Randnotiz: Interview mit Professor Enno Bünz auf L.I.S.A. über Kirchenleben vor der Reformation in MItteldeutschland

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Die Zukunft hat schon begonnen
Vergangenheitsstaub

Die Ursache für den Ausbruch der reformatorischen Bewegungen wird gerne auf eine einzige in (vereinfachten) Darstellungen oder Diskussionen zurückgeführt – nämlich die des desolaten Zustands der altgläubigen Kirche zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Über lange Zeit vakante Pfarrstellen, ungebildete Geistliche, die ein zu weltliches Leben statt eines ihres Standes angemessenes führten usw. prägten angeblich den damaligen Alltag der Gläubigen. Dies ist zwar teilweise sehr wohl so gewesen, jedoch nicht immer und in allen Fällen. Vielmehr gab es Regionen, die ein sehr blühendes Frömmigkeitswesen zu Beginn der Frühen Neuzeit aufwiesen. Die Ursachen der reformatorischen Bewegungen lagen also auch woanders, in einem Bündel verschiedener Faktoren, wie die Geschichtswissenschaft in den letzten Jahren gut in ihren Forschungen zeigte. So sei beispielsweise auf die Konkurrenz zwischen weltlicher Macht der Landesherren und der der Geistlichen wie Bischöfe etc., die bei der Ausbildung des landesherrlichen Kirchenregimentes eine wesentliche Rolle spielte, hingewiesen.

Auf diese Komplexität zur Ursachenforschung der reformatorischen Bewegungen weist Professor Enno Bünz (einer meiner akademischen Lehrer, Professor für Sächsische Landesgeschichte am Historischen Seminar der Universität Leipzig) in einem Interview mit L.I.S.A. – dem Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung hin, das anläßlich der Tagung “Alltag und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation in Mitteldeutschland” geführt wurde. Ein sehr hörenswertes Interview, das ausgewogen die Komplexität, aber zugleich auch die Spannung in der Erforschung spätmittelalterlicher Frömmigkeit bis hin zur reformatorischer aufzeigt.

*in der Rubrik Randnotiz stelle ich interessante Links zu Videos, Podcasts, Blogs oder Webseiten rund um die Geschichtswissenschaft vor.

Veröffentlicht von

digiwis.de/

Wenke Bönisch, 1981 in Dresden geboren, studierte Mittlere und Neuer Geschichte sowie Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Die Frühe Neuzeit, vor allem die Reformations- und Bildungsgeschichte, ist ihr historisches Steckenpferd. Zur Zeit promoviert sie an ihrer Hochschule über die Bildungslandschaft Mitteldeutschlands und arbeitet freiberuflich im Verlagswesen. Im Netz findet man sie auch unter den Namen „Digiwis“. Webseite: http://digiwis.de/ Blog: http://digiwis.de/blog/ Twitter: http://twitter.com/digiwis Facebook: http://www.facebook.com/Digiwis Google+: https://plus.google.com/109566937113021898689/posts

1 Kommentar

  1. Luther als Lakai der Fürsten

    Luther hat ja vor allem theologisch und aus Intellektuellen Gründen gegen den Ablasshandel argumentiert und von Beginn weg die Mittlerrolle der Kirche in Frage gestellt. Die Reue und das Vergeben der Sünden war für Luther eine Angelegenheit zwischen dem Gläubigen und Gott und die Autorität der Kirche wurde durch die Autorität der Bibel ersetzt. Für die Fürsten war Luther somit eine Figur, die theologisch begründete, warum eine Machtteilung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht nicht gerechtfertigt war. Jedwelche Macht war weltliche Macht und die Religion war eine private Angelegenheit zwischen Gott und Gläubigem. Ohne den Schutz, der Luther von seinem Landesherrn Friedrich dem Weisen gewährt wurde, wären er und seine Thesen schon ganz zu Beginn von der römisch katholischen Kirvhe einkassiert worden. Die Fürsten erkannten früh, dass da jemand ihre Machtstellung auf zwar indirekte, deshalb aber gerade umso wirkungsvollere Art und Weise, legitimieren und sie von lästiger Konkurrenz befreien konnte – und dieser jemand spielte prächtig mit und verlangte nicht Mal einen Lohn für seine Dienste.

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