Genfutter für Nutztiere und Gen-Burger für uns

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

McDonalds müsse Gen-Burger nicht kennzeichnen – diese Meldung findet sich unter anderem beim Focus. Für mich ein guter Grund, um ein altes Versprechen einzulösen. Wie wirkt sich Futter aus gentechnisch veränderten Pflanzen auf die Gesundheit unserer Nutztiere aus? Ich beobachte die Studienlage schon eine Weile, allerdings ohne dramatische Ergebnisse (1). Ein Review bestätigt das jetzt.

Wenn die Nutztiere auf unserem Planeten zwischen 70 und 90% genetisch veränderter Futtermittel konsumieren, ist das nicht nur ein großer Markt. Hier fallen auch eine Menge Daten an, die später zum Beispiel für Vergleiche mit konventionellen Futtermitteln ausgewertet werden können. So wurden für das von mir gelesene Review immer wieder Leistungsdaten aus den Jahren 1983, ’96 (die Zeit vor der Verwendung von GM-Futter) und 2011 verwendet oder zumindest war es überwiegend dieser Zeitraum der Auswertung. Natürlich waren die verfütterten Mengen bzw. deren Anteile nicht von Beginn an so hoch wie jetzt. Trotzdem reden wir mittlerweile von einem 15-jährigen Zeitraum, in dem GM-Futtermittel zum Einsatz kommen.

Produkte aus Pflanzen, die genetisch verändert wurden, bringen besonders in Debatten immer die Sorge um ihre Unbedenklichkeit mit sich. Dabei werden sämtliche neue durch Methoden der Gentechnik entwickelte Sorten einer Art Risiko-Abschätzung unterzogen, indem eben jene Sorte mit einer vergleichbaren konventionell entwickelten Sorte verglichen wird, deren Sicherheit/Unbedenklichkeit dokumentiert ist. Im Gegensatz dazu brauchen Pflanzensorten, die zum Beispiel durch Radiation Breeding (2) erzeugt wurden, diese Überprüfung nicht zu durchlaufen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei der Verdauung für die Tiere keinen Unterschied macht, ob sie gentechnisch veränderte Pflanzen oder eben konventionelle Varianten fressen. Außerdem:

neither recombinant DNA nor protein has ever been found in milk, meat or eggs from animals that have eaten GE feed with the exception of a single study that reported the presence of fragments of transgenic DNA in both “organic” and “conventional” milk in Italy (Agodi et al., 2006).

Natürlich haben Fütterungsstudien auch ihre Tücken. So sind zum Beispiel Langzeit-Effekte auf die Gesundheit beim Geflügel aufgrund von Daten der Unternehmen schwierig, schließlich leben Hühner nur 30-40 Tage (42-49 Tage sind im Review für die USA angegeben). Milchkühe waren hier bspw. aussagekräftiger. Außerdem ist die Physiologie der Tiere der limitierende Faktor, schließlich können sie nur so viel der jeweiligen GM-Pflanzen aufnehmen wie sie auch vertragen.

Einen interessanten Gedanken möchte ich in diesem Zusammenhang noch aufgreifen: unsere modernen Nutztiere werden oft als Hochleistungsrassen bezeichnet, gerne auch mit Vergleichen aus dem Sport wie zum Beispiel Kühe als Marathon-Läufer. Völlig falsch ist das nicht. Damit eine Milchkuh ihre hohe Leistung bei guter Gesundheit bringen kann, braucht sie eine optimale Ration qualitativ hochwertiger Futtermittel. Sollte diese Eigenschaft bei Futter aus GM-Pflanzen nicht gegeben sein, sollte das doch relativ schnell auffallen, so die Hypothese.

It would be reasonable to hypothesize that if animal feed derived from GE crops had deleterious effects on animals consuming GE feed, then animal performance and health attributes in these large commercial livestock populations would have been negatively impacted.

Um das zu überprüfen, bediente man sich mehrerer Daten, beginnend mit dem Jahr 1996, einem Zeitraum vor der Einführung von GM-Futter. Vergleichende Daten lieferte der Zeitraum zwischen 2000 und 2011.

