Antibiotika-Resistenzen – Krankenhäuser als Ställe

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Lars schrieb vor mittlerweile langer Zeit einen schwer dramatischen Artikel zur Antibiotika-Problematik, also dagegen resistenten Bakterien. Das geschilderte Szenario ist ziemlich alarmierend. Jetzt weiß ich, dass Lars eine gewisse Faszination für Untergänge aller Art hegt, solange es sich dabei mindestens um die ganze Welt handelt. Mich dagegen faszinierte an dem Themenkomplex Antibiotika, Resistenzen und deren Zukunft etwas anderes. Krankenhäuser als Ställe – das wäre doch die Lösung.

Antibiotika-Resistenzen begleiten uns schon so lange wie die Antibiotika selbst und breiten sich immer weiter aus. Kürzlich las ich bei Nature einen längeren Artikel, dem zufolge jetzt auch schon sogenannte CREs entdeckt wurden: Carbapenem-resistente Enterobakterien. Grund genug, diesen Artikel aus den Entwürfen zu befreien.

Wenn man als Besucher in ein Krankenhaus kommt, darf man es einfach betreten wie einen die eigenen Eltern in freudiger Erregung geschaffen und diverse Kleidungs-Labels eingekleidet haben. Versucht das mal in einem Geflügelstall. Da sammelt Ihr keine Sympathie-Punkte. Ohne Umziehen und Desinfizieren seht Ihr Hühner höchstens in der Dorf-Disko. Tschuldigung. (1)

Was wäre, wenn es solche Hygiene-Schleusen auch in größerem Stil in Krankenhäusern gäbe? Soweit ich weiß, kommen solche Schleusen bisher nur bei Menschen zum Einsatz, deren Immun-System nicht funktioniert (2). Ich erwähnte die Sache als Option auch in den Kommentaren unter dem Artikel. Darauf brachte Lars den Einwand, dass in der Tierhaltung die Erreger draußen seien und nicht den Stall gelangen sollten. In Krankenhäusern seien die Kranken aber drin. Genau hier wird es jetzt spannend. Grundsätzlich hat er damit natürlich recht. Allerdings: nicht jeder Mensch in einem Krankenhaus ist infektiös und verteilt sich dort. Manche lassen sich zum Beispiel eine neue Hüfte aus Beton gießen – oder bekommen so wie Lars eine neue Niere.

Desinfektionsmatten oder ebensolche Becken, Seife und Desinfektonsmittel für die Hände, Schutzanzug, Überzieher für Schuhe und Haare – das sind die Bestandteile einer Hygiene-Schleuse im Stall. Wichtig: das passiert alles, BEVOR man zu den Tieren geht. Bei der Schweinehaltung ist zudem darauf zu achten, in welcher Reihenfolge man seine Tiere versorgt. Gerade in jenen Betrieben, die nicht nur mästen, sondern auch Ferkel halten, gilt die Reihenfolge Ferkel > ältere Tiere, damit die Ferkel nicht durch Keime umgehauen werden, die den älteren Tieren direkt gar nichts mehr ausmachen.

Ich zitiere mal ein paar Abschnitte aus Lars’ Artikel:

Man hält heute zum Beispiel bei chirurgischen Eingriffen die Infektionsrate niedrig, indem man Prophylaxe mit Antibiotika betreibt (…)

Gilt in der Tierhaltung als großes Problem, wird daher auch nie empfohlen.

Smith und Coast wagen sich an einen Versuch, das Ganze am Beispiel von Hüftgelenksprothesen durchzuexerzieren – beileibe keine seltene Operation und ein verhältnismäßig schwerer Eingriff. In den USA holen sich dabei etwa 0,5 bis 2% der Patienten trotz Prophylaxe eine Infektion, in Deutschland scheint die Rate unter einem Prozent zu liegen.

Das Beispiel erwähnte ich oben.

Selbst wenn eine Prozedur ohne Prophylaxe geschieht, läuft sie deswegen unter einem krankenhausweiten Schutzschirm aggressiver antimikrobieller Therapien ab. Was passiert, wenn der Schutzschirm wegfällt, ist, vorsichtig gesagt, völlig offen.

Gar nicht gut.

