Hat die Synagoge ausgedient?

BLOG: un/zugehörig

Wien. Heidelberg. Berlin: ein israelischer Blick auf Deutschland
un/zugehörig

Hat die Synagoge ausgedient? Wie sieht es mit ihr aus, seitdem in Israel das Nationale wieder eingekehrt ist?

Naja, da sieht es eindeutig schlecht aus. Aber ist das Schlechte wirklich schlecht? Warum haben so viele, ja die allermeisten Juden kaum noch Interesse am Synagogalen?
 
Tatsache ist, dass Juden in unserem Zeitalter schlichtweg nicht mehr auf den synagogalen Schutzraum angewiesen sind. Dass das Volk sich in der Hochantike langsam in eine Religion verwandelte, ermöglichte zwar, wenn auch in extrem sublimierter Weise, das Überleben bis in die späte Neuzeit, ist dann aber offensichtlich zur Last auf dem Rücken der Geschichte geworden.
 
Was deutet es mir als angehendem Rabbiner an?
 
Ja, das gehört zu unserer Kultur mit dazu. Ja, auch von dort kommen wir her. Und: Ja, das begleitet uns ebenfalls weiter. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und nun, wo wir wieder eine Öffentlichkeit haben, den eigenen Staat im eigenen Land, wo die Kultur sich endlich auch im Politischen entfalten darf, ist dieses real existierende Gemeinwesen, ist diese Wirklichkeit zum Guten und manchmal auch zum Schlechten unsere Synagoge.

Wenn man dieser Öffentlichkeit, also der Praxis zuhört, sagt sie deutlich und klar: Die heutige Synagoge heißt Israel. Und dieses Israel ist weit mehr als alles, was abgekapselte Synagogenräume je sein könnten. Nicht zufälligerweise interessieren sich selbst im nichtjüdischen Ausland die meisten Menschen, die sich bewusst als Juden verstehen, mehr für das Geschehen im jüdischen Inland als für den Inhalt dieses oder jenes Gebetbuches.

Unsere Zeit ist Zeuge einer gewaltigen Wiederkehr des Verdrängten. Und das hat alles erst angefangen.
 
Ich bin gespannt.

Veröffentlicht von

www.berlinjewish.com/

Mancherorts auch als der Rebbe von Krechzn* bekannt, heißt der Autor von "un/zugehörig" eigentlich Yoav Sapir. Er ist 5740 (auf Christlich: 1979) in Haifa, Israel, geboren und hat später lange in Jerusalem gelebt, dessen numinose Stimmung ihn anscheinend tief geprägt hat. Nebenbei hat er dort sein M.A.-Studium abgeschlossen, während dessen er sich v. a. mit dem Bild des Juden im Spielfilm der DDR befasst hat. Seit Sommer 2006 weilt er an akademischen Einrichtungen im deutschsprachigen Mitteleuropa: anfangs in Wien, später in Berlin und dann in Heidelberg. Nach einer Hospitanz im Bundestag arbeitet er jetzt selbstständig in Berlin als Autor, Referent und Übersetzer aus dem Hebräischen und ins Hebräische. Nebenbei bietet er auch Tours of Jewish Berlin. * krechzn (Jiddisch): stöhnen; leidenschaftlich jammern.

36 Kommentare

  1. gebremster Schaum

    Hi Sapir,

    jede Religion als Lehre hat einige gute philosophische Ansätze und einige überkommene Ansätze, Aussagen und Meinungen. Nun verlangt es aber der Absolutheitsanspruch fast aller Religionen niemals einen Fehler zuzugeben. Was also tun? Einfach mit Augenmaß und gebremstem Schaum weitermachen und das Augenmerk auf das Gute richten. So wird speziell Deine Religion sicherlich auch die nächsten Jahrtausende überdauern und den Menschen zumindest die Illusion eines zusätzlichen Lebenssinns und ganz reale Lebensfreuden vermitteln.

    mfg
    Luchs

  2. Nicht ganz

    Das Religiöse am “Judentum” ist m. E. die (historisch-dialektisch notwendige) Fehlentwickung, also das Problem.

  3. Hi Yoav,

    Du schreibst: “Das Religiöse am “Judentum” ist m. E. die (historisch-dialektisch notwendige) Fehlentwickung, also das Problem.”

    Das sehe ich nicht so kritisch. Natürlich hat die Religion viele Verhaltensvorschriften entwickelt, die aus heutiger Sicht obsolet sind. Aber der Kern des Judentums liegt meiner Ansicht in der Aussage, dass es nur einen Gott gibt (der Teufel ist doch kein Gott, oder?) und dieser der Ursprung der Welt ist. Mit dieser Aussage stimmt das Judentum mit ganz vielen Philosophen überein, z.B. Sokrates. Und diese Aussage ist bis in unsere Zeit diskutabel geblieben.

    mfg
    Luchs

  4. Einspruch, Euer Ehren

    @Yoav:
    Einerseits:
    > mir als angehendem Rabbiner
    Andererseits:
    > Das Religiöse am “Judentum” ist
    > m. E. die (historisch-dialektisch
    > notwendige) Fehlentwickung,
    > also das Problem.

    Wie genau ist “religiös”
    hier zu verstehen?
    Denn es scheint mir doch eine eher
    merkwuerdige Einstellung
    fuer einen angehenden Rabbiner zu sein,
    das “Religiöse” als “Problem”
    zu bezeichnen.

    @Luchs:
    > Aber der Kern des Judentums
    > liegt meiner Ansicht in der Aussage,
    > dass es nur einen Gott gibt
    > (der Teufel ist doch kein Gott, oder?)
    > und dieser der Ursprung der Welt ist.

    Das ist deutlich zu kurz gegriffen.
    Der erste Jude war Abraham.
    Monotheismus gab es laut juedischer
    Tradition bereits vor ihm.
    Sein herausragender Charakterzug war
    Mildtaetigkeit gegen den Naechsten,
    und der Wille, allein fuer
    seine Ueberzeugungen einzustehen.
    (Daher der Name “Hebraeer”.)
    Geburtsstunde des juedischen Volkes
    war die (wundersame) Befreiung aus der
    aegyptischen Knechtschaft,
    mit der anschliessenden Offenbarung
    und Gesetzgebung am Sinai.
    Was das Judentum also
    von z. B. Sokrates unterscheidet
    und im Kern ausmacht,
    ist die Erkenntnis, dass G-tt nicht nur
    das Universum geschaffen hat,
    sondern dass Er auch aktiv
    in die Geschichte eingreift
    und sich fuer das Leben,
    die Wuerde (“in Seinem Ebenbild”)
    und das Verhalten der Menschen,
    denen er einen freien Willen gab,
    aktiv interessiert.

    Das sind nicht Feinheiten,
    sondern Grundlagen.

    YM

  5. Hi Yankel,

    Du schreibst: “Was das Judentum also
    von z. B. Sokrates unterscheidet
    und im Kern ausmacht,
    ist die Erkenntnis, dass G-tt nicht nur
    das Universum geschaffen hat,
    sondern dass Er auch aktiv
    in die Geschichte eingreift”

    Die Polytheisten glauben, dass die Götter durch das Universum erschaffen worden sind – und nicht umgekehrt. Diese Unterscheidung hatte ich aber schon aufgeführt.

    “und sich fuer das Leben,
    die Wuerde (“in Seinem Ebenbild”)
    und das Verhalten der Menschen,
    denen er einen freien Willen gab,
    aktiv interessiert.”

    Das wird in fast jeder Religion geglaubt und ist nicht kennzeichnend für den Monotheismus. Was noch ein Unterscheidungsmerkmal sein könnte, ist die Gerechtigkeit die Gott von den Monotheisten zugeschrieben wird, während Polytheisten den meisten Göttern auch willkürliche Züge zuschreiben.

    Andererseits versucht fast jede Religion ihre Gläubigen zu ethischem und selbstverantwortlichem Verhalten anzuleiten – wieder eine allgemeine Eigenschaft, die hier Avraham bzw. Melchisedek zugeschrieben wird.

    mfg
    Luchs

  6. > Besonders im orthodoxen Islam sind Prädestinationslehren weit verbreitet, jedoch nicht unumstritten.
    > Auch im Hinduismus gehen einige Strömungen von Prädestination aus, andere betonen die Freiheit des Menschen.
    > Der Buddhismus verneint sowohl die absolute Willensfreiheit als auch den absoluten Determinismus,
    > während die Idee der Willensfreiheit im Judentum ein zentrales Dogma darstellt.
    Von hier: http://de.wikipedia.org/…Wille#Andere_Religionen

    > Diese Unterscheidung hatte ich aber schon aufgeführt.
    Schon klar. Meine Betonung lag natuerlich nicht auf “nicht nur”, sondern auf “sondern auch”.

    Und meine Abgrenzung war gegen “die Philosophen”/Sokrates (wie bei Dir zuvor),
    nicht gegen andere Religionen.

  7. Das Huhn oder das Ei?

    Es kommt im Endeffekt darauf an, was man als das Produkt wovon versteht. Und hier gibt’s grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die ich im Folgenden ganz grob darstelle:

    1. Das dogmatische Verständnis: Das Judentum sei vor allem eine Religion. In dem Fall definiert diese Religion wiederum die Glaubensgemeinschaft, welche man das jüdische Volk nennt. Tatsächlich bedeutet das, dass man seine eigene Vorstellung von der jüdischen Religion in die ferne Vergangenheit zurückprojiziert und von dort an das Judentum im Einklang mit seiner heutigen Vorstellung konstruiert, wie es etwa YM macht.

