Verhalten optimistisch

BLOG: Umweltforsch

Grenzgänger zwischen den Disziplinen
Umweltforsch

Generalprobe in Bonn. Ende Oktober trafen sich die Unterhändler von 190 Staaten, um einen verhandlungsreifen Textentwurf für das Pariser Abkommen zur Klimarahmenkonvention zu finden. Die Stimmung war mies, längst gefundene Kompromisse wurden wieder aufgebohrt und am Ende ging wieder alles nur ums Geld. Jetzt steht die bange Frage im Raum, kommt es in Paris erneut zu einem Scheitern der Klimaverhandlungen wie in Kopenhagen vor sechs Jahren? Unser Klimapolitikexperte Prof. Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung bleibt verhalten optimistisch.

Klimaverhandlungen in Paris im Dezember 2015. Foto: Prof. Dr. Reimund Schwarze/UFZ
Klimaverhandlungen in Paris im Dezember 2015. Foto: Prof. Dr. Reimund Schwarze/UFZ

Im Dezember dieses Jahres treffen sich in Paris die Repräsentanten der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) in einem Großaufgebot: Es haben schon über 120 Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme an den Klimaverhandlungen zugesagt. Eine solche Mobilisierung der Spitzenpolitiker gab es zuletzt nur bei den Verhandlungen in Kopenhagen im Jahr 2009. Und wir erinnern uns, diese Verhandlungen scheiterten grandios. Warum sollte man dieses Mal mehr erwarten?

Der Klimagipfel in Paris ist dieses Mal unter maßgeblichem Einfluss von Diplomaten vorbereitet worden. Er wurde daher nicht als ein großes Einmalereignis wie in Kopenhagen gestaltet, sondern als ein langwieriger stufenweiser Verhandlungsmarathon. Die Unterhändler haben sich in diesem Jahr allein vier Mal in großer Besetzung in Genf und Bonn getroffen sowie zwischenzeitlich etliche Male in kleiner Besetzung in Spezialverhandlungen. Die Verhandlungsziele wurden durch den neuen Prozess der sog. beabsichtigten national bestimmten Beiträge (Intended Nationally Determined Contributions, kurz INDCs) festgelegt. Gleichzeitig wurden die nötigen Finanzhilfen für die Entwicklungsländer auf Treffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds eingesammelt. Heute haben 155 Staaten, die über 90% der Treibhausgase dieser Welt erfassen, ihre INDCs beim Klimasekretariat in Bonn eingereicht und damit grundlegend Ihre Stimme für das Pariser Abkommen abgegeben. Gleichzeitig haben die großen Geldgeber dieser Welt über 64 Milliarden USD als jährliche Hilfeleistung für 2015 zusammengebracht. Damit ist mehr als die Hälfte der erst in 2020 zu erbringenden 100 Milliarden USD pro Jahr schon in diesem Jahr erreicht. Mit diesem abwertend als „Klingelbeutelverfahren“ geschmähten Verfahren hat sich eine überwältigende Mehrheit der Länder der Welt zugleich auf eine neue Grundstruktur internationaler Klimaverträge geeinigt: National bestimmte Beiträge bilden den Sockel für einen mehrjährigen Prozess der Beobachtung und Nachbesserung der Klimaschutzziele. Und den Entwicklungsländern werden dabei von den Industrieländern mit nie dagewesenen, erheblichen Finanzfonds unterstützt. Alle erkennen an, dass Klimaschutz ein schrittweiser Prozess mit langfristiger Perspektive ist. Was die Staaten jetzt nicht schaffen, sollen die Akteure der Zivilgesellschaft, allen voran die private Wirtschaft und die Städte in der sog. „Lösungsagenda“ erreichen.

Aber auch dieser raffinierte Prozess „von unten“ kann nicht die großen Interessengegensätze dieser Welt in Sachen Klimaschutz einfach bewältigen. Jede zusätzliche Verhandlungsrunde der neuen Klimadiplomatie aber kann die Interessengegensätze klarer machen und damit einfacher zu entscheiden, wenn die Staatschefs in großer Zahl dazu kommen. Die Bilder von Kopenhagen, wo Obama, Merkel und Sarkozy sich in totaler Auflösung aller Ordnung ohne verhandlungsreife Textgrundlage einzeln mit Entwicklungs- und Schwellenländern auf Hotelzimmern trafen, sollten sich so nicht wiederholen. Schwierig werden die Verhandlungen trotzdem. Und es gibt immer auch Rückschritte. Ein solcher Rückschritt war unterm Strich die Verhandlungswoche in Bonn. Das vorliegende Verhandlungsdokument für wurde auf über 55 Seiten aufgebläht und ist am Ende voller Widersprüche. Zum Vergleich: Zu Beginn in Kopenhagen waren es über 200 Seiten in noch schlechterer Verfassung, vor allem mit noch mehr Unklarheiten über die zu entscheidenden Konflikte.

