Darth Vader ist ein Mops

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Darth Vader ist kein Unbekannter – groß, schwarz gekleidet und ein charakteristisches Atemproblem. Jetzt ist ein spontanes Zusammentreffen auf der Straße eher unwahrscheinlich, ist er doch eine fiktive Figur. Sollte man meinen. Aber wusstet Ihr, dass er wirklich existiert? Zugegeben, es ist schwierig ihn zu erkennen, ist er doch klein, etwas rundlich und beinahe ganz blond. Aber man kann ihn hören. Kurz: er ist ein Mops. Und damit kommen wir direkt zum nächsten Artikel aus der Kategorie “Flashback 2011”.

Hier im Blog habe ich schon öfter über Nutztiere berichtet – über Haltungsformen, Probleme, Aussichten. Meist waren diese Artikel motiviert durch öffentliche Debatten, in die ich reinquatschen wollte. Im Falle meines Artikels zur Massentierhaltung hat das auch recht gut geklappt. Jetzt stellt sich mir allerdings eine Frage: warum immer Nutztiere? Was ist denn mit unseren Haustieren? Den Anstoß über dieses Thema nachzudenken gab ein kleiner Artikel in einem Infoblatt des Instituts TTN, welches meinem Buch beilag.

Wenn ich früher als Kind mit meinen Eltern im Zoo war, irriterte es mich immer sehr, wenn ich im dortigen Haustierbereich auf Kühe, Esel, Hühner oder Schafe starrte. Unter Haustieren verstand ich nämlich etwas völlig anderes. Hunde, Katzen oder auch Meerschweinchen waren für mich Haustiere, schließlich lebten diese Tiere zusammen mit uns Menschen im Haus. Von einer Kuh im Wohnzimmer hatte ich noch nie gehört und daran hat sich bis heute nichts geändert – mit einer kleinen Einschränkung: es gab tatsächlich Zeiten, in denen landwirtschaftliches Nutzgetier mit Menschen unter einem Dach lebte. Der Zoo hatte also recht.

In der Kritik der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind Begriffe wie Massentierhaltung, industrialisierte Landwirtschaft oder schlicht konventionelle Tierhaltung allgegenwärtig. Ganz wertfrei formuliert bedeutet dies, dass die Debatte läuft. Auch Zoos stehen wegen ihrer “Gefangenschaft der Tiere” ständig in der Kritik. Bei den Haustieren des 20. und 21. Jahrhunderts vernehme ich da nichts. Und damit wir gleich mal reinen Tisch machen: zu Haustieren zähle ich mittlerweile alles, was in irgendeiner Art und Weise mit Menschen unter einem Dach lebt, Milben, Sackratten und ähnliches Getier ausgenommen. 

Brauchen wir eine Haustierethik?

Dabei gibt es im Haustierbereich durchaus Entwicklungen, die eine gewisse kritische Aufmerksamkeit verdient hätten. Alljährlich ächzen Tierheime unter den Strömen ausgesetzer Tiere, weil sich Sommerurlaub und Haustier nicht vertragen. Ein anderes Problem ist das sogenannte Animal Hoarding, bei dem Menschen – möglicherweise aus einer falsch verstandenen Tierliebe heraus – derart viele Tiere besitzen, dass sie diesen nicht mehr gerecht werden können. Vor gar nicht so langer Zeit ist in Mülheim eine Monokelkobra aus ihrem Terrarium entwischt, wurde dann äußerst kostspielig gesucht und fand schließlich ihr trauriges Ende auf einem Klebeband. Die Empörung hielt sich in Grenzen. Warum? War sie nicht putzig genug? Wie in meinem Artikel über den Unterschied artgerechter und tiergerechter Tierhaltung komme ich auch hier nicht um eine gewisse Unterscheidung herum: unter diesen Bedingungen ist die Nutztierhaltung ökonomischer Natur, während Haustiere eher eine soziale Komponente besitzen. Während die einen Tiere also jenen Nutzen haben, dass sie uns Lebensmittel liefern, sind Haustiere Begleiter des Menschen. Haustiere werden dabei recht vielfältig eingesetzt als soziale “Partner” mit denen man schmusen und spielen kann, während andere Tiere wohl eher als Hobby gehalten werden wie beispielsweise Reptilien oder Fische. Selbstverständlich gibt es auch Berufshunde, also solche, die dem Menschen dabei helfen, den Alltag zu meistern. 

