Tierhaltung erklärt – Schweine auf Tour

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Besuche landwirtschaftlicher Betriebe sind ein hervorragender Weg, um einen Einblick in die heute moderne Landwirtschaft zu bekommen – nicht nur für interessierte Menschen, sondern auch für Landwirtinnen und Landwirte, die so ihren Beruf erklären können. Was bei einem Milchvieh-Betrieb relativ problemlos möglich ist, stellt Schweine- und Gelügelhalter allerdings aus Gründen der Hygiene vor Schwierigkeiten, schließlich leben die Tiere hier in einem geschlossenen System. Es brauchte also eine besondere Lösung, um sich nicht zwangsläufig vor Interessierten verstecken zu müssen.

Aus diesem Grund hat Kathrin Seeger ein sogenanntes Schweine-Mobil gebaut. Gut, eigentlich störte sie sich ein wenig an Schweinen, die auf Ausstellungen und Messen im Stroh lagen, schließlich ist die Realität aus Gründen der Hygiene und des Managements eine andere. Kurz gesagt ist das Mobil ein Schweinestall auf einem Anhänger. Tatsächlich besitzt die transportable Schweinebucht eine Lüftungsanlage, eine Heizung, einen Futter-Automaten, einen Tränke-Automaten, Beschäftigungsmaterial sowie einen Spaltenboden aus Beton und Plastik. Damit lässt sich schon ordentlich arbeiten, also realistisch erklären wie das mit der Tierhaltung heute funktioniert.

So realistisch, dass es sogar mit Schweinen genutzt werden kann, notwendig ist aber das nicht. Für eine schwein-freie Demonstration gibt es Videos und Bilder. Natürlich ist eine Demo mit Tieren deutlich lebhafter und interessanter, nebenbei dürfte auch der Eindruck noch intensiver und vor allem näher an der Realität sein. Der Erfahrung nach werden Ferkel mit einem Gewicht um die 30 Kilo eingesetzt. Die präsentierten Tiere werden dann als Spanferkel vermarktet – es sei denn, es findet sich ein Landwirt, der nur wenige Tiere mästet, was bei Direktvermarktern vorkommt. Die Tierseuchenhygiene-Verordnung ist übrigens der Grund für dieses weitere Verfahren – zurück in den ursprünglichen “echten” Stall geht es für die Tiere also nicht.

Bei aller Realität und Detail-Treue ist das Mobil natürlich immer noch genau das und kein echter Schweinestall. So ist zum Beispiel die Besatzdichte im Mobil geringer als im Stall. Das kann man doof oder eben nicht realistisch finden, hat aber einen ganz praktischen Grund: der Platz pro Tier ist vorgeschrieben. Wachsen die Tiere, werden sie umgestallt. Natürlich wachsen die Ferkel auch während der Zeit im Mobil, Umstallen kann man da aber vergessen. Diese kleine Einschränkung tut dem Lern-Effekt für die Besucher aber keinen Abbruch. Kathrin Seeger hat hier gute Erfahrungen gemacht.

Es lässt sich also ganz gut erklären, dass die Tiere in einem Aufzuchtabteil mit 8 kg eingestallt werden und bis zu einem Gewicht von 25 kg in der Bucht bleiben. Später wechseln sie dann in die nächste größere Bucht.

Ich finde diese Idee ziemlich großartig. Weder Kathrin noch ich wissen, ob sie mit dieser Idee allein ist bzw. das Mobil erfunden hat, ich jedenfalls hörte durch sie zum ersten Mal davon. Überhaupt kam die Idee für das Mobil erst später. Alles begann mit dem Konzept eines Containers und einer darin verbauten Bucht. Jetzt baut man sowas nicht mal eben im Hobbykeller zusammen. Es galt also andere Menschen aus der Branche dafür zu interessieren – was mit dem ZDS (Zentralverband der deutschen Schweineproduktion eV auch gelang.

Und so entstand aus dem Konzept “Contaner mit Schweinebucht” letztlich das Schweine-Mobil mit allem, was es für die moderne Schweinehaltung braucht, um interessierten Menschen auch ganz direkt und echt eben diese zu erklären.


Vielen Dank an Kathrin für die Geschichte. Wer sich noch näher über das Mobil informieren möchte, kann das hier auf der Seite des ZDS tun.

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Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

3 Kommentare

  1. Hm…. – soweit so gut. – Aber warum überhaupt so ein Umstand, denn mit artgerechter Tierhaltung hat das doch auch nichts zu tun, oder doch?
    Und was bedeutet ein “geschlossenes System” in diesem Fall? – Muss man sich das so ähnlich vorstellen, wie einen Reinraum in der Halbleiterproduktion? – Kann ich mir bei Tieren ehrlich gesagt nicht vorstellen, das die doch selber viel zu viel Dreck produzieren.

    • Hallo Hans,

      das Schweinemobil dient nur zur Demonstration der Haltung im Stall und ist nicht für die alltägliche Haltung geeignet. Mit der Formulierug des abgeschlossenen Systems sollen die Einträge von außen durch Menschen und Wildtiere minimiert werden. Deshalb gibt es ja auch die Hygiene-Schleusen. Das Ziel dessen sind gesunde Tiere, die möglichst wenig bis keine Antibiotika benötigen. Der Dreck der Tiere ist ja gewissermaßen auch drin und fällt außerdem direkt durch die Spaltenböden und ist somit nicht mehr im Stall – Problem gelöst.

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