Der Kernkonflikt ist dieser:

  • Die Entwicklungsländer verlangen mehr Finanzhilfen als die jetzt zusammen gesammelten 64 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Langfristig wollen sie Finanzhilfen weit über die in Kopenhagen für 2020 versprochenen 100 Milliarden Hilfen hinaus. Und diese Mittel sollen ausschließlich staatliche Beihilfen seien, also nicht etwa private Investitionen oder Kredite, die zurückgezahlt werden müssen.
  • Umgekehrt verlangen die Geberländer eine strenge Kontrolle der Klimaschutzzusagen der Entwicklungs- und Schwellenländer durch Außenstehende. Auf Ihrer Seite besteht das Misstrauen, dass die Mittel nicht zweckgebunden verwendet werden oder durch andere politische Maßnahmen hintergangen werden. Das wiederum empfinden die Empfängerländer vor allem die Schwellenländer wie China und Indien als unzulässige Verletzung ihrer Souveränität.

Viel Geld der Reichen für kontrollierten Klimaschutz der Armen und abgestuft in den Schwellenländern ist zugleich die Lösungsformel für Paris. Deshalb drehte es sich zuletzt in Bonn auch hauptsächlich um die Geldfrage. Doch was sind schon 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für den weltweiten Klimaschutz in einer Zeit, wo 700 Milliarden allein in Europa an praktisch nicht zurückzahlbaren Kreditbürgschaften bewegt werden. Nach den Krisenpolitiken der letzten Zeit auf den Finanzmärkten scheinen das alles lösbare Probleme. Zumal diese Mittel einem Zweck dienen, von denen die Geberländer direkt etwas haben, denn es geht um die Begrenzung des globalen Klimawandels, der im Extremfall auch Klimaflüchtlinge aus den Entwicklungsländern bedeuten kann.

Viel schwieriger als die schiere Summe von 100 Milliarden, um die es hier geht, ist aber die Erwartung der Empfängerländer, dass diese Transferzahlungen ohne private Akteure aus der Wirtschaft, den Städten und Kommunen aufgebracht werden könnten. Das ist nicht nur unrealistisch und erzeugt Verschwendung; es wäre durch den neu geschaffenen Grünen Klimafonds unter dem Dach der UN in Songdo/Korea praktisch gar nicht zu bewältigen. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Die Lösungsformel kann daher nur lauten: In der Zeit bis 2020 müssen die angestrebten Finanzhilfen aus unterschiedlichen Quellen aufgebracht werden. Danach kann es mehr staatliche Hilfen geben, so dass wir vielleicht in 2050 bei den angestrebten 100 Milliarden USD pro Jahr aus öffentlichen Quellen landen. Zeitliches Strecken war auch die Lösungsformel in der heißen Phase der Euro-Krise, sie könnte auch in der bevorstehenden heißen Phase der Klimaverhandlungen zur Lösung helfen.

Strecken müssen wir uns konsequenterweise bei den angestrebten globalen Klimaschutzzielen. Die Verhinderung gefährlicher Störungen des Weltklimas ist nur bei einer Erderwärmung von unter 2°C möglich. Beim neuen Verfahren langsam anwachsender Sockelbeiträge der Länder zum Klimaschutz und zu den Finanzhilfen ist dieses Ziel nicht mehr erreichbar. Es wird wärmer auf dieser Welt werden, als es uns Wissenschaftlern lieb ist, und damit wachsen die Gefahren für die Natur und die Menschen. Das heißt, wir müssen unser Szenarien darauf einstellen und Lösungen entwickeln, um uns besser auf diese Gefahren vorzubereiten. Das bedeutet sicher auch größere Einschnitte im weltweiten Wohlstandsniveau als sie bei einem ambitionierten Vorgehen entstünden. Aber das ist allein eine Entscheidung der Weltgemeinschaft, die mit Ihrer Zustimmung zum jetzigen Verfahren der national festgelegten Beiträge dazu bereits implizit ihr „Ja“ gegeben haben. Der Abschied vom Zweigradziel – oder vom 1,5°C Ziel, welches die Entwicklungsländer fordern – gelingt nur, wenn das Schutzziel eingebettet wird in einen langfristigen Zielkatalog, der unterschiedliche Ziele umfasst, darunter ein anhaltendes grünes Wachstum der Wirtschaft und der Städte. Das bringt uns einer effektiven Klimapolitik näher.

