Cliffing – jede Entscheidung ist gut!

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Wahrheiten als Querdenkerisches verkleidet, von Gunter Dueck
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Silvester 2012. Die Streithähne der Republikaner und der Demokraten in den USA können sich nicht leiden. Sie ringen um – ja, worum? Zum Jahresbeginn 2013 treten Gesetze in Kraft, die keiner will. Es wäre deshalb gut, sie durch neue zu ersetzen. Aber durch welche? Darum wird extrem gerungen. Die Welt schaut zu. Börsianer zittern empört: „Es ist unverantwortlich!“

Es ist seit Jahren bekannt, dass bis heute eine Entscheidung getroffen werden muss. Es hat viele sachliche Auseinandersetzungen gegeben. Viele kluge Leute haben nachgedacht.
Leider liegen die Positionen oder auch Ideologien so sehr weit auseinander, dass jeder Kompromiss beiden Parteien absolut missfällt. Sie würden sich beide als Verlierer fühlen, auch wenn sie zusammen vor der Kamera freudestrahlend verkünden könnten, die Sache oder vielleicht sogar das Volk habe gewonnen. Nein, beide Parteien wollen sich immer als Sieger in einer Machtprobe präsentieren. Sie glauben, dass sie dadurch Wähler gewinnen! Sie glauben wirklich, für das Gute zu stehen, um vielleicht nicht zugeben zu müssen, dass es einfach auch um Kitzel und Triumph geht.
Bei weit auseinanderliegenden Anfangspositionen gibt es aber nichts in der Mitte, was einer Partei den Sieg zusprechen könnte. Deshalb wird weitergekämpft, obwohl es klar ist, dass sich diese logische Grundsituation nicht verändert. Es muss unbedingt bis zur letzten Minute gekämpft werden. Das Volk wird unruhig, die Börse wird böse. Die Wirtschaft der USA und auch der Welt nimmt schon seit Monaten Schaden. Seit Monaten! Merkt das keiner? Käufe werden aufgeschoben, Lagerbestände abgebaut. Die Unternehmer warten ab, die Konsumenten zum Teil auch. Wir sind schon in einer Weltwirtschaftsdelle. Die Prognosen für 2013 werden doch dauernd gesenkt – weil wir Angst bekommen, dass bei Amerikanern nicht nur mit Pistolen gefuchtelt wird.
Wir fürchten den Absturz der Wirtschaft, wenn die Parteien sich nicht einigen. Wir sagen, da sei ein Cliff. Einen Schritt weiter – und es kommt zum Absturz.

In dieser furchtbaren Situation, in der alles aufschreit und wütend eine Entscheidung fordert, ringen die beiden Parteien bis 5 vor 12, Silvester 2012.
Es ist jetzt so irre, irre wichtig geworden, überhaupt irgendeine Entscheidung zu treffen, ja, irgendeine, sodass es schon sch…ön egal ist, welche. Es ist GANZ egal! Zehntausende Seiten Studien und Sachargumente können ignoriert werden. Ohne jeden Sachverstand wird irgendeine „Mitte“ gewählt.
Dann treten sie vor die Presse und verkünden, dass sie gesiegt haben, aber eigentlich unzufrieden sind. Sie konnten nicht noch „höher“ siegen, weil der Gegner böse war und weil es letztlich ums Volk ging. Wieder ist ein Akt der unendlichen Seifenoper zu Ende. Wenn demnächst die nächste Schuldenbillion genehmigt werden muss, also in zwei Monaten, wird wieder dasselbe Stück aufgeführt. Sie werden morgen sagen, dass sie die zwei Monate auch brauchen, um detaillierte Sachfragen zu diskutieren. Dann aber streiten sie weiter und weiter und haben wieder nur einen Tag Zeit, eben mal wieder über eine Billion Schulden zu zocken.
Wir sehen das nächste Cliff also schon! Die nächste Konjunkturdelle, den nächsten grauen Ärger. Hauptsache, die Parteien können feindlich sein! Hauptsache, sie können kämpfen! Hauptsache, sie müssen nicht über echte Lösungen nachdenken!

