WIE löst man ein Problem und WER bitte löst es dann? Merkel? Über autogenerierte Diktatur

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Wahrheiten als Querdenkerisches verkleidet, von Gunter Dueck
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Privatmenschen haben oft Probleme. Sie finden sich übergewichtig oder ehelich unglücklich, sie bringen nach Meinung des Chefs oder Lehrers zu wenig Leistung oder sie rauchen immer noch. Da muss ein Ruck durch die Person gehen, sie muss sich aufraffen. Dazu wählt sie sich ehrgeizige Vorsätze, die eine Entscheidung beschreiben, WIE das Problem zu lösen ist. Die Vorsätze enthalten ein Ziel und eine Roadmap mit allen Meilensteinen (wie schwindende Kilos auf der Waage). So. Nun muss die Person das Problem nur noch echt lösen.
Wir wissen, dass dies ein delikater Punkt ist, und zwar sehr oft in unserem Leben: die Energie muss einschießen, die Begeisterung hochflammen und so groß sein, dass sie in lang anhaltende Beharrlichkeit mündet, die ohne die anfänglichen Hurra-Hormone dauerhaft überlebt.

Im Arbeitsleben und generell im sozialen und besonders politischen Umfeld sind die Vorstellungen, wie man ein Problem löst, oft abgekoppelt von der Frage, WER dann die Problemlösung praktisch betreibt. Der Pfarrer weiß, wie das Problem zu lösen ist: Keine Sünde mehr! Und wir Christen sollen es dann so tun. Tja. Der Chef weiß, wie das Problem anzugehen ist, aber wir sollen alles „nur noch“ umsetzen. Diejenigen aber, die das Problem echt lösen sollen, sehen naturgemäß mit schärferem Blick auf die Feinheiten, die Mühe und die Plage. „Keine Sünde, der hat gut reden!“ – „Nur noch nach Plan umsetzen! Auf unsere Knochen!“
Deshalb kommt es regelmäßig zum Konflikt von WIE und WER.
WER begehrt gegen WIE auf. WIE punktet mit den ethisch wertvollen Zielen der Projekte, WER bringt die herbe Mühsal zur Sprache und wird verachtend und brüsk zurückgewiesen. „Willst du denn etwa nicht in den Himmel?“ – „Bist du also gegen die Erreichung der Unternehmensziele?“ Diese moralische – äh – fast „hohe“ Arroganz schmerzt die „niedrige“ Angst vor Mühe sehr. Es verwundert, dass das WIE oft so hoch auf dem Ross argumentiert, wo doch die innerpersonellen Konflikte mit viel mehr Verständnis, ja sogar Augenzwinkern geregelt werden (per Silvestervorsatz und Neujahrsamnesie)! Mit innerpersonellen Zwistigkeiten hat das WIE (der Kopf) seine lieben langen Erfahrungen mit dem WER (dem Körper).

Aber im Meeting-Leben liegen WIE und WER viel weiter auseinander, weil um das WIE die einen alles wissen, die anderen aber schaffen sollen. Man debattiert die ganze schöne Meeting-Zeit um das WIE, nur kurz vor dem Ende des Meetings räuspert sich einer und fragt: „Gut, das WIE ist jetzt vollkommen klar. WER aber macht’s?“ Das ist der peinlichste Moment im Arbeitsleben, wo die Augen unsicher einen Halt irgendwo im Nirwana suchen. Jetzt kommt es zu Streit, Nickligkeiten, Kleinigkeiten, Zeitnotschwüren, Überlastungs- und Kostendiskussionen – der Körper des Ganzen, das WER, übt sich in hinhaltendem Widerstand, der wie eine Lehm-/Lähmschicht wirkt (wie man seit Siemens das Mittelmanagement in wechselnder Schreibweise bezeichnet). Das Ziel ist klar, aber keiner will tätig losstürmen, weil sich im Moment des Losgehens dann doch zu viele Probleme abzeichnen. Das WER fordert klagend, das WIE noch einmal zu überdenken. Das WIE soll neu diskutiert werden! „Das WIE ist zu sonnig geplant!“

