Naturwissenschaft und philosophischer Gottesgedanke

BLOG: WIRKLICHKEIT

Hirnforschung & Theologie
WIRKLICHKEIT

Wenn wir – natur- und kulturwissenschaftlich – unsere Geschichte und die Geschichte des Lebens, der Erde und des Kosmos erforschen und uns dabei bewusst sind, dass unser Wissen dramatisch unvollständig und teilweise falsch ist, setzen wir darin notwendig voraus, dass die Vergangenheit irgendwie war und dass sich unsere Erkenntnisse an dieser vergangenen Wirklichkeit zu bemessen haben. Und dies, obwohl wir tatsächlich keinerlei Möglichkeit haben, in die Vergangenheit zurückzukehren, um unser Wissen “vor Ort” zu prüfen.

Die (anti-konstruktivistische) Intuition, dass wir uns die Vergangenheit nicht ausdenken und dass es zwischen einer noch so plausiblen historischen Fantasie und einer realen Erinnerung einen himmelweiten Unterschied gibt, ist nicht zu hintergehen: Die Wahrheitsforderung gilt selbstverständlich und absolut auch im Hinblick auf Aussagen über die Vergangenheit.

Letzlich erschließt sich uns die Identität eines jeden Objekts im Grunde über seine Geschichte, also als das Werden dieses Objekts in der Zeit; nochmehr gilt das für Personen, deren Wesen sich am ehesten narrativ erschließen lässt. Ohne die Annahme einer bleibend wirklichen Vergangenheit, welche im Nachhinein nicht ungeschehen gemacht oder verändert werden kann, wären Eindrücke von Veränderungen (z.B. Bewegungswahrnehmungen) prinzipiell illusorisch; denn sie beruhen auf einem Vergleich mit Vergangenem.

Wenn wir dies akzeptieren und zudem wahre Erkenntnisse über unsere Vergangenheit für möglich halten (vgl. Kosmologie, Geologie, Evolutionsbiologie) – selbst für Zeiten, in denen vermutlich noch überhaupt kein Bewusstsein in diesem Kosmos existierte -, haben wir zwei Möglichkeiten, die bleibende Wirklichkeit des Vergangenen unabhängig von unserem jeweils erreichten Erkenntnisstand – sprich: im bescheidenen Bewusstsein der Fallibilität unseres Erkennens – zu denken:

(1) Die Vergangenheit existiert in gleicher Weise materiell wie die gegenwärtige Welt, da Materie nicht nur eine 3-, sondern eine 4-dimensionale Ausdehnung hat, also auch durch die Zeit hindurch real existiert (sog. Wurm-Universum). Buchstäblich existiert der Tag, an dem die erste Zellteilung stattfand, noch ebenso real wie mein Geburtstag und der heutige Tag. Wir Heutigen leben nicht in jener Zeit, aber die “vergangene” Wirklichkeit ist tatsächlich überhaupt nicht vergangen.

Oder

(2) die Wirklichkeit existiert nur jetzt, die Vergangenheit ist vergangen und im umfassenden Sinne daher nicht mehr wirklich. Die reale Welt ist die je jetzige Konstellation ihrer Atome (vereinfacht gesagt). In diesem Fall bemessen wir unsere geschichtlichen Kenntnisse nicht an einer vergangenen, jedoch noch immer real vorhandenen Wirklichkeit, sondern an einem vorgestellten idealen, fehlerfreien und vollständigen Wissen über die Vergangenheit, in welchem die Vergangenheit irgendwie überzeitlich “aufbewahrt” ist.

Beide Sichtweisen haben Konsequenzen für das Verhältnis von Geist und Materie:

ad (1) Die Zeit fliegt durch die Welt (Wurm-Universum)

Wenn Bewusstseinszustände wesentlich mit Hirnzuständen verknüpft sind und frühere Hirnzustände noch genauso existieren wie mein jetziger Hirnzustand, dann existieren auch die entsprechenden früheren Bewusstseinszustände noch, z.B. das grummelige Gefühl beim allzufrühen Wachwerden heute morgen oder der Geburtsschmerz. Aber was soll ich mir unter einem real noch immer existierenden Bewusstseinszustand vorstellen, den ich gar nicht fühle? Wer fühlt ihn dann, wenn nicht ich? Wieso kann ich grundsätzlich nur meinen jetzigen Bewusstseinszustand erleben; wieso erlebe ich nicht die noch existenten früheren Bewusstseinszustände, wenn es doch meine sind, ebenso real? Wessen Bewusstseinszustände sind die früheren Zustände, wenn sie einerseits noch genauso real existieren wie der jetzige Bewusstseinszustand, andererseits aber von mir nicht (mehr) erlebt werden? Und was bitteschön wäre ein Bewusstseinzustand, den niemand erlebt?

Wir könnten annehmen, dass die Bewusstseinszustände nur dann (wieder) existieren würden, wenn wir mit dem “Jetzt” in die entsprechende Zeit zurückkehren würden; und wir wären dann diejenigen, die diesen Zustand erleben (natürlich ohne Erinnerungsgefühl!). Bewusstsein würde unter dieser Voraussetzung stets aus zwei Zutaten resultieren: einem bestimmten 4-dimensionalen Hirnzustand plus dem Jetzt. Aber  was ist dieser Zeiger des “Jetzt”, der es mir ermöglicht auf Basis des jetzigen Hirnzustandes den jetzigen Zustand meiner Umgebung und meines Körpers bewusst zu erleben – und  zwar immer nur und ausschließlich diesen jetzigen Zustand? Warum scheint dieser Zeiger faktisch immer in der Zeit voranzuschreiten?

Der ganze Ansatz (1) erscheint ziemlich verschroben – es drohen unterschiedlich ausgeprägte Dualismen: Ich zerfalle in Anteile, die zwar noch “mein” reales Erleben sind, aber dennoch nicht von “mir” erlebt werden. Oder das Jetzt erscheint wie ein magischer “Bewusstseinsspender”, der Hirnzustände “inspiriert”, ihnen sozusagen Geist einhaucht, sobald es sie mit seinem Odem streift: ein Jetzt-Geist der über das wurmartige 4-D Universum entlang der Zeitachse weht und so in unserem Bewusstsein eine erfahrbare, zeitlich strukturierte Welt entstehen lässt.

ad (2) Die Welt fliegt durch die Zeit

Viel einfacher wäre dagegen die Annahme (2), dass nur genau jetzt ein Hirnzustand und eine Welt wirklich existieren – nämlich materiell -, während die vergangenen Welt- und Hirnzustände wirklich vergangen sind; ihnen kommt keinerlei materielle Wirklichkeit mehr zu. Die Atome befinden sich – ich vereinfache hier – nur und ausschließlich an dem Ort, wo sie jetzt gerade sind; von den früheren Orten haben sie sich real wegbewegt – sie sind nicht irgendwie doch auch noch dort geblieben. Nur in Verbindung mit materiell realen Hirnzuständen hätten wir Bewusstsein, wodurch sich erklärt, dass unser Bewusstsein immer nur jetzt auftritt und sich notwendig auf die jetzige Welt bezieht. Materialität wird geradezu zu einem Synonym für das Jetzt und im Jetzt materialisiert sich die wirkliche Welt. Im stetig voranschreitenden Jetzt, also im unendlich kurzen “Umschlagen” einer noch nicht eingetretenen Zukunft in eine bereits vergangene Vergangenheit entwickelt sich die Welt.

Unser historisches Wissen bemisst sich unter dieser Voraussetzung nicht an einer noch materiell existenten, nur scheinbar vergangenen Wirklichkeit, sondern an einem vorgestellten idealen “Wissen” über die vergangene Welt, wie sie wirklich war; in diesem Wissen ist die Vergangenheit bleibend und unveränderlich aufbewahrt, und zwar immateriell und unabhängig von unserem aktuellen begrenzten Wissen.

