James Bond im alten Zentrum der Welt

BLOG: Vergangenheitsstaub

Die Zukunft hat schon begonnen
Vergangenheitsstaub

Panorama des heutigen Istanbuls. Foto: Harkolufs, wikipedia.de

Letzte Woche lief im Kino der neue James-Bond-Film an, der zum Teil in einer Weltmetropole spielt. Jawohl! Eine Weltmetropole, die schon länger als New York oder Berlin existiert (Schicksal der Industriestädte Wink). Die Rede ist von Istanbul… oder wie der Byzantiniker sagen würde: von Byzantion bzw. Konstantinopel. Nun, Filmkritiker würden jetzt eine große Linie zu alten Filmen ziehen, warum Bond in Istanbul verweilte, als Historikerin sehe ich es natürlich anders. Bond wollte die Weltstadt schlechthin besuchen. Die Stadt, die fast so alt wie Rom ist und ihre große Konkurrentin war. Oder anders gesehen ihre Schwesterstadt im östlichen Teil des römischen Reiches.

Istanbul ist eine besondere Stadt, was sich schon in ihrer Lage zeigt. Sie verbindet seit jeher den europäischen Raum mit Kleinasien, ist das Tor zu Afrika und den arabischen Raum. Sehr lange war sie die reichste und größte Stadt Europas (im 12. Jahrhundert angeblich über 700.000 Einwohner). Und sie war auch aufgrund ihrer sehr gut ausgebauten Stadtmauer und -befestigungsanlage die Hauptbastion vor den Angriffen der Turkvölker seit dem 12. Jahrhundert bis zu ihrer Eroberung 1453 durch die Osmanen, was übrigens die Historiker als ein Ereignis im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit ansetzen.

Wie schon oben angedeutet wurde die Stadt im Laufe ihrer Geschichte unterschiedlich bezeichnet. Teilweise auch gleichzeitig. Byzantion ist der ursprüngliche griechische Name dieser Weltstadt. Seit 330 hieß sie nach Kaiser Konstantin I. Konstantinopel, also Stadt Konstantins. Aber wie entstand nun der Name Istanbul?

Für diesen Namen gibt es zwei Erklärung. Die erste zeigt die Bedeutung Konstantinopels in der Antike und im Mittelalter. Sie leitet sich vom griechischen εἰς τὰν πόλιν, also in die Stadt, ab. Konstantinopel war zu seiner Zeit bevölkerungsmäßig, wirtschaftlich, militärisch und kulturell so bedeutend, daß es in den damaligen Gesprächen keinen anderen Namen als die Stadt benötigte. 

Nun setzten die Osmanen eine eigene erklärende Interpretation der griechischen entgegen. Für sie bedeutete Istanbul “Perle am Meer”. Mir erscheint dieser Erklärungsversuch jedoch eher ein politisch motiviertes Konstrukt zu sein, denn Quellen deuten an, daß die Osmanen den geläufigeren griechischen Namen einfach übernahmen. Nichtsdestotrotz blieb Istanbul auch in seiner osmanischen Zeit weiterhin die bedeutendste Stadt im östlichen Europa bzw. Kleinasien und ist letztlich auch heute noch.

Im Trailer zum neuen Bond-Film gibt es kurze Blicke auf Istanbul:

 

Veröffentlicht von

digiwis.de/

Wenke Bönisch, 1981 in Dresden geboren, studierte Mittlere und Neuer Geschichte sowie Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Die Frühe Neuzeit, vor allem die Reformations- und Bildungsgeschichte, ist ihr historisches Steckenpferd. Zur Zeit promoviert sie an ihrer Hochschule über die Bildungslandschaft Mitteldeutschlands und arbeitet freiberuflich im Verlagswesen. Im Netz findet man sie auch unter den Namen „Digiwis“. Webseite: http://digiwis.de/ Blog: http://digiwis.de/blog/ Twitter: http://twitter.com/digiwis Facebook: http://www.facebook.com/Digiwis Google+: https://plus.google.com/109566937113021898689/posts

3 Kommentare

  1. Byzanz/Konstantinopel/Istanbul

    > Istanbul ist eine besondere Stadt, was sich schon in ihrer Lage zeigt. Sie verbindet seit jeher den europäischen Raum mit Kleinasien, ist das Tor zu Afrika und den arabischen Raum. Sehr lange war sie die reichste und größte Stadt Europas (im 12. Jahrhundert angeblich über 700.000 Einwohner). Und sie war auch aufgrund ihrer sehr gut ausgebauten Stadtmauer und -befestigungsanlage die Hauptbastion vor den Angriffen der Turkvölker seit dem 12. Jahrhundert bis zu ihrer Eroberung 1453 durch die Osmanen, was übrigens die Historiker als ein Ereignis im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit ansetzen.

    Ergänzend angemerkt: Es war Byzanz/Konstantinopel, das die geschilderte Leistung erbrachte. Seit der blutigen Eroberung Konstantinopels war die “Verbindung” Europas mit Asien (vs. Afrika) durch langanhaltende (Verteidigungs-)Kriege gekennzeichnet.

    K. hatte bei seinem Fall bereits massiv an Bedeutung verloren (weniger 100.000 Bewohner) und galt als geschliffen wie deutlich weniger bedeutsam.

    Die Frühe Neuzeit wurde vorrangig durch die Entdeckung Amerikas, durch die Erfindung des Buchdrucks & die Frühaufklärung eingeleitet. Handlungen der Turk-Völker wirkten hier, wenn überhaupt, prohibitiv.

    MFG
    Dr. W

  2. Byzanz als “Portkey” der Moderne

    Byzanz “hostete” das Wissen der Antike und war Ursprungsort von Mediatoren wie Manuel Chrysoloras oder Georgios Gemistos Plethon, die Platon in Florenz als Alternative zum kirchlich “bestellten” Aristoteles bekannt machten. Renaissance und Humanismus als Wiedergeburt der Antike und Ursprung der Moderne haben als Geburtskanal Byzanz und Florenz.

    Doch der Wille, der das alles ins Leben brachte war in einem Teil Europas beheimatet, welches die Dunkelheit des Mittelalters hinter sich lassen wollte. Oder wie das im Muggle’s Guide to Harry Potters world steht:

    “Apparition requires a firm knowledge of the destination to which you will be going; one must assume that creation of a Portkey requires at least that same understanding of the destination, probably even more.”

  3. Istanbul

    Danke für den schönen Blogpost! Ich habe mich damals bewusst entschieden, mal ein paar Wochen ganz alleine in Istanbul zu leben, um Türkisch zu lernen, die Kultur und Geschichte jener Stadt kennen zu lernen. Besonders gerne erinnere ich mich an die Gottesdienste in christlichen Gemeinden, z.B. in der katholischen Kirche St. Antoine am Taksim-Platz…
    http://www.visiting-turkey.com/…istiklal-street/

    …und an zwei Fernsehauftritte im türkischen Fernsehen (Hülya Avsar Show & Sahane Pazar).

    Das Ganze ist jetzt doch schon einige Jahre her, doch erinnere ich mich immer gerne an die Zeit und mag das Lied “Istanbul’da” von Rafet el Roman sehr. Danke für den Erinnerungs-Flash!
    🙂

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