Der hebräische Weltgeist

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Wien. Heidelberg. Berlin: ein israelischer Blick auf Deutschland
un/zugehörig

So spricht der HERR: Das Volk, das dem Schwert entronnen ist, hat Gnade gefunden in der Wüste; Israel zieht hin zu seiner Ruhe. Der HERR ist mir erschienen von ferne: Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.

Wohlan, ich will dich wiederum bauen, dass du gebaut sein sollst, du Jungfrau Israel; du sollst dich wieder schmücken, Pauken schlagen und herausgehen zum Tanz. Du sollst wiederum Weinberge pflanzen an den Bergen Samarias; pflanzen wird man sie und ihre Früchte genießen. Denn es wird die Zeit kommen, dass die Wächter auf dem Gebirge Ephraim rufen: Wohlauf, lasst uns hinaufziehen nach Zion zum HERRN, unserm Gott!

Denn so spricht der HERR: Jubelt über Jakob mit Freuden und jauchzet über das Haupt unter den Völkern. Ruft laut, rühmt und sprecht: Der HERR hat seinem Volk geholfen, dem Rest Israels! Siehe, ich will sie aus dem Lande des Nordens bringen und will sie sammeln von den Enden der Erde, auch Blinde und Lahme, Schwangere und junge Mütter, dass sie als große Gemeinde wieder hierher kommen sollen. Sie werden weinend kommen, aber ich will sie trösten und leiten. Ich will sie zu Wasserbächen führen auf ebenem Wege, dass sie nicht zu Fall kommen; denn ich bin Israels Vater und Ephraim ist mein erstgeborener Sohn.

Höret, ihr Völker, des HERRN Wort und verkündet’s fern auf den Inseln und sprecht: Der Israel zerstreut hat, der wird’s auch wieder sammeln und wird es hüten wie ein Hirte seine Herde; denn der HERR wird Jakob erlösen und von der Hand des Mächtigen erretten. Sie werden kommen und auf der Höhe des Zion jauchzen und sich freuen über die Gaben des HERRN, über Getreide, Wein, Öl und junge Schafe und Rinder, dass ihre Seele sein wird wie ein wasserreicher Garten und sie nicht mehr bekümmert sein sollen. Alsdann werden die Jungfrauen fröhlich beim Reigen sein, die junge Mannschaft und die Alten miteinander; denn ich will ihr Trauern in Freude verwandeln und sie trösten und sie erfreuen nach ihrer Betrübnis. Und ich will der Priester Herz voller Freude machen, und mein Volk soll meiner Gaben die Fülle haben, spricht der HERR.

So spricht der HERR: Man hört Klagegeschrei und bittres Weinen in Rama: Rahel weint über ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen über ihre Kinder; denn es ist aus mit ihnen. Aber so spricht der HERR: Lass dein Schreien und Weinen und die Tränen deiner Augen; denn deine Mühe wird noch belohnt werden, spricht der HERR. Sie sollen wiederkommen aus dem Lande des Feindes, und deine Nachkommen haben viel Gutes zu erwarten, spricht der HERR, denn deine Söhne sollen wieder in ihre Heimat kommen.

(aus Jer. 31)

Heute vor 61 Jahren hat Israel seinen modernen Staat gegründet.

Ein Anlass zum Nachdenken, ein Grund für Freude.

 

 

Veröffentlicht von

www.berlinjewish.com/

Mancherorts auch als der Rebbe von Krechzn* bekannt, heißt der Autor von "un/zugehörig" eigentlich Yoav Sapir. Er ist 5740 (auf Christlich: 1979) in Haifa, Israel, geboren und hat später lange in Jerusalem gelebt, dessen numinose Stimmung ihn anscheinend tief geprägt hat. Nebenbei hat er dort sein M.A.-Studium abgeschlossen, während dessen er sich v. a. mit dem Bild des Juden im Spielfilm der DDR befasst hat. Seit Sommer 2006 weilt er an akademischen Einrichtungen im deutschsprachigen Mitteleuropa: anfangs in Wien, später in Berlin und dann in Heidelberg. Nach einer Hospitanz im Bundestag arbeitet er jetzt selbstständig in Berlin als Autor, Referent und Übersetzer aus dem Hebräischen und ins Hebräische. Nebenbei bietet er auch Tours of Jewish Berlin. * krechzn (Jiddisch): stöhnen; leidenschaftlich jammern.

2 Kommentare

  1. “jauchzet über das Haupt unter den Völkern”

    – das sind so die Bibelphrasen, die andere Völker nicht gar so toll finden müssen. Zum Beispiel die Palästinenser. Aber natürlich nicht nur sie.

    Ein “Wort Gottes” jedenfalls kann das nicht sein.

    Durch solche Bibelphrasen bekommt das “Jauchzen Israels” an die anderen Völker einen etwas schalen Beigeschmack. Das Reden von den “Feinden” (können doch wohl nur “Erbfeinde” sein?) gar nicht mitgerechnet.

    Sind archaische Bibelzitate, zumal solche, wirklich die richtigen Worte, um seiner Freude Ausdruck zu geben?

  2. @ Ingo

    Hmm, dieser etwaige Fehler ist mir gar nicht aufgefallen (ich habe die Übersetzung zugegebenermaßen nicht so richtig gelesen). Eigentlich heißt es “an der Spitze der Völker”, also dass die Jauchzer Israels diejenige der restlichen Völker übertreffen sollen (so notiert es übrigens auch die rev. Elberfelder). “Haupt” fungiert im Hebräischen nämlich auch als Adverb: Der “am Haupt Sitzende” ist der Vorsitzende, “am Straßenhaupt” heißt “(ganz) öffentlich” usw. Daher bedeutet auch hier “am Haupt der Völker” schlicht “an deren Spitze” jauchzen bzw. noch mehr als alle anderen. Um das zu sagen, was du in Luthers Wortwahl erblickst, müsste man die Präposition im hebräischen Originaltext ändern, damit das “Haupt” nicht als Adverb fungieren würde, sondern ein ordentliches Substantiv wäre. Ich würde mal aber davon ausgehen, dass Luther mit seiner Wortwahl, die bei heutigen Zuhörern womöglich schon ganz anders ankommt, so etwas gemeint hat wie “als das Haupt der Jauchzenden unter den Völkern.”

    Ohnehin lautet für mich die eigentliche Frage, ob diese Worte selbst dann, wenn sie zusehends in Erfüllung gehen, wirklich noch als “archaisch” bezeichnet werden können/dürfen/sollen, und in diesem Zusammenhang habe ich sie hier angeführt.

    Was das mit den Palästinensern zu tun haben sollte, weiß ich nicht. Sie haben eh ihren eigenen Staat, der sogar dreimal so groß ist wie Cisjordanien, und wenn sie damit nur zufrieden zu sein wüssten, könnten die Juden wohl erst recht jauchzen.

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