Das aber wäre der philosophische Gottesgedanke.

Die Welt, alle Objekte “darin” und ich selbst – wir wären in dieser Perspektive überhaupt nur wirklich, indem wir mit unserer uns identifizierenden Geschichte in diesem überzeitlichen und allumfassenden “Wissen” immateriell bewahrt wären – nicht insofern wir materiell existierten. Denn die Atome sind nur da, wo sie jetzt gerade sind; sie kommen als Träger einer erkennbaren Vergangenheit nicht in Frage. Wären wir nur materielle Wesen, dann wären wir in der Perspektive von Ansatz (2) Gefangene des Jetzt, hätten keine wirkliche Geschichte und könnten keine wirklichen Veränderungen und Erfahrungen durchlaufen; denn Geschichte, Veränderung und Bewegung wären allenfalls Illusion, wenn Wirklichkeit nichts anderes als Materialität wäre.

Nimmt man Geschichte dagegen ernst, wäre Materialität “lediglich” der Mechanismus der creatio continua einer Welt mit Geschichte. Materie markierte bzw. konstituierte gleichsam die vorderste Front des Werdens einer Welt, jetzt und jetzt und jetzt. Nur genau jetzt wäre die Welt überhaupt in einem materiellen Sinne wirklich und nur jetzt wäre sie materiell. Ihre Wirklichkeit wäre jedoch nicht in ihrer Materialität begründet und erschöpfte sich nicht in ihrer Materialität, weil der Materie selbst jede geschichtliche Dimension fehlt.

Wenn wir uns (persönlich und wissenschaftlich) erkennend und nach Wahrheit suchend auf eine – unter Voraussetzung (2) – nichtmaterielle, aber dennoch wirkliche und nicht bloß ausgedachte Vergangenheit beziehen, so geschieht dies unter überraschend starken metaphysischen Voraussetzungen.

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Geboren 1967 in Emsdetten/Westfalen. Diplom kath. Theologie 1993, Psychologie 1997, beides an der Universität in Bonn. Nach einem Jahr am Leipziger Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung (1997-98) bin ich seit Oktober 1998 klinischer Neuropsychologe an der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn. Ich wurde an der Universität Bielefeld promoviert (2004) und habe mich 2015 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn habilitiert (Venia legendi für das Fach Neuropsychologie). Klinisch bin ich seit vielen Jahren für den kinderneuropsychologischen Bereich unserer Klinik zuständig; mit erwachsenen Patientinnen und Patienten, die von einer schwerbehandelbaren Epilepsie oder von psychogenen nichtepileptischen Anfällen betroffen sind, führe ich häufig Gespräche zur Krankheitsbewältigung. Meine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen klinische Neuropsychologie (z.B. postoperativer kognitiver Outcome nach Epilepsiechirurgie im Kindesalter) und Verhaltensmedizin (z.B. Depression bei Epilepsie, Anfallsdokumentation). Ich habe mich immer wieder intensiv mit den philosophischen und theologischen Implikationen der modernen Hirnforschung beschäftigt (vgl. mein früheres Blog WIRKLICHKEIT Theologie & Hirnforschung), eine Thematik, die auch heute noch stark in meine Lehrveranstaltungen sowie meine öffentliche Vortragstätigkeit einfließt.

49 Kommentare

  1. Wenn schon erschliesst sich uns die Vergangenheit nicht über Atome und Materie sondern über die Erinnerung. Erinnerungsträger sind die blosse Erinnerung, die (überlieferte) Erzählung, das was auf materiellen Trägern wie Büchern, Photographien und Filmen die Zeiten überstanden hat oder auch Relikte wie Artefakte oder DNA (Neandertaler-DNA z.B. die kürzlich dekodiert wurde).

    Wenn wir uns auf eine Vergangenheit beziehen, so geschieht dies unter überraschend starken metaphysischen Voraussetzungen.

    Die metaphysische Voraussetzung ist nichts anderes als die Fähigkeit zu reproduzieren. Reproduzieren in der Bedeutung wie sie im Duden nachzuschlagen ist: abbilden, nachahmen, nacharbeiten, nachbilden, nachgestalten, nachschaffen
    Indem ich im Duden nachgeschlagen habe, habe ich meine Erinnerung an die Bedeutung des Wortes “reproduzieren” konkretisiert, habe ich mich vergewissert. So wie sich ein Erwachsener vergewissert, der seine Mutter bittet ihm noch einmal genau zu erzählen wie die Weihnachtsfeier vor 30 Jahren ablief.
    Geschichte und Erinnerung bedarf immer der Interpretation und geht nicht ohne Interpreten. In einer Zukunft, in der die Menschheit verschwunden ist und der Planet Erde Besuch von Extraterrestrien erhält, werden diese Extraterrestrier trotz unzählig verbliebenen Dokumenten nur das verstehen, was sie selbst in irgend einer Art kennen oder zu kennen glauben.

  2. Hier, bezugnehmend auf einen kürzlichen Dissens, kurz angefragt:

    die Wirklichkeit existiert nur jetzt, die Vergangenheit ist vergangen und im umfassenden Sinne daher nicht mehr wirklich. Die reale Welt ist die [je[?]] jetzige Konstellation ihrer Atome (vereinfacht gesagt).

    Wenn wir die Zeitlichkeit (“jetzt”, “jetzig”) annehmen wollen, dann existiert jetzt die Welt, warum die reale (“sachliche”)?
    Die Wirklichkeit, also die Art und Weise wie die Welt auf das erkennende Subjekt wirkt oder besser: zu wirken scheint, wäre ebenfalls besser durch ‘Welt’ (ohne Attribut) zu ersetzen, oder?

    MFG
    Dr. W (der die Welt zwar als bedarfsweise unterteilenswert in Realität (“Sachlichkeit”) und Wirklichkeit (s.o.) sieht, aber auf das Schichtengebundende hinzuweisen hat)

  3. @Holzherr:
    Was wir erinnern, wissen und verstehen erschließt die Vergangenheit nur teilweise und teilweise falsch/verzerrt. Das heißt jedoch: Erinnerung und Wissen beziehen sich auf eine Vergangenheit, die unabhängig von unserem Erinnern und Wissen irgendwie war. Sie müssen zwischen der epistemologischen und der ontologischen Ebene unterscheiden; mein Beitrag betrifft die Ontologie des Vergangenen.

  4. @Webbaer
    Sie haben völlig Recht, das war blumig formuliert, aber ganz nüchtern gemeint: Die vergangene Welt ist vergangen und existiert in keiner materiellen Weise mehr (= Annahme 2). Die Welt existiert im eigentlichen (nämlich realen/materiellen) Sinne immer nur genau jetzt, nämlich als die je jetzige Konstellation aller Atome (vereinfacht gesagt).

  5. Die Welt stellt sich anzunehmenderweise, wenn wir die Zeitlichkeit annehmen wollen, als Zustandsmenge dar, wobei denn zeitlich vergangene Zustände nicht greifbar sind, wie ähnlich auch zukünftige Zustandsmengen erst greifbar werden.
    Nichtsdestotrotz scheint hier bei Formulierungen wie ‘in keiner materiellen Weise’, Zustände, die also Mutterstoffe berühren, wie beim Wirklichkeitskonzept (“was auf das Subjekt wirkt, vs. was ist”) eine gewisse Mopsigkeit vorzuliegen.

    Die sich fortsetzt, bspw. im möglicherweise fazitären Teil des Artikels –
    Wenn wir uns (persönlich und wissenschaftlich) erkennend und nach Wahrheit suchend auf eine – unter Voraussetzung (2) – nichtmaterielle, aber dennoch wirkliche und nicht bloß ausgedachte Vergangenheit beziehen, so geschieht dies unter überraschend starken metaphysischen Voraussetzungen.’ -, denn dort ist von Wahrheit die Rede -Was ist das naturwissenschaftlich?- und eben wieder von Materie.