Avatar-Foto

Reimund Schwarze ist Klimaexperte im Department Ökonomie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Als Professor für Volkswirtschaftslehre hält er Vorlesungen an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Seine Forschungsschwerpunkte sind ökonomische und juristische Untersuchungen zur Klimapolitik. Er beobachtete in den letzten Jahren die Klimakonferenzen der UNO und berichtete davon im UFZ-Klimablog.

34 Kommentare

  1. Paris bedeutet Kyoto für alle 194 Länder anstatt nur für die industrialisierten OECD-Länder.
    Damit gehen auch China und andere Schwellen- und Entwicklungsländer Verpflichtungen ein. Das kann nur geschehen, wenn diese neu zu verpflichtenden Länder mitmachen wollen.
    Dafür spricht aber die im Vorfeld von Paris bereits bekannt gegebenen beabsichtigen Emissionsreduktionen Chinas, welches bis 2030 seinen Emissionspeak erreichen will und eben all die abgegeben INDC’s der Staaten, die an der Klimakonferenz in Paris teilnehmen.

    Wenn all die abgegegebenen INDC’s (Intended Nationally Determined Contributions) auch eingehalten werden, ist mit total noch 2.7 Grad Celsius Erderwärmung zu rechnnen. Das ist bereits ein Riesenfortschritt gegenüber früher, wo noch Erwärmungen höher als 3 Grad Celsius zu erwarten waren.

    Paris ist wichtig, weil mit den Schwellen- und Entwicklungsländern jene Länder verpflichtet werden, welche für den Grossteil der zukünftigen Emissionen verantwortlich sein werden. Diese Länder wachsen wirtschaftlich sehr stark was bis jetzt auch immer mit stark zunehmenden CO2-Emissionen verbunden war, denn Häuserbau, Transport, Klimatisierung und Erzeugung von Elektrizität sind bis jetzt alles Aktivitäten die CO2 freisetzen. Diese Länder werden wegen dem Klimawandel nicht auf die wirtschaftliche Entwicklung verzichten. Sie werden Unterstützung benötigen um sich entwckeln zu können ohne dass die Emissionen ansteigen.

    • Ich bin da im Moment pessimistischer: Selbst in Deutschland sieht es nur so aus: http://www.umweltbundesamt.de/daten/klimawandel/treibhausgas-emissionen-in-deutschland

      Und das, obwohl bei uns der Wille zur und die Spürbarkeit der Energiewende wahrscheinlich deutlich überdurchschnittlich sind. Ich sehe derzeit nicht, dass wir unsere Selbstverpflichtung einhalten. Erklärtes Ziel der Bundesregierung: 1 Mio. Elektroautos bis 2020. Wo sind die? Reicht allein das Herunterfahren der ältesten Kohlekraftwerke? Ich denke nein.

      Das Kyoto-Protokoll, deutlich bindender als INDCs, wurde nicht eingehalten. Und wenn selbst das Erreichen der INDCs (wie gesagt: nicht realistisch) schon zu +2,7 K führt, dann gute Nacht.

      • Vielleicht haben wir ja Glück und es kommt eine niedrigere Temperatur heraus, weil eine niedrigere Temperatur als die wahrscheinlichste herauskommt. Auf dieser Hoffnung sollte man aber keine Politik aufbauen.

        Optimismus könnte man höchstens daraus ziehen, dass jetzt wesentlichen Akteure Ziele für den Ausstoß genannt haben und man das mit der Hoffnung verknüpfen könnte, dass die Ziele in Zukunft verschärft werden.

      • Ich bin kein Freund und überzeugter Anhänger von freiwilligen Selbstverpflichtungen in der Umweltpolitik; sie sind zumeist gescheitert und waren nicht zielführend. Aber mehr ist nach dem Scheitern des Kyoto-Ansatzes in den Klimaverhandlungen gerade nicht möglich. Und der Prozess der INDCs stellt wenigstens sicher, dass es keine “Überraschungen” wie die Nicht-Ratifikation (in den USA) oder nachträgliche Ausstritte (wie Kanada) gibt.