    2. Das sozialhistorische Verständnis: Es handelt sich in erster Linie um die Geschichte einer Abstammungs-, Sprach- und Kulturgemeinschaft (=Volk), die in verschiedenen Phasen (Israelitentum/Judentum/Rabbinertum usw.) u. a. auch (aber nicht nur) verschiedene Gottes- und Kultvorstellungen aus sich hervorgebracht hat. In Wechselwirkung haben diese Ideen wiederum auf die Zusammensetzung des Volkes (=die Vorstellungen davon, wer zum jeweiligen Zeitpunkt dazugehört und wer nicht) bald mehr, bald weniger starken Einfluss ausgeübt.

    Zur Veranschaulichung gebe ich euch ein Beispiel aus der fernen Vergangenheit: Bevor sich der Jahwekult durchsetzte, hatten die Israeliten Götter angebetet, die später als “Götzen” bezeichnet wurden, wie etwa die Kälber im Nordreich. Sind sie deswegen als weniger “jüdisch” bzw. “israelitisch” anzusehen? Das heißt: Könnte man sagen, dass sie dem “wahren” Judentum bzw. Isrealitentum ferner lagen als die Jahwepriester? Und ist der Kalbkult im Rückblick als “Götzendienst” einzustufen?

    Nach dem dogmatischen Verständnis lautet die Antwort: Ja, weil sie nicht der Vorstellung davon entsprechen, was später als “jüdisch” gegolten hat bzw. heute mancherorts noch als “jüdisch” gilt (je nachdem natürlich, was man jeweils für “jüdisch” hält). Nach dem sozialhistorischen Verständnis lautet die Antwort auf jeden Fall: Nein, weil die vorjahwistischen Kultformen zu seiner Zeit als normal galten und daher ebenfalls Teil unseres Erbes bilden.

    Die gleiche Problematik begegnet uns im Hinblick auf die heutige Situation. Tatsache ist, dass die allermeisten Juden weltweit nur sehr selten eine Synagoge aufsuchen, vielleicht ein- oder zweimal im Jahr, viele noch seltener. Wichtig ist aber nicht so sehr die Situation weltweit, sondern dort, wo Normen entstehen, nämlich in der jüdischen Öffentlichkeit, die es heutzutage nochmals gibt, und zwar in Israel. Nun ist es aber so, dass selbst dort die meisten Juden eher selten in die Synagoge gehen. Was hat das also zu bedeuten?

    Nach dem dogmatischen Verständnis ist das eine Abweichung von der Norm. Diejenigen, die der Synagoge in der Regel fernbleiben, erfüllen ihr Jüdischsein nur mangelhaft. Nach dem sozialhistorischen Verständnis ist das jedoch eben die Norm. Während diejenigen, die regelmäßig in die Synagoge gehen, eine Randerscheinung darstellen, erfüllen jene, die der Synagoge fernbleiben, ihr Jüdischsein nunmehr anders: Durch Kunst, Literatur, Politik, Landeskunde, Volkstümlichkeit etc.

    Die eigentliche Frage aber muss m. E. lauten: Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass das Judentum zum Rabbinertum, also zu einer Religion geworden ist?

    Das wäre jetzt natürlich auch ein riesengroßes Thema und ich fasse mich dazu ebenfalls ganz kurz und grob:

    Nicht das ganze hochantike Judentum ist im Rabbinertum aufgegangen. Aber die Teile, die die Verwandlung nicht mitgemacht haben, haben ihr Volksbewusstsein früher oder später verloren und deren Nachkommen – etwa einige unter den sog. “Palästinensern” – gehören heute überhaupt nicht mehr dazu (wiederum ein Ergebnis der oben erwähnten Wechselwirkung). Der Übergang zum Rabbinertum, also zum Religiösen, war deswegen notwendig, weil die Kontinuität einer jüdischen Öffentlichkeit immer weniger möglich wurde und seit der Spätantike kaum noch vorstellbar war. Das einzige, was das Volk noch als solches aufrechterhalten konnte, war eben der religiöse Bereich. Man kann es auch als eine Art darwinistische Selektion betrachten: Nur jene Teile, die die Verwandlung in eine Religion geschafft haben, konnten ihr jüdisches Bewusstsein beibehalten.

    Heute aber gibt es wieder eine jüdische Öffentlichkeit, den eigenen Staat im eigenen Lande usw. Es ist erstaunlich, aber wahr. In der Öffentlichkeit entstehen wieder Normen und Konventionen, ohne dass irgendwelche Religionsführer diese Entwicklung autoritativ beeinflussen können (sie können nur Teil davon sein, was sie auch sind). Das Vorhandensein dieser Öffentlichkeit wirkt sich natürlich weltweit aus. Daher gibt es so viele Juden, die, ohne auf ihr jüdisches Bewusstsein verzichten zu müssen, nicht mehr auf die Synagoge angewiesen sind, auf jenen Schutzraum, der lange Zeit absolut notwendig war, um das Judentum – wenn auch in religiöser Form – aufrechtzuerhalten.

  8. Spannende Fragestellung

    Den letzten Diskussionsbeitrag von Joav finde ich sehr spannend, weil die Problemstellung eine sehr allgemeine ist. Ich habe mir diesbezüglich Gedanken über die Anthroposophen gemacht und über Leute, die einen “anthroposophischen Lebensstil” leben. Sie werden wissenschaftlich – bspw. in der Medizin – in breiten Studien erforscht (haben weniger Allergien etc.).

    Nun ist es so, daß die Mehrheit bspw. der Waldorf-Schüler die Lehren von Rudolf Steiner ABLEHNEN, also gar nicht “Gläubige” sind im Sinne der Anthroposophie. Und dennoch wird es wohl nicht schwer sein aufzuzeigen, daß die ganze Waldorf-Schulen-Bewegung, daß es Menschen mit einem anthroposophischen Lebensstil nicht geben würde, wenn es nicht einen “harten Kern” von echten Anhängern und Überzeugten der Lehren von Rudolf Steiner geben würde.

    Ich vermute sehr stark etwas Ähnliches auch vom jüdischen Volk und verstehe nicht, warum irgendwann in der Geschichte dieses Volkes alle Theologen hätten sein sollen, da allein dies dann noch das Überleben gesichert hätte (wie Yoav meint). Es kam wohl zumeist nur darauf an, daß es einen harten Kern gab, der zugleich auch jene, die “irgendwie” einen “jüdischen Lebensstil” lebten, irgendwie bei der Stange hielten.

    Und ich nehme an, daß dies auch gegenwärtig und künftig so sein wird. Bekanntlich sind religiöse Gruppierungen stabiler als atheistische (siehe die Forschungen von Richard Sosis). Es wird also, wenn man genau hinschaut, in ALLEN menschlichen Gruppierungen und bezüglich ihrer Langlebigkeit und Stabilität darauf ankommen, daß sie einen harten inneren Kern haben, der nach irgend einer Richtung hin religiös bestimmt ist und diese Haltung auch gegenüber andersgesinnten Mehrheiten aufrecht erhält.

    Das gegenwärtige Israel wird ja da wohl auch nicht das allerbeste Gegenbeispiel für ein solches Phänomen sein.

    Ich kann mir kaum vorstellen, daß irgendeine menschliche Gruppierung, irgend eine menschliche Kultur, irgend ein Volk ohne einen solchen inneren religiösen Kern über mehrere Jahrhunderte überstehen kann.

    Das jeweils die Identität bestimmende Religiöse an sich wird und kann sich im Verlauf der Jahrhunderte ändern, wie Joav sehr schön am antiken, vormonotheistischen Judentum aufzeigt. Aber daß es im innersten Kern etwas Religiöses oder Philosophisch-Metaphysisches ist, das die Stabilität von Gruppen, Minderheiten oder (ihnen angeschlossenen) Mehrheiten garantiert, daran, so wird man wohl annehmen müssen, wird sich auch künftig nichts ändern.

    Ich fände es sehr interessant darüber zu spekulieren, wie sich dieses Religiöse künftig im Judentum ändern würde, könnte. Gibt ja viele jüdische Denker, die ihr religiös-jüdisches Denken mit säkular-metaphysischem Denken in irgend einer Weise verbunden haben, etwa Spinoza, Heinrich Heine oder etwa Hans Jonas. Und es gibt da wohl noch viel mehr Anknüpfungspunkte.

  9. Noch eine soziohistorische Variante

    Natürlich kann ein Jude Awodah Sarah betreiben.
    Und er ist dann auch nach “dogmatischer” (was für ein gojischer Begriff) Auffassung immer noch Jude,
    wenn auch kein “guter”.
    Die Bücher der Propheten sind doch voll mit Berichten darüber.
    Jüdische Identität funktioniert auf zwei Ebenen: Auf der des Tuns, und auf der des Seins.
    Abraham wurde nicht für sein Tun erwählt!
    Aber jüdisches Tun ist offenbar das, was jüdische Identität erhält.
    Judentum ist nach dem Selbstvertändnis keine Religion (das Wort kommt z. B. in der “Bibel” gar nicht vor).
    Judentum ist eine Lebensform.

    Und passend zu den Hinweisen von Ingo Bading sollte man die Beobachtung anschliessen,
    dass das “nichtreligiöse” Judentum, jedenfalls in der Diaspora,
    sich gegenwärtig in atemberaubendem Tempo selbst vernichtet, durch Mischehen, Gleichgültigkeit und Assimilation.
    Demographen können vorrechnen, dass die Verluste mittlerweise genauso hoch sind wie durch die Schoah
    (ohne das inhaltlich vergleichen zu wollen).

