Der Countdown läuft

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Nächste Woche ist es soweit, wir fliegen nach Moskau, um dort mit unseren russischen Kollegen von unserem Partnerinstitut die letzten Tests für die nächste Durchführung unseres Experiments PK-3 Plus auf der Internationalen Raumstation ISS zu machen. Es geht um komplexe Plasmen, wie die regulären Leser dieses Blogs schon wissen werden, was ein ionisiertes Gas mit zusätzlichen mikrometergroßen Kügelchen ist. Wir wollen z.B. Fluideffekte und sogenannte "elektrorheologische Fluide" untersuchen.

In den letzten Wochen haben wir bereits die genauen Prozeduren für die Experimente festgelegt. Das meiste wird automatisch ablaufen, wir benötigen nur manchmal Kosmonautenzeit, wenn ein Parameter solange verändert werden soll, bis ein bestimmter Effekt auftritt. Am spannensten finde ich natürlich den Teil, der zu meiner Doktorarbeit gehört, wie ich hier auch schon einmal geschrieben habe. Das Experiment muss auch mit Hilfe eines Kosmonauten durchgeführt werden. Ich habe einige Bilder vorbereitet, die zeigen, wie das Plasma aussehen soll, das der Kosmonaut einstellen soll. Diese Bilder werden direkt zur Raumstation gefaxt, gemeinsam mit unseren Anleitungen.

Außerdem können wir – wenn alles klappt – direkt im russischen Kontrollzentrum dabei sein,während das Experiment durchgeführt wird, und auch live die Bilder vom Experiment sehen und Anleitungen geben. Bitte alle die Daumen drücken, dass alles so funktioniert, wie wir es uns vorstellen! 

Wir fliegen am Montag nächste Woche, die Experimente werden Anfang der Woche darauf durchgeführt. Wir müssen so früh nach Russland fliegen, um vorher noch einmal alles mit dem Testaufbau auszuprobieren, der mit dem auf der ISS identisch ist. Gegebenenfalls müssen wir dann auch noch einiges anzupassen. Von der Stadt werden wir vermutlich nur am Wochenende etwas sehen, unser Hotel ist in der Nähe des Kontrollzentrums und damit völlig außerhalb Moskaus. Aber das ist nicht wichtig, es wird auch so spannend genug. Ich werde versuchen, hier weiter zu berichten.

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

6 Kommentare

  1. ISS vs. Parabelflug

    Moin.
    Warum genau geht ihr denn auf die ISS? Was kann man denn nicht auf Parabelflügen machen, was ihr auf der ISS könnt, sind da irgendwelche Zeitskalen so groß, dass eine Parabel nicht ausreicht?

  2. 20 Sekunden

    Ja, versuch mal in 20 Sekunden ein paar Parameter so zu justieren, dass das Plasma die richtige Gestalt annimmt. Justieren bedeutet: Einen Parameter Stück für Stück verstellen, sehen wie sich die Messung dadurch ändert, das Optimum finden und dann zum nächsten Parameter übergehen. Sowas kann schon Mal viele Minuten bis einige Stunden dauern, je nach Komplexität des Problems.

    Ich habe noch nicht mit Plasmen gearbeitet, aber Laser justieren dauert, je nach Ziel, Stunden bis Tage.

  3. 20 s

    Justieren muss man das Experiment bei einem Parabelflug natürlich vor der Parabel… aber trotzdem sind 20 s sogar für die meisten Experimente, die wir machen, viel zu kurz. Wenn z.B. Kristallation untersucht werden soll, beruhigen sich die Mikroteilchen in unserem Plasma gar nicht schnell genug. Ein Experimentdurchlauf mit z.B. vier verschiedenen Experimenten nacheinander dauert auf der ISS eine gute Stunde.
    Außerdem ist die Mikrogravitation auf einem Parabelflug viel weniger “perfekt” als auf der Raumstation, es gibt viel mehr Störungen, die man alle in dem System sehen kann.

  4. “Außerdem ist die Mikrogravitation auf einem Parabelflug viel weniger “perfekt” als auf der Raumstation, es gibt viel mehr Störungen, die man alle in dem System sehen kann.”

    Das habe ich schon vermutet. Ein Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit in der Atmosphäre umgeben von starker Strömung ist doch noch etwas anderes als eine Raumstation.

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