Die Möglichkeit, dass ich irgendwann vielleicht sogar an einer Schnittwunde sterben könnte, stört mich dann doch etwas. Hier könnte die Tierhaltung als Inspiration dienen, in dem Einträge von außen minimiert werden bzw. auf die Patienten beschränkt bleiben, während Antibiotika nur im Krankheitsfall zum Einsatz kommen und nicht mehr prophylaktisch in Form eines Schutzschirmes.

Um das nicht ausarten zu lassen, würde ich folgende Maßnahmen für den Anfang vorschlagen.

  • Fußmatten zur Desinfektion an allen Haupt-Eingängen
  • Vor Stationen ebenfalls + Überzieher für die Schuhe und Hand-Desinfektion
  • Ob ich hier auch schon zu Schutzanzügen raten würde, ist schwer zu sagen. Ein Testlauf dazu wäre mal interessant.

Wir sollten uns da keine Illusionen machen. Eine völlig sterile Umgebung ist nicht umsetzbar. Wenn aber möglichst wenig Bakterien auf ihresgleichen treffen (Stichwort “Horizontaler Gentransfer”), ist schon viel gewonnen.

Letztlich entspricht die Strategie zur Eindämmung und “Kontrolle” im Nature-Artikel eben diesem Konzept:

That means, say infectious-disease experts, that their best tools for defending patients remain those that depend on the performance of health personnel: handwashing, the use of gloves and gowns, and aggressive environmental cleaning.

Ein Krankenhaus mit den hier genannten “Stall-Maßnahmen” sähe dann wahrscheinlich aus als herrschte dort ständiger Ausnahmezustand. Ist aber immer noch weitaus besser als der tatsächliche Eintritt eines solchen, hervorgerufen durch einen hinterhältigen Überfall resistenter Keime.

Im Nachtrag zu seinem Artikel weist Lars gar nicht mehr so apokalyptisch auf Möglichkeiten hin, die vielleicht AB ablösen könnten – in der Zukunft. Bis dahin sollten wir allerdings zusehen, dass uns Antibiotika noch eine Weile als wirksames Mittel erhalten bleiben – eine Zeitverzögerung kann da kaum verkehrt sein.

Kleine Ergänzungen im Artikel

  1. Hinweis: Sich umzuziehen ist auch in anderen Ställen üblich. Der Landwirt kann es dabei ruhig mal etwas entspannter angehen, dessen bakterielles Umfeld am Körper kennen die Tiere schließlich. Im Milchvieh-Betrieben kann man auch gern mal so rein, ist ja eh meist viel offener als andere Ställe. Für alle anderen – und besonders ganze Kompanien von Rotznasen aka Studentinnen wie auch Studenten – gilt die bekannte Prozedur.

  2. Natürlich wird auch im OP sehr genau auf Hygiene geachtet.


Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

33 Kommentare

  1. Hallo Sören

    Der Hauptgrund für die umfangreichen Hygienevorschriften (z.B. Desinfektionsschleusen, Schutzanzug, Duschen usw.) in deutschen Ställen ist Lebensmittelsicherheit bzw. Verbraucherschutz. Wie du schon richtig erkannt hast, soll verhindert werden das Krankheitserreger von außen durch den Menschen, Futtermittel od. Tiere (Insekten, Schadnager) in die Ställe eingeschleppt werden. Das hätte nämlich unschöne Folgen für die menschliche Gesundheit, wenn tierische Produkte von kranken Tieren hergestellt würden. Völlig keimfrei, das hast du auch geschrieben, geht es natürlich nicht. Fleisch z.B. ist ein natürliches Produkt und auf ihm werden immer Keime zu finden sein. Deshalb braucht man sich nicht kirre machen lassen, wenn in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben mit Sicherheit irgendwann mal wieder steht: Keime auf dem und dem Fleisch gefunden. Die Frage ist nur welche Keime und wie viel davon. Bei ordnungsgemäßer Schlachtung, Kühlung, Transport und Lagerung stellt das für uns Menschen aber kein Problem dar. Spätestens in der heißen Pfanne erfahren die Keime den Exitus.

  2. Problem dabei

    Mein erster Gedanke: Wenn man die Maßnahmen zu hoch schraubt, könnte das dazu führen, dass Menschen vom Krankenhausbesuch abgeschreckt werden.