    Man könnte also vom atheistischen Standpunkt zur Theorie gelangen,
    dass das ganze System des Judentums als psychologisches Korsett entwickelt wurde,
    um einer Nation ohne Land das Überleben in der Zerstreuung zu ermöglichen.
    Und das Prinzip Zerstreuung ist bereits in seiner (mythischen?) Geburt angelegt,
    Stammvater Jakob ging ins Exil, seine Nachfahren waren Sklaven in Ägypten,
    wesentliche Grundzüge des rabbinischen Judentums entstanden in Babylonien,
    noch lange vor der endgültigen Vertreibung durch die Römer.
    Wir können empirisch festhalten, dass dieses historisch wohl einmalige Experiment
    trotz schwerer Blessuren erstaunlich gut funktioniert hat.

    Aus Sicht des sekulären Zionismus erscheint das natürlich alles irrelevant.
    Aber Herr Hamaninedschad (yamach shmo) könnte das schneller wieder aktuell werden lassen,
    als uns allen lieb sein kann.

    YM

  10. Zustimmung und Einschränkung

    Wow, das ist mal ein spannender Text und eine klasse Debatte hier!

    Einerseits finde ich im Beschriebenen veil von der Debatte Orthodoxie versus Orthopraxie wieder – und gerade im Religions- und Kulturvergleich lassen sich hier durchaus erhebliche Unterschiede beispielsweise zwischen Christentum und Judentum festhalten, die auch hier angeklungen sind. Die 10 Gebote und ihr rituelles Umfeld erweisen sich als “praxistauglich” im Hinblick auf die Förderung von Familie und Gemeinschaft, (hier *kruschtelkruschtel*, ein rezenter Tagungs- und dann Buchbeitrag dazu)

    http://www.blume-religionswissenschaft.de/…8.pdf

    – “dogmatische” Debatten über das Wesen der Gottheit u.ä. hat sich das Judentum dagegen im Vergleich zu den Kirchen oft eher erspart.
    Einen Einwand hätte ich jedoch gegen die Tendenz, hier ethnische, nationale und religiöse Zusammengehörigkeit allzu schnell ineinander fallen zu lassen. Die USA sind ein schönes Beispiel dafür, dass sich auch auf der Basis ethnischer und religiöser Vielfalt ein patriotisch-zivilreligiöses Miteinander entwickeln kann. Und auch in Israel stellt sich doch längst die Frage, ob Muslime, Christen, Drusen, Bahai etc., die gemeinsam rund ein Viertel der israelischen Staatsbürger (!) bilden, nicht auch Anteil an der Selbstdefinition Israels und der von Yoav geschilderten Öffentlichkeit haben und haben sollten.

    Der ethnisch und religiös vereinheitlichte Nationalstaat ist nur unter Preisgabe von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu halten – auf freiheitlicher Basis entwickeln sich weltweit Modelle der patriotischen Integration und Akzeptanz auch von Vielfalt. Der muslimische Israeli lässt sich ebensowenig wegdefinieren wie der indische Sikh, britische Parse oder russische Katholik.

  11. aha, Awodad Sarah = Götzendienst

    Den Begriff mußte ich erst mal nachschlagen, heißt also “Götzendienst”. Mir sind übrigens wenige Beispiele aus der Kulturgeschichte des Judentums in den leztten Jahrhunderten bekannt, wo ein solcher Götzendienst auch nur in irgend einer Weise praktiziert worden wäre. Oder liege ich da falsch?

    Die meisten bekannteren Juden, die nicht dem jüdischen Gott dienen, dienen dann auch zumindest keinem anderen Gott. Sie sind also Atheisten oder vertreten einen recht allgemeinen Pantheismus (Spinoza, Heine oder Einstein oder …, ähm: Buber?), wobei noch zu klären wäre, wann ein allgemeiner Pantheismus aus ortho-doxer und ortho-praktischer Sicht in Götzendienst umschlägt.

    Mir scheint dieses Phänomen etwas zu sein, was irgendwie einen “jüdischen Lebensstil” mitdefiniert, was zumindest eine Gemeinsamkeit zwischen säkularen und nicht-säkularen Juden heute darstellt.

    Oder wie ist das: Wenn ein Jude Christ oder Moslem wird, betreibt er doch keinen “Götzendienst” – oder etwa doch? Er verehrt doch immer noch den jüdischen Gott “seiner Väter”. (Naja, da wird es wohl verschiedene Sichtweisen geben.)

    Auch in der Diaspora übrigens haben die Juden mehr Kinder als jede andere religiöse Gruppierung, wie Michael Blume bspw. anhand der Schweizer Religionsdemographie aufgezeigt hat, OBWOHL (und/oder weil) sie den höheren Einkommenschichten angehören.

    Man darf annehmen, daß die Religionsdemographie der Juden in der Diaspora ein so ähnliches Phänomen darstellt, wie das der Amish-People, die trotz konstanten Raten von “Abfälligen” zahlenmäßig weiterwachsen, sich also zumindest nicht im Rückgang befinden, wie so viele andere Religionsgruppen.

  12. Wo liegt Israel: wo ist Wort-Verstand?

    Wenn die heutige Synagoge mit gesamt Israel gleichgesetzt wird, müssen wir dann nicht fragen, was Israel am Anfang auszeichnete?

    War das Wort, das an Israel erging und nach christlicher Lesweise in Jesus lebendig war ein Buchtext, eine Tradition oder frommes Gerede eines Guru aufgrund geheimnisvoller Eingebungen und alter Dogmatik, ähnlich heutiger Evangelisten bzw. Sonntagsreden?

    Wenn nicht nur die Synagoge, sondern unsere gesamte Zeit Zeuge einer gewaltigen Wiederkehr des Verdrängten sein soll, wäre es dann nicht an der Zeit, in neuer Weise nach einer schöpferischen Vernunft/einem hervorbringenden Wort zu fragen? Einer kreativen Vernunft, die am Anfang alles Andere als Vergeisterung war, Über- oder Unnatur, sondern im rationalen Weltbau der antiken Hochkulturen, später in griechischen Monismus wieder-verstanden wurde, jeweils Wende vom Mythos zum Logos war. Ein lebendiges Wort, das somit als einzige Offenbarung und Wegweisung gesehen wurde?

    Wäre es nicht an der Zeit, ähnlich wie vor 2000 Jahren, durch eine neue Wende vom taub geworden Tempelkult und einer Ritenstarren Religion auch Kirche und Synagoge mit neuem Leben zu erfüllen?

    Unter wwww.theologie-der-vernunft.de bei den alten Texten von 2002/2003 habe ich die Synagage als Schule Jesus hinterfragt. (Wobei ich nicht von einem jungen Glaubenslehrer ausgehe, sondern dem lebendigen Wort/univeraler Vernunft in menschlicher Gestalt/Rolle/Aufgabe=Person)Und genau dieses Wort/die Vernunft allen Werdens und Geschichtsverlaufes scheint mir, nach dem was in den Erkenntnissen über die frühe Synagoge deutlich wurde, dort lebendig gewesen, aufgewachsen zu sein.

    Die Ausführungen über aktuelle Forschungsergebnisse zu Synagogenfunden aus der Zeit Jesus wurden bei meinen Überlegungen als Hinweise aufgegriffen, dass es beim Grund des christlichen Glaubens nicht um einen zum Christusgott erhobenen Guru ging. Vielmehr um das Wort/natürlich-geschichtliche Vernunft, die auch am Anfang der Glaubensaufkärung verstanden wurde, die wir heute als Beginn des Monotheismus bezeichnen.

    Je besser wir uns den Anfang des Monohteismus als eine Glaubenausklärung bewusst machen, wie dies heute geschieht, die wundersamen Geschichten als Bilder verstehen, was ich in vielen Texten aufgegriffen habe, je mehr muss nicht nur Jesus in neuer Weise gesehen werden, sondern kann m.E. auch das Wort im modernen Weltbild wiederverstanden werden.

    Die Glaubenserkenntnis ist sicher wie alles Werden der dialektischen Wellenbewegung ausgesetzt. Doch wäre es nicht an der Zeit, vom Volksglaube zum universalen Verständnis zu kommen, das damit aufhört, sich gegenseitig völlig vermenschlichte und gegensätzliche Gottesbilder zu verkünden, sondern nur nach dem Wort/der sichtbaren schöpferischen=kreativen Vernunüftigkeit des Unsagbaren fragt?

    Oder ist dieses Päsent-Werden des Wortes eines (schöpferisch bzw. kreativ vernünftigen Sinnes/Logos) im modernen, beispielsweise evolutionsbiologisch beschriebenen umfassenden Weltbild nur ein unerfüllbarer Weihnachtswunsch???

    Ich weiß, dass es für Juden keine Auferstehung des Christkindes gibt. Doch denke ich, dass auch die Aufklärung über die Glaubensgeschichte bzw. den Anfang des Monotheismus sowie die anfänglichen Synagoge auf Ostern verweist:
    zeitgemäßer Auf-Verstand einer kreativen=schöpferischen Vernunft die Geschichte schrieb.

  13. Zum Artikel

    Sehr geehrter Herr Dr. Blume,

    besten Dank fuer den Hinweis
    auf Ihre interessanten Forschungsarbeiten.

