Empathie-Forschung durch Big Data
BLOG: Vom Hai gebissen
Manchmal kommt einiges gleichzeitig und passt einfach nur blendend zusammen. Vor einiger sorgte die Freundschaft dreier Tiere unterschiedlicher Art für viel Aufsehen. Ein Tweet an ganz anderer Stelle zu einem ganz anderen Thema inspirierte mich dazu, beides zu kombinieren.
Sven Hennig zitierte auf Twitter mal aus einer Geschichte von Janoschs Tiger und Bär:
Ich bin stark wie ein Tiger und Du bist stark wie ein Bär, das reicht…. Wir haben wirklich ein gutes Leben hier, nicht wahr?
Packen wir noch einen Löwen dazu und schon ist das Trio komplett – eine wirklich ungewöhnliche Kombination. Allerdings haben die Tiere auch Schlimmes durchgestanden. Ihrem Vorbesitzer fehlte es ganz offensichtlich an Empathie – wobei deren Existenz bei Menschen weniger angezweifelt wird. Er hielt sie unter schlimmen Bedingungen als Zirkustiere. Hier gibt es einen der vielen Video-Berichte dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=LvIUqRizU0M
Interessant bei dieser Geschichte: da zu Beginn niemand etwas von der starken Bindung der drei Freunde untereinander wusste, wurden sie getrennt gehalten – mit dem Ergebnis, dass die Tiere sich unruhig und nervös verhielten. Erst eine Zusammenführung brachte die gewuenschte Ruhe. Genau der richtige Moment fuer einen zufriedenen Seufzer, dass am Ende doch noch alles gut gegangen ist. Eine rührende Geschichte, nicht wahr? Aber was macht die hier in einem Wissenschaftsblog? Die Antwort liegt in der Frage nach Ethik und Moral im Tierreich oder vielmehr darin, ob diese Eigenschaften auch bei Tieren existieren.
Das große Problem dabei ist die praktisch nicht mögliche Messbarkeit – und daher auch die mangelnde Klarheit. Wie müssen Versuche aussehen bzw. aufgebaut sein, wie lassen sich Ergebnisse interpretieren? Aber auch weit vorher wird es schon schwierig. Wir können nicht einfach solange beliebig Löwen, Tiger und Bären zusammenwürfeln, bis wir das Ergebnis reproduziert haben. Diese Versuchsreihe wäre schlimmstenfalls und gleichzeitig sehr wahrscheinlich ein Fall für den Tierschutz, ein eher niedliches Ergebnis wären Liger, das amuröse Ergebnis aus der Kombi Löwe und Tiger.
Wir müssen uns also damit abfinden, dass wir es hier mit einer ziemlich einmaligen Geschichte zu tun haben, der mit den üblichen wissenschaftlichen Standards kaum beizukommen ist – zumindest nicht auf direktem Wege. Trotzdem ist sie nicht wertlos. (1) Big Data ist momentan das große Schlagwort für das, was mir da gerade vorschwebt. Wir können diese Geschichte wie viele andere schließlich aufschreiben und sammeln. Und vielleicht ergibt sich irgendwann ja ein interessantes Bild aus den vielen Teilen.
Bis dahin wird noch viel Zeit vergehen oder letztlich mit Überzeugungs-Arbeit verbracht, damit derartige Forschung auch tatsächlich in der breiteren Wissenschaft ankommt. Immerhin gibt es mit Frans de Waal einen nicht völlig unbekannten Forscher auf diesem Gebiet. (2) Auch, wenn sich Immanuel Birmelin eher der Intelligenz im Tierreich verschrieben hat, dürfte er hier ebenfalls keine völlig unbedeutende Rolle spielen.
Ich bin gespannt.
Anmerkungen
- Im Zuge eines Bloggewitters Anfang des Jahres hatte ich schon erwähnt, dass wir die sonst in der Wissenschaft eher verschmähten Anekdoten hier stärker beachten sollten.
- Über seinen Versuch mit Kapuziner-Affen schrieb ich hier.
Wow dieses Video ist echt süß, unfassbar und verstörend dazu 😀
Wie kann das sein, das sich ein Mensch, Bär, Tieger und Löwe zusammen so gut verstehen ? Was für eine Harmonie da herrscht :O
Bin hin und weg…
LG Yvonne&Konny
Blutsgeschwister
“Big Data”, das es übrigens im Bereich der Wirtschaft seit Längerem gibt, kann wegen der Ausschnittsartigkeit der Erfassung und dem letztlich wahlfreien Setzen von Entitäten (tabellarisch, typischerweise werden hier sogenannte RDBMSe genutzt), die theoretisierende Vernunft der Primaten nie ersetzen.
MFG
Dr. W (der irgendwann einmal aus der (seltenen) Kreuzung von Bär und, …, Web entstanden ist)
Big Data soll auch nix ersetzen, sondern lediglich eine Möglichkeit eröffnen, um die Existenz einer Empathie durch Real-Geschehen zu erforschen oder gar zu belegen, denn – wie ich oben schrieb – reproduzierte Versuche fallen hier definitiv aus.
Ist die Geschichte tatsaechlich so einmalig, weil selten, oder weil man ganz einfach nicht auf solche Geschichten gross achtet(e) ? (Homosexualitaet im Tierreich wurde ja auch bis in den letzten Jahrzehnten uebersehen).
Sicher, mit Vertretern der Carnivora lassen sich solche Sachen sehr schlecht reproduzieren, ganz anders sieht es hingegen mit z.B. Ungulaten (und eben Primaten) aus.
Hallo para,
um das beantworten zu können, braucht es eben eine gewisse Menge Beobachtungen. Lediglich eine dokumentierte hat es dann etwas schwer.
Für Ungulaten fällt mir spontan sogar eine Diss an der Uni Marbrug ein (Link). Für Primaten gibt es recht viel Material von DeWaal…
Die drei im Artikel sind ja ehemalige Zirkustiere, also wohl noch eher mit “Haustieren” zu vergleichen. Da gibt es hingegen schon Material speziesübergreifender soziopositive Interaktionen als Folge von Erziehung.
Danke für den Hinweis, ich glaube, ich habe da auch noch was auf meinem Tablet rumfliegen, muss mal nachschauen (wenn es nicht sogar exakt die ist). Eine Studie habe ich auch noch…wird dann ein eigener Artikel, aber wohl nicht mehr dieses Jahr 😉
hmpf… Tag versemmelt…
http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2003/0639/
Wäre sicher interessant zu lesen, wenn sich nicht – wie anscheinend generell seit kurzem bei den SciLogs – eine nervige O2-Werbung ohne Wegklickchance links und oben darüber legen würde.
Und warum muß man jetzt zwei Captcha-Texte eingeben?
Hallo Roland,
O2 ist bei mir noch nicht als Overlay in Erscheinung getreten, werde das mal beobachten und weitergeben. Danke für den Hinweis. Wegen der Captchas habe ich schon eine Änderung angemerkt, kann sich nur noch um Jahre handeln bis da wieder eine erträgliche Alternative eingebaut wird 😉