In all industries, there were no obvious perturbations in
production parameters over time. The available health parameters, somatic cell count (SCC; an indicator of mastitis and inflammation in the udder) in the dairy data set (Figure 1), postmortem condemnation rates in cattle (Figure 1), and postmortem condemnation rates and mortality in the poultry industry (Figure 2), all decreased (i.e., improved) over time.

Oder kurz: es wurden keine Probleme gefunden.

Bliebe noch die Frage nach der Zukunft zu klären, schließlich ist Effizienz in der Landwirtschaft – gerade auch im Bereich der Tierhaltung – ein zentrales Thema. Um diese sicherzustellen, gibt es grundsätzlich zwei Wege.

  • zum einen eine weitere Steigerung der Erträge pro Hektar (ein Beispiel wäre zB. die Entwicklung Dürre toleranter Sorten)
  • zum anderen eine Steigerung der Effizienz im Tier über bessere/höhere Verdaulichkeiten oder erhöhte Nährstoff-Gehalte.

Natürlich ist Gentechnik hier kein Heilsbringer – übrigens ebenso wenig wie das schon erwähnte Radiation Breeding. All diese und noch kommende Verfahren sind lediglich Werkzeuge auf dem Weg zur Entwicklung neuer Sorten, wobei ich die Gentechnik als Werkzeug hier etwas im Nachteil sehe, wenn bspw. durch Radiation Breeding entwickelte Pflanzensorten aufgrund geringerer Regularien leichter auf den Markt zu bringen sind.

So, so ein Review fällt ja – in diesem Fall mit über 60 Seiten – immer ein wenig länger aus. Das hier ist also ziemlich eingedampft. Aber dass Ihr aufkommende Fragen auch stellen müsst, wisst Ihr ja 😉

Anmerkungen:

  1. Stimmt nicht so ganz, wenn wir Séralini mitrechnen. Seine Ergebnisse erzeugten durchaus eine Menge Wirbel. Leider fehlte die Substanz.

  2. Beim Radiation Breeding werden Samen bestrahlt und jene Pflanzen mit erwünschten Mutationen weiterverwendet, der Rest verworfen.


Quellen:

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

11 Kommentare

  1. Zufällige Mutationen als Ergebnis radioaktiver Bestrahlung sind also (wahrscheinlich gemäss grüner Ideologie) in der Pflanzenzüchtung besser als geplante DNA-Modifikationen deshalb wird das Radiaton Breeding keiner weiteren Regulierung unterworfen, die geplante Genmodifzierung bei genetische manipulierten Pflanzen aber schon.

    Warum nur wird ein immer grössere Teil unserer Gesetzgebung von irrationalen Impulsen und Herangehensweisen bestimmt? Wird die Gesellschaft mehr und mehr von hirn- oder ideologiegeschädigten Leuten übernommen? Sind bald schon oder gar jetzt schon die durch Radation Breeding gezeugten, sich unauffällig unter uns mischenden Zombies an den Schalthebeln?

  2. Zufällige Mutagenese durch Strahlung als gut zu bezeichnen, geplante und gezielte DNA Veränderungen aber als böse, hat schon einen sehr speziellen Geschmack.

    • Hallo Chris, Du hast schon recht, das mutet alles etwas kurios an. Andererseits plappern da aber auch viele durcheinander, was leider nicht immer objektiv ist. Teils kommt der Unsinn wie im Fall Seralini auch noch als Wissenschaft getarnt daher, was es für Laien, die Politiker in der Regel sind, das Verfolgen rationaler Bestimmungen noch schwerer macht.

    • Ich bin zwar Befürworter von GM-Pflanzen, denke aber, so einfach ist es nicht. Sehr oft bedeuten “geplante und gezielte DNA Veränderungen” ja konkret, dass ein artfremdes Gen, das natürlicherweise nicht in der Pflanze vorkommt, in das Genom eingeführt wird. Man muss sich dann schon Fragen stellen wie: Welche Auswirkungen hat das von diesem Gen kodierte Protein auf den Stoffwechsel der Zelle bzw. der Pflanze? Da die Pflanze von dem Tier roh verzehrt wird: Ist das Protein toxisch für das Tier? Ist das Protein fruchtschädigend für das Tier? Man trägt da eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Konsumenten und den Tieren für das was man reinbringt. Da muss man von Fall zu Fall gucken und kann da nicht pauschal sagen es ist biologisch unbedenklicher als radiation breeding (und genauso umgekehrt!) bevor man nicht bestimmte Tests gemacht hat. Ich glaube nur, dass radiation breeding auf der rechtlichen Ebene einfacher zu handhaben ist. Von daher denke ich, Hysterie bei GM-Futter ist nicht angebracht, aber man muss die Bedenken der Konsumenten und Tierschützer auch ernst nehmen. Das wird, denke ich, auch ausreichend getan.