    Ein paar kurze Anmerkungen aus
    meiner juedisch-orthodox angehauchten
    Perspektive:

    Das Judentum kennt bekanntlich deutlich mehr als 10, naemlich 613 Ge- und Verbote, wie Sie ja auch erwaehnen, wobei die 10 vom Sinai religionsgesetzlich nicht die vorrangige Rolle haben, die Sie ihnen in Ihrem Artikel zumessen. Ohnehin ist juedisch orthodoxer Alltag mehr von halachischen Festlegungen spaeterer Generationen, die auf talmudischer Ueberlieferung basieren.
    Und den biblischen Text ohne ergaenzende Kommentare und ohne Hintergundwissen zur umfangreichen muendlichen Ueberlieferung zu lesen, ist aus juedischer Sicht wenig erfolgversprechend.

    Die Schweizer Zahlen sind mangels praeziserer Aufschluesselung IMHO irrefuehrend. In meiner Nachbarschaft sind 6-10 Kinder nicht ungewoehnlich.
    Wie kommt das rein biologisch zustande?
    1. Man heiratet jung, bleibt also laenger fruchtbar (was nebenbei auch dazu beitraegt, das etliche noch ihre Ururenkel kennenlernen)
    2. Striktes Verbot von Verhuetung, ausser bei medizinischer Indikation.
    3. Kein “verschwendeter Samen” (-> Onan).
    Alles Punkte, die im Artikel so nicht erwaehnt werden.

    Wichtiger Erfolgsfaktor, die naechste Generation bei der Stange zu halten, ist ein ausgebautes Schulsystem, dass von Beginn an juedische Werte in einem juedischen Umfeld vermittelt. Starke Verbesserungen in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten sind massgeblich dafuer verantwortlich, dass der Schwund deutlich reduziert werden koennte (was in USA heute die Reformbewegung zu spueren bekommt, denn sie war frueher der Nutzniesser). Man beachte, das Erziehung im Judentum ein Gebot ist (5. BM, 6, 7 im Singular; 11,19 im Plural), ausserdem ist der Talmud voll von diesem Thema.

    Zoelibat spielt im Judentum keine Rolle, im Gegenteil.
    Grabbeigaben sind im Judentum strikt verboten.

    Zu einigen Geboten:
    9. Was Sie da beschreiben, passt eher auf das Verbot von “Rechiluth” (Tratschen) und “Laschon Hara” (ueble Nachrede, die WAHR(!) ist).
    10. Wenn man Gebote schon utilitaristisch sieht: dieses dient wohl eher dazu, Unzufriedenheit zu vermeiden, weil jeder einsehen muss, dass wenn er etwas nicht hat, G-tt zur Zeit nicht will, dass er es bekommt, so dass er seine Lebensaufgabe ohne dies bewaeltigen muss.

    So, dass muss erstmal reichen…

    YM

  14. @ Yankel Moishe

    Lieber Herr Moishe,

    vielen Dank für das aufmerksame Lesen. Und inhaltlich kann ich Ihren Ausführungen nur zustimmen.

    Die Aufgabenstellung des Vortrags vor einem spannend gemischten Publikum aus Biologen und (christlichen) Theologen war, darzustellen, wie die 10 Gebote eigentlich aus religionsdemografischer und soziobiologischer Perspektive zu betrachten wären: widersinnig, unnütz, neutral, nützlich o.ä.

    Daher habe ich den Schwerpunkt auf das Judentum gelegt, ohne aber christliche Traditionen völlig auszublenden – denn in beiden Fällen spielen die Gebote ja, wenn auch unterschiedlich gewichtete, Rollen. Und natürlich kann ein Vortrag nicht alle Aspekte erschöpfen – das wäre, würde ich meinen, schon bei der Diskussion auch nur je eines (!) Gebotes kaum zu leisten gewesen, bei zehn muss es überblicksartig bleiben.

    Den aktuellen “Werkzeugkasten” der evolutionären Religionsforschung haben wir gerade in einem Buch zusammen- und vorgestellt, wobei in diesem Forschungsbereich gerade eine große, internationale Dynamik zu verzeichnen ist:
    http://www.chronologs.de/…shop.de/artikel/969531

    Was aber auch bei mir im Zuge der Vorbereitungs- und Analysearbeit als eindrucksvoll hängen geblieben ist (und die Brücke zu dieser Diskussion bildete) war die Erkenntnis, dass religiöse bzw. religiös legitimierte (Alltags-)Praxis eine sehr viel größere Rolle spielt, als in kirchensoziologischen Perspektiven auf Dogmatiken und Gottesdienstbesuchen oft erfasst wird. Für einen Religionsdemografen eindrucksvoll war z.B. die Aussage von Oberrabbiner Sacks, wonach die Alltagsgebote eine “Rosenhecke” um das Familienleben ziehen und es dadurch schützen und fördern würden. Wir sind da erst auf dem wissenschaftlichen Weg, doch schon heute lässt sich sagen, dass gewachsene, religiöse Traditionen auch in ihrer Unterschiedlichkeit weit mehr “Funktionsebenen” umfassen, als bislang wahrgenommen wurden. Ob es “wahr” ist, kann die Religionswissenschaft nicht beurteilen, dass es lebensdienlich sein kann, zeichnet sich empirisch immer deutlicher ab. 🙂

    Mit herzlichen Grüßen

    Michael Blume

  15. Ergänzung: Richard Sosis

    Zum ERS-Netzwerk gehört übrigens auch Richard Sosis, ein israelisch-amerikanischer Anthropologe, der auch genau zu dem hier diskutierten Thema gearbeitet und u.a. Kooperationsniveaus zwischen säkularen und religiösen Kibbutzim experimentell erforscht hat. Auch seine Befunde sprechen eher gegen die Vermutung, dass sich die religiösen Aspekte (auch) des Judentums einfach säkular ersetzen ließen.

    Ein (frei zugänglicher) Artikel von ihm in Gehirn und Geist zum Thema hier:
    http://www.gehirn-und-geist.de/…40&_z=798884

  16. Sehr geehrter Herr Dr. Blume,

    > Herr Moishe

    neenee. “Moishe” ist die jiddische Variante von Moshe (=Moses), so wie Yankel die von Yaakov (=Jakob) ist.

    Wenn ich es auch verständlich finde, nach utilitaristischen Erklärungen fuer die Gebote und ihre Ausführungsbestimmungen zu suchen, halte ich es fuer nicht zielführend, alle unter der Kategorie “Reproduktion” verbuchen zu wollen. Das wirkt auf mich wie: “Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus.”

    Noch zum früheren Beitrag:
    > ethnische, nationale und religiöse Zusammengehörigkeit

    Dass sich das Judentum als Volk begreift, ergibt sich bereits aus dem biblischen Text.
    Die moderne Gentechnik führt den Nachweis, dass heutige Juden, sowohl aschkenasische als aus sefardische, in der Tat genetische Marker aufweisen, die auf ihren Ursprung im Nahen Osten hinweisen.
    50% aller Juden leben ausserhalb des Staates Israel, 25% der Israelis sind nicht jüdisch. Es gibt sekuläre, jüdisch-stämmige Israelis, die über Juden in der dritten Person reden. Das sind verschiedene Konzepte.

    Ihre anderen Links muss ich mir erst mal anschauen…

    YM

  17. @ YM: Reproduktion & Identitäten

    Lieber YM,

    danke für Beitrag und Fragen! Nur kurz zur Frage Reproduktion: Dabei geht es natürlich nicht um einen beliebig gewählten Parameter, sondern um “den” evolutionsbiologischen Fitnessindikator. Aus Sicht der Biologie ist für den Erfolg eines (auch) genetisch verankerten Merkmals wie Musikalität oder Religiosität schlicht die Frage interessant, wie erfolgreich die betreffenden Gensequenzen in kommende Generationen weiter gegeben werden. Die gerne bemühte Formel “Survival of the fittest” ist – gerade im Bezug auf die Evolution des Menschen – insofern irreführend, als eine Langlebigkeit ohne Weitergabe eigener (oder Begünstigung nah verwandter) Gene aus evolutionärer Sicht belanglos ist.

    Persönlich finde ich z.B. Gesundheits- und Glücksstudien überhaupt nicht weniger spannend (die insgesamt auch nicht schlecht für Religionen und Religiöse aussehen) und ein Philosoph könnte diese Qualitäten gerade vom utilitaristischen Standpunkt her sogar höher gewichten (oder Reproduktion gar negativ bewerten), aber von der Biologie her steht eben dieser Faktor im Mittelpunkt.

    Und zu Israel: Genau, da sind wir einer Meinung. Wenn man “das Religiöse” am Judentum als problematisch konnotiert und auf eine stärker säkular-kulturelle Identität Israels setzt, stellt sich eben nicht nur die oben diskutierte Frage nach religiösen Strömungen innerhalb des Judentums, sondern auch die nach nichtjüdischen Religionen in Israel. Diese Frage ging an @Yoav.

  18. @Ingo

    Genaugenommen ist Awodah Sarah “fremder Dienst”. Darunter könnte man auch das assimilatorische Nacheifern von nichtjüdischen Sitten oder die Fokussierung auf materielle Werte verbuchen (vgl. z. B. Jer 1,16). Und das kam auch in jüngerer Zeit durchaus vor….

    Heine hat sich übrigens taufen lassen.

    Ein Jude darf eine Moschee betreten (aus “gesundheitlichen” Gründen heutzutage leider weniger zu empfehlen), aber keine Kirche. Schon sprachlich ist das Wort “All-h” mit einem der hebräischen G-ttesnamen verwandt. Die Trinitätslehre ist aus jüdischer Sicht mindestens grenzwertig.