    MFG
    Dr. W (der sich aber nun auszuklinken hat, wegen “Fressie”, am Wochenende wieder…)

  6. Man sollte vielleicht erwähnen, dass Ansatz (2) nicht wirklich mit den aktuellen physikalischen Modellen von Raum uns Zeit kompatibel ist. (Sowas wie die Relativität der Gleichzeitigkeit steht meiner Meinung nach im starken Konflikt mit diesem Ansatz.) Wenn dieser Ansatz wahr ist, müssten sich die Physiker was neues (oder altes) einfallen lassen.

  7. Die Vergangenheit war nicht nur, sondern jeder Moment der Vergangenheit war auch ein Moment des Werdens. Deshalb ist die Annahme, die Welt sei in jedem Moment eine Kollektion von Atomen problematisch. Letztlich steckt dahinter eine falsche Auffassung von Wirklichkeit. Gibt es eine Wirklichkeit ohne Bedeutung, ohne Veränderung als immanenten Bestandteil? Kann die Wirklichkeit als Kollektion von Teilchen aufgefasst werden?
    Nehmen wir das von Einstein eingeführte Prinzip der Lokalität hinzu:

    Lokalität ist in der Physik die Eigenschaft einer Theorie, dass Vorgänge nur Auswirkungen auf ihre direkte räumliche Umgebung haben.

    so wird es noch viel problematischer von der Wirklichkeit als Kollektion von Atomen zu sprechen. Denn alle Wirkungen wirken sich zuerst einmal nur auf die unmittelbare Umgebung aus. Sie können sich zudem höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Somit hat alles was wir erleben und wahrnehmen seinen Ursprung in der Vergangenheit. Selbst das Licht vom Computerbildschirm, das auf mein Auge fällt ist bereits Licht aus der Vergangenheit und entstammt einem Ort, zu dem ich nicht unmittelbar in Konakt bin.Hinter folgendem Satz steckt also bereits eine Idealisierung:

    Nur genau jetzt wäre die Welt überhaupt in einem materiellen Sinne wirklich und nur jetzt wäre sie materiell. Ihre Wirklichkeit wäre jedoch nicht in ihrer Materialität begründet und erschöpfte sich nicht in ihrer Materialität, weil der Materie selbst jede geschichtliche Dimension fehlt.

    Möglich, dass die Materie keine geschichtliche Dimension hat. Sicher aber ist, dass alles was auf uns, auf unsern Körper, einwirkt, Wirkungen aus der Vergangenheit des Wirkungsursprungs sind. Es gibt ja diese Vorstellung von Gott, der alles überblickt, der die Welt als Ganzes quasi in seinen Händen hält. Diese Vorstellung ist physikalisch falsch. Niemand überblickt in irgend einem Moment alles. Jeder erlebt nur seine unmittelbare Umgebung.

  8. Ist die Bezeichnung von Ansatz (1) als “Wurm-Universum” eine eigene Begriffsbildung? Google findet unter diesem Suchwort (mit dieser Bedeutung) nur genau diesen Artikel. Und es gibt ja dafür schon den etablierten Begriff des “Blockuniversums”…

  9. Die Vergangenheit hat Einfluss auf die Zukunft, deswegen wird auch Geschichte an Schulen gelernt um die Probleme der Welt aus der Vergangenheit zu verstehen. Bei Gedanken neuronale Verbindungen im Kopf wird bei den meisten dies verpuffen und keine Auswirkungen auf heute haben.

    Aber das sind Auswirkungen die Dinge welche vor langer Zeit geschehen sind, sind nicht ihn diesem Sinne real, dass es sie heute noch geben würde irgendwo/irgendwie (jedenfalls nach allem was wir wissen).

  10. Eine Vorstellung ist wahr, wenn sie zutrifft, wenn der Sachverhalt, den sie beschreibt, tatsächlich existiert, wenn sie uns in der Vorstellung Wirklichkeit erschließt.

    Wir suchen Wahrheit auf zweierlei Weise:
    (a) indem wir Aussagesysteme konstruieren, die zutreffende Vorhersagen etc. erlauben,
    (b) indem wir uns nach Einsicht in das Wesen der Wirklichkeit selbst bzw. mehr noch: nach unverstellter und unvermittelter Begegnung mit der Wirklichkeit selbst sehnen. Letzteres galt früher auch für Naturforscher in Bezug auf Welt und Natur (vgl. Faust) – doch diese Zeiten sind wohl vorbei, man springt gerne kurz. Heute gilt (b) nur noch für die Liebe zu einer anderen Person.

  11. Habe nicht von Gleichzeitigkeit gesprochen.
    Wie könnte man das Jetzt ohne Referenz auf die zeitliche Position des Beobachters – sprich: sein aktuelles Bewusstsein – fassen? Wie kann man Zeit ohne das Jetzt fassen?

  12. Aber Herr Holzherr, … was konstruieren Sie denn damit wieder. Solche Antworten entstehen m.E., wenn man nicht wirklich aufmerksam auf die Aussage eines Anderen eingeht, sondern sie dazu benutzt, um Eigenes daran hochzuziehen.

    “Wenn schon erschliesst sich uns die Vergangenheit nicht über Atome und Materie sondern über die Erinnerung.”

    Aus Atome und Materie lässt sich kein Gegensatz zur Erinnerung konstruieren, wie sie das machen. Sie basteln den doch wahrscheinlich nur, um den völlig anderen Ansatz Ihrer Überlegungen daran hochzuziehen. Erinnerung ist schließlich nur möglich, wenn wir Erlebnisse speichern, sei es in uns oder extern auf Papier etc., aber in jedem Fall braucht es dazu Atome und Materie.

    “Geschichte und Erinnerung bedarf immer der Interpretation und geht nicht ohne Interpreten. “

    Wenn für sie die Interpretation und/oder der Interpret für das Metaphysische stehen, dann sagen sie es doch ganz einfach. Und sagen Sie am besten gleich dazu, dass Sie stets alles Metaphysische widerlegen wollen, anstatt immer neue nicht vorhandene Widersprüche zu konstruieren um widersprechen zu können. Das würde den Diskurs erheblich erleichtern.

    “In einer Zukunft, in der die Menschheit verschwunden ist und der Planet Erde Besuch von Extraterrestrien erhält, werden diese Extraterrestrier trotz unzählig verbliebenen Dokumenten nur das verstehen, was sie selbst in irgend einer Art kennen oder zu kennen glauben.”

    Klar, aber ändert das was an der Existenz unseres je individuellen und gemeinsamen Geistes?

  13. Vergangenheit existiert für mich im obigen Kommentar nur noch als Erinnerung. Das Informationsmedium mit der diese Erinnerung gespeichert ist spielt da nur eine untergeordnete Rolle. Christian Hoppe hat darauf aber so geantwortet:
    “Erinnerung und Wissen beziehen sich auf eine Vergangenheit, die unabhängig von unserem Erinnern und Wissen irgendwie war. … mein Beitrag betrifft die Ontologie des Vergangenen.

    Wenn man von der Ontologie des Vergangenen spricht ist das für mich aber problematisch. Vor allem wenn man unter Ontologie eine Materialisation der Vergangenheit meint.