Cliffing! Wir sollten diese Technik studieren, Situationen heraufzubeschwören, in denen alles egal ist.

Gleich kommt der Zug. Mutter, Vater und Kind stehen am Bahnhofskiosk. Das Kind will ein Eis, der Vater will das partout nicht. „Ich will ein Eis!“ – „Zu teuer, außerdem will ich es nicht, das muss respektiert werden. Ich bin der Reiche hier, du aber lebst auf meine Kosten.“ Mutter: „Du kleckerst im Zug, später, Kind,… äh, vielleicht.“ Das Kind klammert sich an einen Kioskpfosten und will nicht mit dem Zug mitfahren, wenn es kein Eis bekommt. Der Vater droht immer lauter, zerrt das Kind. Viele Menschen versammeln sich und ziehen die Brauen empor. Der Vater schreit. Das Kind klammert stumm und verbissen. Der Zug kommt. Die Mutter zittert. Vater brüllt, Kind schließt verzweifelt die Augen und hält fest. Der Zug hält.
Die Mutter greift irgendein Eis, hat nur einen Fünf-Euro-Schein, wirft ihn Wechselgeld verzichtend hin, läuft mit dem Eis in den Zug, die beiden anderen ihr nach. Sie schnaufen erschöpft im Abteil, das Kind leckt am Eis. „Es ist ein billiges Eis,“ freut sich der Vater. „Ich mag Erdbeer eigentlich nicht,“ schaut das Kind die Mutter vorwurfsvoll an. Die aber ist glücklich. Es herrscht wieder Harmonie.

Neujahr 2013.
Friede!

Ich wünsche Ihnen allen ein gutes Jahr 2013, mit nur wenigen Klippen.
Ich habe es nicht mehr geschafft, das vorstehende Werk im Jahre 2012 auf meine Webseite zu laden. Wir sind gestern Abend nach dem Stomp-Event im Mannheimer Rosengarten aufs Heidelberger Schloss gezogen, wo ich Fotos gemacht, Sekt getrunken und meine paar REWE-Sonderangebots-Raketen abgefeuert habe. Jetzt ist 2013. Es geht turbulent los. Stomp! Stomp! Geschichte ist unerbittlich, nicht wahr? Sie geht nämlich immer weiter.

Die Bahn fährt los, die Bahn fährt weiter, das Kind leckt nicht wirklich zufrieden am Eis. Erdbeer! Das ist ein schaler Kompromiss, ganz zufällig entstanden durch den Panikgriff der Mutter in die Kühltruhe. Der Vater sitzt voller Grimm da und bebt. Plötzlich beugt er sich blitzschnell nach vorne und beißt die obere Hälfte vom Eis ab und schluckt sie in einem Stück. Das Kind brüllt gellend, weint vor Zorn, würgt aber das Eis unter Schluchzen schnell hinunter. Danach: Bitteres Schweigen, rollende Augen in verschiedene Richtungen. Die Luft raucht.
Als die Bahn anhält, klammert sich das Kind verbissen an eine Haltestange und will nicht aussteigen. Der Vater will zuschlagen, aber der Zugbegleiter mahnt, während sich die Mutter auflöst. „Sie MÜSSEN jetzt aussteigen!“, dringt der Zugbegleiter. „Ich mag mich nicht schon wieder entschuldigen!“ – „Ich will eine Tüte Capri Sonne!“ – „Du, Kind, das musst du mit deinen draußen Eltern ausmachen, die Bahn ist kein Saftladen!“
Sie steigen überstürzt aus. Das Kind bekommt irgendetwas, es ist nicht zufrieden. Der Vater ist böse, dass er für alles aufkommen soll, bloß weil er Geld hat. Aber jetzt herrscht wenigstens wieder Harmonie. Friede!