    Sekuläre Juden in der Diaspora als Speerspitze allen vermeintlichen Forschritts haben unterdurchschnittlich viele Kinder. (Siehe NJPS für USA.) Es sind die religiösen, die den Schnitt heben.

    YM

  19. @ Moses (= Moishe)

    Klar, bei den nicht-jüdischen (Schweizer) Religionsgemeinschaften fließen ja sicherlich ganz EBENSO wie bei der jüdischen die große Mehrheit der trotz äußerlicher Kirchenmitgliedschaft sich ansonsten ganz säkular verhaltenden “Kirchenmitglieder” mit hinein. DENNOCH scheint Mitgliedschaft in einer jüdischen Religionsgemeinschaft INSGEAMT und durchschnittlich mit höherer Geburtenrate zu korrelieren als Mitgliedschaft in einer nicht-jüdischen (westlichen) Religionsgemeinschaft.

    Ja, das könnte auf einem höheren Anteil Kinderreicher unter den echter Gläubigen beruhen (bei den Juden im Ggs. zu den Christen), könnte aber auch an einer durchschnittlich, allgemein leicht überdurchschnittlichen Geburtenrate liegen, ähnlich wie etwa bei den evangelischen Freikirchlern.

    Das müßte wohl noch mal genauer untersucht werden. Ich vermute, daß beide Tendenzen eine Rolle spielen. Schließlich “strahlt” ja der “gläubigere” Kern und sein Kinderreichtum auch stimmungsmäßig aus auf die Verwandtschaft und den Freundeskreis und bekanntlich werden dort, wo schon Kinder sind, leichter noch mehr Kinder geboren – dann ganz egal, ob aus eher religiösen oder aus weniger religiösen Gründen.

  20. @ Ingo, YM

    Wenn es erlaubt ist, der Hinweis: YMs Ansicht ist religionsdemografisch korrekt, es gibt keinen empirisch belegten Zweifel, dass (auch!) unter Juden die Frommen deutlich mehr Kinder haben als die Säkularen – ganz ebenso, wie dies unter Christen, Muslimen, Hindus etc. der Fall ist.

    Umso höher die religiöse (!) Verbindlichkeit, umso höher der durchschnittliche Reproduktionserfolg. Gerade auch in Israel, den USA oder der Türkei bestreitet das übrigens kein Mensch: die Frommen haben je die größeren Familien im Vergleich zu den Säkularen und die international vergleichenden Forschungen belegen, dass dies nicht allein durch andere Faktoren (Bildung, Einkommen u.ä.) erklärt werden kann.

    Das überwiegend säkulare Judentum in den USA weist aufgrund der weitgehenden Säkularisierung übrigens im Vergleich zur US-Gesamtbevölkerung unterdurchschnittliche (!) Geburtenraten auf – gleichzeitig bejahen US-amerikanische Juden die Evolutionstheorie sogar häufiger als ihre konfessionslosen Landsleute. Siehe:
    http://religionswissenschaft.twoday.net/…367753/

  21. Sehr geehrter Herr Dr. Blume,

    mich würde mal Ihre Meinung zu folgendem demographischen Problem interessieren. Voraussetzungen
    1. ist es allgemein und auch in religiösen Gemeinschaften üblich, dass der Mann älter ist als die Frau.
    2. wird Fortpflanzung im religiösen Kontext nur im Zusammenhang mit einer Ehe gestattet.
    3. ist Polygamie (jedenfalls in Christentum und – mittlerweile – Judentum ) verboten.

    Wenn nun eine Gemeinschaft demographisch signifikant wächst (sagen wir um n Prozent pro Jahr),
    dann geht bei einem Altersvorsprung von m Jahren der Männer gegenüber den Frauen m*n Prozent der Frauen eines Jahrgangs leer aus. Für (realistische!) Werte von n=4 und m=3 ergibt das schon 12 Prozent:
    1000 Männer des Jahrgangs 1985 träfen auf 1120 Frauen des Jahrgangs 1988, 120 Frauen blieben also kinderlos. Welchen evolutionsbiologischen Sinn macht das aus Ihrer Sicht?

    YM

  22. Hat die Synagoge ausgedient?

    Hallo Yoav,

    ich bitt’ Sie: seit zweitausend Jahren haben wir nichts als unser Buch. Und das hat Stand gehalten. Der Tempel ist gefallen. Daher gab es räumlich nur noch Synagoge. Doch das Buch war geblieben und ist bis heute da.
    Das Leben in Israel ist jüdisches Leben in Israel. Doch auch anders wo gibt es jüdisches Leben. Israel ist nicht die Synagoge. Israel mag sich als große Synagoge sehen. Doch es ist nicht die einzige.
    Diese Diskussion erinnert mich an die Diskussion um die permanente Revolution, die mit dem Beschluss des “Sozialismus in EINEM Land” schlussendlich abgewürgt wurde.

    Und: Selbst in Tempel-Zeiten – und darum geht es letztlich – war Synagoge. Wenn diese o.g. Diskussion also zu dem Ergebnis führen sollte, das der Staat Israel quasi den Tempel ersetze: Je nu, da sehe ich viele viele Wächter der Stadt ruppig werden. Und jene, wie ich, die zur Galuth stehen, auch.

    Liebe Grüße
    Bommel vom bommelblog

  23. Es geht nicht um…

    die Feststellung absoluter Grundsätze, sondern darum, gegenwärtige Entwicklungen zu skizzieren. Will sagen: Keine Entweder-Oder-Situation, sondern ein stets im Fluss befindliches Verhältnis zwischen alten und neuen Schwerpunkten, von denen mancher im Mittelpunkt und andere eher am Rande stehen.

    “Und jene, wie ich, die zur Galuth stehen”: Diese Menschen sind – bei allem Respekt – eine Randerscheinung.

    Hier ein aktuelles Beispiel für die zentrale Rolle, die Israel bei der Identitätsstiftung gläubiger Juden im Ausland spielt:
    http://adi5767.wordpress.com/…a-hanukah-miracle/

    Hier ein anderes, etwas älteres Beispiel:
    http://www.jpost.com/…ost%2FJPArticle%2FShowFull

    Letzteres ist mir jetzt eingefallen, weil ich seinerzeit etwas dazu geschrieben habe. Vielleicht wäre das an dieser Stelle von Interesse:
    http://ein-jude-in-deutschland.blogspot.com/…tml

    Viele Grüße
    Yoav

  24. Pardon

    diese Randerscheinung macht aber immerhin mehr das doppelte der jüdisch-israelischen Bevölkerung aus.

    Peripher grüßt
    Bommel vom Bommelblog

    P.S.:
    Lieber Yoav, dass Israel eine wesentliche Rolle in jüdischen der Identitätsstiftung nach der “Endlösung der Judenfrage” einnimt – ist es verwunderlich? Was sonst hätte diese Rolle spielen können? Ging mir in den Sechzigern und Siebzigern eben so.

    Und
    “ein stets im Fluss befindliches Verhältnis zwischen alten und neuen Schwerpunkten, von denen mancher im Mittelpunkt und andere eher am Rande stehen.” ist mir e bissele zu versandet. Auch wenn’s fließt.

  25. @ Gabriel

    Wenn du schon von Zahlen Gebrauch machst: Die Anzahl der Juden im gesamten Ausland beträgt ca. 60% der Gesamtzahl der Juden weltweit bzw. 150% der Juden im Inland.

    Aber sollte es denn wirklich auf die Quantität ankommen? Es gibt doch einen *qualitativen* Unterschied zwischen dem Eigenwert der souveränen jüdischen Öffentlichkeit einerseits und der Existenz als Begleiterscheinung am Rande einer nichtjüdischen Gesellschaft andererseits.

    Zudem verstehe ich nicht, warum du den Juden im Ausland automatisch eine exilbejahende Lebensauffassung zuschreibt. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Selbst im Inland gibt es Randgruppen, die zur Galuth stehen. Kann es sein, dass du Galuth (heilsgeschichtlicher Zustand, Grundeinstellung zur jüdischen Existenz) und Gola (geographische Angabe: Exil, Ausland) miteinander verwechselst?

    Das heißt: ca. 60% der heute lebenden Juden weilen in der Gola; wieviele von denen zur Galuth stehen (und sich weigern, Israel als jüdischen Staat zu betrachten), ist eine andere Frage. Wie gesagt, handelt es sich m. E. um eine kleine Minderheit.

  26. Danke für’s auf die Sprünge helfen

    yoav, denn tatsächlich habe ich die Gola mit der Galuth verhauen.
    Also schön. Gesagt ist, dass das steigende Interesse an Israel einem sinkenden Interesse an Synagoge und Gebetbuch gegenüber steht. Und das ein Jude in unserem Zeitalter nicht mehr auf den synagogalen Schutzraum angewiesen sei.

    (Das ist ein kluger rhetorischer Zug, Yoav. )

    Nun, so lange unsere Vorfahren hier nicht als Vollbürger akzeptiert waren, war der Drang zur Synagoge stärker. Heute leben wir in einem säkularen Umfeld, welches durch tarifliche Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen und das BGB plus XX geregelt ist. Gefühle der Verbindlichkeit gelten eher diesen Regeln als unseren originären. Ich nehme mich da nicht aus. Dies ist nach meinem dafür Halten der Grund für das mangelnde Interesse an der Synagoge ( und und . . .). Was allerdings vielen von uns nicht bewusst ist: Im Gegensatz zur “sola-fide, sola-scriptura-Fraktion geht es bei uns nicht nur ums Glauben. Sondern auch ums Tun. 613 mal. Man hat als Jude also einiges zu tun. Und dazu fehlt vielen anscheinend der Antrieb.