    Dass Heilung immer auch eine wichtige psychische Komponente hat ist lange bekannt. Weniger Besuch dürfte nicht gerade förderlich für die psychische Situation vieler Kranker sein. Daher müsste man da sehr vorsichtig abwägen.

  3. Besucher willkommen

    Hallo Hanno,

    ich will ja nicht die Besucher verjagen, sondern nur, dass sie bei Betreten des Krankenhauses eine Prozedur durchlaufen wie Landwirte und Tierärzte im Schweine- oder Geflügelbereich. Das ist alles.

  4. Illustration

    Hallo Lederstrumpf,

    vielen Dank für Deine Ergänzung. Du hast völlig recht, es geht natürlich auch immer um die Anforderungen des Lebensmittelrechts. Anhand der Hygiene-Schleusen konnte ich das aber besser erläutern – und um die Verminderung der Einträge von innen nach außen und vice versa geht es ja auch bei Ställen.

  5. Also Lebensmittelrecht hin oder her, aber diese Massnahmen bei den Ställen scheinen mir auf ein anderes Problem hinzudeuten: Nämlich das die Tiere selbst kein intaktes Immunsystem mehr haben, so das sie selbst mit den üblichen Erregern, mit denen sie in freier Wildbahn bzw. auch in freier Natur immer konfrontiert sind, nicht mehr fertig werden.
    Und anstatt das man dafür sorgt, dass die Tiere wieder so gesund werden, dass ihr Immunsystem damit fertig wird, werden dann solche abgeschotteten, fast schon an Reinräume der Elektronikindustrie erinnernde Ställe gebaut. Das wiederspricht nach meinem empfinden völlig der artgerechten Tierhaltung.
    Und bei den Hühnern hab ich mich direkt an den Dokumentarfilm “Food Inc.” erinnert. Da zeigen sie einen Ökolandwirt in der gerade dabei ist, Hühner zu schlachten: Unter einem Vordach einer Scheune oder einem festen Baldachin mitten auf der Wiese in der Nähe seines Hauses. Dabei erzählt er, dass er seine Hühner auf Keime untersuchen lies: sie hatten etwa 600 verschiedene. Dann nennt er zum Vergleich die Zahlen aus den Grossbetrieben, die er von der Geundheitsbehörde hat: Trotz massenhafter Anwendung von Antibiotikern haben deren Hühner immer noch rund 5000(!) Keime am und im Körper. Also werde ich den Verdacht nicht los, das in der Tierhaltung irgendwas grundsätzlich falsch läuft.

  6. Stallhygiene im Spital schwierig

    Nur über Schleussen kommt man jetzt schon nur in Spitalbereiche, in denen Patienten mit Immundefekten behandelt werden.

    Für den Klinikalltag sind aber die Vorschläge
    – Fußmatten zur Desinfektion an allen Haupt-Eingängen
    – Schutzanzüge
    wenig geeignet, denn nicht etwa Besucher sind die Hauptvektoren von Infektionen, sondern das Krankenhauspersonal selber. Jeder Arzt und jede Krankenschwester kommt ja in Kontakt mit x Patienten und zudem kommt jeder Arzt und jeder Pfleger auch mit vielen anderen Ärtzen und Pflegerinnen in Kontakt: Geradezu eine ideale Umbebung für die Verbreitung für Infektionen. Die Sptial- Infektionsprophylaxe muss deshalb beim Pflegepersonal ansetzen. Über Handhygiene hinaus ist da aber wenig zu machen. Viele Pfleger/Krankenschwestern sind nicht einmal bereit sich gegen Grippe impfen zu lassen obwohl eine Grippe für ältere Menschen tödlich enden kann.

  7. Hallo Herr Holzherr,

    das hatte ich ja auch so erwähnt. Das Konzept würde ich dabei nicht nur an den Haupteingängen, sondern vor jeder Station umsetzen, um die Verbreitung zumindest ein Stück weit einzudämmen bzw. lokal zu halten.

  8. Keine AB durch Schleusen

    Hallo Hans,

    es gibt durchaus antibiotika-freie Mastdurchgänge, die unter anderem durch jene Schleusen und ein gutes Management möglich werden. In der Natur wird natürlich auch hart selektiert, den Keimen und Parasiten sind die “Opfer” doch egal.

