Das Ziel der Menschenpotentialentfaltung oder „Jedem Einzelnen gerecht werden“

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Wahrheiten als Querdenkerisches verkleidet, von Gunter Dueck
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Noch ganz erfüllt von den Gesprächen auf dem Vision Summit 2013 in der Urania in Berlin sitze ich im Flieger nach Hause. So viel Seele, Herz, Engagement, Aufbruch und Idealismus! Der Philosoph Richard David Precht hat es verschiedentlich oft so gesagt: „Nicht eine Bildungsreform ist nötig, wir brauchen eine Bildungsrevolution!“ (Precht hat die Gabe, die Schlusssilben „-re-vo-lu-ti-on“ unnachahmlich nachdrücklich in uns hineinzubrennen.)

Da kam sofort das Fernsehen vorbei. Revolution? Echt? Stimmt das? Heiße Herzen stimmen bei.

 

Wir sehen überall, dass „Bildung“ (in diesem Zusammenhang ist damit professionelles Können gemeint) und damit Berufschancen ungleich verteilt sind. Das waren sie schon immer, aber es fällt zunehmend auf. Warum? Ich sage es immer wieder: Die Industrialisierung nun auch der Dienstleistungen und einfachen Services und Auskunfts- und Büroberufe verlangt von allen (ALLEN) mehr (MEHR) „Bildung“ (professionelles Können) als früher. Immer mehr. Heute mehr, übermorgen noch mehr. Wir müssen dem Computer überlegen bleiben, sonst frisst er unseren Job. Aus diesen Gründen wird nun arm, wer nur etwas  kann, was der Computer oder „das Internet“ von selbst können. Kurz: Das Internet fordert seine Opfer, so wie der Trecker die Landarbeiter wegfegte. Dieses relativ schnelle Wegfressen vieler Jobs treibt vor allem Menschen mit weniger professionellem Können in prekäre Lagen.

Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer mehr zu einer Schere zwischen „Hochgebildeten“ und „heute nur Normalgebildeten“ (was morgen zu wenig sein wird).

 

Plötzlich, weil professionelles Können nun eng mit dem neuen Reichtum oder dem Besserverdienst zusammenhängt, kommt Verteilungsneid auf. Da ist eine „gebildete“ und auch „digitale“ Elite – die verdient gut und besser und bald noch besser. Da sind Menschen ohne viele Abschlüsse, die bald um Mindestlöhne betteln müssen.

Persönliche Fähigkeiten sind der Schlüssel für Erfolg in der kommenden Wissensgesellschaft, das ist seit langem bekannt. Niemand hat die Schulen daraufhin reformiert, die Universitäten ebenfalls nicht, bestimmt nicht mit „Bologna“. Man hat eher die Schulzeit verkürzt und die Unis bachelorisiert! Die Industrie hat die Trainee-Ausbildungen gestrichen und durch „training on the job“ ersetzt! War es nicht früher so, dass man bei dem Eintritt in ein großes Unternehmen ein Jahr durch alle Abteilungen wanderte und lernte und lernte – und dann erst wirklich produktiv arbeitete? Die Unternehmen gehen zum Prinzip der „Employability“ über: „Jeder soll sich so weiterbilden und immer up-to-date halten, dass bei einer Neuausschreibung seiner jetzigen Arbeitsstelle er selbst unter allen Bewerbern der absolute Wunschkandidat wäre. Das ist jedermanns Bringschuld gegenüber dem Arbeitgeber. „Up-to-date is up to you.“ Oder eben anders ausgedrückt: „Wir selbst kümmern uns nicht mehr um dich.“

 

Professionelles Können wird jetzt zum Engpass nach oben. Mangel an Bildung ist das Zwangsticket nach unten. Wir schreien: „Mehr Bildung!“ Getan wird nichts. Darf es eine Milliarde mehr für Bildung sein? Die versickert, weil vieles durch das Sparen schon marode geworden ist und eine Milliarde mehr für Bildung nur den Niedergang lindert (die meisten Unis, die in der 70er Jahren in Betrieb gingen, müssten saniert werden, da kann alles Geld hingehen – ohne Bildungszuwachs).