    Es ist leicht, sich über die Orthodoxen zu mokieren und über Chabad her zu ziehen. Heute. Aber wer es tut, sollte sich dessen bewusst sein, dass er das nur tun kann, weil die “schwarzen Hüte” über Jahrhunderte dafür sorgten, dass es ihn als Juden heute überhaupt noch gibt. Sie waren (und sind) letztlich die jenigen, die die “Verwandlung in Religion geschafft hatten und weiter schaffen. (Ich bin nun wirklich kein Orthodoxer, aber ich weiss, was ich ihnen verdanke.)

    Im Großen und Ganzen ist es in Israel nicht viel anders. Bedient aber der Gedanke, die Synagoge sei quasi überholt, weil es ja nun Israel gebe, nicht diese Faulheit? Nach dem Motto: Ich mache mir lieber um Israel Gedanken statt um Schabbes oder Amida? Oder fliege drei Mal im Jahr dort hin, statt in die Synagoge zu gehen? Synagoge war immer Sammelpunkt und Versammlungsort. Treffpunkt. Und dieser Treffpunkt muss näher an den Menschen vor Ort sein, als Jerusalem oder Tel-Aviv. Was kann denn der Treffpunkt dafür, dass die Menschen ihn nicht besuchen? Aber er gehört DA hin.

    Und damit bin ich bei der Exil-bejahenden Lebensauffassung. Wir leben im Exil. (Um das Bild weiter zu führen.) Auslandsjuden – von Israel aus betrachtet, gab es immer schon. Wenn wir es nicht bejahen würden, zögen wir nach Israel. So aber leben wir -durchaus nicht am Rand – anderer Gesellschaften. Ich zumindest deswegen, weil ich hier mein Geld verdiene und meinen Lebensmittelpunkt hier habe. Eben so, wie viele andere auch. Und weil die physische Existenz von Juden hier (im “Exil” (Gola)) gesichert und nicht durch Organe des Staates bedroht wird, sehen viele tatsächlich keine Notwendigkeit mehr, sich zu versammeln.

    Ich weiss schon, was ich da sage.
    bommel vom bommelblog

  27. @ Gabriel

    “Ich weiss schon, was ich da sage.” – das hoffe ich für dich! 😉

    Allgemein gesprochen, scheint es mir, dass du nach Dogmen suchst, an denen du dich orientieren kannst bzw. könntest. Eine ähnliche Position vertritt Yankel Moishe. Mein Ansatz ist jedoch sozialhistorischer Natur. Weiteres zu den Unterschieden dazwischen finden du etwa in der Diskussion zum folgenden Beitrag:
    Ein jüdischer Katechismus? Über jüdisches Recht und sein Verhältnis zur Wirklichkeit

    Ansonsten hätte ich ein paar Fragen an dich:

    1. Du redest von dem, was du der Orthodoxie zu verdanken hast. Mal abgesehen davon, dass das, was es mal gab und du als “Orthodoxie” bezeichnest, gar keine war (die sog. Orthodoxie ist erst als Reaktion auf die Moderne entstanden): Was hat dein regelmäßiger Synagogenbesuch mit Verdankung zu tun? Fühlst du dich dieser Vergangenheit, der du so viel verdanken willst, verpflichtet?

    2. Bzgl. der Existenz im Exil schreibst du: “Wenn wir es nicht bejahen würden, zögen wir nach Israel.” Die meisten Menschen – ob Juden oder nicht – sehen es nicht so dogmatisch. Dass ein beliebiger Türke hier in Deutschland lebt, heißt noch längst nicht, dass er seine persönliche Entscheidung zu einer “Lebensauffassung” bzw. einem Ideal oder Grundsatz erhebt. Im Gegenteil: Dass es die Türkei gibt, ermöglicht ihm erst recht, in Deutschland zu leben und dennoch weiterhin seine türkische Identität zu bewahren.

    3. Du meinst, dass jüdisches Leben in Deutschland “durchaus nicht am Rand” der Gesellschaft stattfände und wir hierzulande “in einem säkularen Umfeld” leben würden. Nach welchem Kalender tickt denn diese Gesellschaft, wenn nicht nach dem gregorianisch-christlichen? Warum habe ich diese Woche keine Uni, obwohl Chanukka schon vorbei ist? Und warum ist der jüdische Kalender in der deutschen Öffentlichkeit nur als Exotikum bzw. bei Kuriositäten à la Chabad am Brandenburger Tor zu spüren?

    4. “613 mal”: Ich gehe mal davon aus, dass du weißt, worum es da jeweils genau geht. Ist es dir also wichtig, nicht nur als Privatperson, sondern auch als Teil von ganz Israel *alle* 248 “Tue!”-Gebote zu erfüllen? Und wenn es dir so sehr ums Tun geht: Was tust du denn, damit *alle* 248 “Tue!”-Gebote erfüllt werden (können)?

  28. Wunschdenken

    Yoav,

    ich befuerchte, Deinen Aussagen bezueglich der Rolle Israels fuer das Diaspora-Judentum liegt zunehmend Wunschdenken zugrunde.
    http://www.acbp.net/…PDF/Beyond%20Distancing.pdf
    Besonders bedenklich: Die Ergebnisse in den Diagrammen auf Seite 9 und 10.

    > sozialhistorisch:

    Aber nur fuer bestimmte Werte von “historisch”. 😉

    YM

  29. @ YM

    Danke für den Hinweis. Ich weiß nicht, was man mit “mail-back and web-administered”-Untersuchungen anfangen soll (auf Hebräisch sagt man: “midwar seker tirchak” – du verstehst wohl das Wortspiel). Aber das große Problem erblicke ich darin, dass hier keine richtigen Vergleiche gezogen worden sind, was im Hinblick auf Identitätsfragen durchaus notwendig ist: Gehen diejenigen, die sich relativ wenig für Israel interessieren, relativ öfter oder aber relativ seltener in die Synagoge? Und: Inwiefern hängt die Intensität des Interesses an Israel mit dem Alter zusammen? Haben die Eltern und Großeltern genauso großes Interesse an Israel gezeigt, als sie selber unter 35 Jahre alt gewesen sind? Wir wissen ja, dass junge Menschen sich weniger für tradierte Gruppenzugehörigkeiten interessieren; sie versuchen neue Identifikationspunkte zu finden und entdecken die alten oft erst dann, wenn sie selber Eltern werden. So verhält es sich – ganz abgesehen von der Gläubigkeitsfrage – mit der Synagoge bzw. Kirche; ob das bzgl. Israels anders ist bzw. sein soll, sein kann?

    Nun ist es so, dass ein Deutscher, der in Indien aufwächst, sein Deutschsein sozusagen *tun* muss. Ganz im Gegensatz zu den Deutschen, die im Inland (also im deutschen Mitteleuropa) und daher innerhalb einer deutschen Öffentlichkeit leben, wo sie als Gesellschaft das Deutsche bestimmen und alles, was sie tun, per definitionem deutsch *ist* (auch wenn da viel Einfluss von anderwärts vorhanden ist). Dasselbe gilt auch für Juden: Jude ist zunächst, wer im jüdischen Land aufwächst, auf eine jüdische, weil ganz normale Schule geht, jüdisches Fernsehen guckt, dessen Muttersprache die jüdische Sprache ist, dessen Freunde (i. d. R. ausschließlich) Juden sind usw. usf. (ebenfalls: auch wenn viel Einfluss von anderwärts vorhanden ist). Wer aber im Ausland aufwächst, sei es in Indien oder in den USA, muss sein Jüdischsein tun; er muss also etwas unternehmen, um sich (wenn auch nur teilweise) von seiner Umwelt zu trennen und (wenn auch nur vorläufig) Jude zu werden.

    Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der jüdischen Identität der Befragten (ein Aspekt, den wir schon in der Diskussion zum anderen Beitrag berührt haben). Hier gibt es, grob gesagt, drei Möglichkeit:

    1. Die meisten unter diesen jungen Juden, die bei der Untersuchung relativ wenig Interesse für Israel angegeben haben, pflegen nichtsdestoweniger aus jüdischem Bewusstsein heraus eine jüdische Identität, die (a) genau so stark und intensiv ist wie die ihrer Eltern und Großeltern, aber (b) weniger von der Beschäftigung mit Israel getragen wird als dies bei ihren Eltern und Großeltern der Fall ist. Stattdessen erfolgt ihr Jüdischsein bei anderen Aktivitäten (von denen wir ja nichts wissen, und dass diese Ersatzleistung in der Synagoge erfolgt, erscheint mir eher unwahrscheinlich).

    2. Die meisten unter diesen jungen Juden pflegen keine besondere Identität als Juden bzw. ihr jüdisches Bewusstsein ist schwächer als bei ihren Eltern und Großeltern. Demzufolge interessieren sie sich entsprechend weniger für Israel.

    3. Es besteht keine allgemeine Korrelation unter diesen jungen Juden zwischen der Intensität der jüdischen Identität und der des Interesses an Israel.

    In der Untersuchung gibt es eine Angabe, die uns an dieser Stelle weiterhelfen könnte: “Caring about Israel is an important part of being a Jew” (S. 9). Allerdings wissen wir nicht, wie die Frage jeweils verstanden worden ist: Hat sie der jeweilige Befragte auf seine allgemeinen Vorstellungen davon, was Juden sind? Oder auf sein eigenes Jüdischsein? Und wie hätte er geantwortet, wenn man ihm die Frage gestellt hätte, inwiefern der Besuch der Synagoge ein wichtiger Bestandteil des Jüdischseins ist? Ob er das mehr unterstützen würde als die Aussage bzgl. Israel oder vielleicht weniger?