Es endet damit, dass man die Sache dem nächsthöheren Chef vorträgt. Der soll entscheiden. Er hat aber keine Zeit, weil er viele Abteilungen beherrscht, die ihm gerade in den Ohren liegen, über WIE und WER ganz neu und bitte nicht so sonnig zu entscheiden. Der höhere Chef versucht es zuerst mit dem blasierten „Wo ist das Problem?“ Da wiehert das WIE höhnisch, aber das WER heult auf. Ja, der höhere Chef muss entscheiden. Er muss nun überhaupt alles entscheiden und schafft das nicht, weil oft andere nächsthöhere Chefs tangiert sind, die nicht beim WER mitmachen wollen und ihrerseits in Meetings stören. Der nächsthöhere Chef beschließt immer regelmäßiger, den Weg seiner Kollegen zu wählen und zwar den wieder nächsthöheren Chef zu involvieren, der „Warum ich?“ schreit. Vergebens. Man stopft ihm mit „Wir möchten die Sache einheitlich entschieden haben!“ das Maul.

So geht es weiter und höher hinauf. Die ganze Pyramide der Macht kann das WIE und das WER nicht in Einklang bringen. Das ganze Unternehmen und das ganze Volk haben als Einheit und Ganzes gesehen jedes Mal so etwas wie einen innerpersonellen Konflikt. Das WIE beharrt auf dem Vorsatz und will Taten sehen. Am Ende landet der Konflikt ganz oben. Natürlich nicht einfach so! Der Konflikt wandert unter unendlichem Zetern und persönlichem Streit in Meetings nach oben, das mittlere Management hat damit einen Vollzeitjob. Der Konflikt steigt hoch – Liebe, Einigkeit, Solidarität, gute Beziehungen verbrennen auf dem Weg nach oben.

Dann landet alles bei „Merkel“. Sie muss das WIE und das WER zusammenbringen. Das tut sie auch jedes Mal nach bedeutsamem, fast ostentativem Zögern, worauf sich das WIE und das WER heftig beklagen. „So eine blöde Entscheidung hätten wir viel früher haben können!“, schreien sie – und sie haben Recht: Sie hätten alles weiter unten ohne Streit selbst entscheiden können. Nein, sie tragen alles seehofernd zu Merkel und muffeln dann unwillig beim WER, bei der Ausführung. Sie versuchen, Merkel mit dem Androhen von Nichtwiederwählen und Imageschadenanhängen ins Wanken zu bringen. Merkels Mundwinkel bleiben unten. Sie trägt die Bürde der autogenerierten Diktatur wie jeder DAX-CEO und höherer Boss überall.

Heute tobt die Diskussion um Flüchtlinge, den Umgang mit dem IS nach jedem Anschlag in Paris und anderswo bald auch, mit Griechenland zu den Zahlungsterminen, mit der Ukraine bei mal wieder einem Volltreffer irgendwo. Das WIE weiß genau, was zu tun wäre – oder es gibt sich diesen Anschein. Das WER sträubt sich bei konkreterer Sicht der Einzelmühsal.
Ach, die beiden kommen nicht mehr so gut zueinander in diesen Tagen. Das WIE ist so sicher und wütet so laut, dass nichts geschieht. Das WER gibt sich überlastet und begehrt genauso wü-tend auf. Es ist von Hass die Rede.

Warten auf Merkel, die dann wieder nichts recht machen kann. Wir erzeugen eine Diktatur, die wir nicht lieben. Merkel soll bitte so entscheiden, dass alles sonnig ist! Geht ja nicht. Oder doch?
Wählt doch alle jemand anders! Hilft das wohl? Nein. Es bleibt so, alles ganz genauso, wenn sich WIE und WER nicht früher und weiter unten einigen wollen. Ich meine: wollen. Können können sie schon.

Oder wollen wir noch höher hinaufgehen und alles per „einiges Europa“ entscheiden lassen? Oder durch die Verfassungsgerichte? Volksentscheide? Reicht das schon? Oder müssen wir noch mehr Möglichkeiten schaffen, alles noch weiter nach oben zu schieben, um es zu verzögern?