Noch schlimmer – wir müssten jetzt schreien: „Mehr solche Bildung, die morgen ernährt!“ Das ist allerdings eine ANDERE als die heutige, also müssen wir die BildungsINHALTE revolutionieren, nicht so sehr die Bildung beschleunigen oder effizienter verabreichen. Inhalte werden nicht mit Gelddiskussionen und Exzellenzunistress verändert!

 

Bevor wir aber die Bildung in den Inhalten zu neuem professionellen Können revolutionieren (was Arbeit ist, viel Arbeit – und Ringen um neuen Konsens – wir müssen die Zukunft gemeinsam verstehen, bevor sie da ist), können wir uns schon einmal auf das Ziel einigen. Das ist auf dem Vision Summit 2013 eindeutig und unwidersprochen dies:

 

„Wir entwickeln das volle Zukunftspotential jedes einzelnen Menschen.“

 

 

 

Wie geht das? Da scheiden sich die Geister. Manche asiatische Schulsysteme drillen unbarmherzig und übrigens erfolgreich (das wird hier in Berlin natürlich ausgeblendet). Wir schauen ganz klar auf „Skandinavien“ oder eigene mitgebrachte Ideen. Dort schafft man es, den jungen Menschen als Menschen zu begegnen, sie liebender als bisher in ihrer eigenen Persönlichkeit „abzuholen“ und für die Bildung zu „öffnen“. „Lernlust“ sollen sie haben, sie alle sollen möglichst das Abitur machen. „Kein Mensch soll verloren gegeben werden.“

 

Es herrscht unausgesprochene Einigkeit, dass wir den jungen Menschen als Vorbild dienen sollen, wir sollen sie wertschätzend zu Persönlichkeiten reifen lassen.

 

Wie macht man das? Wie stellen wir es an, Vorbilder für Digital Natives zu sein, wo doch für viele von uns Internet noch „Neuland“ ist? Wie coachen wir Kinder und begegnen ihnen als Menschen? Wie begegnen Chefs den Mitarbeitern als Menschen?

 

Davon sind wir ziemlich weit entfernt, wir müssen uns auf den Weg machen. Wir selbst. Alle. Zuerst die Lehrer, Eltern, Vorgesetzten, Pfarrer und Politiker.

 

Und wie das so ist: Statt dass jeder für sich zur Potentialentfaltung beiträgt, schon einmal seine Persönlichkeit noch weiter entfaltet und entwickelt und eine Quelle der Entfaltung anderer wird, diskutieren Kongresse, was „man“ machen „muss“. Leider werden auf Kongressen fast nie die Ziele in Angriff genommen, sondern man starrt auf die nächsten Barrieren, die vor uns stehen und die jetzt gerade als die höchsten erscheinen. Man starrt auf Probleme, die jetzt ins Auge springen und an der Seele nagen: Mangelnde Inklusion. Benachteiligung bildungsferner Schichten. Ungleichheit der Geschlechter. Aufschrei. Die simple Traum-Lösung heißt: Gerechtigkeit, die man modisch Chancengleichheit nennt und sofort im nächsten Zug in gewisser Weise Gleichheit verwechselt.

 

Ich denke so bei mir: Wenn wir es schaffen könnten, schnurstracks an die Potentialentfaltung als Ziel zu gehen, dann wird ALLES besser, dann schaffen wir den Übergang in die Wissensgesellschaft, dann gelangen wir wieder zu allgemeiner Prosperität und können die Unterschiede in der menschlichen Gesellschaft relativ entspannt einebnen. Reden wir also, so wie ich es gerne hätte, über Potentialentfaltung, Vorbild sein, Kinder- oder Mitarbeiterbeziehungen? Ja, aber nur als Proklamation. Die wirkliche Arbeit findet wieder an den Symptomen statt. Vor der wahren Potentialentfaltung (ein weiter Weg!) ebnen wir die Unterschiede ein, weil sie als größtes Leid vor uns liegen. Wir arbeiten zuerst an der Beseitigung der Unterschiede. Wir verbieten die Noten und alles Beurteilen, erzwingen Inklusion ohne Bereitstellung erforderlicher Mittel und Ausbildungen, wir achten überall auf Gerechtigkeit.