    Ich tendiere dazu, einen Unterschied zwischen absoluter Vergangenheit und zwischen jetzt erfahrener Vergangenheit zu machen: Absolut vergangen ist etwas, was kein Beobachter mehr erleben kann ausser durch Aufzeichnungen. Relativ vergangen ist etwas was ich heute noch in seinem Ablauf miterleben kann. Wenn ich mit einem Teleskop eine Galaxie beobachte, die 1 Million Lichtjahre von uns entfernt ist, dann sehe ich jetzt Licht und Strukturen, die vor 1 Million Jahren am beobachteten Ort ausgesandt wurden. Man kann sich ein extrem grosses Teleskop vorstellen, mit dem man Lebewesen beobachten kann, die auf einem Planeten leben, der 1 Million Lichtjahre entfernt ist. Diese Art Blick in die Vergangenheit ist nicht dasselbe wie wenn sie ein paar Überreste einer vergangenen Zivilisation zu einem Bild der Vergangenheit zusammenfügen müssen.

  14. …ja du meine Güte…”….Diese Vorstellung ist physikalisch falsch.” die Wissenschaften praktizieren die fachspezifische Aufteilung und die Top-down und Bottom-up Methode stets doch nur, um dann das Ganze wieder einen Schritt besser zu verstehen. Das Leben, die Wirklichkeit ist ein komplexes Ganzes.

    “Es gibt ja diese Vorstellung von Gott, der alles überblickt, der die Welt als Ganzes quasi in seinen Händen hält. Diese Vorstellung ist physikalisch falsch.”

    Wie dann können Sie eine vorsichtige Vorstellung von diesem komplexen Ganzen, das im Endeffekt doch nur durch die Zusammenarbeit aller Disziplinen und Perspektiven zustande kommen kann, als physikalisch falsch bezeichnen. Das ist doch ein Witz, um es vorsichtig zu sagen… Wie wollen Sie mit der Teildisziplin des Physikalischen das Ganze greifen können? Das können wohl nur Männer zustande bringen, die sich eben gerade für diesen Gott halten, der die Welt in Händen hält und vollständiog überblickt.

  15. @Holzherr:
    Sie haben noch nicht verstanden, welche metaphysische Sprengkraft die einfache Frage nach der Wirklichkeit des Vergangenen bzw. nach der Möglichkeit wahrer Aussagen über die Vergangenheit hat. Ihre Erinnerung ist ja nur Erinnerung, indem sie sich auf Vergangenes bezieht – und zwar nicht als beliebige historische Fiktion, sondern als Erinnerung, sprich: unter dem Wahrheitsanspruch, dass es damals wirklich so war, wie ich es jetzt erinnere. – Diese Bezugnahme ist metaphysisch extrem voraussetzungsreich, wie ich zu zeigen versuchte.

  16. “Relativität der Gleichzeitigkeit” meint, dass nicht definiert ist, ob zwei räumlich getrennte Ereignisse gleichzeitig sind bzw. welches zuerst und welches danach passiert. Ich habe Ihren Satz “die Wirklichkeit existiert nur jetzt, die Vergangenheit ist vergangen und im umfassenden Sinne daher nicht mehr wirklich” so verstanden, dass es in jedem Zeitpunkt eine das gesamte Universum umspannende eindeutige Einteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gibt. (Und dass nur die Gegenwart existiert, aber das ist für mein Argument nicht relevant.) Und das widerspricht nunmal der Relativität der Gleichzeitigkeit. (Beispielsweise hat die Frage “Was passiert jetzt in der Andromeda-Galaxie?” in diesem Sinne keine sinnvolle Antwort.)

    Den zweiten Satz in Ihrem Kommentar verstehe ich leider nicht.

    Zum dritten: In der SRT (und erst recht in der ART) gibt es keine globale (d.h. für alle “Beobachter” gültige) Zeit. In manchen Rechnungen kommt zwar eine Koordinate t vor, aber die hat keine fundamentale Bedeutung; man kann sie einfach umdefinieren und ohne Probleme weiterrechnen (so wie man ein Koordinatensystem für den dreidimensionalen Raum auch ohne weiteres drehen kann, weil es keine natürliche Richtungen x, y, z gibt).
    Es gibt aber für jeden “Beobachter” eine sogenannte Eigenzeit. Das ist – salopp gesagt – das was seine Uhr anzeigt. Anhand derer kann man das von diesem Beobachter erfahrene in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einteilen. Aber die gilt eben nur für ihn.
    Jeder hat quasi sein eigenes “Jetzt”, das sich von den “Jetzten” (“Jetzts”?) der anderen unterscheidet.

  17. Sie sind hier der einzige, der von “globaler Zeit” oder von einem für alle gültigen “Jetzt” gesprochen hat. Ob nun alle im selben Jetzt sind oder nicht (sind sie nicht, ich weiß) – die Erfahrung der Zeit selbst ist nicht denkbar ohne “Jetzt(e)”.

    Der physikalische Zeitbegriff entsteht, wenn sich der Beobachter jenseits der Zeit, die gesamte Zeitachse überblickend positioniert. Auf der so beobachteten Zeit gibt es keinen durch bewusstes Erleben hervorgehobenen Augenblick namens “Jetzt”. Es ist nicht überall dieselbe Uhrzeit und die Zeit vergeht nicht überall gleich schnell – das ist die Konsequenz der A/SRT. Vom Jetzt ist da allenfalls sekundär-illustrativ die Rede.

    In der übergeordneten und überzeitlichen naturwissenschaftlichen Beobachtungsperspektive fällt aber nicht weg, dass man sich auf Vergangenes als Wirkliches (und nicht nur Ausgedachtes) bezieht (vgl. Kosmologie, Geologie, Evolutionsbiologie). – Diese Bezugnahme ist das Thema meines Blogpost.

    Die überzeitliche, quasi-göttliche Beobachterposition, die wir hier einzunehmen versuchen, um die Welt zu verstehen, ist in sich selbst vielleicht der stärkste Hinweis darauf, welche metaphysischen, sogar theologischen Voraussetzungen Naturwissenschaft implizit immer schon hat. Die Irrtumsanfälligkeit unserer Erkenntnis holt uns dann regelmäßig wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

  18. Ich weiß nicht mehr genau, wo ich das gelesen habe. Es könnte tatsächlich irreführend sein (z.B. in Bezug auf Wurmlöcher in schwarzen Löchern und dergleichen). Früher hatte ich von einer “Röhre” gesprochen. Es könnte sein – aber ich weiß es nicht sicher – dass ich den Begriff bei dem Philosophen Godehard Brüntrup aufgeschnappt hatte.

    Hier übrigens noch die früheren Beiträge:
    https://scilogs.spektrum.de/wirklichkeit/vierdimensionalit-t-r-ckkehr-des-geist-materie-dualismus/
    https://scilogs.spektrum.de/wirklichkeit/ein-stein-rollt-2/

  19. Dann habe ich Sie wohl falsch verstanden und bitte um Erläuterung. Wie soll Ansatz (2) verstanden werden, wenn es keine für alle gültige Unterscheidung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gibt? Den einzigen Ausweg den ich hier sehe ist, dass auch “Existenz” von verschiedenen Beobachtern unterschiedlich beurteilt wird…

  20. Sie könnten (2) auf jeden individuellen Beobachter hin lesen.

    Im Grunde fragt die Alternative ja nur: Wenn wahre Aussagen über Vergangenes möglich sind, dann kommt der Vergangenheit Wirklichkeit zu. Da diese Wirklichkeit nicht durch unser Erinnern und Wissen konstituiert, sondern in der Vorstellung mehr oder weniger erkannt wird, fragt sich, wie wir uns die Wirklichkeit des Vergangenen denken wollen: als Fortdauer einer physisch realen Existenz (“materiell”) oder aufbewahrt in einem absoluten göttlichen “Wissen”, an dem sich unser Wissen zu bemessen hat. Oder weitere Optionen? Auf jeden Fall erscheint mir die Frage nach der Wirklichkeit des Vergangenen berechtigt, wenn sie Gegenstand naturwissenschaftlicher Erkenntnis sein kann.

