Dioxin – Hoffnung für freilaufende Hühner

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Verfolgt man die aktuellen Meldungen, dreht sich eigentlich alles nur um die tierischen Erzeugnisse wie Eier, Milch oder auch Fleisch. Das ist erstmal verständlich, weil wir Verbraucher natürlich wissen wollen, wie es um das steht, was sich in unseren Kühlschränken tummelt. Die Tiere an sich, die keine geringere Rolle innehaben als jene des Produzenten, spielen da erstmal keine größere Rolle. Dabei wirkt sich die Aufnahme von Dioxin nicht nur derart aus, dass es sich im Körper der Tiere oder auch in den Eiern ablagert. Laut Wissenschaftlern der Boston University kann das Aufnehmen dieses Gifts das Immunsystem und die Mastleistung beeinträchtigen.

So beginnt ein Artikel, den ich Anfang 2011 anlässlich des zu dem Zeitpunkt medial dominierenden Dioxin-Skandals geschrieben habe. An der Gültigkeit hat sich bis heute eigentlich nichts geändert. Fast nichts – der Skandal ist vergessen, das Dioxin aber nicht. Tatsächlich begegnete ich seitdem immer mal wieder kleineren Meldungen auf Animal Health Online, denen zufolge es gelegentlich Öko-Betriebe traf, deren Hühner Eier mit zu hohen Dioxin-Werten gelegt haben. In diesen Fällen hatte aber kein Konzern das Futter kontaminiert, sondern die Tiere haben es durch Scharren und Picken mit dem Erdboden aufgenommen. Die Stoffe reichern sich mit der Zeit im Fettgewebe und dann auch in den Eiern an und gelangen so in unsere Nahrungskette. Die Quellen unter freiem Himmel können dabei vielfältig sein. Teerdecken, Lacke, nahe gelegene Industrieanlagen  bzw. deren Überschwemmung oder auch Altlasten aus früheren Bewirtschaftungen können zu einer erhöhten Aufnahme führen. Wer mit dieser Thematik noch nicht ganz vertraut ist, sollte sich eine Viertelstunde Zeit nehmen und Udo Pollmer zuhören:

Um die Dioxin-Belastung tierischer Produkte gering zu halten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die konsequenteste Variante wäre wohl das völlige Abschotten der Tiere von der Außenwelt. Bei Legehennen muss dieses Modell dabei keineswegs in einer ziemlich unschönen Käfig- oder jetzt eben Kleingruppenhaltung münden. Die Niederlande zeigt uns da mit dem Rondeel nicht nur eine tiergerechte, sondern tatsächlich tierwohl-orientierte Variante. Ja, ich erwähne dieses Teil öfter, weil ich es einfach genial finde. Interessanterweise hatte ich eine solche in sich geschlossene Haltungsform aus Stall- und Außenbereich in meinem ersten Artikel zur Dioxin-Problematik noch für eine Utopie gehalten…

So weit ich weiß, gibt es das Rondeel bisher aber nur in den Niederlanden. Es besteht aber auch Hoffnung für jene noch wirklich freilaufenden Legehennen und Menschen, die ihre Eier genießen. KAT, der Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen, hat dafür ein Monitoring-System entwickelt. Natürlich ist es wenig sinnvoll, immer erst dann von erhöhten Dioxin-Werten zu erfahren, wenn die Eier gelegt sind, weshalb es bei diesem Monitoring auch darum geht, diese Quellen vorher zu entdecken – durch eine Beurteilung der genutzten Flächen und Ausläufe mithilfe von Bodenkundlern zum Beispiel. Ich würde hier jetzt auch noch die Ställe ergänzen. Letztlich sollte dann damit ein guter Überblick über kontaminierte Gebiete gewährleistet sein.

Hoffen wir mal, dass die Pläne auch so aufgehen und die Tiere in Zukunft noch sorgloser in echtem Dreck wühlen können.


Wenn man bei Animal Health Online in der Kategorie Großtiere Dioxin in das Suchfenster eingibt, findet man eine Übersicht über alle Artikel wie bspw. diese. Und hier geht es zur Seite des KAT.

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

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