 

Das Ziel war und ist aber doch: liebende Potentialentfaltung jedes Einzelnen, oder? Was, wenn nun die Menschen verschiedene Potentiale haben, „schlimmer“ noch: verschieden hohe? In einer Gesellschaft, in der jeder Einzelne voll erblüht ist, wird es wieder Unterschiede geben, in Talenten, Einkommen und Ansehen. Man bedenke aber, dass ein voll erblühter Mensch unter voll erblühten Menschen kein so großes Problem mehr mit den Unterschieden hat!

Wenn wir die Potentiale entfalten wollen, beseitigen wir keineswegs die Ungleichheit, aber wir haben sie nicht mehr als gravierendes Problem.

 

Ach, und da trauere ich ein bisschen, dass viele Idealisten zuerst und nur erst die Ungleichheit beseitigen wollen… Darum geht es doch nicht im Sinne des Endzieles! Es geht immer um diesen EINEN, diesen EINZELNEN, dieses eine Kind, diesen einen Mitarbeiter, diesen einen Schutzbefohlenen, der bestmöglich entfaltet werden muss. Diesem EINEN muss ich GERECHT werden, das bedeutet nicht „Gerechtigkeit“ im Sinne von Gleichheit im Ganzen. Eine solche Gerechtigkeit vergleicht ja doch wieder! Versteht denn keiner den Unterschied? Zwischen dem menschlichen „vor dem Gesetz sind alle gleich“ und dem göttlichen „Gott wird jedem Einzelnen liebend, gütig und gnädig gerecht“?

 

Potentialentfaltung ist ein Ziel für jeden Einzelnen, nicht ein allgemeines.

Jedem Einzelnen gerecht werden – das ist ein höheres Ziel als bloß allgemeine gesetzliche Gerechtigkeit. Oder: Wahre Gerechtigkeit ist es, jedem Einzelnen gerecht zu werden.

 

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www.omnisophie.com

Bei IBM nannten sie mich "Wild Duck", also Querdenker. Ich war dort Chief Technology Officer, so etwas wie "Teil des technologischen Gewissens". Ich habe mich viel um "artgerechte Arbeitsumgebungen" (besonders für Techies) gekümmert und über Innovation und Unternehmenskulturen nachgedacht. Besonders jetzt, nach meiner Versetzung in den Unruhestand, äußere ich mich oft zum täglichen Wahnsinn in Arbeitsumgebungen und bei Bildung und Erziehung ein bisschen polarisierend-satirisch, wo echt predigende Leidenschaft auf Stirnrunzeln träfe. Es geht mir immer um "artgerechte Haltung von Menschen"! Heute bin ich als freier Schriftsteller, Referent und Business-Angel selbstständig und würde gerne etwas zum Anschieben neuer Bildungssysteme beitragen. Ich schreibe also rund um Kinder, Menschen, Manager und Berater - und bitte um Verzeihung, wenn ich das Tägliche auch öfter einmal in Beziehung zu Platon & Co. bringe. Die Beiträge hier stehen auch auf meiner Homepage www.omnisophie.com als pdf-download bereit. Wer sie ordentlich zitiert, mag sie irgendwo hin kopieren. Gunter Dueck

10 Kommentare

  1. Die simple Traum-Lösung heißt: Gerechtigkeit, die man modisch Chancengleichheit nennt und sofort im nächsten Zug in gewisser Weise Gleichheit verwechselt.

    Das wäre offensichtlich eine falsche Denkweise, aber…

    Davon sind wir ziemlich weit entfernt, wir müssen uns auf den Weg machen. Wir selbst. Alle. Zuerst die Lehrer, Eltern, Vorgesetzten, Pfarrer und Politiker.

    …es ist möglich im Vergleich zum hier vorgeschlagenen Allgemeinen-An-Die-Nase-Fassen gesetzgeberisch an einem Single Point of Contact, sozusagen, tätig zu werden. [1]

    Anscheinend bemüht sich der Artikel um die Kultur. Diese kann in modernen Gesellschaftssystemen nur begrenzt zentral verwaltet werden.

