte man das Phänomen tunlichst nicht.
Nun liegt die Frage auf der Hand, was das denn mit der Unterrepräsentanz von Frauen in Naturwissenschaft und Technik hierzulande zu tun hat. Wie gesagt, dazu habe ich keine Theorie, die ich als solide Behauptung mit Ausrufezeichen dahinter präsentieren kann, meine aber, dass bei einer generellen Indifferenz (und das ist immer noch etwas Anderes als Geringschätzung) der Naturwissenschaft und Technik gegenüber auch kein wirklicher Druck gesehen wird, festzustellen, ob es da Umstände gibt, die junge Frauen trotz bestehenden Interesses und Talents abschrecken. Schließlich handelt es sich bei diesen Feldern ja nicht um “Wirklich Wichtiges”.
@fegalo
Wenn man sieht, dass anderswo die Beteiligung von Frauen an Wissenschaft und Technik, ganz ohne Zwang und ohne Quote, deutlich höher ist als hierzulande (Ich habe konkrete Beispiele benannt), dann sei die Frage erlaubt, warum das so ist und ob wir uns das auf Dauer leisten können, hierzulande vorhandenes Talent brach liegen zu lassen.
Ich kenne einige der von mir benannten Frauen in technischen Führungspositionen persönlich und habe keinerlei Zweifel an ihren Qualifikationen. Da frage ich mich aber doch, warum ich in Deutschland nicht auch viele Frauen in ähnlichen Positionen antreffe. Wenn es wirklich so sein sollte, dass deutsche Frauen solche Jobs einfach nicht wollen oder nicht packen und sich damit von amerikanischen, französischen, britischen und anderen Frauen unterscheiden – nun gut, dann wäre das halt so. Aber ist das plausibel?
Nun ist es sicher so, dass obiger Blogbeitrag keine plausible Erklärung dafür liefert, warum das so ist, aber das ändert nichts daran, dass die dahinter stehende Frage fern von jeder Ideologie objektive Wichtigkeit hat.
Steckenpferde reiten?
@fegalo:
Und wer hat hier bitte diese Forderung gestellt, die sie so hinstellen, als würden Sie damit jemanden zitieren?
Zweierlei ist in Diskussionen extrem langweilig – zum einen die Leute, die politisch korrekt sein wollen und meinen, andere Leute maßregeln zu müssen.
Zum anderen aber die Leute, die zwanghaft jede Diskussion dahin führen wollen, dass sie ihr Steckenpfed reiten können, das darin besteht, sich über vermeintlich politisch korrekte Aussagen Anderer zu echauffieren. Wenn die Anderen diesen Zeitgenossen aber nicht den Gefallen tun, die Aussagen zu liefern, über die jene sich dann echauffieren können … nun, dann muss man es halt selbst tun.
Einen Strohmann aufstellen und ihn dann mit Getöse umwerfen – mal ehrlich, muss das sein? Am Ende ist zwischen den zwanghaft politisch korrekten und den zwanghaft anti-politisch korrekten Leuten kaum ein Unterschied im Stil.
@Michael Khan
“Wenn man sieht, dass anderswo die Beteiligung von Frauen an Wissenschaft und Technik, ganz ohne Zwang und ohne Quote, deutlich höher ist als hierzulande (Ich habe konkrete Beispiele benannt), dann sei die Frage erlaubt, warum das so ist.”
Susan Pinker schlägt in ‘The sexual Paradox’ folgende Erklärung vor: Deutschland ist ein Land mit besonders großem Wohlstand und einer besonders großen sozialen Sicherheit. Unter diesen Bedingungen wählen Frauen Berufe eher nach Neigung als unter ökonomischen Gesichtspunkten. Und sie neigen im Durchschnitt weniger zu MINT-Fächern als z.B. zur Tiermedizin oder Psychologie. In ärmeren Ländern spielen ökonomische Überlegungen eine größere Rolle für die Berufswahl. Daher entscheiden sich z.B. in Osteuropa mehr Frauen für Ingenieurberufe.
Mir scheint das eine diskussionswürdige Hypothese zu sein. Aber ich stimme Ihnen zu: eine konstruktive Diskussion ist zwischen “zwanghaft politisch korrekten und den zwanghaft anti-politisch korrekten Leuten” nicht zu erwarten.
Ich stimme Ihnen auch zu, wenn Sie das Problem vor allem in der gesllschaftlichen “Indifferenz” gegenüber MINT-Fächern verorten und fragen, “ob wir uns das auf Dauer leisten können, hierzulande vorhandenes Talent brach liegen zu lassen.” Ergänzend würde ich fragen, ob wir es uns auf Dauer leisten können, Jungen so wenig männliche Rollenvorbilder in Kindergärten und Grundschulen zu bieten. Wir brauchen nicht nur Ingenieure sondern auch Handwerker (wie meine Wenigkeit), welche Entwürfe realisieren und warten können.
@Mierk: Nächster Post?
Liebe Mierk,
wie ich etwas bedrückt sehe, ist nun seit Wochen kein neuer Blogpost mehr von Dir erschienen.
Ich wollte nur sagen: Falls das an den manchmal frustrierenden Erfahrungen mit grob rempelnden Mitbloggern liegen sollte, lass Dich bitte nicht entmutigen. Ich erlebe das ja auch immer wieder, hätte aber große Sorge, wenn sich die Scilogs auf einen bestimmten Diskussionstyp und -stil zurückentwickeln würden. Vielfalt, auch in den Meinungen, ist doch ein wesentlicher Aspekt des Bloggens! Ohne Deine sehr guten Beiträge wären die Sci- und auch die Wissenslogs auf jeden Fall ärmer!
Liebe Grüße, Michael
@Michael
Michael, danke für den sehr netten Kommentar. Ich konnte mich in den letzten Wochen nicht wirklich zum Schreiben aufraffen, aber mittlerweile fehlt es mir doch. Ich werde versuchen, wieder regelmäßiger etwas zu posten.
Klischees auch von Lehrerseite
Das klischee, dass Mädchen schlecht in Mathe sind, wird ihnen ja schon in der Schule eingebläut…da Mathelehrer doch recht oft Männer sind, nehmen diese auch oft als Automatismus an, dass Jungs mehr Talent in Bezug auf Mathe haben, so lautete zumindest die Quintessenz einer kürzlichen Untersuchung…ich habe jedoch trotz schlechter Leitungen in Mathe während der Schulzeit irgendwann gedacht: “Jetzt erst recht” und ein Mathe-Fernstudium begonnen, was ich bis heute nicht bereue, ganz im Gegenteil… 🙂
http://fernstudium-finden.de/…gaenge/mathematik/