Anerkennung von Berufserfahrung im Wissenschaftsmanagement – ein Glücksspiel?
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Viel zu oft hängt es vom guten Willen der Personaler ab, ob vorhandene Berufserfahrung im Wissenschaftsmanagement anerkannt und bei der tariflichen Einstufung berücksichtigt wird. Das berichten Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Hochschulen immer wieder. Handelt es sich hierbei um Einzelfälle, wie einige Hochschulkanzlerinnen und -kanzler behaupten? Der vom Bundesforschungsministerium geförderte bundesweite KaWuM-Survey, eine Onlinebefragung zu Karrierewegen und Qualifikationsanforderungen im Wissenschafts- und Hochschulmanagement, erlaubt nun erstmals, dies empirisch zu beantworten: Demnach hat von denen, die berufliche Wechsel vollzogen (80 Prozent der 1380 Befragten), die Hälfte finanzielle Nachteile zu spüren bekommen. Dies wäre in Teilen noch nachvollziehbar, wenn sie aus anderen Berufssektoren gekommen wären. Aber am häufigsten hatten sie nur das Bundesland oder die Hochschule gewechselt, ihre Tätigkeit jedoch beibehalten. Auch Lücken zwischen zwei Verträgen (etwa wegen Befristung, Kinderbetreuung oder Weiterqualifikation) oder ein Wechsel des Arbeitsbereichs innerhalb der Hochschule führte teils dazu, dass zuvor gewährte Erfahrungsstufen nicht anerkannt wurden. Zudem kam es vor, dass die abgeschlossene Promotion zwar eine Einstellungsvoraussetzung war, diese dann aber nicht als einschlägige Berufserfahrung gewertet wurde. Nutzen manche Hochschulen dies als Einsparmöglichkeit zu Lasten der Aufgabenerfüllung? Es ist wohl kein Zufall, dass auf diese Weise erfahrenes Personal abgeschreckt wird. Schließlich lassen sich mehr als 1000 Euro im Monat einsparen, wenn stattdessen Unerfahrene eingestellt werden, die sich in Tarifstufe 1 statt 4 eingruppieren lassen. Natürlich müsste juristisch jeder Fall im Einzelnen betrachtet werden. Dennoch bleibt der Eindruck, dass es eben keine Einzelfälle sind und Unberechenbarkeit ein zusätzlicher Wettbewerbsnachteil von Hochschulen im Vergleich zur Privatwirtschaft ist. Hier liegt angesichts prognostiziertem und teilweise bereits spürbarem Fachkräftemangel im wissenschaftsunterstützenden Bereich dringender Handlungsbedarf, insbesondere darin, einschlägige Berufserfahrung bei Bundesland- und Hochschulwechseln zu berücksichtigen. Weitere zusätzliche Wettbewerbsnachteile könnten die Abhängigkeit vom guten Willen bei Homeoffice-Regeln (auch nach Corona) sein; und bei Förderung digitaler Kompetenzen, die es für den souveränen Umgang mit Digitalisierung dringend braucht. Derzeit läuft gerade die 2. Erhebung des KaWuM-Survey, die u.a. dies erfragt. Wer im Wissenschaftsmanagement arbeitet, ist noch rund eine Woche lang eingeladen, über diesen Link daran teilzunehmen. |
Dieser Beitrag erschien zuerst als Gastkommentar im ZEIT WISSEN3-Newsletter vom 10.1.2022.