    MFG
    Dr. W (der auf die Bildung bezogen zu Zeiten des Internets keine “ständig weiter aufklaffenden Scheren” sieht – früher konnte noch mit einiger Berechtigung von sozialapparatlicher Seite behauptet werden, dass bestimmten Schichten nur unzureichende Bildungsmöglichkeit bereit steht)

    [1] was sehr verlockend zu sein scheint für die Bürokratisten

  2. Ungleichheit behindert die Entfaltung des Einzelnen , Geld ist nicht alles , aber es ist auch politisch, natürlich darf die Beseitigung der Ungleichheit nicht in Gleichmacherei ausarten.

    Dem Artikel ist zuzustimmen , das Problem ist nur , daß all die kritisierten Phänomene politisch gewollt sind und noch weiter verschärft werden sollen.

    Weil eine zahlenmäßig sehr überschaubare “Elite” keine Konkurrenz aus der Bevölkerung wünscht und die Ungleichheit ganz bewußt forciert , denn was die finanzielle Komponente angeht , sitzen sie am längeren Hebel , da ist es folgerichtig , daß sie bei der Wahl der Waffen auf das Ausbluten der Bevölkerung setzen .
    Dagegen hilft nur eins- Entmachtung.

  3. Sätze wie „Jedem Einzelnen gerecht werden“ und „Wir entwickeln das volle Zukunftspotential jedes einzelnen Menschen.“ verkennen die aktuelle und noch mehr die zukünftige bildungspolitische Wahrhheit, die heisst:
    “Ich als Individuum muss mir selber gerecht werden”
    Und wer soll denn das “volle Zukunftspotential jedes einzelnen Menschen” entwickeln? Wer? Ist es Mutti. In Deutschland kann es eigentlich nur Mutti oder eben der Staat sein, da ohnehin beides identisch ist. Hier möchte ich auf Laurie Anderson Song O Superman verweisen und zwar auf folgende Zeilen, die im Video O Superman ab 6:30 zu hören sind:
    “Hi Mom!
    So hold me, Mom, in your long arms
    So hold me, Mom, in your long arms
    In your automatic arms
    Your electronic arms
    In your arms
    So hold me, Mom, in your long arms
    Your petrochemical arms
    Your military arms
    In your electronic arms”

    Heute und noch mehr in der Zukunft muss jeder Mensch seine Chancen selbst wahrnehmen und durch die Grundbildung in die Lage versetzt werden, das überhaupt zu tun. Die sich gerade jetzt immer mehr verbreitenden MOOC (Massive Open Online Course) sind erst der erste Schimmer von dem was auf uns zukommt. Trotzdem bildet sich mein Sohn schon jetzt während seines Physikstudiums mit solchen MOOC Kursen zum Beispiel in Machine Learning weiter und ich habe eine Kurs in General Game Playing belegt.
    In Zukunft werde diese Kurse sehr viel stärker interaktiv und auf die inviduellen Stärken und Schwächen des Teilnehmers eingehen.

    Lernen muss man ohnehin selber und das Angebot um sich weiterzubilden steigt und wird besser. Das Problem in der nahen Zukunft wird deshalb immer mehr das sein, dass viele, die die Grundschule absolviert haben zuwenig lernfähig sind – obwohl sie dort vieles lernten -, dass sie zuwenig in sich selbst investieren weil sie nicht wissen wie das geht. Weil sie in der Schule immer alles vorgesetzt bekamen und immer der Lehrer oder das Bildungssystem die Bringschuld hatte und an allem Misserfolg letztlich andere – eben die Schule – Schuld waren.

    Die eigentliche Bildungsrevolution setzt ein, wenn man diese Revolution nicht mehr von anderen erwartet, sondern wenn man sie von sich selbst erwartet und man zusammen mit anderen an der eigenen Gegenwart und Zukunft arbeitet. Das ist eine Grundhaltung, die nicht allein auf bessere Berufschancen abzielt, sondern, die sich auch in die Gesellschaft einmischen will und sie mitgestalten will. Vielleicht sogar den Politikern das Zepter aus der Hand reissen will anstatt immer auf Mutti zu vertrauen. (Das wäre wirklich eine Revolution)