Heute Abend stimmt der Kongress ab. Morgen ist niemand zufrieden. Aber wir sind alle erleichtert. Es ist Friede – bis ungefähr März, vielleicht aber auch nicht. Friede ist heutzutage ein Geschenk, so wird wohl defätistisch geglaubt. Man darf ihn dankbar annehmen. Man kann ihn leider nicht selbst fabrizieren, denkt man. Friede ergibt sich.
Jedem.
Ach, Friede ist heute wie Ruhe, Ruhe wie Frieden.
Wir müssen uns um Wiederauferstehung des heiteren lebendigen schaffenden Friedens bemühen. Schlaflose Ruhe sollte uns nicht genug sein.

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www.omnisophie.com

Bei IBM nannten sie mich "Wild Duck", also Querdenker. Ich war dort Chief Technology Officer, so etwas wie "Teil des technologischen Gewissens". Ich habe mich viel um "artgerechte Arbeitsumgebungen" (besonders für Techies) gekümmert und über Innovation und Unternehmenskulturen nachgedacht. Besonders jetzt, nach meiner Versetzung in den Unruhestand, äußere ich mich oft zum täglichen Wahnsinn in Arbeitsumgebungen und bei Bildung und Erziehung ein bisschen polarisierend-satirisch, wo echt predigende Leidenschaft auf Stirnrunzeln träfe. Es geht mir immer um "artgerechte Haltung von Menschen"! Heute bin ich als freier Schriftsteller, Referent und Business-Angel selbstständig und würde gerne etwas zum Anschieben neuer Bildungssysteme beitragen. Ich schreibe also rund um Kinder, Menschen, Manager und Berater - und bitte um Verzeihung, wenn ich das Tägliche auch öfter einmal in Beziehung zu Platon & Co. bringe. Die Beiträge hier stehen auch auf meiner Homepage www.omnisophie.com als pdf-download bereit. Wer sie ordentlich zitiert, mag sie irgendwo hin kopieren. Gunter Dueck

17 Kommentare

  1. Verbissenheit

    “Wir müssen uns um Wiederauferstehung des heiteren lebendigen schaffenden Friedens bemühen. “

    Passende Formulierung.

    Vielleicht tut uns ein bißchen Wirtschafts-Crash sogar ganz gut , je mehr und je länger der selbstverständliche Wohlstand andauert , desto psychotischer wird die Atmosphäre.

  2. Die USA + Europa sehnen sich nach Krieg?

    Die zunehmende Verschuldung Europas und der USA hat eine Situation geschaffen, die vergleichbar mit den 1930er Jahren ist.
    Damals wurde mindestens in Europa schon bald Krieg als Ausweg gesehen. Doch jetzt?

    Seit den späten 1970ern hat sich in Europa die Verschuldung langsam aufgebaut und Bundeskanzler Schmidt war der erste deutsche Bundeskanzler, der diesen Weg beschritten hat. Letztlich mit voraussehbaren Konsequenzen.

    Auch in den USA baute sich die Verschuldung schon früh auf, konnte aber von Clinton vorübergehend zurückgeführt werden. Bush junior hat dann wieder die Lunte angeündet und jetzt warten alle auf beiden Seiten des Ozeans bis alles in die Luft fliegt.

  3. Parallelen

    @ Martin Holzherr

    Die Parallelen sind in der Tat erstaunlich , zum Krieg aber wird es nicht kommen , dieses Mittel ist zumindest innerwestlich nachhaltig diskreditiert.

    Konstruktive Lösungen sind quasi “alternativlos” , über kurz oder lang wird sich der Westen abwenden müssen von der falschen Sparpolitik mitten in der Wirtschaftskrise.

    Merkel wird als Kanzlerin weitermachen , dafür muß man kein Prophet sein , und sie wird in der wohl zu erwartenden großen Koalition sehr geschickt erklären , daß die plötzliche Abkehr vom Sparwahn eben jetzt an der Zeit sei , und genauso alternativlos wie vorher die Austeritätspolitik.