    • Ich bin ganz Ihrer Meinung, aber die letzten Entwicklungen in China machen noch einmal deutlich, wie wichtig es sein wird, ein Common Reporting Format für Emissionen in Paris zu verankern und – auf lange Sicht – durch eine unabhängige globale Statelliten-Monitoring Infrastruktur zu ergänzen.

  2. Ja, wie soll das ‘anhaltend[] grüne[] Wachstum der Wirtschaft und der Städte’ mit Entwicklungsvorhaben in ‘Entwicklungsländern’ vereinbar sein?
    Vielen Dank für die Schilderung des ‘Kernkonflikts’ und die Schilderung weiterer Spezifika (z.B. : ‘1,5°C Ziel, welches die Entwicklungsländer fordern’ (Leserfrage: Warum eigentlich?)).

    Netter Vergleich btw:
    ‘Doch was sind schon 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für den weltweiten Klimaschutz in einer Zeit, wo 700 Milliarden allein in Europa an praktisch nicht zurückzahlbaren Kreditbürgschaften bewegt werden.’

    MFG + Danke für die Nachricht aus dem “Labor”!
    Dr. W

  3. 1,5°-Ziel der Entwicklungsländer

    Die Entwicklungsländer werden vom Klimawandel tendenziell schwerer betroffen, sie möchten deswegen eine sicherer Grenze der Erwärmung.

  4. Genau das selbe Phänomen wie bei den Veröffentlichungen der WHO zuletzt erleben wir verschärft auf dem Gebiet der Klimaforschung. Auf der einen Seite gibt es messbare und beeinflussbare Faktoren für das Klima, wie z.B. die Treibhausgase. Auf der anderen Seite gibt es die Entwicklung des Klimas selbst, die wir nur ansatzweise verstehen. Das Klima ist genau so ein komplexes nichtlineares und chaotisches System wie der menschliche Körper. Eine Forderung, die Temperaturentwicklung auf einen Wert x zu begrenzen zeugt vom Sieg der Politiker und der Wirtschaft über die Naturwissenschaften. Weder wissen wir, wie genau die Temperaturbegrenzung erreicht werden kann noch können Grenzwerte als wissenschaftliche Prognose mit hinreichend genauen Modellen und Fehlergrenzen definiert werden.
    Die obige Aussage zur Verhinderung gefährliche Klimaveränderung bei einer Erwärmung von weniger als 2 Grad ist Scharlatanerie und hat aus meiner Sicht mit Wissenschaft nicht mehr viel zu tun.
    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich halte die wissenschaftliche Diskussion über die Klimaveränderungen, ihre Ursachen und Auswirkungen für wichtig und gut. Aber ich halte die Forderung nach Entscheidungen auf der Basis von wissenschaftlichen Modellen, deren Relevanz mehr oder weniger plausibel, aber natürlich nie oder selten durch die Realität bestätigt ist, für völlig falsch.

    • Würden Sie denn aus der Tatsache, dass “[der menschliche Körper] ein komplexes nichtlineares und chaotisches System” ist*, folgern, dass man keine Antibiotika mehr geben soll, weil “deren Relevanz mehr oder weniger plausibel, aber natürlich nie oder selten durch die Realität bestätigt ist”?
      Die Bekämpfung einer Krankheit ist nämlich das exakte Analogon aus der Medizin (“menschlicher Körper”) zum Ziel der Verhinderung einer gefährlichen Klimaänderung.
      Auch in der Medizin genest nicht jeder Kranke, selbst wenn man die richtigen Medikamente gibt. Auch in der Medizin genesen Kranke manchmal auch ohne Medikamente. Man kann auch in der Medizin nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Sollten wir deswegen keine Medikamente mehr geben?
      Das ist genau analog zu unseren Bemühungen der Emissionsreduktion.

      *was im Übrigen wissenschaftliche Quellen sowohl für Teilaspekte unserer Biochemie als auch das globale Klima bestreiten. Globales Klima ist nicht Wetter.