    Man muss sich einfach bewusst werden, dass folgendes aus dem obigen Beitrag:
    “„Up-to-date is up to you.“ Oder eben anders ausgedrückt: „Wir selbst kümmern uns nicht mehr um dich.“ schon immer gültig war.
    Das ist überhaupt nichts neues. Früher wurden nur verdiente Mitarbeiter in die Weiterbildung geschickt, andere mit Vernachlässigung bestraft. Zudem verändern sich heute die Arbeits- und Lebensverhältnisse sehr viel schneller. Die Schule kann und soll auch gar nicht immer mehr vermitteln und die Grundschüler auch noch in Ökonomie, Klimatologie und Genderwissen unterrichten, denn entscheidend ist heute nicht das Spezialwissen oder ein lexikalisches Wissen, sondern die Fähigkeit zu lernen und zu wissen wann man etwas weiss und wo man sich noch weiteres Wissen abholen und es sich aneignen kann um die Lücken zu schliessen.

    Natürlich ist das Bildungsziel “Lernfähige Menschen und an ihrer eigenen Entwicklung interessierte Menschen” zu schaffen sehr viel ambitionierter als alles was heute im Bereich Bildung und Bildungs-Gerechitigkeit diskutiert wird. Und zugegen. Nicht wenige schaffen es nicht. Entweder weil die eigenen Voraussetzungen fehlen oder aber weil die Schule sie nicht in die Lage versetzt aktive, lernfähige und entwicklungsfähige Menschen zu werden. Wir wissen im Grunde alle was die Zukunft dieser Leute sein wird. Es wurde sogar in diesem Artikel angesprochen. Allerdings auf einseitige Art:

    Plötzlich, weil professionelles Können nun eng mit dem neuen Reichtum oder dem Besserverdienst zusammenhängt, kommt Verteilungsneid auf. Da ist eine „gebildete“ und auch „digitale“ Elite – die verdient gut und besser und bald noch besser. Da sind Menschen ohne viele Abschlüsse, die bald um Mindestlöhne betteln müssen.

    Wie oft in Deutschland geht es letztlich um das Einkommen. Doch in Zukunft werden soviele Arbeiten wegrationalisiert und zugleich wird der allgemeine Wohlstand durch die Folgen von Artificial Intelligence und Roboterisierung so stark steigen (Paul Krugman meinte sogar in der NYT, dass mit AI das BIP unendlich steigen könne), dass Arbeitslosigkeit nicht mehr Armut bedeuten wird. Das bedingungslose Grundeinkommen wird früher kommen als wir uns heute vorstellen können.

    Es gibt Schätzungen, dass AI und Roboter schon in 20 Jahren 40% der Berufe überflüssig machen werden. Es wird dann sehr viele Leute geben, die von einem ordentlichen bedingungslosen Grundeinkommen leben können. Doch damit ist das Problem nicht gelöst. Denn arbeitslos ist arbeitslos, ob nun mit oder ohen Einkommen. Es wird in Zukunft sehr viele Leute ohne Arbeit und damit potenziell auch ohne Perspektive geben. Leute, die nur konsumieren und eventuell auch behaupten gar nicht mehr als das zu wollen. Das ist ein weiterer Grund warum die Schule ihr Bildungsziel vollkommen neu ausrichten muss: Es muss es darauf ausrichten, dass die Absolventen etwas mit ihrem Leben anfangen können. Egal ob sie arbeiten oder nicht.

  4. Ach, und da trauere ich ein bisschen, dass viele Idealisten zuerst und nur erst die Ungleichheit beseitigen wollen…

    Wobei die Ungleichheit der Individuen etwas Gutes ist, auch im Sinne der Diversität, wobei leider der Eindruck entsteht, dass ausgerechnet diejenigen, die die Diversität promovieren, oft die Gleichheit wünschen.
    Von ‘Idealisten’ wäre somit aus Sicht des Schreibers dieser Zeilen nicht zu sprechen oder zu schreiben, sondern eher von Inkonsistenz und einem weiteren Beleg dafür, dass diejenigen, die das Gute wollen, sich nicht auf das Gutgemeinte konzentrieren sollten.