    Die Untersuchung enthält jedoch eine andere Angabe, die uns womöglich doch weiterhelfen kann, nämlich, dass die Chancen, dass das Interesse an Israel schwächer wird, bei jenen Befragten größer sind, die mit einem nichtjüdischen Partner verheiratet sind. Mich dünkt, dass diese jungen Juden oft weniger Jüdisches tun (darunter notabene auch: sich für Israel zu interessieren) als ihre Gleichaltrigen, die nicht mit einem nichtjüdischen Partner verheiratet sind. Daher ist ihre jüdische Identität – und im Einklang damit auch ihr Interesse an Israel – relativ schwächer. Diese Korrelation spricht m. E. für die zweite unter den oben genannten drei Möglichkeiten.

    Wenn dem so ist, kann man selbst anhand dieser Untersuchung nicht sagen, dass Israel eine geringere Rolle für jüdische Identitätsstiftung in den USA spielt. Ganz im Gegenteil: Je jüdischer man ist, umso intensiver scheint auch das Interesse an Israel zu sein. Dass junge Juden in den USA sich heutzutage weniger für Israel interessieren als ihre Eltern und Großeltern, liegt schlichtweg daran, dass sie zurzeit – und wohl gewissermaßen auch deswegen, weil sie noch jung sind – im Endeffekt weniger jüdisch sind als ihre Eltern und Großeltern (und umgekehrt: weil sie weniger Jüdisches tun, wie z. B. sich für Israel zu interessieren, ist ihre jüdische Identität schwächer). Somit scheint mir diese demoskopische Studie die Wechselbeziehung zwischen jüdischer Identität und Interesse an Israel nur bestätigen zu können.

  30. Ueber gewisse Korrelationen scheinen wir uns einig zu sein. Die Frage ist: Was ist Ursache, was ist Wirkung?

    Kann eine Identifikation mit dem Staat Israel verhindern, dass man einen nicht-juedischen Partner heiratet – und damit eine Nachkommenschaft zeugt, die sich sehr wahrscheinlich nicht mehr juedisch identifiziert? Oder ist es besser, juedische Identitaet zu “tun”?

    Mir scheint die Tatsache, dass die Kinder und Enkel der heutigen Grosselterngeneration, die sich selber noch sehr aktiv mit Israel identifiziert, aber die juedische Lebenspraxis ansonsten tendenziell vernachlaessigt haben, ueberwiegend und zunehmend nichtjuedische Lebenspartner haben (bei den Unverheirateten ist es noch krasser als bei den Verheirateten) ein klarer Hinweis auf die Ueberlegenheit von Option 2 zu sein.

    YM

  31. @ YM

    Ich bin mir nicht sicher, ob die Lebenspartnerschaft mit einem nichtjüdischen Partner per se unerwünscht ist und daher verhindert werden muss. Wenn der nichtjüdische Partner etwa wie Ruth in Israel “aufgeht”, ist es wohl eine Verstärkung. Aber im Ausland sieht es zugegebenermaßen umgekehrt aus.

    Jüdisches Tun muss selbst im Ausland nicht unbedingt religiös geprägt sein, aber wenn man nur selten seine Heimat besuchen kann, spielt das Religiöse – v. a. im Sinne von religiösem Volkstum – dank seiner geographischen Ungebundenheit eine wichtige Rolle, auch wenn es nicht mehr vital ist, wie es bis zum Zionismus sein musste (und zwar damals als richtige Religion und nicht als religiöses Volkstum; in diesem Zusammenhang weise ich nochmals auf Achad Ha’aams Spruch hin).

    Viele Auslandsjuden weichen also – verständlicherweise – aufs Religiöse aus, damit nicht nur das vage Wissen, dass man Jude ist, sondern auch jüdisches Bewusstsein an die nächste Generation tradiert wird. Das bezeugt jedoch nicht unbedingt die Größe des Religiösen (geschweige denn, wenn es als Volkstum empfunden wird), sondern eher die Kläglichkeit jüdischer Existenz im Ausland, wo es eben immer wieder aufs Tun kommt und nicht jeder so oft nach Israel kann, wie seine Kinder es bräuchten.

    Ein Deutscher, der will, dass seine Kinder sich ebenfalls Deutsch fühlen, Deutsch heiraten etc., bleibt nicht in NYC, sondern geht in die Eidgenossenschaft, nach Österreich, Bayern oder Württemberg. Meinetwegen auch in die nördlichen Lande… Sonst steht Assimilation bevor (wie ich in der Diskussion zum anderen Beitrag schon mal geschrieben habe).

    Glücklicherweise haben Juden – im Gegensatz zu Deutschen etc. – die Möglichkeit, notfalls darauf zurückzugreifen, was das Volk während der langen Exilzeit aufrechterhielt. Freilich gibt es auch Juden (v. a. orthodoxe, aber längst nicht alle orthodoxen), bei denen es umgekehrt ist, die also nicht deswegen freiwillig etwas religiös Geprägtes tun, weil sie ihr jüdisches Gefühl auch auf diese Art und Weise zum Ausdruck bringen wollen, sondern sich deswegen als Juden fühlen, weil sie sich zum Religiösen verpflichtet sehen und diese eingebildeten Pflichten tatsächlich erfüllen; will sagen: bei denen nicht das Jüdische zum religiös geprägten Volkstum führt, sondern die Religion als vorausgesetzte Lebensauffassung das Jüdische bestimmt. Aber dieses Phänomen will ich nicht überschätzen…

  32. Auch Israel kann Galuth sein

    Nu klar, wer Ruths Weg nachgeht, ist per Definition kein nichtjüdischer Lebenspartner, sondern ein jüdischer. Egal was er/sie vorher war. In dem Fall wird es auch weniger wahrscheinlich sein, dass die Nachkommen sich nicht-jüdisch identifizieren.

    Wir sind bekanntlich über gut 600 Generationen ohne Staat ausgekommen. Ähnliches kann über Religion (und die damit inhärent verbundene Lebenspraxis) empirisch eher nicht gesagt werden.

    Und was am nicht-religioesen Israel heutzutage noch juedisch sein soll, ist mir schleierhaft. Die Jugend ist konsumgeil, amerikanisiert und an allem, was mit Judentum (nicht mal unbedingt im religiösen Sinne) zu tun hat, eher uninteressiert, um es mal etwas plakativ zu formulieren. Siehe auch http://www.wzo.org.il/en/resources/view.asp?id=275
    Oder wie es mal jemand formulierte: Man kann auch in Israel im Galuth leben.

    Ich sehe doch an meiner eigenen sekulären Verwandtschaft in Israel, dass sie weniger Verbindung zu jüdischer Geschichte haben, als ich, der religiös angehauchte Chutznik.
    Von daher verstehe ich Deine Formulierung “… so oft nach Israel kann, wie seine Kinder es bräuchten” eher nicht.

    Deine Gegenüberstellung von Religion und Volkstum teile ich, wie bereits diskutiert, nicht. Ich halte es da mit dem zuvor zitierten Saadia Gaon und halte beides für untrennbar verknüpft.

    YM

  33. Israel ist per definitionem das Ende der Galuth

    1. Mit dem Hinweis auf Ruth habe ich besonders die Tatsache gemeint, dass Ruth keinen Übertritt durchmachte, ja nicht einmal von so etwas hörte. Im damaligen Zusammenhang waren das Rabbinertum und seine Vorstellung von der Möglichkeit, über die Religion Jude zu werden, eine ferne, unvorstellbare Zukunft. Das heißt: Ruth ging nicht in Israel auf, weil sie jüdisch geworden war. Ganz im Gegenteil: Sie wurde jüdisch, weil bzw. indem sie in Israel aufgegangen war, also sich in Israel assimilierte. Bei diesem Vorbild geht es mithin nicht darum, dass der nichtjüdische Lebenspartner ins Rabbinertum übertritt, sondern darum, dass er/sie sich ins Judentum assimiliert, was allerdings nur dort möglich ist, wo das Judentum keine Randerscheinung ist, sondern aus der jüdischen Öffentlichkeit hervorgeht, also in Israel. Im Ausland ist es bekanntermaßen eher der jüdische Lebenspartner, der sich assimiliert, und zwar aus dem einfachen Grund, dass er/sie da von einer nichtjüdischen Gesellschaft umgeben ist.

    2. Dass die Religionswerdung des Judentums und die lange Existenz als Religionsgemeinschaft notwendig waren, um das Exil bis in die späte Neuzeit zu überleben, steht ja in eben jenem Blogbeitrag geschrieben, über den wir hier diskutieren. Ansonsten ist hier deine Wortwahl – “ausgekommen” – ganz am Platze, weil das Volk nur noch am Rande der Geschichte überleben konnte, bis es um fünf vor zwölf wieder zu sich selbst gefunden hat. Ohne die Rückkehr in die Geschichte und die damit verbundene Möglichkeit, sich selbst im Ausland am Inland zu orientieren, hätte sich die jüdische Diaspora (wie jede andere unter solchen Umständen) aufgelöst und, wie es im 19. Jh. “Mode” war, assimiliert. Die orthodoxe Sekte à la Sathmar, wie jede andere Sekte, die von der Gesinnung her ahistorisch und daher weniger von geschichtlichen Entwicklungen beeinflussbar ist, wäre wohl da, aber von einem Volk namens Israel könnte immer weniger die Rede sein.