    Wäre denn vorstellbar, das sich dasselbe zeitlich begrenzte Ereignis Beobachter ZUK noch nicht zeigt, Beobachter GEG gerade jetzt zeigt und Beobachter VER schon nicht mehr zeigt?

    Wäre prinzipiell für jedes Ereignis, das aus Sicht einer individuellen Person bereits vergangen ist, ein Beobachter in einer anderen raumzeitlichen Position/Situation denkbar, dem dieses Ereignis gerade jetzt gegenwärtig wäre?

    Wenn wir der Vergangenheit Wirklichkeit zuschreiben, dann bedeutet dies immer, dass sie sich im Prinzip jemandem zeigen könnte. Denn wirklich ist etwas nur, insofern es sich zeigen könnte. (Es ist jedoch nicht erst dann wirklich, wenn es sich faktisch zeigt.) Dieser Gedanke würde durch A/SRT konkretisiert.

  21. @Christian Hoppe

    »Wäre denn vorstellbar, das sich dasselbe zeitlich begrenzte Ereignis Beobachter ZUK noch nicht zeigt, Beobachter GEG gerade jetzt zeigt und Beobachter VER schon nicht mehr zeigt? «

    Nicht nur vorstellbar, das passiert hin und wieder tatsächlich!

  22. @Christian Hoppe:
    “Wäre prinzipiell für jedes Ereignis, das aus Sicht einer individuellen Person bereits vergangen ist, ein Beobachter in einer anderen raumzeitlichen Position/Situation denkbar, dem dieses Ereignis gerade jetzt gegenwärtig wäre?”
    In SRT ja, man muss nur weit genug entfernt sein bzw sich schnell genug bewegen. In ART hängt das von der Topologie der Raumzeit ab und vom “Verfahren”, wie man “jetzt” auf größere Gebiete ausdehnt.

  23. @Sven, Balanus:

    Das ist echt abgefahren!
    Ich weise jedoch nochmals darauf hin, dass – in meinen Überlegungen – Existenz nicht bedeutet, dass sich eine Entität einem Beobachter faktisch zeigt (was zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Fall sein könnte), sondern dass Existenz als Potential, sich im Prinzipzeigen zu können, verstanden werden muss. (Existenz hängt daher auch nicht davon ab, dass menschliche Beobachter über die erforderlichen Beobachtungsfähigkeiten verfügen.)

    Insofern denken wir die Wirklichkeit des Vergangenen und die Möglichkeit wahrer Aussagen über Vergangenes notwendig – und im Hinblick auf A/SRT: mit gutem Grund – als die Möglichkeit, dass sie sich jemandem zeigen könnte bzw. dass jemand zutreffendes Wissen über sie haben könnte.

  24. Wenn Bewusstseinszustände wesentlich mit Hirnzuständen verknüpft sind und frühere Hirnzustände noch genauso existieren wie mein jetziger Hirnzustand, dann existieren auch die entsprechenden früheren Bewusstseinszustände noch

    Wie kommen Sie auf diese Schlussfolgerung und warum sollte ein früherer Hirnzustand noch existieren? So kann ich (nur als Beispiel) ein Video in den Hauptspeicher meines Rechners laden, dieses ist somit wesentlich mit dem Zustand der Speicherbausteine verknüpft. Überschreibe ich deren Inhalt mit anderen Daten, ändere somit den Zustand der Speicherbausteine, ist das Video weg. Daran ist nichts Metaphysisches.

    Unser Hirn arbeitet deutlich anders als CPU und RAM eines Computers, aber dass es zur Informationsverarbeitung nicht nur auf die physisch vorhandenen Bausteine (Neuronen etc.) zurückgreift, sondern auch auf wie auch immer geartete immaterielle Komponenten, dafür gibt es keine Hinweise.

    Unser historisches Wissen bemisst sich unter dieser Voraussetzung nicht an einer noch materiell existenten, nur scheinbar vergangenen Wirklichkeit, sondern an einem vorgestellten idealen “Wissen” über die vergangene Welt, wie sie wirklich war; in diesem Wissen ist die Vergangenheit bleibend und unveränderlich aufbewahrt, und zwar immateriell und unabhängig von unserem aktuellen begrenzten Wissen.

    Und wie genau muss ich mir dieses Vergangenheitsaufbewahrungsgefäß vorstellen?

    Das aber wäre der philosophische Gottesgedanke.

    Sie meinen, weil Sie sich dieses Gefäß für die Vergangenheitsaufbewahrung denken können, müsste es schon existieren und Sie dürften folglich auch den gedanklichen Klimmzug vollführen und auf die Existenz eines Gottes schließen. Klar dürfen Sie, aber daraus folgt noch lange nicht, dass das Gefäß oder dieser Gott auch wirklich existierten.

    Wären wir nur materielle Wesen, dann wären wir in der Perspektive von Ansatz (2) Gefangene des Jetzt, hätten keine wirkliche Geschichte und könnten keine wirklichen Veränderungen und Erfahrungen durchlaufen; denn Geschichte, Veränderung und Bewegung wären allenfalls Illusion, wenn Wirklichkeit nichts anderes als Materialität wäre.

    Es gibt keine Indizien dafür, dass physikalische Wirklichkeit noch etwas anderes als Materialität wäre. Das bedeutet indes nicht, dass sich physikalische Veränderungen nicht aufzeichnen ließen (über schriftliche Beschreibungen, elektronische Gerätschaften oder auch nur über unsere Sinne und unser Gedächtnis). Somit lassen sich diese physikalischen Änderungen nachträglich rekonstruieren, wenn vielleicht auch nur unvollständig. Aber von Illusion im Sinne von Täuschung oder Trugbild kann in diesem Fall nicht die Rede sein.

  25. Argh, falschen Antwortlink benutzt. Der Kommentar sollte sich eigentlich auf den Artikel beziehen und nicht auf Ihre Antwort auf Martin Holzherrs Kommentar.

  26. @Christian Hoppe

    »Wäre denn vorstellbar, dass sich dasselbe zeitlich begrenzte Ereignis Beobachter ZUK noch nicht zeigt, Beobachter GEG gerade jetzt zeigt und Beobachter VER schon nicht mehr zeigt? «

    Mir kam beim Lesen dieser Frage spontan der Knall bei einer Detonation (= zeitlich eng begrenztes Ereignis) in den Sinn. Trifft aber doch wohl nicht das Gemeinte. Dennoch: Wenn sich das Ereignis Detonation dem Beobachter GEG, der sich in einiger Entfernung vom Detonationsort aufhält, wie gefordert durch den Knall zeigt(!), dann ist das Ereignis für VER (am Ort des Geschehens) schon Vergangenheit und für ZUK (weiter weg vom Ereignis als GEG) noch Zukunft.

    Ist halt eine Frage des Standpunktes (und was genau als „Ereignis“ gelten darf).

    Zum Eigentlichen:

    »Wenn wahre Aussagen über Vergangenes möglich sind, dann kommt der Vergangenheit Wirklichkeit zu. …«

    Einverstanden.

    »Da diese Wirklichkeit nicht durch unser Erinnern und Wissen konstituiert, sondern in der Vorstellung mehr oder weniger erkannt wird, …«

    Nochmal einverstanden, wenn auch mit gewissen Bauchschmerzen.

    »…fragt sich, wie wir uns die Wirklichkeit des Vergangenen denken wollen: als Fortdauer einer physisch realen Existenz (“materiell”) oder aufbewahrt in einem absoluten göttlichen “Wissen”, an dem sich unser Wissen zu bemessen hat.«

    Weder noch.

    Die Wirklichkeit des Vergangenen denken wir uns als vergangene Wirklichkeit.