  4. @DH: Europa ist nicht die USA

    Sie schreiben: “über kurz oder lang wird sich der Westen abwenden müssen von der falschen Sparpolitik mitten in der Wirtschaftskrise.”
    Es gibt zwei verschiedene Westen: die USA haben sich von der Sparpolitik schon abgewendet und haben momentan ein jährliches Budget-Defizit von 8% des BIP und eine Verschuldung von 102% des BIP. Sie sind aber auf dem Weg zur wirtschaftlichen Genesung US-weit. Die USA haben neben dem konjunkturelle bedingten Defizit zudem ein massives strukturelles Defizit (vor allem durch Medicare und Medicaid), welches auch bei besserem Wirtschaftsverlauf (Wachstum) zu einem weiter steigenden Defizit führen wird.

    Die EU dagegen haben keine einheitliche EURO-Politik die diesen Namen verdient, sondern sind (zunehmend) gespalten in 3 Zonen, die PIIGS, die NordZone und den Osten. Die Entwicklung bei den PIIGS wird weiterhin durch Austertiät geprägt sein, denn Austerität ist die automatische Folge eines ökonomischen Absturzs eines Einzelstaates, wenn er nicht durch eine EURO-weiten Ausgleich abgefedert wird. Die Länder der Nordzone dagegen werden weiter relativ gut kutschieren sind aber (vor allem Deutschland und Frankreich) durch die Kredite ihrer Banken in den PIIGS-Ländern nicht immun gegen Bankrotte oder gar Austritte dieser Länder aus der Eurozone. Viele Länder des Ostens wiederum scheinen willig und fähig der Eurozone beizutreten.

    Fazit: Die USA haben eine US-weite Finanz-und Wirtschaftspolitik, die kurzfristig die Gesundung des gesamten Dollarraums fördern, langfristig aber in die Defizitkatastrophe führen.
    Europa dagegen ist (zunehmend) in drei Zonen ganz unterschiedlichen wirtschaftlichen Verlaufs gegliedert und wird bei (absehbarer) Fortsetzung des gegewärtigen Kurses das Gesamtdefizit zurückführen gleichzeitig aber die PIIGS-Länder marginalisieren. Den PIIGS-Ländern droht also das gleiche Schicksal wie Süditalien innerhalb Italien widerfuhr, nachdem die Lire als nationale Währung in Italien eingeführt wurde.

  5. Falscher Weg

    @ Martin Holzherr

    “Austerität ist die automatische Folge eines ökonomischen Absturzs eines Einzelstaates, “

    Warum?
    Genau diese Austeritätspolitik ist der Fehler , ein Staat ist eben kein schwäbischer Haushalt , er kann nur sparen , wenn die Steuereinnahmen sprudeln , nicht aber in der Krise , sparen in der Krise verschärft die Situation.

    Genau diese Austerität hat in den 30er-Jahren die Regierung Brüning betrieben und damit – im Gegensatz zu den Amerikanern – aus der Rezession eine katastrophale Depression gemacht.

    Sie hat damit zwei eintscheidende Vorraussetzungen geschaffen für die Machtergreifung der Nazis und damit den späteren Krieg, einerseits wurde die Nachfrage endgültig gekillt , und damit jede Chance auf Erholung , gleichzeitig wurden die Arbeitslosen in offenes Elend gestürtzt.

    Der Euro-Norden , insbesondere Deutschland , steht deshalb so gut da , weil er die Sparpolitik nach 2008 eben NICHT betrieben hat , Deutschland hat das ganze Gegenteil getan.

    Mit Austerität in der Krise kriegt man auf Dauer jedes Land kaputt , die Staatsverschuldung sagt nichts Wesentliches aus über die wirtschaftliche Leistungskraft eines Landes, nicht zuletzt deshalb , weil der Finanzstand des Staates entscheidend von politisch gewollten Entscheidungen abhängt.
    Wer etwa in einer Tour Steuergeschenke verteilt und wer bedingungslos Banken rettet , der ruiniert logischerweise die Staatsfinanzen , was aber hat das mit dem ökonomischen Potenzial zu tun?