  9. Resistente Keime verbreiten

    In Deinem Blog beschreibst Du auch (und das mit einer sehr lebendigen Sprache, die gefällt!) wie weniger Keime ins Krankenhaus hinein zu bringen sind. Ich schätze mal, das einbringen von resistenten Keimen ist für Krankenhäuser das kleinere Thema, als das hervorbringen und verbreiten von resistenten Keimen. Deshalb würde ich mich riesig freuen, wenn Du in einem weiteren Artikel mehr noch auf folgende Punkte eingehen würdest:

    – Minimierung der Resistenzbildung
    (Der Titel ist “Antibiotika-Resistenz, ….)

    – Kreuzkontaminationen verhindern
    (das ginge dann schon Antibiotika-Resistente Keime verbreiten)

    Für den zweiten Punkt möchte ich ein paar Gedankenansätze einbringen:

    Der Mensch ist die häufigste Kontaminationsquelle – in Krankenhäuser wohl auch das häufigste Transportmittel für Kreuzkontaminationen:

    1) So kommt es dazu, dass die Raumpflegerin zwar Handschuhe trägt, nun aber mit Handschuhen, die gerade mit dem Bodenwaschwasser in Berührung kam, die Flasche der Patientin öffnet, als diese um Hilfe bittet.
    Folge: Keime vom Fussboden werden über das Getränk dem Patienten verabreicht.
    2) Es gibt tatsächlich auch Pflegende, die sich ständig die Hände desinfizieren, jedoch die Einwirkungszeit nicht beachten. Folge: ihre Haut ist nicht mehr intakt – Infektionen haben leichteren Eintritt und Transportmittel Mensch gefunden.
    3) ….

    Die Schulung in Krankenhäusern basiert oft auf “folgen” statt “verstehen”.
    Es fängt damit an: Bakterien sind alle so böse! Statt mal zu gucken, was Bakterien denn so brauchen, um sich wohl zu fühlen und welches wo gerne sitzt und was es absolut nicht mag.

    1) Blutentnahme: Während meiner Behandlung kommt es zu einer Panne, es wird am “offenen System” weitergemacht (es wäre auch anders gegangen) Zur gleichen Zeit düst eine Angestellte mit Stopuhr durch den Behandlungsraum und öffnet das Fenster (Zeit zum Lüften). Jemand verläuft sich und öffnet gleichzeitig die Tür. Über dem “offenem System” weht ein starker Wind.
    Mein Hinweis wird abgetan – er muss mich behandeln, seine Kollegin hat strickte Anweisungen, regelmässig zu lüften und ich hätte ja ein Immunsystem, das mich schütze.
    Folge: Keine Abstimmung der Prozedur – Bleibt zu hoffen, dass alle folgenden Patienten auch so ein tolles Immunsystem wie ich haben …
    2) Patientin wird nach OP geduscht, weist Pfleger darauf hin, dass die Wunde noch abgedeckt bleiben soll. Auch sie hört, dass das nicht mehr nötig sei, ihr Immunsystem würde notfalls auch noch da sein.
    Folge: Infektion an der Narbe – Antibiotikabehandlung nötig.
    3)Es gibt Krankenhäuser, die nach jeder Kontaminationswelle ihre Regeln umstellen, statt Hintergründe zu lehren.
    Folge: Personal mixt alte und neue Regeln (es gibt in Krankenhäusern viele Aushilfen und Teilzeitangestellte, die nicht immer auf dem Laufenden gehalten werden), die zusammen zu sinnlosen Kontaminationen führen.
    4)Ich weiss von Spitälern, die immer wieder über gewisse Kontaminationen im OP Raum klagen – die so schwierig in den Griff zu bekommen seien. Die könnten überall in den Fugen stecken… Als ich nach dem Bakterium frage, war es tatsächlich eines dieser Multireistenten, wo Mensch nicht mehr mit Antibiotika einfach behandelt werden kann – aber das Bakterium ist total hitzesensibel. Die klagende OP Schwester hätte eigentlich einfach mal ihren Dampfreiniger benutzen können, wenn sie die Fugen zwischen den Fliessen voller Keime, statt auf die teure Totalsanierung zu warten.
    Folge: ? Kenne ich nicht. Ich frag mich nur, wie es möglich ist, dass eine OP Schwester so wenig über Kontaminationen (nachzulesen) weiss.

