GEC-Konferenz: Plasma-Blasen, -Medizin und -Ätzen

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

GECAnfang Oktober habe ich die Gaseous Electronics Conference, oder kurz GEC, in Paris besucht – eine riesige Konferenz mit mindestens drei, meistens sogar vier parallelen Vorträgen.

Es geht dort um Tieftemperaturplasmaphysik, also Plasmen, die durch elektrische Felder erzeugt werden, so wie zum Beispiel in Neonröhren oder auch bei den Experimenten, die wir selbst durchführen. Es gab zwei Sitzungen über unsere staubigen Plasmen, bei denen es besonders viele Vorträge über Teilchenwachstum gab.

 Lustig fand ich die Vorträge über Plasmen, die in Flüssigkeiten erzeugt werden. Dabei wird ein starkes elektrisches Feld an eine Flüssigkeit angelegt, die natürlicherweise Gasblasen enthält. In diesen Gasblasen wird ein Plasma gezündet, das anfängt zu leuchten. Dabei entsteht ultraviolettes Licht, das wiederum die nächste Blase zündet, und eine Kettenreaktion entsteht. 

Beeindruckt hat mich auch die Anzahl der Vorträge über Plasmamedizin. Immer mehr Forschergruppen weltweit beschäftigen sich mit diesem Thema. Da sollen Zähne gebleicht, Wunden geheilt und sogar Krebs behandelt werden. Bei Versuchen mit Zellen in Petrischalen konnte eine Gruppe sogar anscheinend eine Selektivität für Krebszellen herstellen, so dass gesunde Zellen nicht beeinflusst, die von Krebs befallenen Zellen aber geschädigt werden.

Auch ist die Bestrahlung mit Plasma nicht mehr auf die Hautoberfläche beschränkt, mit Hilfe von Glasfaserkabeln kann das ionisierte Gas weit in den Körper hinein gebracht werden, so ähnlich wie ein Endoskop.

Auch Michael Lieberman, einer der bekanntesten Forscher aus dem Bereich der Tieftemperaturplasmaphysik, hat der Plasmamedizin in seinem Vortrag eine beeindruckende Zukunft vorhergesagt. Dieser Vortrag war überhaupt eins der Highlights bei der Konferenz für mich. Es ging um die Vergangenheit und Zukunft der Plasmabehandlung für Nanoelektronik.

Am meisten beeindruckt hat mich von dem Vortrag die Geschichte des anisotropen Plasmaätzens. N. Hosogawa hat 1974 beim 6. Internationalen Vakuumkongress seine bahnbrechende Arbeit dazu vorgestellt. Zu dem Zeitpunkt wurde isotropes Plasmaätzen verwendet: Ein molekulares Gas wird mithilfe eines Plasmas dissoziiert, so dass Bestandteile entstehen, die mit dem Material reagieren, das behandelt werden soll. Die Reaktionsprodukte werden dann entfernt, und so wird ein Material weggeätzt.

Hosogawa wollte eigentlich nur den Ätzvorgang beschleunigen, indem er das Material mit hochenergetischen Ionen bombardiert hat. Viele Zuhörer auf der Konferenz haben dann aber die Anwendung zum Übertragen von Mustern auf das Substrat erkannt. Im folgenden Jahr wurden ein Dutzend Patente zu "reaktivem Ionenätzen" eingereicht, und diese Technik hat sich schnell ausgebreitet.

Auch der Rest des Vortrags war wirklich gut. Es ging unter anderem um die Zukunft der Nanoelektronik, ein spannendes Thema. Er kann übrigens auf Michael Liebermans Homepage heruntergeladen werden.

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

4 Kommentare

  1. Hmm, Plasmamedizin – Hört sich sehr interessant an! Gibt es da irgendwelche Journals, Papers, Reviews oder Internetseiten, wo man sich mal einen Überblick verschaffen könnte? Das Paper mit den Krebszellen würde mich auch interessieren, könntest du es mir evtl. verlinken bitte?

  2. Sonolumineszenz

    Eine andere Möglichkeit, Plasmen in Flüssigkeiten zu erzeugen, ist die Sonolumineszenz durch Ultraschall.

    Man hat sogar schon versucht, die Sonolumineszenz zur relativ kalten Kernfusion zu verwenden (nur noch 10000 Kelvin), weil beim Kollaps der Blasen auch hoher Druck entsteht.

    Dazu gibt es sogar einen Science-Fiction-Film: “Ausser Kontrolle” mit Keanu Reeves.

  3. zur Plasmamedizin

    Sebastian, ich habe über Plasmamedizin vor einiger Zeit schon einmal kurz etwas geschrieben, das hilft vielleicht als Einstieg. Es gab außerdem einmal eine Sonderausgabe des New Journal of Physics, wo es auch einen einführenden Artikel gab, wenn ich mich recht erinnere. Und der Vortrag über Krebs ist hier zu finden (leider gibt es dazu kein ganzes Paper, nur den Abstract).

  4. Sololumineszenz

    Danke für den Hinweis, das hört sich auch interessant an. Ich sollte anscheinend (noch) mehr Science Fiction-Filme gucken. 😉

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