    Ich fürchte, ich habe wie @ Martin Holzmann nicht verstanden,

    »welche metaphysische Sprengkraft die einfache Frage nach der Wirklichkeit des Vergangenen bzw. nach der Möglichkeit wahrer Aussagen über die Vergangenheit hat.« (CH)

    Mein Wahrheitsanspruch an meine Erinnerung ist eigentlich recht bescheiden. Ich bin mir auch nicht sicher, wie stark die Vorstellung von einer vergangenen Wirklichkeit metaphysisch aufgeladen ist. Viele Prozesse reichen ja von der Vergangenheit in die Gegenwart hinein, so dass es eine ganz alltägliche Erfahrung oder Erkenntnis ist, dass auch Vergangenes wirklich gewesen ist.

  27. @ Spritkopf,
    …das ist jetzt aber eine seltsame Antwort, von wegen: “Es gibt keine Indizien dafür, dass physikalische Wirklichkeit noch etwas anderes als Materialität wäre. “
    Hat Herr Hoppe das behauptet oder sonst wer, der sich darum sorgt, dass der Geist ausgelöscht wird?

    Physikalische Wirklichkeit ist natürlich Materialität. Das bestreitet doch keiner. Ebenso wenig wird bestritten, dass sich
    “….physikalische Veränderungen(…) aufzeichnen lassen(über schriftliche Beschreibungen, elektronische Gerätschaften oder auch nur über unsere Sinne und unser Gedächtnis). Somit lassen sich diese physikalischen Änderungen nachträglich rekonstruieren, wenn vielleicht auch nur unvollständig.”

    Klar, aber was ändert das an der Existenz des Geistes?

    “Unser Hirn arbeitet deutlich anders als CPU und RAM eines Computers, aber dass es zur Informationsverarbeitung nicht nur auf die physisch vorhandenen Bausteine (Neuronen etc.) zurückgreift, sondern auch auf wie auch immer geartete immaterielle Komponenten, dafür gibt es keine Hinweise.”

    …auch hier wieder, nein die gibt es auch nicht, aber umgekehrt ist der ganze Mensch ein Hinweis darauf, dass sein eigener Geist ihn in jeder Faser bewegt und sich des Gehirns bedient.

    …nur mal für möglich halten, dann werden sie merken, dass es stimmt.
    Wir Menschen sind ja hervorragende Künstler darin, uns gegen Dinge zu sperren, die wir – aus welchem Grund auch immer – nicht wollen.

  28. Vielleicht eine notwendige Info, ist schwer zu erklären und zu verstehen, aber ich versuchs mal kurz:

    Es gibt Experimete, die beweisen, dass jedes Ereignis der Gegenwart Impulse/Frequenzen aussendet in die Vergangenheit UND in die Zukunft. Man schließt daraus, dass die Zukunft sich je eine passende Vergangenheit sucht und wenn’ s einrastet, also wenn sie eine gefunden hat, wird sie neue Gegenwart.

    Messen kann man das fast nur bei Ereignissen mit weltweiter emotionaler Bedeutung und Auswirkung. So hat man beim WTC Crash vom 11.9.2001 mit einer solchen Messung deutliche Ergebnisse erzielt.

    Für mich heißt das, dass wir eine Chance haben, der Zukunft die richtige Vergangenheit zuzuführen, um etwa Katastrophen etc. zu vermeiden und dem Weltfrieden näher zu kommen.

    Ich denke, dass die Frage der Wirklichkeit von Vergangenheit und Zukunft sich dann auch erübrigt. Wie auch Balanus es ganz einfach zum Ausdruck bringt: “Viele Prozesse reichen ja von der Vergangenheit in die Gegenwart hinein, so dass es eine ganz alltägliche Erfahrung oder Erkenntnis ist, dass auch Vergangenes wirklich gewesen ist.”

    Insgesamt verstehe ich aber auch nicht so recht worauf Herr Hoppe hinaus will. Dass Wirklichkeit nicht nur Materialität ist, dürfte jedem nüchtern denkenden Menschen doch klar sein. Nur wer seinen Geist schon fast ausgelöscht hat, kann so etwas denken. Jesus sagt nicht umsonst: “löscht den Geist nicht aus”. Denn das kann man ja. Aber um einen hohen Preis.

    Nimmt man Geschichte dagegen ernst, wäre Materialität “lediglich” der Mechanismus der creatio continua einer Welt mit Geschichte. Materie markierte bzw. konstituierte gleichsam die vorderste Front des Werdens einer Welt, jetzt und jetzt und jetzt. Nur genau jetzt wäre die Welt überhaupt in einem materiellen Sinne wirklich und nur jetzt wäre sie materiell. Ihre Wirklichkeit wäre jedoch nicht in ihrer Materialität begründet und erschöpfte sich nicht in ihrer Materialität, weil der Materie selbst jede geschichtliche Dimension fehlt.

    Wenn wir uns (persönlich und wissenschaftlich) erkennend und nach Wahrheit suchend auf eine – unter Voraussetzung (2) – nichtmaterielle, aber dennoch wirkliche und nicht bloß ausgedachte Vergangenheit beziehen, so geschieht dies unter überraschend starken metaphysischen Voraussetzungen.

    Ich habe die Stellenangaben jetzt nicht parat. Werde auf meinem Blog einige wichtige auflisten.

  29. Sorry, der vorletzte und vorvorletzte Abschnitt müsste gelöschte werden, das sind Zitate, die ich zu löschen vergaß. Vielleicht kann Herr Hoppe sie aus dem Kommentar heraus löschen. Danke!

  30. PS: Was ich zu den beiden Absätzen:

    “Nimmt man Geschichte dagegen ernst, wäre Materialität “lediglich” der Mechanismus der creatio continua einer Welt mit Geschichte. Materie markierte bzw. konstituierte gleichsam die vorderste Front des Werdens einer Welt, jetzt und jetzt und jetzt. Nur genau jetzt wäre die Welt überhaupt in einem materiellen Sinne wirklich und nur jetzt wäre sie materiell. Ihre Wirklichkeit wäre jedoch nicht in ihrer Materialität begründet und erschöpfte sich nicht in ihrer Materialität, weil der Materie selbst jede geschichtliche Dimension fehlt.

    Wenn wir uns (persönlich und wissenschaftlich) erkennend und nach Wahrheit suchend auf eine – unter Voraussetzung (2) – nichtmaterielle, aber dennoch wirkliche und nicht bloß ausgedachte Vergangenheit beziehen, so geschieht dies unter überraschend starken metaphysischen Voraussetzungen.

    sagen wollte:
    doch, in etwa kann ich, glaube ich, sie verstehen. Ist mir im Moment aber zu viel, richtig darauf einzugehen, weil ich das vermutlich Gemeinte sehr anders sagen würde.

  31. …..hab’ eine Nacht drüber geschlafen und kann jetzt vielleicht doch kurz bildlich zusammenfassen, was ich zu dem obigen Zitat verstanden habe. Insgesamt kann ich selber diese Dinge alle nicht so rein philosophisch angehen. Ich meine, dass man das auch nicht kann. Das Leben ist eben nicht allein philosophisch zu fassen.

    Zu dem Zitat:
    Die Schilderung von Christian Hoppe stellt die Materialität m.E. wie schwimmend über
    der Metaphysik dar, – etwa wie der Schaum auf den Wellen oder die Erdkruste auf dem wabernden Magma des Erdinneren – womit die Metaphysik/ das Mentale/ das Geistige zum tragenden Fundament wird. Das sagt Herr Hoppe nicht explizit, aber das meint er wohl mit:

    “…die vorderste Front des Werdens einer Welt, jetzt und jetzt und jetzt. Nur genau jetzt wäre die Welt überhaupt in einem materiellen Sinne wirklich und nur jetzt wäre sie materiell. “

    Materialität als zeitgebundene, zeitabhängige und nur in der Zeit sich zeigende Wirklichkeit, wenn man das Ganze nur vom Phänomen der Zeit her angeht. Aber in unserem Universum ist Zeit ja immer mit Raum und Energie verbunden, sodass diese Vorstellung nicht alles erfassen kann. Herr Hoppe geht es, soweit ich das bisher verstanden habe, im Kern immer um seinen speziell verstandenen Begriff ‘Wirklichkeit’.