  6. @DH: PIIGS können nichtSelbstEntscheiden

    Spanien, Portugal, Griechenland, Irland können sich nicht autonom für oder gegen Austerität entscheiden. Sie müssten für einen andern Kurs die Unterstützung von Deutschland und anderen wichtigen Euro-Staaten erhalten, das sagt sogar Paul Krugman. Dass Irland seine Banken alle gerettet hat, war wahrscheinlich falsch, es wurde aber auch von andern Eurostaaten gefordert, dass Irland das tut.

    Ein weiteres Problem ist, dass die PIIGS-Staaten ihre Wettbewebsfähigkeit erhöhen müssen, was beispielsweise mit Lohnsenkungen möglich ist und im Rahmen von Einsparungen am ehesten durchsetzbar ist.
    Fazit: Das Fehlen einer Euro-weiten gemeinsamen Fiskal- und Wirtschaftspolitik bedeutet, dass jedes Land auf sich selbst gestellt ist und nur begrenzte Handlungsoptionen hat. Die gemeinsame Währung wird unter diesen Umständen für gewisse Länder sogar zum Nachteil, weil sie Beispiels weise nicht abwerten können wie das England getan hat.

  7. Deutschland muss schwächer werden

    @DH: Peter Bofingerfordert eine Abschwächung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch Lohnerhöhungen von 5% um damit den PIIGS-Staaten mehr Konkurrenzfähigkeit zu verschaffen. Und trotzdem müssen seiner Ansicht nach die PIIGS – Staaten sparen und reformieren

  8. Löhne

    @ Martin Holzherr

    Lohnsenkungen sind der falsche Weg , die Löhne im Niedriglohnbereich sind bei uns schon jetzt unverantwortlich niedrig.

    Bofinger wollte , denke ich , indirekt darauf raus , daß sich Deutschland an dieser Stelle falsch verhält und dies kann demzufolge auch kein Modell für andere Länder werden.

    Wir müssen nicht künstlich teurer werden , wir müssen aufhören , künstlich billiger zu sein – im Übrigen auch deshalb , weil wir dabei auf Kosten unserer eigenen Substanz leben und über kurz oder lang damit abstürzen werden.

    Sonst stimme ich Ihnen weitgehend zu , die südlichen Länder müssen fair behandelt werden und für die fehlenden Abwertungen müssen Ersatzmechanismen geschaffen werden.

  9. Deutsche sollen shoppen:Shop til youDrop

    @DH: Deutschland soll konsumieren was die Spanier und die anderen PIIGS-Länder produzieren, das ist die Idee von Peter Bofinger. SPON berichtet unter Wirtschaftsweiser fordert Lohnplus von fünf Prozent, dass Peter Bofinger mit (Zitat)“kräftigen Zuwächsen bei Löhnen, Renten und Hartz-IV-Sätzen … die Euro-Krise entschärfen.”
    Peter Bofinger sieht das nicht, wie sie meinen, als Massnahme gegen heimische Niedriglöhne, sondern als bewusste, solidarische Aktion zugunsten der von Depression bedrohten PIIGS-Länder.
    Zitat SPON: “Hintergrund der Forderung: Deutschland würde mit einer solchen Maßnahme an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wodurch Länder wie Italien, Spanien und Frankreich aufschließen könnten. Denn dort sind hohe Gehälter ein massives Problem für die internationale Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen.”
    Zitat Bofinger: “Wir haben nur die Wahl zwischen hässlichen Alternativen: entweder eine zeitweise höhere Inflationsrate bei uns oder eine Deflation in Südeuropa.”