      • Hallo Joe,

        dass Gentechnik biologisch unbedenklicher wäre, behauptet ja auch niemand und die Tests zur Unbedenklichkeit sind völlig richtig und wichtig. Umgekehrt ist es aber wohl schon so, dass konventionell veränderte Pflanzen-Sorten grundsätzlich als unbedenklicher gelten, wenn hier entsprechende Tests fehlen. Im Review wird das Beispiel einer Kartoffel-Sorte erwähnt, die auf den Markt der USA und Schweden kam und dann wieder entfernt werden musste. Die Kartoffeln enthielten zuviel Alpha-Solanin.

        Radiation breeding ist schon deshalb einfach zu handhaben, weil es nicht zur Profilierung verwendet wird. Dabei ist es keineswegs weniger einflussreich auf die Pflanze (wenn man das Einschleusen “fremder” Gene mal außen vor lässt). Gilt übrigens ebenso für das Tilling-Verfahren, bei dem durch den Einsatz chemischer Substanzen Gene ein- oder ausgeschaltet werden. Auch hier ist das Potential zur Veränderung groß, es findet aber ebenso wie Radiation Breeding in Debatten nicht statt. Diese Tatsache in Verbindung mit geringeren Regularien macht diese Werkzeuge gegenüber der Gentechnik natürlich deutlich attraktiver.

      • Danke für den guten Kommentar. Das ist genau der Punkt, der mir seit dem Lesen des Beitrags durch den Kopf geht.

        Was ist die Aussage des Reviews? Eigentlich doch nur, bis jetzt ist nichts schlimmes passiert. Das ist sehr beruhigend, aber mehr auch nicht. Eine generelle Aussage, GM Futter ist unschädlich kann es nicht geben, da die Gentechnik ein sehr mächtiges Mittel ist, mit dem man auch viel Unheil anrichten kann. Das möchte natürlich niemand. Die Frage ist, ob die Kontrollen und Tests ausreichen und ob man alle Zusammenhänge bei der Freisetzung wirklich versteht oder zumindestens Abschätzen kann. Es gibt sicher GM, die sind völlig unkritisch. Es werden aber auch Prinzipien verwendet, die erst seit kurzem bekannt sind, wie die RNA-Interferenz, von denen man hofft, dass sie sehr spezifisch sind. (Gibt es eigentlich Kathegorien der Veränderungen und daraus folgenden Umfang der Tests vor der Zulassung?).
        Es besteht nicht nur eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Konsumenten, es besteht die volle Verantwortung. Von Verbraucherseite ist dabei auch volles Vertrauen in die Produzenten und Kontrollorgane gefragt. Dieses volle Vertrauen ist nur schwer zu bekommen, da es vielen Verbrauchern auf der anderen Seite nicht klar ist, welchen Mehrwert sie erhalten.
        Wenn man die Tür zu GM erst mal aufmacht, beginnt der Wettbewerb, immer bessere Pflanzen (und Tiere) in immer kürzerer Zeit zu entwickel, um besser zu sein, als der Mitbewerber. Kann man dann die umfangreichen Tests und Kontrollen noch aufrechterhalten, oder kommt man dahin, das man sagt, bis jetzt ist alles gut gegangen (bis es kracht). Ich denke, dass ist eher die Befürchtung, die viele haben, als die viel beschwörende irrationale Genangst.

        Ich ein Fan von Gentechnik und finde die Möglichkeiten faszinierend. Wo wären wir in den Biologie und Medizin ohne GMOs (Knockout-Mäuse etc.). Aber damit GMOs in die Natur freizusetzen und sie zu essen, kann ich mich (noch) nicht anfreunden. Haben wir die Geister, die wir rufen wirklich unter Kontrolle?