    Ich frag mich immer wieder, warum Krankenhäuser ihr Personal nicht ausbilden können, wie jedes Pharmaunternehmen, das seine Leute hinter die Sterilschleuse schickt.
    Damit meine ich nicht, dass Patienten nur noch im Schutzanzug gesteckt und mit Schutzanzug betreut werden sollen. Damit meine ich das einfache Grundverständnis, Kreuzkontaminationen zu verhindern – zu verhindern, dass sich Keime ausbreiten.
    Was bringt das gute Gefühl beim Eintritt ins Zimmer, die Hände zu desinfizieren, wenn danach alles kreuz und quer kontaminiert wird?

    Ich nehme an, Du wolltest mit Stall im Titel etwas “Schockfaktor” einbringen.
    Ich würde als Vorlage weniger den Stall nehmen (gerade seit wir wissen, wie viele multiresistente Keime in Fleisch-Verpackung heutzutage stecken), sondern viel mehr das Grundverhalten in ganz gewöhnlichen Sterilräumen in Zellkultur-Labors.
    Und doch mit Deinem Titel erinnerst Du mich daran, dass ich meinen letzten 8 Spitalbesuchen keinen Angestellten bei Blutentnahme, beim Wundenähen, beim Infusionsstecken usw mit so einer Selbstverständlichkeit tadellos hygienisch arbeiten gesehen habe wie den Alpsennen beim Käsen. (Seine Milch hatte wohl nicht so ein tolles Immunsystem wie ich)

  10. Resistenzen und deren Bildung

    Hallo Mauerblümchen,

    vielen Dank für Deinen sehr ausführlichen Kommentar und natürlich das Lob!

    Zur Minimierung der Resistenzbildung kann ich Dir schon mal in aller Kürze antworten, dass es für die verschiedenen Antibiotika immer auch eine Anwendungsempfehlung bezüglich der Dauer gibt. Diese empfohlenen Anwendungszeiträume sind wichtig, da sie eine weitesgehende Eliminierung unerwünschter Bakterien gewährleisten. Gleichzeitig wird dabei auch die Bildung möglicher Resistenzen verhindert.

    Die zeitlich beliebige Einnahme von Antibiotika schüren also eine gewisse Gefahr, dass immer noch genügend Bakterien vorhanden sind, die sich vermehren und damit die Resistenz-Wahrscheinlichkeit erhöht ist. Um zu deiner Frage zu kommen: eine Minimierung erreicht man am besten durch vorschriftsmäßige Anwendung (oder im Falle der Tierhaltung durch das Schaffen einer derart hygienischen Umgebung, dass Antibiotika nicht gebraucht werden).

    Was die genauen Vorgänge in “menschlichen” Krankenhäusern angeht, kann ich da nicht allzu sehr mitreden. Kenne die auch nur als Patient, was lange her ist.

    Ich werde mir das aber notieren und dahin gehend mal recherchieren. Versprochen! Ach, und die Silage kommt ja auch noch 😉

  11. Freie Natur

    In der von Hans so hochgejubelten freien Natur liegt die Sterblichkeitsrate durch Infektionen und Parasiten bei weit über 25%. Auch bei den von ihm so hoch gelobten Freilandhaltung von Nutztueren haben wir Mortalitätsraten von über 20%. Ein völliges nogo für professionelle Haltungsformen.

  12. @nichtsowichtig

    Mir fielen da gerade noch die ach so niedlichen Frischlinge ein, von denen – sofern bekannt – auch gut 50% nicht erwachsen werden. Nur wurde das noch nie gefilmt…

  13. @nichtsowichtig

    »In der von Hans so hochgejubelten freien Natur liegt die Sterblichkeitsrate durch Infektionen und Parasiten bei weit über 25%.«

    Woraus folgt, dass nicht genügend übrig bleibt für den menschlichen Verzehr. Böse freie Natur… 😉

  14. Hallo Balanus,

    nicht unbedingt. Nur machen sich viele Menschen nicht bewusst, dass in der freien Natur eben auch Tiere sterben bzw. noch viel mehr, weil es im Wald keinen Tierarzt oder Landwirt gibt, der eingreifen kann.

  15. Nicht aufregen…..

    Sören, nicht aufrehgen, Belanus stänkert nur wie immer…..

    Ahnunh von Statistik haben die wenigsten Menschen. Ist schade, aber Realität…..