    Ins gleiche Horn bläst IMK-Chef Horn. In SPON liest man unter Forschungsinstitut fordert kräftige Lohnsteigerung (Zitat)” Deutschland soll mit starken Lohnerhöhungen helfen, die Euro-Krise zu lösen. Das fordert zumindest das gewerkschaftsnahe Wirtschaftsforschungsinstitut IMK. …
    Denn höhere Einkommen würden die Binnennachfrage ankurbeln. Zudem würden die deutschen Importe steigen – und so die Exportchancen der Krisenstaaten verbessern, sagte Horn.”

  10. Bei 14 Billionen US-Dollar

    Schulden, angeheizt durch den War on Terror und die Stimuli Obamascher Prägung, ist irgendwann der Punkt erreicht, in dem jeder US-Bürger Fracksausen bekommt oder bekommen sollte.

    In diesem Moment stellt sich die Frage nach der Kürzung der Ausgabenseite mehr denn je, sollte man meinen.
    Man ist da jetzt bei ca. $55k pro US-amerikanischer Nase und irgendwann knallt es, das ahnt zumindest jeder.

    Es ist ja nicht so, dass nicht zumindest eine Seite sparen will. – Insofern kann dem hier aufgenommenen Tenor des Artikels (“Wenn zwei sich streiten, haben beide unrecht.”) nicht ganz gefolgt werden.

    MFG
    Dr. W

  11. @Dr. Webbaer: Konj+strukturelle Schulden

    Konkjunkturell bedingte Budgetdefizite sind verkraftbar und sollten nicht gedrückt werden, wenn das eine Depression zur Folge.
    Strukurell bedingte Defizite müssen auf jeden Fall irgendwann – besser früher als später – behoben werden.

    Die USA haben beides. Wirklich bedrohlich ist aber nur das strukturelle Defizit, welches vor allem durch die stark steigenden Ausgaben für das Gesundheitswesen und dort für Medicare und Medicaid entstehen und zudem mit der Überalterung jedes Jahr steigen. Auch das Verteidigungsbuget ist zu hoch.
    Im NYT-Artikel Why Hagel Was Picked spekuliert der Autor:
    “As the federal government becomes a health care state, there will have to be a generation of defense cuts that overwhelm anything in recent history. Keep in mind how brutal the budget pressure is going to be. According to the Government Accountability Office, if we act on entitlements today, we will still have to cut federal spending by 32 percent and raise taxes by 46 percent over the next 75 years to meet current obligations.

    As this sort of crunch gradually tightens, Medicare will be the last to go. Spending on things like Head Start, scientific research and defense will go quicker. These spending cuts will transform America’s stature in the world, making us look a lot more like Europe today. This is why Adm. Mike Mullen called the national debt the country’s biggest security threat.

    Chuck Hagel has been nominated to supervise the beginning of this generation-long process of defense cutbacks. If a Democratic president is going to slash defense, he probably wants a Republican at the Pentagon to give him political cover, and he probably wants a decorated war hero to boot. “

  12. Hagel

    Konkjunkturell bedingte Budgetdefizite sind verkraftbar und sollten nicht gedrückt werden, wenn das eine Depression zur Folge.
    Strukurell bedingte Defizite müssen auf jeden Fall irgendwann – besser früher als später – behoben werden.

    … ist als Splitter gedacht. Auch um die Amtszeit besser zu überstehen zu können, es geht darum die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus zu neutralisieren.

    Aus liberaler Sicht sind Staatsdefizite und staatlich handelnde Unternehmer, also staatlich finanzierte Unternehmer, nicht vorgesehen.

    Die Rechtschreibfehler bleiben Ihnen nachgesehen. – Inhaltliche Falschauffassungen, wie in D üblich, das “Amerikanische” betreffend, sind wesentlich übler.

    MFG
    Dr. W

  13. @Dr. Webbaer: Zu billig. Lösung bitte!

