Der Gesteinsgarten von Neu Pudagla, Usedom

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Urlaub ist ja immer eine herrliche Gelegenheit, mal in der weiteren Umgebung herumzustreifen. Und da ich das Meer und (nicht nur wegen der Geologie) die Ostseeküste gerne mag, traf es diesmal Usedom. Und natürlich kann man als Geognost nicht geologiefrei durch die lande ziehen. Da traf es sich doch ganz gut, dass es auf Usedom, in Neu Pudagla einen sehr schönen Gesteinsgarten gibt.

Gesteinsgarten Neu-Pudagla

Der Gesteinsgarten von Neu Pudagla, im Vordergrund die Gruppe der Rapakiwi-Granite. Eigenes Foto, CC Lizenz.

Gesteinsgärten sind eigentlich immer eine recht diffizile Angelegenheit. So sollen sie dem Betrachter einen guten Überblick über die Vielfalt der anzutreffenden Gesteine geben. Vorzugsweise in den Gegenden, wo einst die skandinavischen Gletscher dafür gesorgt haben, dass sich halb Skandinavien (zumindest als Geologie) in mehr oder weniger tragender Rolle wieder findet. Die großen Geschiebe machen sich normalerweise auch immer sehr dekorativ, aber sie ziehen meist auch einige seltsame gestalten an, die nichts eiligeres zu tun zu haben scheinen, als durch ausgedehnten Vandalismus die Findlingsgärten unbrauchbar zu machen. (etwas das ich irgendwie so gar nicht verstehen will. Wenn ich ehrlich bin, ist es wohl ein internationales Problem, hier wurden Paläontologen sogar noch nicht geborgene Dinosaurierfossilien komplett zerstört. Mir kommen die Tränen, wenn ich so etwas höre oder lese). Diese “Humanerosion” führt meist sehr rasch dazu, dass die einst so liebevoll angelegten Findlingsgärten verwahrlosen und unbrauchbar werden. Zum Glück scheint dieser schöne und große Garten nicht so sehr betroffen zu sein, was sicher auch auf die räumliche Nähe des Forstamtes zurückzuführen ist.

Rapakiwi

Nahaufnahme eines Rapakiwis. Ist er nun ein Pyterlit oder ein Wiborgit? Ich persönlich halte ihn für einen Wiborgit, auch wenn die Plagioklassäume nicht sehr gut erkennbar sind. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Zum Ensemble gehören rund 140 Findlinge, die je nach ihrer Herkunft in Gruppen zusammengefasst sind, so dass man auf dem Rundweg einen Spaziergang durch die Geologie Skandinaviens machen kann. Aufgrund der geografischen Lage und der Geometrie der Eisströme der letzten Eiszeit dominieren hier ostbaltische und finnische Geschiebe. Wenn man die Runde aufmerksam verfolgt, kann man viele der hier vorgestellten Gesteine auch auf den verschiedenen Strandspaziergängen unterhalb der Steilufer wieder finden. Die Zusammenhänge werden einem auf gut verständlichen Schautafeln nahe gebracht, auch wenn ich manches Mal gerne eine deutlichere Erklärung einiger Fachbegriffe gewünscht hätte. Ich vermute stark, dass nicht sehr viele Besucher sofort wissen, was ein Pyterlitgefüge ist, oder?

Konglomerat

Ein optisch sehr ansprechendes Konglomerat aus verschiedenen granitoiden Bruchstücken. Die kleinen Gesteine sind sehr gut abgerollt. Das deutet auf eine längere Phase hin, welche sie möglicherweise als Standgeröll zugebracht haben, bevor sie in einem neuen Gestein zusammengefasst, von Gletschern aus ihrer Heimat entführt und hier wieder Standgeröll wurden. Eigenes Bild, CC-Lizenz.

Andererseits dürfte keine Abbildung in Büchern, und sei sie auch noch so gut, an das reale Gestein heran reichen, dass man beliebig und aus verschiedenen Winkeln anschauen und (sicher auch vor allem für Kinder wichtig) im besten Sinn des Wortes be-greifen kann. und nicht nur Freunde der Geologie werden hier bedient. Ein Waldlehrpfad verläuft weitgehend parallel, so dass man nicht nur über die Geologie, sondern auch über die belebte Natur in der selben lernen kann.

Eine kleine Auswahl der Gesteine:

Konglomerat

Nahaufnahme des Konglomerats. Man kann gut die unterschiedlichen Bestandteile erkennen. Es sind meist kleine granitähnliche Gesteine und Gneise. Eigenes Bild, CC-Lizenz.

 

Schriftgranit

Ein Schriftgranit. Zum Glück verlangt diese Nerd unter den Gesteinen kein Leistungsschutzrecht für ein Bildzitat. Eigenes Bild, CC-Lizenz.

 

Augengneis

Augengneis, eigenes Bild, CC-Lizenz.

gefritteter Sandsteinxenolith

Gefritteter Sandsteinxenolith in einem basaltischen Geschiebe. Eigenes Bild, CC-Lizenz.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

3 Kommentare

  1. Wiborgit-Pyterlit

    Hallo Gunnar!

    Dann will ich mal nach dem Köder schnappen, den Du hier ausgelegt hast.
    „Wiborgite“ sind Rapakiwis mit plagioklasgesäumten rundlichen Kalifeldspäten, die immer große gerundete Quarze und dazu eine feinkörnige Grundmasse mit kleinen Quarzen (graphische Verwachsungen) haben. Letzteres ist entscheidend.
    „Pyterlite“ enthalten die gleichen großen rundlichen Alkalifeldspäte, aber nie graphische Verwachsungen. Statt dessen sind die Quarze im Pyterlit deutlich größer (mehrere Millimeter) und kantig.
    Dein Bild zeigt definitiv keinen Pyterlit. Ob es ein Wiborgit ist oder ein ähnlich aussehendes Ganggestein (das gibt’s leider auch noch), kann ich nicht sicher sagen, da die Grundmasse nicht erkennbar ist. Dazu hättest Du es naß fotografieren müssen. Es kann aber gut ein Wiborgit sein, dann ist es wohl einer von Åland.
    Zusammengefaßt: > Pyterlite kann man mit dem bloßen Auge bestimmen, da alle Gefügebestandteile recht groß sind.
    > Für Wiborgite braucht man wegen der Grundmasse immer eine Lupe. Bilder dazu hier
    http://kristallin.de/…edoe/Pyterlit/Pyterlit.htm

    Matthias Bräunlich

  2. @ Matthias

    Hallo Matthias,

    ich hatte leider kein brauchbares Wasser parat, und das anhauchen hat nicht allzu viel gebracht. An deine Bilder komme ich damit eh nicht ran.
    Abgesehen davon , wäre nicht auch ein kleiner Rapakiwi-Beitrag was für dich? So ähnlich wie auf deiner Seite

  3. Danke. Nette Beschreibung

    Durch einen Kollegen bin ich auf diesen Beitrag aufmerksam geworden. Danke. Werde einige Anregungen aufnehmen, denn wir sind gerade dabei das Faltblatt zur Ausstellung neu zu konzipieren. Das bisherige ist vergriffen und etwas veraltet.
    Gruesse
    Goesta Hoffmann

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