Just gestern erschien in der FAZ ein Artikel über den Leipziger Tierärztekongress, auf dem unter anderem Zuchtmethoden und optische Ideale wie eben jenes kritisiert wurden, das den Mops zu Darth Vader werden lässt.

“Wenn Menschen Tiere verformen” hieß der Auftaktvortrag des Leipziger Tierärztekongresses in der vergangenen Woche. Gerhard Oechtering, der Direktor der Universitätsklinik für Kleintiere in Leipzig, verwies darin nicht nur auf die Geschichte der Hundezucht, sondern zeigte auch eindrucksvolle endoskopische Aufnahmen von seinen Patienten: Französische Bulldoggen, Möpse und Hunde anderer “kurzschädeliger” Rassen (im Fachjargon “Brachyzephale” genannt), deren Anatomie zugunsten eines niedlichen Kindchenschemas derartig verformt ist, dass sie schlecht oder gar nicht durch die Nase atmen können, bei der Futteraufnahme würgen, selbst im wachen Zustand schnarchen und im Sommer kollabieren. Perserkatzen und Exotic Shorthair-Katzen haben oft ähnliche Schwierigkeiten. Betroffene Hunderassen – darunter auch Boxer und Pekinesen – haben derart verkleinerte Nasenmuscheln, dass ihre Thermoregulation zusammenbricht.

Klingt gruselig, oder? Ist es auch. Und genau deshalb braucht es ein Fundament, auf dem es sich über unser Verhältnis zu unseren Haustieren debattieren lässt – nicht nur philosophisch, sondern auch tiermedizinisch. Mir geistert diese Idee – angestoßen durch das Institut TTN – schon länger im Kopf herum, weshalb “BioBlubb” auch schon etwas pragmatischer dazu gebloggt hat:

Bei Tierversuchen und Massentierhaltung ist es leicht, gesichtslose, superböse Gegner anzugreifen: Den fiesen Tierquäler-Wissenschaftler, den brutalen Hühnerzüchter, die gedankenlosen Fleischesser. Bei Haustieren müssten viel zu viele Leute vor der eigenen Haustüre kehren. Geht es dem Hamster in seinem 30 x 40 cm-Käfig wirklich gut (klar, der rennt nur aus Spaß die Wände hoch!)? Ist eine 25 m²-Stadtwohnung im 6. Stock wirklich das ideale Zuhause für drei Katzen? Könnte die Tatsache, dass Möpse atmen wie Darth Vader mit Asthmaanfall, etwa unnatürlich sein?

Zeit wird es.

 


Hier geht es um Artikel des Leipziger Kongresses in der FAZ.

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

10 Kommentare

  1. Theres

    Jetzt weiss ich, was immer schon falsch gemacht habe – ich habe nie zwischen Nutz- und Haustier getrennt. Meerschweine waren auch einmal Nutztiere, genau wie Hunde und Katzen auf dem Hof … und die Sache mit dem armen Mops hat einen Namen: Qualzüchtung. Schlimm. Ja, wir brauchen auch eine Haustierethik … aber, besser als dem Vieh in Viehtransporten geht es den Haustieren allemal.
    P.S.: Die “entlaufene” Schlange hätte ich genauso bedauert, wie beispielsweise einen Hund.

  2. Ein neuer Aspekt

    Eine Haustierethik soll ja nicht zu Lasten der anderen Tiere gehen, sondern eben diese Haustiere auch beachten und mehr in den Fokus rücken. Damit wäre schon einiges erreicht.