    3. “konsumgeil, amerikanisiert” – das mag sein. Auch wenn du hier ziemlich stark verallgemeinerst, kann ich nicht bestreiten, dass es weit besser sein könnte, als es heutzutage ausschaut. Aber ist es ein typisch jüdisches Phänomen, das in keinem anderen Land auf Erden zu beobachten ist? Sieht es denn etwa in Deutschland anders aus? Neigt die hiesige Jugend noch genauso zum Deutschtum wie vor drei Generationen (genauer formuliert: zu jenen Vorstellungen von Deutschtum, die vor drei Generationen üblich waren)? Und ist die Jugend in Deutschland nicht genauso konsumgeil und amerikanisiert, wenn nicht sogar mehr als die jüdische Jugend? Das ist also kein Problem, das es nur in Israel gibt, sondern ein allgemeines Phänomen. Es hat sogar einen Namen: Globalisierung. Die eigentliche Frage ist aber, wie die Globalisierung (also die Zeitgeschichte) das Judentum, das Deutschtum etc. beeinflusst. In diesem Punkt sind im Grunde genommen zwei Sichtweisen möglich:

    A. Zur Zeit der Globalisierung ist die Jugend in Deutschland weniger deutsch, die Jugend in Israel weniger jüdisch als früher.

    B. Zur Zeit der Globalisierung, wie zu jeder anderen historischen Zeit, ändern sich Form und Inhalt des Volkslebens, sowohl hier als auch dort (und, weil wir hier ja mit einem globalen Phänomen zu tun haben, eigentlich fast überall).

    Will sagen: Einerseits gehört es zur Jugendzeit, wie ich in einer der obigen Antworten schon mal geschrieben habe, dass man sich relativ wenig für tradierte Gruppenzugehörigkeiten interessiert; das holt man später nach, insb. wenn man selber Kinder hat. Andererseits ist es aufgrund der Globalisierung tatsächlich so, dass das, was dem jeweiligen Volk früher eigentümlich war, an Bedeutung verliert. Das heißt aber nicht, dass das Volk weniger deutsch bzw. jüdisch wird, sondern dass sich die Bedeutung von “deutsch” oder “jüdisch” inzwischen verändert hat. Wer heute in einem Kaff neben Dresden Deutschtümelei treibt, ist nicht mehr, sondern geradezu weniger deutsch als die sozusagen normale Jugend in München. Und genau so ist auch die Jugend von Sathmar nicht mehr, sondern weniger jüdisch als die Jugend in Petach-Tikwa.

    4. Wenn man in die Synagoge geht, obwohl man nicht der Meinung ist, dass die Synagoge sehr viel mit Gott zu tun hat (oder umgekehrt), dann tut man es oft deswegen, weil sich mit seinem Volk verbunden fühlen will, was im Ausland oft sehr schwierig ist, sodass man auf die Synagoge ausweichen muss. Dabei handelt es sich nicht so sehr um religiöse Praxis (wie es eher bei denjenigen der Fall ist, die sich, wie oben erklärt, zur Religion verpflichtet fühlen und tagtäglich in die Synagoge gehen), sondern um religiös geprägtes Volkstum. Wenn du nicht dazwischen differenzieren willst und der Meinung bist, dass jeder, der in die Synagoge geht, sich damit unbedingt zu orthodoxen Religionsvorstellungen bekennte und dies aus dem entsprechenden Pflichtbewusstsein täte, dann täuschst du dich.

  34. 1. Was Du da beschreibst, passt IMHO nicht so ganz zum biblischen Text. Als Ruth die berühmten Worte in 1:16 spricht, war sie noch gar nicht in einer Gesellschaft, in die sie sich hätte assimilieren können. Nicht über die Religion? Was soll denn dann “Dein G-tt ist mein G-tt”?
    Mal abgesehen davon behauptet ja ein Midrasch, sie habe einen Gijur mit Beth Din nachgeholt. Und der Targum berichtet, dass die den Schabat etc auf sich genommen habe. Aber das sind natürlich rabbinische Quellen.

    Man kann sich übrigens auch in der Galuth ganz prima ins Judentum assimilieren, wenn man es denn will. Im gegenwärtigen Israel scheint mir eher die Gefahr zu bestehen, dass man sich in die globalisierte Gesellschaft assimiliert und sich obendrein einbildet, das habe etwas mit Assimilation ins Judentum zu tun.

    2. Ich vermag nicht zu erkennen, wie das Volk “zu sich selbst findet”, wenn man die eigene Geschichte nicht mal kennt (von wertschätzen will ich gar nicht reden) und Israelis über Juden in der dritten Person reden. Mir scheint eher, man läuft vor sich und der eigenen Geschichte davon.
    Man sollte auch erwähnen, dass dass rabbinische Judentum ja nicht erst in der Diaspora entstanden ist, sondern bereits vorher. Und dass der Vertreibung durch die Römer z. B. Babylon und Assyrien vorangingen. Das Wissen um die Möglichkeit der Vernichtung des Staates, die ja grundsätzlich immer besteht (chas weschalom!), hat wohl sein Schärflein zur Entwicklung beigetragen. Welches antike Volk hat schon die Geschichte auf territorialer Basis überstanden? Kein anderes der in der Bibel erwähnten…

    An welchen Elementen des Inlands soll man sich da orientieren? Makkabi statt Bayern München? Ist das der Unterschied? Streiten wir hier nicht letztendlich um die Frage, was nach der Wiedergründung des Staates die Idee der “Auserwähltheit” bedeuten soll?

    3. Das andere ähnliche Sorgen haben, tröstet mich wenig. Wir sind nicht die anderen. Und die Vorfahren der anderen haben nicht soviel geopfert, damit es heute noch ihr Volk gibt. Wer hat schon in der Geschichte soviel in die eigene Zukunft investiert wie wir? Schade, wenn etliche meinen, sie dürften das so achtlos wegwerfen.

    4. Es ist mir durchaus bekannt, dass viele die Beth HaKnesseth als Treffpunkt interpretieren und das bisweilen wenig mit dem Versammeln zum G-ttesdient zu tun hat. Deshalb ist mir auch unklar, warum der deutsche Steuerzahler so viel Geld bezahlen soll, für Gebäude, die heute Treffpunkte sind und die morgen vermutlich eher leerstehen.

    YM

  35. 1. Aber sie war schon auf dem Weg nach Israel. Und nein, nicht über die Religion. Eben deswegen kann sie sich schlicht zum Volk und dessen Gottheit bekennen, ohne sich wegen eines Katechismus, einer Halacha oder irgendwelcher Übertrittsprozeduren Gedanken machen zu müssen. Sie weiß, dass sie sich integriert, sobald sie in Israel ankommt. Und ja, natürlich mussten die Frührabbiner diese schöne Geschichte “religiosieren”, damit sie in ihre Sichtweise hineinpasst.

    2. Tatsächlich sieht der Kult nach dem babylonischen Exil ganz anders aus als jener, der bis dahin verbreitet war. Deswegen wird es den Zurückgekehrten verboten, sich mit den Verbliebenen zu mischen. Aber noch orientiert sich Kult am Tempel, hat also einen geographischen sowie sozialen Mittelpunkt und ist noch nicht in eine für die Massen bestimmte Religion umgewandelt (vgl. als Beispiel den Fall von Lulaw außerhalb des Tempels bzw. – nach Jeruschalmi – Jerusalems).

    3. Wenn du sagen willst, dass die Lage in Israel längst nicht so gut ist, wie sie hoffentlich sein kann, dann stimmt ich dir vollkommen zu, auch wenn wir wohl unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie sie sein soll. Wenn du aber auf dieser Basis nun behaupten willst, dass das jüdische Leben im Inland mit dem im Ausland gleichsetzbar wäre bzw. dass es keinen kategorischen Unterschied zwischen beidem gibt, dann lehne ich diese Behauptung ab. Vielleicht weiß das “Durchschnittskind” in Israel weniger von Schwues als deine Kinder, aber die Erfahrung, im jüdischen Land aufzuwachsen, wo man das Fest nicht selber veranstalten muss, damit es überhaupt das Fest gibt, sondern dem Fest gar nicht entkommen kann, vom Fest umgeben und durchdrungen wird, ist unersetzbar. Ganz zu schweigen vom Erlebnis, Schwues auf dem Land zu feiern, zusammen mit jüdischen Landwirten und mit echten Bikkurim! Und nebenbei bemerkt, bin ich der Meinung, dass das Durchschnittskind in Israel immerhin auch quantitativ mehr weiß als das jüdische Durchschnittskind im Ausland (qualitativ ja sowieso).

    4. Man kann sich wohl kaum in die Globalisierung assimilieren, weil man ja eh davon umgeben ist, egal wo man lebt, es sei denn, man kommt gerade aus dem Sahara… Man assimiliert sich also, wenn man es will, in ein zeitgenössisches Judentum, das vielleicht nicht so ganz deinen Vorstellungen entspricht, aber immer die einzige Gesellschaft bildet, auf die es ankommt. Kann sein, dass die Enkelkinder eines Polen, die in Deutschland aufgewachsen sind, sich in den Augen mancher Deutschen im brandenburgischen Hinterland nur einbilden, dass ihre Sozialisierung im globalisierten Deutschland etwas mit Assimilation zu tun hat. Aber schließlich kommt es gar nicht auf jene Deutschen im brandenburgischen Hinterland an – und diese Enkelkinder sind trotz des polnischstämmigen Großvaters i. d. R. doch Deutsche, und zwar nicht nur im Hinblick auf ihre Staatsangehörigkeit.

    Gute Nacht
    Yoav

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