  5. Eine wirkliche Bildungsrevolution findet erst dann statt wenn die deutsche Jugend nichts mehr hören will von Dumpfbacken wie Boris Becker oder Richard David Precht.

  6. Herr Holzherr, da stimme ich Ihnen zu.
    Man sollte auch nicht vergessen dass ‘Revolutionen’ meist einen hohen Preis haben und wir ja mittlerweile auch dank Lernforschung in der Lage sein sollte, langfristige Schulkonzepten zu entwickeln (zumindest theoretisch) , die nicht einem Impuls von dem Zeitgeist geschuldeten Vorstellungen folgend, das Kind mit dem Bade ausschütten (Schüler sollten keine Versuchskaninchen sein) und durchaus auch darauf setzen, dass fundiertes Wissen nun mal eine nicht zu vernachlässigende Grundlage sind.

    • Da stimme ich voll zu. Tönt sehr vernünftig. Warum ist die Schule heute von ständigen Reformen, ja von einer Reformitis geprägt? Weil man sich den neuen Menschen, der man selbst nicht ist, aus den Schulen erhofft. Und bei der Flut der Bücher a la Richard Prechts neuem Buch über die neue Schule muss man sich nicht wundern, dass jeder Politiker, der etwas auf sich hält, eine neue Schulreform initiiert. Und natürlich soll jedesmal das System geändert, ja überwunden werden. Dass Menschen wie die Eltern und die Lehrer wichtiger sind als das System das kann sich ein Politiker ohnehin nicht vorstellen. Denn wenn das so wäre, wäre eine Politik, die sich über eine Legislatur hinzieht, ja wenig wirkungsvoll. Und ein Politiker ist nun Mal für eine Legislatur gewählt und in dieser Legislatur soll dann die Schule revolutioniert werden.

  7. Mittlerweile gibt es unzählige Schulversuche und Modellschulen, die sich gemaess der “beste practise” auswerten liessen. Es ist ja nicht so, dass Schule nur vor sich hinduempelt. Es gibt eine ungeheuer grosse Spanne zwischen ruetliartigen Zuständen und gelingender Schule (als Gesamtheit einer guten Schulkultur inkl. Eltern(mit)arbeit.)
    Und vieles steht und faellt wirklich mit Lehrern, Schulleitung, Schülern und Eltern. Schulleitungen müssten z.B. fuer ihre Führungsaufgaben besser qualifiziert werden.
    Eine derart pauschlierende Schulkritik als Recht diskreditiert nicht nur qualitaetvolle Arbeit an Schulen, sondern ist fachlich auch sehr dünn. Und das soll dann die Grundlage besseren Lernens sein?

  8. Wenn Sie mit dem Ernst machen, was sie hier schreiben, werden Sie bald nicht mehr zu solchen Veranstaltungen eingeladen. Sie glauben an die Freiheit der Menschen, die anderen wollen nur eine Schafherde großziehen, und davon profitieren.

    Nehmen Sie Herrn Precht. Als früher arbeitsloser Philosoph hat er nach einigem Rumprobieren ein einträgliches Geschäfsmodell gefunden. Schön für ihn und eine Bestätigung ihrer Überlegungen: Jeder kann es schaffen, wenn er von seinen natürlichen Gaben den richtigen Gebrauch macht. Nur darf man solche Leute niemals auch nur in die Nähe einer Ausbildungsstätte lassen, und noch weniger, ihren Theorien auch nur versuchsweise Ernst nehmen. Freiheit erfordert Arbeit am Menschen und mit den Menschen. Herr Precht mein ja eher, dass man sie vom systematischen Lernen befreien muss, dann wird das schon. Die Dummheit eines Arguments ist keine Garanie dafür, dass es nicht überall herumgereicht wird.

    Die Deutschen sind eben kein liberales Volk. Die weltanschauliche Verpackung ist ihnen allemal wichtiger wie der Inhalt.

  9. wer nur etwas kann, was der Computer oder „das Internet“ von selbst können. Kurz: Das Internet fordert seine Opfer, so wie der Trecker die Landarbeiter wegfegte. Dieses relativ schnelle Wegfressen vieler Jobs treibt vor allem Menschen mit weniger professionellem Können in prekäre Lagen.