  16. @Sören Schewe

    Ich kann nicht für andere sprechen, aber dass in der freien Natur ein Gutteil des Nachwuchses wegstirbt und nur die hinreichend „Fitten“ überleben, das sollte eigentlich allgemein bekannt sein.

    Ich habe @Hans so verstanden, dass er lieber die Tiere verzehren würde, deren Immunsystem fit genug ist, sämtliche Infektionen aus eigener Kraft zu überstehen. Das würde dann wahrscheinlich auch den Fleischverzehr auf viermal jährlich reduzieren (wegen der Kosten).

    Oder aber dass er es vorzöge, vor allem die kränklichen und schwachen Tiere der Schlachtung zuzuführen. Den Raubtieren fallen ja auch vor allem die schwachen Beutetiere zum Opfer.

  17. Todesursache Fressfeinde

    Frischlinge sind Wildtiere, die wie viele Jungtiere in der freien Natur oft Fressfeinden, wie Raubvögeln oder Füchsen, zum Opfer fallen. Meistens suchen sich die Raubtiere kleine und schwache Tiere aus, da sie an diese leichter herankommen.

  18. Mona, Balanus und Statistiker

    Hallo Balanus,

    dass das allgemein bekannt ist, glaube ich nicht. Zumindest werden Ferkelschutzkörbe oder tot geborene Ferkel immer wieder sehr kontrovers diskutiert, wobei die Ferkelsterblichkeit im Stall weitaus geringer ist als in der idyllischen Natur.

    Hi Statistiker,

    ich rege mich selten auf und bei Balanus schon mal gar nicht, finde die Diskussionen sogar interessant…

    Hallo Mona,

    Du hast recht, Fressfeinde spielen natürlich auch eine Rolle, wobei Parasiten durchaus zur Schwächung beitragen.

    PS: Schön, mal wieder von Dir zu lesen 🙂

  19. Iraqibacter

    als Ergänzung
    http://www.animal-health-online.de/…-darm/26251/

    Zitat:
    Letztgenannter Spur lohnt es sich nachzugehen. Tatsächlich sind antibiotikaresistente Keime in der sogenannten „Dritten Welt“ und in den Schwellenländern weit verbreitet. Und nicht nur Urlaubsreisende bringen hochresistente Keime mit in die Heimat. Oft genug werden diese Keime durch Patienten aus dem Ausland direkt in die Kliniken getragen. So mahnte das Robert Koch-Institut im Oktober 2011 (1) deutsche Kliniken bei der Behandlung von kriegsverletzten Patienten aus Libyen äußerste Vorsicht walten zu lassen (Einzelzimmer Kontaktisolierung). Bei den bei dieser Patientengruppe nachgewiesenen Erregern handelt es sich u. a. um Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), Extended-spectrum Beta-Laktamase (ESBL)-produzierende Enterobacteriaceae, Carbapenemase-produzierende Enterobacteriaceae (CPE), Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii und Carba penem-resistente Pseudomonas aeruginosa.

  20. Danke für die Ergänzung, da taucht ja auch die Kontakt-Isolierung auf, die ich mir ungefähr so als Standard vorstelle. Mal schauen, was sich in dem Bereich tut.

  21. AB als Prophylaxe??

    Hallo Herr Schewe, ich erlaube mir als Landwirt eine “kleine” aber wesentliche Korrektur zu einem Zitat-Kommentar: “Gilt in der Tierhaltung als großes Problem, wird daher auch nie empfohlen.” Der Einsatz von Antibiotika als prophylaktische Maßnahme ist sogar VERBOTEN! Eben wegen der Gefahr einer Resistenzbildung.

    Gelungen ist die thematische Auseinandersetzung v.a. deswegen, weil auf eine Poralisierung zu Lasten der Veterinärmedizin weitgehend verzichtet wird.
    So darf erwähnt werden, dass sich Dank des für die Humanmedizin geforderten und in der Veterinärmedzin bereits umgesetzten Hygienemanagementsysteme erste Erfolge durch sinkende Resistenzen in der Tierhaltung (http://www.animal-health-online.de/…ieren/26111/) sichtbar werden.