    Sie ziehen sich zu einfach aus der Affäre. Was genau würden sie in Bezug auf das amerikanische Budget-Defizit machen, welche Budget-Posten sollten reduziert werden und in welchem Zeitrahmen?
    Ist eine Rezession in Kauf zu nehmen um die Ausgaben zu senken? Und kann man die Ausgaben überhaupt senken, wenn es zu einer Rezession kommt? In einer Rezession steigen ja automatisch die Sozialausgaben und sinken die Steuereinnahmen. Das Richtige zu tun ist also nicht so einfach. Mindestens kurzfristig.

  14. Export

    @ Martin Holzherr

    Gut , Bofinger hat das womöglich anders gemeint , im Ergebnis aber haut er in die richtige Kerbe.
    Die Beendigung der inakzeptablen Niedriglohnpolitik hätte automatisch die Ankurbelung der Binnennachfrage zur Folge und auch bessere Exportchancen der Südländer.

    Nicht um hohe Gehälter zu finanzieren , das muß in der Tat nicht Zweck der Übung sein , sondern um die künstliche Verzerrung der tatsächlichen Kräfteverhältnisse aufzuheben.

    Deutschland ist Exportland und wird es bleiben , im Moment aber wird die “natürliche ” Exportkraft Deutschlands noch zusätzlich durch die Niedriglohnpolitik befeuert , und das kann auf Dauer weder für uns noch für die europäischen Partner gesund sein.

    Insbesondere weil Deutschland vom Wegfall der Auf-und Abwertungen profitiert , die Wirtschaft selber aber nichts von diesem – vor dem Euro nicht vorhandenen – Vorteil zurückgibt.

    Daher der aus dem Ruder laufende Außenhandelsüberschuß.

    Deflationsgefahr in Südeuropa besteht in der Tat , und eine solche würde sich auch gravierend auf den deutschen Export auswirken , irgendwer muß den Export ja abnehmen.

    So gesehen könnte man auch warten , bis sich die Sache von selber regelt…

  15. @DH: Südeuropa für D irrelevant

    Griechenland, Spanien, Portual und Irland sind als Handelspartner Deutschlands inzwischen irrelevant, China importiert in 2012 mehr deutsche Waren als diese Länder zusammen.
    Sie schreiben aber:
    “Deflationsgefahr in Südeuropa besteht in der Tat , und eine solche würde sich auch gravierend auf den deutschen Export auswirken , irgendwer muß den Export ja abnehmen.”
    Ausser Italien braucht Deutschland die südeuropäischen Länder gar nicht mehr wenn es um den Handel geht. Im Jahre 2011 war in der Reihenfolge der Exportländer Spanien an 11. Stelle, Portugal an 31. Stelle und Griechenland und Irland an 38. resp. 39.Stelle.
    Im Jahr 2011 war übrigens China erst die fünftwichtigste Exportdestination Deutschlands, Ende 2012 aber war es bereits der drittwichtigste Exportpartner.
    Noch im Jahre 2008 war das anders und Spanien stand an 8.Stelle bei den Exportdestinationen.

    Für die PIGS-Länder (ohne Italien) besteht also die Gefahr der Marginalisierung. Aus ihrer Sicht könnte man den Euro als europäische Ausgabe der Deutschen Mark auffassen, Deutschland als heimlichen Herrscher Europas und ihre eigene Zukunft allenfalls als Urlaubsdestinationen für Deutsche und später Chinesen.

  16. Deflation

    @ Martin Holzherr

    Ich gebe Ihnen Recht , eine südeuropäische Deflation wäre für den deutschen Export wohl verkraftbar.

    “Aus ihrer Sicht könnte man den Euro als europäische Ausgabe der Deutschen Mark auffassen, Deutschland als heimlichen Herrscher Europas und ihre eigene Zukunft allenfalls als Urlaubsdestinationen für Deutsche und später Chinesen.”

    Richtig , politisch wäre das höchst problematisch , Europa geht nur in fairer Partnerschaft.

  17. Wie es wird

    Da bleibt nun abzuwarten, wie sich die ganze Situation auch in Zukunft noch entwickeln wird. Da werden sicher noch einige Überraschungen auf uns zukommen.