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www.omnisophie.com

Bei IBM nannten sie mich "Wild Duck", also Querdenker. Ich war dort Chief Technology Officer, so etwas wie "Teil des technologischen Gewissens". Ich habe mich viel um "artgerechte Arbeitsumgebungen" (besonders für Techies) gekümmert und über Innovation und Unternehmenskulturen nachgedacht. Besonders jetzt, nach meiner Versetzung in den Unruhestand, äußere ich mich oft zum täglichen Wahnsinn in Arbeitsumgebungen und bei Bildung und Erziehung ein bisschen polarisierend-satirisch, wo echt predigende Leidenschaft auf Stirnrunzeln träfe. Es geht mir immer um "artgerechte Haltung von Menschen"! Heute bin ich als freier Schriftsteller, Referent und Business-Angel selbstständig und würde gerne etwas zum Anschieben neuer Bildungssysteme beitragen. Ich schreibe also rund um Kinder, Menschen, Manager und Berater - und bitte um Verzeihung, wenn ich das Tägliche auch öfter einmal in Beziehung zu Platon & Co. bringe. Die Beiträge hier stehen auch auf meiner Homepage www.omnisophie.com als pdf-download bereit. Wer sie ordentlich zitiert, mag sie irgendwo hin kopieren. Gunter Dueck

7 Kommentare

  1. Es geht bei Problemen, pardon, bei Herausforderungen erst einmal um das WAS, d.h. es gilt zu identifizieren was schief läuft, dann darum, was erreicht werden soll, welcher Zustand, wobei es dann um das WIE geht, also wie dieser bessere Zustand erreicht werden kann, welche Prozesse wie anzupassen sind, und zuletzt um das WER, wer’s machen soll (oder wer weg muss oder wer eingekauft werden soll).

    Bei Mme Merkel scheinen WAS, WIE und WER im WIR (“schaffen das”) gelegentlich zu verschmelzen…

    MFG
    Dr. W

  2. Zitat: “WER bitte löst es dann? Merkel? “ Denken wir doch global. >Darth Vader läst das Problem.

    Nun könnte man einwenden: Dark Vader ist doch auf der dunklen Seite der Macht, ganz im Gegensatz zu Merkel, die auf der hellen Seite der Macht ist (wie doch ganz Deutschland auch).
    Aber vielleicht hilft dieser Teil des Wikipedia-Eintrags weiter:

    Darth Vader’s iconic status has made the character a synonym for evil in popular culture; psychiatrists have even considered him as a useful example to explain borderline personality disorder to medical students.[30] Anakin’s origin story in The Phantom Menace has been compared to signifiers of African American racial identity,[31] and his dissatisfaction with his life has been compared to Siddartha’s before he became Gautama Buddha

    • Es bräuchte Jedi-Ritter als WER in (Zitat)“Das WIE weiß genau, was zu tun wäre – oder es gibt sich diesen Anschein. Das WER sträubt sich bei konkreterer Sicht der Einzelmühsal.
      Nur Jedi-Ritter können die Mühsal auf sich nehmen. Und wenn es diese Jedi-Ritter nicht gibt, dann entscheidet der selbstgewählte Diktator – und der ist kein Jedi-Ritter, sondern ein ganz gewöhnlicher Mensch.

      Schon interessant, dass bei vielen Problemen ein übermenschlicher Problemlöser gesucht ist, dass es also auch im Alltag eine Sehnsucht nach dem Transhumanen gibt.

  3. “autogenerierte Diktatur” für diesen Ausdruck verneige ich mich höflich vor ihnen

  4. “Der Pfarrer weiß, wie das Problem zu lösen ist: …”

    Ja so, in UNwahrheitlicher / zweifelverhafteter Hierarchie von und zu …, “demokratisch” in leichtfertiger Übertragung von Verantwortung an die “Treuhänder” durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck, werden die Menschen dieser Welt- und “Werteordnung” gebildet / programmiert, damit das System im Kreislauf zeitgeistlich reformiert weiter bewußtseinsbetäubend in konsum- und profitautistischer Ausbeutung und Unterdrückung funktioniert – Hierbei aber ist die Bewußtseinsschwäche seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (Evolutionssprung) gleichermaßen intellektuell manipulierbar im geistigen Stillstand unserer Instinktivität geblieben, so daß man eine Schuld ganz oben nur sehr bedingt aussprechen kann 😉

    “Autogenerierte Diktatur” – Na gut, aber spätestens im “Zeitalter der Kommunikation” sollte die Erkenntnis kommen: “Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht” 🙂