100 Jahre Jüdischer Sozialismus

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Wien. Heidelberg. Berlin: ein israelischer Blick auf Deutschland
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Gestern vor hundert Jahren wurde in Israel, am südlichen Rand des Sees Genezareth, der erste Kibbutz gegründet.

Er hieß Dganja und existiert heute noch, allerdings nicht ohne ideologische Anpassungsschwierigkeiten. Erst vor kurzem entschied sich die Kommune erstmals in ihrer Geschichte für die Einführung ungleicher Gehälter, bemessen nach Leistung und Rang. Doch die gegenseitige Solidarität soll bestehen bleiben.

 

Das Siedlungsland wurde 1904 vom Jüdischen Nationalfonds erkauft. Den Jüdischen Nationalfonds gibt es ebenfalls weiterhin, er ist auch in Deutschland tätig.

Seit 1920 ist Dganja unter dem Namen Dganja I bekannt, denn in jenem Jahr wurde in seiner Nähe der Kibbutz Dganja II gegründet. 

 

Im jüdischen Unabhängigkeitskrieg 1948 wurde der syrisch-arabische Invasor durch die Bauern in den beiden Dganjas gestoppt: No Pasarán!

 

Dieser arabische Panzer erlag nach guter sozialistischer Tradition einem jüdischen Molotowcocktail. Seitdem steht er als Kriegsbeute am Eingang von Dganja I:

 

Heute leben in Dganja I 517 Menschen.

Am Tu-Bischwat 1948, zur Entstehungszeit des jüdischen Staates (aber noch vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung), wurde in Dganja I dieser Baum bepflanzt, der seitdem als der "Staatsbaum" bekannt ist:

 

Solange das souveräne Judentum im eigenen Ländle fortwährt, bleibt auch dieser Baum stehen – und mit ihm trotz aller Schwierigkeiten auch der Traum vom jüdischen Sozialismus, der solidarischen Volksgemeinschaft schlechthin, bestehen.

 

 

Veröffentlicht von

www.berlinjewish.com/

Mancherorts auch als der Rebbe von Krechzn* bekannt, heißt der Autor von "un/zugehörig" eigentlich Yoav Sapir. Er ist 5740 (auf Christlich: 1979) in Haifa, Israel, geboren und hat später lange in Jerusalem gelebt, dessen numinose Stimmung ihn anscheinend tief geprägt hat. Nebenbei hat er dort sein M.A.-Studium abgeschlossen, während dessen er sich v. a. mit dem Bild des Juden im Spielfilm der DDR befasst hat. Seit Sommer 2006 weilt er an akademischen Einrichtungen im deutschsprachigen Mitteleuropa: anfangs in Wien, später in Berlin und dann in Heidelberg. Nach einer Hospitanz im Bundestag arbeitet er jetzt selbstständig in Berlin als Autor, Referent und Übersetzer aus dem Hebräischen und ins Hebräische. Nebenbei bietet er auch Tours of Jewish Berlin. * krechzn (Jiddisch): stöhnen; leidenschaftlich jammern.

1 Kommentar

  1. Kibbutzim im Vergleich

    Danke, ein ganz interessanter Beitrag! Die ökonomischen und sozialstrukturellen Schwierigkeiten der säkularen Kibbutzim und der (nicht zuletzt) demografische Aufschwung der anfangs wenigen, streng religiösen Gründungen sind übrigens zu einem Schlüsselthema der Evolutionsforschung geworden. Hier ist vor allem der israelisch-amerikanische Soziologe Prof. Richard Sosis zu nennen, der die Kooperationsbereitschaft unter säkularen und religiösen Kibbutzbewohnern untersucht hat:
    http://www.anth.uconn.edu/…/sosisandrufflerea.pd

    Dir und den Deinen ein frohes Pessach!

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