        • Hallo Andreas,

          mich interessiert dabei sehr, wieso das Argument der Freisetzung genetisch veränderter Pflanzen erst bei der Gentechnik auftaucht. Seit jeher arbeiten Menschen durch Zucht bei Tieren und Pflanzen an optimierten Erträgen, was automatisch mit einer Entfernung der Pflanzen und Tiere von der Wildform zu tun hat. Nichts von dem, was aktuell auf unseren Feldern wächst, ist “natürlich”, wenn man so will. Keine dieser Pflanzen würde im Wettbewerb um Licht und Nahrung bestehen können, wenn sich kein Landwirt drum kümmerte.

          All das, was Du in Deinem Kommentar aufzählst, gilt exakt so auch für die anderen Verfahren, die der Gentechnik in ihrem Potential zur Veränderung/Optimierung kaum nachstehen. Nehmen wir mal das Beispiel dürre-toleranter Sorten: sollte es diese irgendwann geben, dürfte es einen gewaltigen Unterschied machen, ob diese nun durch Gentechnik oder jene anderen Verfahren entstanden sind, die keinen interessieren (dass es hier weit geringere Regularien gibt, interessiert ja auch nicht*).

          *wobei man hier natürlich anmerken muss, dass wir trotz geringerer Regularien nicht gerade massenhaft den Löffel abgeben.

          • Du schreibst: “All das, was Du in Deinem Kommentar aufzählst, gilt exakt so auch für die anderen Verfahren, die der Gentechnik in ihrem Potential zur Veränderung/Optimierung kaum nachstehen.” Ja und bisher wendet leider nur Kanada die gleichen Regularien/Tests für Gentechnik und die alternativen Methoden an. Ich bin gespannt was diesbezüglich noch in der EU geschehen wird.

  3. Das ist jetzt eine Antwort an Euch beide, weil Andreas mich gerade auf Twitter anschrieb:

    So wie sich mir die Situation gerade darstellt, haben wir ein Ungleichgewicht bzgl. der Voraussetzungen für neue Sorten. Während jene durch Gentechnik entstandene Varianten recht stark reguliert und überprüft werden, ist das bei konventionell entwickelten Sorten einfacher. Das kann zu einem Problem werden, denn “einfacher” heißt letztlich auch schneller und billiger.

    Bei einer Angleichung der Standards müssen wir also sehr aufpassen, dass hier ganz klar nach oben angepasst wird und nicht etwa nach unten. Ein Anpassung an sich wird es über kurz oder lang sicher geben.

  4. Hallo Sören, darf man in diesem Zusammenhang auch nach dem Umgang mit “natürlichem” Gentransfer stellen und die Frage aufwerfen, warum Produkte derartiger Organismen bedenkenlos verzehrt werden? Wahrscheinlich weil die Natur nicht nach Zulassungsanträgen fragt ….?

    Dieser Gentransfer ist bei Pflanzen “Üblich” (http://www.plantcell.org/content/26/7/3101) und wohl auch bei Tieren nicht so selten (http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10709-010-9455-y). bei Insekten schon gar nicht (http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/root,did=105354.html)

    Wenn man heute bei Greenpeace und WWF nachfragt, wird kaum noch vor den gesundheitlichen Risiken durch Verzehr von Pflanzen mit gentechnisch verändertem Genom gewarnt; gewarnt wird vo den Folgen des Anbaus (Monokulturen, Herbizidtoleranz, wirtschaftliche Abhängigkeiten usw.). Aber auch hier gibt es mittlerweile “Gegenwind” (http://idw-online.de/de/news486193 )

    • Hallo Klaus,

      wie immer vielen Dank für Links zu weiteren Informationen, werde ich mir natürlich anschauen. Was die Kommunikation seitens Greenpeace, WWF usw. angeht, hast Du natürlich ein Stück weit Recht. Aber gerade Du weißt auch, dass Monokulturen, Resistenzen gegen Herbizide oder wirtschaftliche Abhängigkeiten keine ausschließlichen Merkmale des Anbaues gentechnisch veränderter Sorten ist.

      Unabhängig davon ist die gesundheitliche Unbedenklichkeit natürlich weiterhin ein wichtiges Thema, was wir nicht zuletzt bei Séralini sehr schön beobachten konnten. Die in der Vergangenheit gerufenen Geister verschwinden eben nicht von heute auf morgen, völlig egal, was die Rufer heute dazu sagen.

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