Dioxin im Ei – Ab in den Wintergarten

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Dioxin ist wieder da. Gut, eigentlich war es nie wirklich weg, aber momentan sorgt es mal wieder für die eine oder andere mediale Aufregung. Anfang letzten Jahres war das ebenfalls schon mal der Fall und ich hatte mir dann auch in einem Artikel Gedanken über eine tierwohl-orientierte Haltungsform gemacht, bei der die Tiere möglichst wenig bis gar nicht mit Dioxin in Kontakt kommen. Mittlerweile bin ich auf diesem Gebiet etwas schlauer und möchte meine letztes Jahr geäußerten Gedanken ein wenig aktualisieren. Dabei soll es um die Idee gehen, die Tiere in einem Wintergarten leben zu lassen. Ein interessantes Konzept dazu aus Holland nennt sich Rondeel.

Als Einstieg bediene ich mich mal der Zusammenfassung meines alten Artikels zu Dioxin:

Dabei wirkt sich die Aufnahme von Dioxin nicht nur derart aus, dass es sich im Körper der Tiere oder auch in den Eiern ablagert. Laut Wissenschaftlern der Boston University kann das Aufnehmen dieses Gifts das Immunsystem und die Mastleistung beeinträchtigen. Dabei ist die Situation bezüglich der “richtigen” Haltung auch unter Beachtung des Wohlfühlfaktors ziemlich kompliziert, kann Dioxin doch auch anderweitig über die Umwelt – zB. über den Erdboden – aufgenommen werden. Überhaupt ist das mit diesen Grenzwerten so eine Sache. Die sind nämlich keineswegs einheitlich. So ist zum Beispiel der Grenzwert für Fleisch oder Fisch jener Tiere erlaubt höher, die ihr ganzes Leben “draußen” verbracht haben als für Erzeugnisse von Tieren in menschlicher Obhut. Und auch hier greift wieder eine Trennung, die dazu führt, dass Bio-Eier einen höheren Grenzwert haben als solche Eier aus Kleingruppen- oder Bodenhaltung. 

Scharren ist ein natürliches Verhalten des Geflügels. Tun sie dies nach Herzenslust draußen, ist das unter dem tierischen Wohlfühl-Aspekt sicherlich ganz hervorragend – wenn da nicht der Verbraucher wäre, der gerne ein gesundes Lebensmittel hätte, das er bedenkenslos verzehren kann. Unabhängig von irgendwelchen Dosierungen und Grenzwerten stellt sich also die Frage, wie sich eine möglichst tiergerechte Haltung und ein für die Verbraucher gutes Produkt zusammenbringen lassen.

Ab in den Wintergarten wäre da eine durchaus interessante Möglichkeit, um den Tieren ein gewisses Draußen-Gefühl zu geben und sie gleichzeitig vor äußeren Eunflüssen zu schützen. Letztes Jahr hatte ich ja die Möglichkeit, mir eine solche Haltungsvariante beim Privathof-Geflügel von Wiesenhof anzuschauen (wobei es dabei natürlich um Mastgeflügel und nicht um die Haltung von Legehennen ging). Aber auch in Holland war man schon vor einigen Jahren auf etwas Ähnliches gekommen. Der Grund dafür lag in dem Wunsch einer Alternative zu den gängigen Haltungsformen der Käfig- (jetzt Kleingruppen-) und Bodenhaltung. Bei dem Rondeel handelt es sich um einen Rundbau, ähnlich einer Torte, der in sechs Teile unterteilt ist. Insgesamt können in einem Rondeel 30.000 Tiere leben, die tagsüber in einem – jetzt kommen wir dazu . sogenannten Wintergarten mit Tageslicht und – wenn ich das richtig sehe – auch Frischluft – verbringen, während es für die Nacht wiederum spezielle dunkle Bereiche gibt. Hier habe ich mal ein Video auf youtube gefunden:

In dem Video sehen die Tiere ziemlich gut aus, laufen geschäftig hin und her und können sich auch mal ausruhen.

Interessant ist auch der Boden. In meinem ersten Artikel hatte ich über die Einstreu nachgedacht, um den Tieren ihre leidenschaftliche Tätigkeit des Scharrens zu ermöglichen. Beim Rondeel kam dagegen in der Testphase Kunstrasen zum Einsatz. Hat vermutlich den Vorteil, dass sich gar nicht erst groß Staub entwickeln kann.

Sicher, Dioxin war jetzt nicht der drängendste Grund für die Entwicklung dieses System, sondern tatsächlich das Wohl der Tiere, aber interessant ist es in diesem Zusammenhang dennoch. 

 

 

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Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

5 Kommentare

  1. Hallo earli,

    vielen Dank für den Tipp, ein paar Folgen hatte ich davon schon mitbekommen, aber nicht alle. Um Tierwohl-Probleme beim Schwein geht es übrigens in meinem nächsten Beitrag^^

  2. In dem Video sehen die Tiere ziemlich gut aus, laufen geschäftig hin und her und können sich auch mal ausruhen.

    In der Tat. Da habe ich schon andere Hühner gesehen, die kaum mehr ein richtiges Federkleid hatten.

  3. Eben. Sicher werden in so einem Video keine gestressten oder angepickten Tiere gezeigt, aber ich gehe mal aufgrund der verschiedenen Bereiche des Rondeels davon aus, dass sich Federpicken usw. sehr in Grenzen hält.

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