Hier werden veränderte Bewusstseinszustände auf ihre religiöse Relevanz hin untersucht. Was bedeutet es, wenn man während tiefer Meditationserlebnisse Veränderungen im Gehirn beobachtet und – mehr noch – gezielte Veränderungen im Gehirn vergleichbare religiöse Bewusstseinszustände auslösen können? Auch für das Thema "Nahtoderfahrung" ist in dieser Rubrik Platz.
Christian Hoppe ist habilitierter klinischer Neuropsychologe an der Klinik und Poliklinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn. Nach seinem Studium der katholischen Theologie (1987-1993) und der Psychologie (1991-1997) sowie einem Jahr an der Tagesklinik für Kognitive Neurologie der Universität Leipzig sowie dem Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung (jetzt Max Planck Institute of Cognitive Neuroscience) ist er bereits seit 1998 in Bonn tätig. Promotion 2004 an der Universität Bielefeld (Prof. Dr. W. Hartje). Seine Schwerpunkte sind klinisch die interventionelle Neuropsychologie (u.a. Patientengespräche), wissenschaftlich die psychiatrie/psychotherapie-nahen Themen der Neuropsychologie (Depression bei Epilepsie, psychogene nichtepileptische Anfälle/dissoziative Störungen), aber auch das Gedächtnis, und in Lehre und Wissenschaftskommunikation Fragen rund um Geist und Gehirn (z.B. auch Nahtoderfahrungen) und ein wenig Statistik. Seine große Leidenschaft ist das Billard. (Profilbild by Lennart Walger)
Wichtiger Hinweis - eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Kommentare und Antworten auf Kommentare bitte max. 500 Wörter und strikt "on topic"! Danke!
Auf G&G-online gibt es zum Artikel “Wo Gott wohnt”
hier schon eine klitzekleine Diskussion, wobei ich zur Darstellung von Befunden und der Interpretation von neurophysiologischen Messdaten der Hirndurchblutung beim Beten und Meditieren besonders auf diesen Beitrag aufmerksam machen möchte.
Im Fernsehen gab’s 2006 auf 3sat eine Sendung zum Großthema
Informationen dazu sind hier zu finden, und auf zwei Themenseiten davon Angaben zu den momentan diskutierten biologischen Grundlagen sowie zum Stand der wissenschaftlichen Meditationsforschung (mit der Möglichkeit, Ausschnitte aus der Diskussion dazu als Videostream aufzurufen).
HINWEIS: Auf der Hauptseite wird auch auf das Werk des verstorbenen Princeton-Psychologen Julian Jaynes “The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind” hingewiesen, allerdings auf sachlich etwas irreführende Weise: die darin enthaltenen, eher skizzenhaften und auf die Re-Li-Hemisphären- und insb. Split-Brain-Forschung gestützten neurophysiologischen Spekulationen, auf die dort angespielt wird, beziehen sich in diesem Buch nicht auf inhaltliche Details von Spontanerinnerungen visueller, akustischer – insb. sprachlicher – und anderer Art bei prähistorischen Menschen und schon gar nicht auf solche religiöser Art, sondern auf die Art und Weise des Erlebens von Erinnerungen wie Intensität, Unmittelbarkeit und andere allgemeine Charakteristika, die Jaynes in Betracht zieht. (Erinnerungen sind “Vorstellungen”, die neuerdings auch philosophisch wieder diskutiert werden, so von Colin McGinn in “Mindsight”, dt. “Das innere Auge”.)
Diese generellen Spezifika des Erlebens früher Menschen sind für Jaynes’ Theorie von einem bikameralen Geisteszustand bzw. einer bikameralen Geistes- oder Bewusstseinsverfassung präreflexiver oder vorbewusster Menschen zwar wichtige, die Grundierung innerer Erlebnisse betreffende Eigenheiten. In psychologischer Hinsicht steht jedoch auch bei ihm “Inhalt” oder Gehalt sowie die insbesondere emotionale Färbung von Vorstellungen im Vordergrund. Deren Zustandekommen erklärt er selbstverständlich nicht neurophysiologisch, sondern wie sachlich erforderlich lernpsychologisch (wie hier eingehender dargestellt).
Religiöse Vorstellungen gehen nach Jaynes – in Übereinstimmung mit religionshistorisch gesicherten Fakten und Kenntnissen – zurück auf natur- oder wildwüchsig ausphantasierte, mündlich verbreitete sowie sprachlich dann auch tradierte Weiterentwicklungen von sozialstabilisierenden Spontanerinnerungen früher Menschen an Tote – ähnlich der psychologisch treffsicheren (allerdings in durchsichtig apologetischen Kontext stehenden) Erklärung des “Ursprungs des Götzendienstes” im alttestamentarischen “Buch der Weisheit” 14,12ff vor über zweitausend Jahren.
Es handelt sich dabei um zunächst an Erleben gebundene und mit zunehmender Sprachentwicklung nach und nach auch sprachlich vermittelte, anfänglich durchaus realistische und mit plastischen Erinnerungshilfen unterstütze “Vorstellungen” lange vor Aufbau einer nennenswerten und ausreichend weit ausgebildeten Reflexionsfähigkeit, die nach Jaynes Schätzung erst in historischer Zeit vor etwa 3-4000 Jahren ein allgemein relevantes Ausmaß erreicht haben soll. Bis dahin war die phantasievoll-wuchernde, bis ins Phantastische reichende Ausgestaltung zunächst animistischer, später polytheistischer Vorstellungen aller Art und Kombination im exakten Sinn “unbegrenzt” – wie dann auch ihre räumliche Verbreitung und ihr zeitliches Überdauern: durch die Erfindung der Schrift und Nutzung immer stabilerer Trägermaterialien dafür.