  3. Stimmt …

    und das Tierschutzgesetz reicht doch nicht mehr aus. Laut “BioBlub” ist es noch schlimmer geworden, dabei dachte ich, die diversen Eignungsnachweise als Halter wären genug.

  4. Es gibt schon Tendenzen, die wieder in eine “richtigere” Richtung gehen, Perserkatzen haben wieder Nasen und auch Schäferhunde gibt es zunehmend wieder mit einem geraden Rücken. Es verläuft aber recht langsam, das stimmt…

  5. Moppimänner

    Ich gebe Ihnen recht. Seid Loriot die Sage von dem nutzlosen Leben ohne Mops erklärte, wollen allen diesen Hund. Gesprächsstoff ist ja da: “Du hast ja drei Möpse (Gähn)”, “Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos!” Ich habe einen Mops names Alwin Capone. Er ist bei mir gestrandet, sonst wäre er im Tierheim gelandet. Ich schätze ihn sehr, obwohl ich so kleine Hunde mag. Er ist sozialverträglich, liebt Kinder und Katzen. Beißt keinen Postboten – wie auch. Aber kann nicht richtig atmen. Eine Augen-OP im Dezember hat 1.000 Euro (Rollied, die Mopskrankheit). Die Nasen OP würde 2.500 Euro kosten. Wieso tun Menschen Hunden sowas an? Ich bin völlig ratlos. Aber jetzt ist er da und gehört zur la familia.

  6. Familienmops

    Hallo Danni,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Mir scheint, dass der Mops bei Ihnen in guten Händen ist und es freut mich zu lesen, dass dass er nun zur Familie gehört!

  7. Das passt auch ganz gut dazu: http://www.animal-health-online.de/…lerei/19321/

    Der Vergleich Nutztierhaltung und Heimtierhaltung hält ähnliche Kuriositäten parat wie der Vergleich Kleingärtner und Landwirtschaftlicher Pflanzenbau. Ich konnte es noch nicht überprüfen, aber ich habe letztens erfahren , dass wohl die deutschen Kleingärtner mehr Pflanzenschutzmittel verbrauchen als in der Landwirtschaft insgesamt gebraucht werden. Wäre interessant zu erfahren, ob das stimmt.

  8. Hallo Reuben C,

    bei AHO findet man in der Kleintier-Kategorie zig Gründe, warum eine Haustierethik notwendig ist. Habe mich da auch für den Artikel inspirieren lassen. Dabei ging es mir weniger um einen Vergleich als mehr um einen neuen Aspekt neben den bereits bestehenden.

    Zu Deiner genannten These kann ich gerade auch keine Fakten beisteuern, aber vielleicht findet sich da ja noch was^^

  9. Toller Artikel

    …und gruselig! Was man nicht bei der Suche nach Darth Vader alles findet. Hätte nicht für möglich gehalten auf Möpse…also die Hunde…zu stoßen, die wie Darth Vader atmen! 😉 Ich fürchte Tierhaltung, Gentechnik und Robotik halten in der Zukunft noch recht alptraumhafte Szenarien für uns bereit.

    Aber um nicht allzuweit vom Thema abzuweichen, ja, fände ich auch gut, wenn geregelt wäre wie und wo Tiere geahlten werden dürfen. Habe da privat auch schon schlimmes miterleben müssen. Am besten müsste auch noch geregelt werden WER ein Tier halten darf…

  10. Hallo Nerd,

    toll, was man so alles findet und dann auch noch was lernt, nicht wahr?

    Auf eine Sache möchte ich in Deinem Kommentar allerdings noch eingehen:

    Gentechnik, Tierhaltung, Robotik – all das sind erstmal nur “Werkzeuge” in gewisser Weise, die weder gut noch böse sind. Das steht und fällt sehr stark mit den dortigen Anwendungen. Ist wie mit einem Hammer: damit kann man hervorragend Nägel in Wände hauen oder auch empfindliche Macken in Schädel…

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