    “Ihre Wirklichkeit wäre jedoch nicht in ihrer Materialität begründet und erschöpfte sich nicht in ihrer Materialität, weil der Materie selbst jede geschichtliche Dimension fehlt.”

    Ich hab das an anderer Stelle so formuliert, dass Geist und Materie zwar zwei grundsätzlich verschiedene Realitäten sind, dass sie aber immer zusammen auftreten und nicht voneinander zu trennen sind. Was sehr unterschiedlich sein kann, ist ihr jeweiliges Verhältnis.

  32. Der Traum die Vergangenheit zu rematerialisieren und sie wie eine alte Filmspule in ein Abspielgerät zu stecken, ist Thema vieler Geschichten und kommt in Literatur und Film häufig vor. Dies zu:

     
    Unser historisches Wissen bemisst sich unter dieser Voraussetzung nicht an einer noch materiell existenten, nur scheinbar vergangenen Wirklichkeit, sondern an einem vorgestellten idealen “Wissen” über die vergangene Welt, wie sie wirklich war; in diesem Wissen ist die Vergangenheit bleibend und unveränderlich aufbewahrt, und zwar immateriell und unabhängig von unserem aktuellen begrenzten Wissen.

    Ein gutes Beispiel ist das Ende des Films A.I. artificial intelligence von Steven Spielberg:  David, das Kind, das seine Rolle als Kind nie gefunden hat und von seiner Mutter verstossen wurde, erwacht in einer fernen Zukunft und lässt sich von den “Menschheitsforschern” dieser Zukunft noch einmal zurückversetzen in eine Vergangenheit wo er einen Tag zusammen mit seiner Mutter erlebt.

    Ich glaube wir dürfen mit Sicherheit sagen, dass das mehr Wunschtraum als mögliche Realität ist.

  33. Eine Vorstellung ist wahr, wenn sie zutrifft, wenn der Sachverhalt, den sie beschreibt, tatsächlich existiert, wenn sie uns in der Vorstellung Wirklichkeit erschließt.

    Die antirealistische Position ist hier, wir beachten auch die “Skala des Universums“, die Realität oder Sachlichkeit findet nur auf bestimmter Ebene statt, dass Theorien (“Sichten”, “Sichtenbildungen”, Sachen und dbzgl. Verhalte sind ebenfalls Sichten) nützlich erscheinen lässt oder weniger nützlich.
    Die Ablösung erfolgt im “sozialen Gerühre”, das gerne auch modern wissenschaftlich sein darf, allerdings deckt die Wissenschaftlichkeit nicht alles ab, was die Menschen (und Bären) bewegt.

    Insofern ist auch die Religion OK, so wie auch der Glaube an die Ehefrau, an die soziale Wirksamkeit bestimmter Statussymbole und den eigenen (Wach-)Hund beispielsweise…

    Wahrheit gibt es in der Tautologie, in der Philosophie und in der davon abgeleiteten Mathematik, sofern das diesbezüglich gedachte System den Eigenschaftenwert ‘wahr’ kennt.

    Nichts spricht dagegen bspw. die Liebe als sehr nützlich zu erkennen, oder den Relativismus zu hassen (natürlich nur: philosophisch),
    MFG
    Dr. W

  34. Ein Zurück versetzt werden in die Vergangenheit bei erhaltenem Gegenwartsbewusstsein ist Unsinn. Dies würde die Vergangenheit im Nachhinein ändern – was wir denknotwendig ausschließen müssen.

    Was jemals wirklich war, kann im Nachhinein nicht ungeschehen oder verändert werden. Nur eine in dieser Weise bleibend wirkliche Vergangenheit – wie auch immer sie es anstellt, wirklich zu bleiben – kann Gegenstand zutreffender Erinnerungen und wahren historischen Wissens sein.

  35. Worauf beziehen sich Ihre Sätze?
    Antirealismus ist nicht mit Sprache vereinbar.
    Nietzsche lesen.

  36. Ich fragte hier nach dem Verständnis für die folgenden, meines Erachtens unhintergehbaren Unterscheidungen:

    (A)
    Ich stelle mir vor, wie ich gestern Abend Pizza gegessen habe.
    Fall 1: Ich habe wirklich gestern Abend Pizza gegessen = Erinnerung
    Fall 2: Ich male es mir nur in meiner Phantasie aus = Fiktion

    (B)
    Das Blatt No. 3.472.359 meines Ahornbaums existiert nicht mehr. Aber dass es einmal existiert hat und nun vergangen ist, ist etwas fundamental anderes, als wenn dieses Blatt niemals existiert hätte. Dasselbe gilt für das Ereignis, dass dieses Blatt am 28. Oktober 2013 um 13:34:21 unbemerkt vom Baume fiel.

    Unser Wissen, Erinnern und Denken entscheiden nicht darüber, ob etwas wirklich war, sondern sie haben sich an der vergangenen Wirklichkeit zu bemessen und stehen diesbezüglich unter einem absoluten Wahrheitsanspruch. Dieser Wahrheitsanspruch lebt untergründig im Bewusstsein der Fallibilität unseres Denkens und Erinnerns (i.S.v. Unvollständigkeit und Falschheit).

    Also müssen wir darüber nachdenken, wie wir uns die Wirklichkeit des Vergangenen denken wollen – was wir nun getan haben. Dank an alle Kommentatoren/-innen!

    Literaturhinweise:
    – Michael Dummet, The Truth and the Past. (John Dewey Lectures)
    – Quentin Meillassoux, Nach der Endlichkeit.
    – Robert Spaemann, Der letzte Gottesbeweis.
    – Paul Boghossian, Fear of Knowledge.

  37. Herr Dr. Hoppe:

    Worauf beziehen sich Ihre Sätze?
    Antirealismus ist nicht mit Sprache vereinbar.
    Nietzsche lesen.

    Kennen Sie die üblichen konstruktivistisch-antirealistischen Positionen nicht oder wollen Sie sie nicht zur Kenntnis nehmen?

    MFG
    Dr. W (der sich an Begriffen wie ‘Wirklichkeit’, ‘reale Welt’ zu reiben hat, weil andere Begrifflichkeiten günstiger scheinen, gerade auch bestimmte neuere Erkenntnisse der Physiklehre meinend)

  38. @Webbaer:
    Die Zeit für Konstruktivismus ist vorbei. Webbaer, erwache aus Deinem Winterschlaf! Bhogossian lesen! Meillassoux lesen! Ich habe zum Ende meines Studiums der Theologie und Philosophie meine Zeit mit solipsistischer Konstruktivismus-Gedankenspielerei vergeudet. An der Unterscheidung zwischen Wissen und Wirklichkeit kommen wir aber nicht vorbei. Ein epistemologisch gemeinter Konstruktivismus ist trivial, ein ontologischer falsch.

  39. Lieber Herr Dr. Hoppe, schreiben Sie mal in Ihrem WebLog eine Gegenrede auf den Konstruktivismus, Ihr Kommentatorenfreund wird sie auseinander nehmen.
    Aber vielleicht meint man ja letztlich das Selbe, wenn die Ontologie als politisch abgehandelt wird.
    Politisch machen auch Begriffe wie Wirklichkeit Sinn, np.