    Wobei immer wieder kritisiert wird, dass im Humanbereich immer noch zuviel AB verschrieben wird: http://www.animal-health-online.de/…otika/15438/
    Ohne Berücksichtigung der AB-Anwendung in der Humanmedizin wird das Problem zun ehmender Resistenzen nicht zu lösen sein. Sie WDR-Film: http://www.wdr.de/…3/0723/005_medikamente_2.jsp.
    Fast jedes zweite Antibiotika in der Humanmedizin soll ein Reserveantibiotika sein: http://www.animal-health-online.de/…rien/14699/.

    Auch eine Betrachtung der Problematik auf regionaler Ebene (Deutschland) kann nicht die Lösung sein (guter Hinweis von Herrn Schewe: http://www.dradio.de/…endungen/mahlzeit/1693391/

  22. Hallo Klaus,

    vielen Dank, dass Du das mit dem Verbot einer prophylaktischen AB-Anwendung nochmal deutlich gemacht hast. Muss meine Kenntnisse deutscher Gesetze da noch verbessern…

    Werde das Thema nochmal mit entsprechenden Studien aufgreifen, die ich natürlich noch lesen muss 😉

  23. @Klaus: Kommentare

    Ich schätze, hier wurden vom Admin gerade zwei Kommentare entfernt, da es sich bei einem der beiden lediglich um einen SEO-Kommentar handelte (dadurch wird das Google-Ranking des Kommentierenden verbessert, an einer thematischen Diskussion besteht kein Interesse).

    Edit: habe unter dem falschen Artikel geschaut, entfernt wurde nichts, der Rest stimmt aber. Siehe: Kunstfleisch.

  24. Löschung

    Jow, mein Kommentar auf “Suchmaschinenoptimierung” wurde gelöscht, dabei ist mir eine gutes Google-Ranking vollkommen schnurz ….

  25. Hilft Hygiene?

    Antibiotika werden oft im Übermaß eingesetzt (Mastbetriebe, Krankenhäuser). Dort entstehen naturgemäß auch die neisten Resistenzen.

    Die Krankenhäuser verteilen so viel Antibiotika, weil sie soviele Problemkeime beherbergen.

    Und natürlich ist jeder Mensch infektiös! Immmer. Als Mensch lebt man ständig in Symbiose mit vielen Keimen (ca. 2-3kg) einige davon können pathogen sein, oder bei guten Bedingungen werden. Es ist ziemlich wahrscheinlich das der Durschnittsdeutsche Träger mehrerer multiresistenter Keime ist, welche nur nicht pathogen sind, da sie von anderen körpereigene Keimen unter Kontrolle gehalten werden.
    Ein Problem sind die fehlnden internationalen Regelungen im Antibiotikaeinsatz und die fehlende Neuentwicklung von Antibiotika. Da bei der Geschwindigkeit in der sich die Keime anpasssen und bei den bestehenden Regelungen für die Pharmakonzerne kein Geschäft mehr drin ist, wird sich daran auch wahrscheinlich nichts ändern.

    Dies alles erhöht natürlich die Gefahr an einer Infektion zu sterben. Hat aber mit Hygiene wenig zu tun.

  26. Hygiene

    Hallo Blechschere,

    natürlich hilft Hygiene bei der Vermeidung von Resistenzen. Einerseits werden Bakterien direkt getötet, andererseits verhindern spezielle Hygiene-Schleusen, dass Bakterien auf Kollegen treffen. Resistenzen sind das eine, horizontaler Gentransfer (also der Austausch von genetischen Informationen von einem Bakterium zum anderen) das andere.

  27. Hygiene?

    Hallo Sören,

    ich vermute mal, dass mit horizontolem Gentransfer so etwas wie ESBL gemeint ist, wobei die Fähigkeit dieses Enzyms Antibiotika unwirksam zu machen, von einem Darmkeim auf den nächsten übertragen wird. Und da sieht man auch das Problem, der sogenannte horizontale Gentransfer findet auf oder im eigenen Körper statt, welcher wie schon erwähnt reich mit allen möglichen Keimen besiedelt ist.

    Bei ESBl ist es so, dass dieser Gentransfer überwiegend im menschlichen Darm stattfindet. Mir ist nicht klar wie da Hygiene helfen soll.

    Der multiresistente Keim, den wir bei der Zubereitung eines Hähnchens, oder im Umgang mit unseren Mitmenschen erhalten, ist ja normalerweise auch Dank unserer Keimflora kein Problem. Pathogen wird er erst bei der nächsten Antibiotikagabe, weil dann alle anderen Keime unserer Flora zurüchgedrängt werden und es den resistenten Keimen ermöglichen pathogen zu werden.