    MFG
    Dr. W

  40. Meine gesammelten Blog-Beiträge sind antikonstruktivistisch zu verstehen. Ich wüsste auch nicht, warum eine die Alltagserfahrung und die (Natur-)Wissenschaften durchdringende und konstituierende Intuition wie die einer vom Wissen unabhängigen, also nicht ausgedachten Wirklichkeit sich gegen den hanebüchenen Solipsismus eines richtungslosen Denkens verteidigen sollte, welches nur ein Interesse verfolgt, nämlich den unserem Denken inhärenten Wahrheitsanspruch, also den Ernst des Denkens zu umgehen.

    Nennen Sie mir hier Ihre 10 stärksten Argumente für einen nicht trivialen, also ontologisch zu verstehenden Konstruktivismus – und dann sehen wir weiter!

  41. Nennen Sie mir hier Ihre 10 stärksten Argumente für einen nicht trivialen, also ontologisch zu verstehenden Konstruktivismus – und dann sehen wir weiter!

    Biblische Zehn werden es nicht werden, aber – wenn Sie den epistemologisch gemeinten Konstruktivismus schon als ‘trivial’ [1] erkennen – sind Kommentatorenfreund und weltlich-politischer Inhalteträger wohl nicht fern voneinander.

    Fern von der Erkenntnis als explizit philosophisch (dem Sein um die Dinge bemüht, die Folgerichtigkeit des Denkens beachtend, gerne auch des aufklärerischen Denkens) versuchend, bleibt aus dieser Sicht das “Meta” betreffend nur Gehumpel. Sie mögen dies nennen wie Sie wollen, aber es ist Politik.

    Die Bemühung des städtisch gewordenen Primaten, der als Bürger Zivilisationen bildet. aber es bleibt dann nur das politisch gehaltene Geschwätz, der Diskurs, den Sie fälschlicherweise mit Hilfe von Begriffen wie ‘real’ (“sachlich”) oder anderswie zu erheben oder gar auszuhebeln suchen.

    Also: Wenn sich demnächst Kommentorenfreund und werter Inhalteträger gemeinsam bemühen, dann im Veranstaltungssinne des allgemeinen Gerührtes.

    Das auch konstruktistisch genannt werden darf bis sollte..

    MFG
    Dr. W (“Fressie” naht. insofern bis demnächst wieder!)

    [1] die Trivialität oder Dreiwegigkeit meint in übertragendem Sinne (“metaphorisch”) die Offensichtlichkeit auf Grund von Reduktion (“logischer Schlussfolgerung” 3-fach abgesichert sozusagen)

  42. Gegenwart = Realität, Vergangenheit = Fiktion.
    Das ist ein Widerspruch. Denn die Gegenwart ist nichts anderes als der Gipfel des Berges der Vergangenheit.
    Diese Diskussion verstehe ich als einen Versuch, Realismus und Idealismus unter einen Hut zu bringen. Das wird auf Basis der Logik nie gelingen.
    Lasst uns trotzdem weitermachen! Wozu leben wir schließlich?

  43. Nein, eben nicht.
    Es geht nicht um den Widerspruch zwischen der Realität und der Fiktion – dies wäre etwas tollpatschig in der Tat.
    Es geht um das gleichzeitige Bestehen der physikalischen Raumzeit und des Beobachters innerhalb eines einzigen logischen Paradigmas.
    Es geht um die Welt um mich und um meinen Geist (der beileibe KEINE FINKTION ist)
    Kann mir einer eine Professur besorgen, ich muss mich sonst umbringen

  44. In der Tat: Streng naturwissenschaftlich gesehen können die subjektiven Erlebnisqualitäten sowie Gedanken als solche nicht Gegenstand von objektiver Beobachtung und Experiment sein; die Psychologie nähert sich beidem indirekt über beobachtbares Verhalten und introspektivem Bericht.

    Umgekehrt ist das Gehirn nicht Teil der subjektiven Leiberfahrung; es ist subjektiv gesehen völlig uneinsichtig, dass das Gehirn Träger/Realisator unserer Empfindungen und Gedanken sein soll.

    Ich sehe auch nicht, dass es irgendwo gelungen wäre, beides befriedigend zusammen zu denken – beim Thema der Willensfreiheit knallen beiden Perspektiven besonders unvermittelt und besonders irritierend aufeinander.

    (PS. Bitte Suizidabsichten nur in persönlicher Email an mich kommunizieren; im Rahmen von Kommentaren werde ich darauf nicht reagieren. Professuren habe ich keine zu vergeben.)

  45. Der Träger und Realisator unserer Empfindungen ist nicht das Gehirn – dieses ist bereits ein Teil der Raumzeit – wie ein beliebiger Gegenstand.
    Der Geist ist tatsächlich kein Gegenstand und trotzdem ein Teil der Welt der Gegenstände. Hier sehe ich die Ebene des vermeintlichen Widerspruchs.

    Niemand ist in der Lage, mir die Schuhe auszuziehen 🙂
    …würden Sie auch eine Erklärung abgeben wenn ich behaupten würde, dass meine Füße furchtbar stinken?
    Die logische Berechtigung für die Absichtserklärung “im Rahmen von Kommentaren werde ich darauf nicht reagieren” wäre formal identisch, trotzdem erschiene sie für meine ursprüngliche Behauptung angebrachter als für meine nachträgliche.
    Wir erkennen jedoch klar – sie sind beide unnötig, gell?
    Es ist schwierig mit erwachsenen Menschen zu kommunizieren, sie verstehen so wenig und besitzen trotzdem irgendwelche Gewissheiten. ich verzweifle an ihnen.
    Jetzt habe ich das Gleiche gesagt, anders.

  46. Wenn es schwierig ist, mit allen anderen Erwachsenen zu kommunizieren, bestände ja auch noch die Möglichkeit, dass es vielleicht an Ihnen liegt, dass das so schlecht klappt? Sie schreiben mit Verlaub einfach eine ziemliche Menge pseudointellektuellen Quatsch, fürchte ich …

  47. Es liegt daran:
    Ein Astrophysiker erzählt einem Indianer, was sein größter Wunsch ist, nämlich das Leben auf dem Mars zu finden. Worauf der:
    warum? bist du mit deinem hier nicht zufrieden?
    Wenn ich Sie beleidigt habe, war es nicht meine Absicht, obwohl, wenn ich mir Ihre Antwort anschaue, bin ich mir nicht mehr so sicher.
    🙂

  48. @Christian Hoppe

    Nachgefragt (ausnahmsweise an dieser Stelle, weil ich für NdG keine Zulassung besitze): Sie schreiben dort:

    »Wenn man Religion als Teil des natürlichen Repertoires des Erlebens und Verhaltens versteht (wie die Religionswissenschaft) ergänzt sich alles wunderbar…«

    Das kann man durchaus so sehen. Auch Michael Blume stimmt Ihrem Kommentar im Wesentlichen zu. Allerdings fügt er noch hinzu, dass er „auch eher starken Widerspruch durch Antitheisten [erlebe], denen sowohl die Naturalisierung wie auch die Befunde zur Adaptivität von Religiosität und Spiritualität gar nicht zusagen“.

    Da hätte ich nun gerne gewusst, ob Sie Michael Blume auch in diesem Punkt (Adaptivität von Religiosität und Spiritualität) zustimmen. Ich als Nicht-Theist (ich habe nichts gegen Theisten, bin also kein Antitheist) würde hier schon widersprechen wollen. Nicht, weil mir die Befunde nicht „zusagen“ (als ob es in der Wissenschaft darauf ankäme), sondern weil ich ein anderes Verständnis von Evolution und Evolutionsmechanismen habe als eben Michael Blume.

    Ich würde mich freuen, wenn Sie auf NdG etwas dazu schreiben könnten.