    Gruß Blechschere

  28. Ich bin gerade mobil unterwegs, daher nur kurze Antworten.

    Mir geht es grundsätzlich um zwei Dinge. Bakterien-Populationen müssen lokal begrenzt werden, also stationsweise (bestenfalls zimmer-weise) in Krankenhäusern, denn irgendwann kommen alle Bakterien mal raus aus dem Körper. Und die lernen gerne andere Menschen kennen. Sollten dort wirklich – so wie Lars schreibt – antibiotische Schutzschirme zum Einsatz kommen, ist das nicht gut.
    Daraus entstand meine Idee, die ich gerne noch ausbaue 😉

    Melde mich morgen wieder.

  29. @ Blechschere

    Resistente Keime z.B. MRSA (health care- associated [HA-] MRSA) „community-associated“ [CA-] MRSA „livestock-associated“ [LA-] MRSA)
    Nur [LA-] MRSA stammen teilweise aus der Landwirtschaft. Haustiere wie Hund, Katze, Pferd etc. zählen auch dazu.

    Hygienemaßnahmen dienen nicht dazu Keime auszurotten, sondern zu reduzieren und Fitness zu verringern.
    Vereinfacht: werden andere Antibakterielle Stoffe eingesetzt so sinkt die Fitness der Bakterien gegenüber Antibiotika.

    Hygiene in Krankenhäuser wäre MRSA Positive Patienten von MRSA negativen zu trennen. Wie in Holland der Fall.
    Keinen direkten Zugang ohne Desinfektion zwischen den Stationen.
    Kupfertürklinken wieder einführen, auch wenn sie nicht so schön ausschauen.
    Reinigung der Zimmer und Gänge auf Wirksamkeit untersuchen. Laufwege des Personals klar definieren usw..

  30. @nurichbins: Genau das!

    Genau darum ging es mir dabei: Bakterien zu schwächen und das Umfeld zu beschränken. Gar nicht so einfach zu formulieren beim Laufen 😉

  31. nachtrag

    Zitat 1:
    Die zuerst in Indien und Pakistan verbreiteten NDM-1-Keime gelangten nach Europa über Menschen, die sich in Indien einer Schönheitsoperation zum Schnäppchenpreis unterzogen hatten. Die sogenannte „New Delhi metallo-beta-Lactamase 1“ (NDM-1) macht Echerichia-coli-Bakterien und Klebsiella pneumoniae resistent auch gegen Reserveantibiotika (8).

    Zitat II:
    In den Niederlanden hat man bereits in den 80er Jahren mit der Bekämpfung von MRSA durch eine spezielle MRSA-Strategie begonnen. Diese Strategie besteht, neben dem isolierten versorgen von Patienten mit MRSA, aus dem aktiven aufspüren (search) und behandeln von Patienten mit MRSA (destroy). Die niederländische Strategie wird darum auch search-and-destroy Strategie genannt. In Deutschland wurden MRSA erst später als Ursache von Krankenhausinfektionen erkannt. Dadurch hat sich MRSA in deutschen Gesundheitseinrichtungen viel stärker ausgebreitet, weil dort eine Bekämpfungsstrategie erst später etabliert wurde (7).

    Zitat III:
    Die Salmonellen von Menschen und Tieren hatten keinen einheitlichen Stammbaum. Die bei den Tieren isolierten Bakterien unterschieden sich deutlich von denen, die beim Menschen Krankheiten ausgelöst hatten. Ein gemeinsamer Ursprung der multiresistenten Bakterien sei nicht erkennbar

    alle Zitate aus
    http://www.animal-health-online.de/…keime/26452/

    Wünschenswert wäre es, dass die deutschen Krankenhäuser endlich ihre Aufgaben wahr nehmen. Falls sie schon nicht von den Tierärzte/Landwirte lernen wollen dann doch wenigstens von den Niederländischen Krankenhäuser

  32. Hallo nurichbins,

    die Zusammenstellung ist super, habe hier noch eine Studie zum Thema, die ebenfalls die Humanmedizin mit in den Fokus rückt. Mal sehen, wann ich dazu komme…

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