      • Die Bekämpfung einer Krankheit ist aus verschiedenen Gründen überhaupt nicht mit der “Bekämpfung” der Klimaänderung zu vergleichen. Ich möchte dazu nur zwei aus meiner Sicht wesentliche Aspekte anführen:
        – Im Gegensatz zur Klimaänderung ist die Kenntnis über den Verlauf einer Krankheit in sehr vielen Fällen statistisch relativ gut mit gemessenen Werten abgesichert. Und in vielen Fällen sind sogar die biologischen Prozesse bekannt, wie die Krankheit sich unter welchen Rahmenbedingungen entwickelt. Von beiden Sachverhalten sind wir beim Klima noch weit entfernt.
        – Der Wirkmechanismus von Antibiotika ist inklusive der Nebenwirkungen sehr gut erforscht und bekannt. Beim Klima hingegen ist es völlig ungewiss, ob heutige Aktionen zum “Klimaschutz” später die Erwärmung um 1,5 oder um 0,015 Grad beeinflussen. Bei vielen der Klimamodelle könne diese Schwankungen des Endergebnisses durch geringfügige Änderungen von Parametern im Modell erreicht werden.

        Mit Ihren Aussagen zu Wahrscheinlichkeiten in der Medizin haben Sie völlig Recht, die Wahrscheinlichkeiten der Wirkung von Medikamenten sind gegen die Wahrscheinlichkeiten der Nebenwirkungen abzuwägen. Wenn man beim “Klimaschutz” dies genau so machen würde, wäre das aus meiner Sicht eine gute Grundlage. ich kann jedoch vor allem in der öffentlichen Diskussion davon nichts erkennen, selbst im wissenschaftlichen Veröffentlichungen finden die Fehlerdiskussionen zu den modellierten Zusammenhängen oft nur sehr ungenügend statt.

        Es gibt viele gute Gründe für Emissionsreduktion, vor allem die direkten und bekannten schädlichen Wirkungen auf Mensch und Natur. (analog zum Beispiel Krankheit und Medizin). Die Beeinflussung des Klimawandels gehört aus meiner Sicht nicht dazu.

        • Es ist selbstverständlich nicht genau bekannt, ab welcher Erwärmung der Klimawandel gefährlich wird, die Grenze könnte auch unter 2° C liegen. Je tiefer man sie ansetzt, umso sicherer ist sie, umso schwieriger wird es, sie einzuhalten. Und es hängt auch davon ab, was man unter “gefährlich” verstehen will. Wenn man politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich reagieren will, braucht man wohl einen Wert, auf den man sich trotz unsicherer Kenntnisse einigt.
          Wenn man auf eine Nebelwand zufährt, muss man bremsen und nicht Gas geben.

          • ‘joesachse’ trägt hier “Standardargumentation” vor, seine Bedenken sind richtig, nie zuvor ist ein hoch komplexes System dieser Größenordnung theoretisiert und wissenschaftlich angegangen worden, die Erdtemperatur, die gemessene, ist “nur” ein Modell oder einem Modell folgend, die Messstationen an sich sind unzureichend, zahlenmäßig, vielversprechender schon Satelliten-Daten, und das wissenschaftliche Vorgehen ist neu(artig).
            IT ist hier erstmalig in dieser Größenordnung am Start etc.

            Die CO2-zentrierte Theoretisierung könnte sich in der (Prognose-)Größe vertun, die heutige Datenlage lädt nicht dazu ein die Klima-Sensitivität so zu bestimmen, wie zurzeit gehabt, die Auswirkungen könnten schwächer ausfallen, vielleicht wird es erst in 500 Jahren so warm wie für 21 oder 22 prädiktiert.

            Nichtsdestotrotz muss politisch bearbeitet werden und auch verhandelt werden, der Schreiber dieser Zeilen hat nicht den Eindruck, dass mit Herrn Schwarze und seinem Team die Falschen am Start sind.

            Was abnervt, ist das Geld rausgeht und dass nicht klar ist, welchen Nutzen derartiger Versand haben wird, korrekt.
            Das wissenschaftliche Bemühen zurzeit, Herr Rahmstorf bspw. klingt hier recht schlau, könnte iO gehen.
            Das Marketing aus dem Hause PIK nervt bisweilen, korrekt, dort sind wohl auch Lyriker (“Die Erde / das Klimasystem bebt.’ etc.) am Start.

            MFG
            Dr. W

        • Wie kommen Sie darauf, dass medizinische Dinge besser verstanden seien als das Klima? Es ist einfach eine rein subjektive Einschätzung Ihrerseits, das Klima sei nicht verstanden. Es ist verstanden. Es ist sehr gut verstanden.
          Genauso gut könnte man behaupten, die Evolutionstheorie stimmt nicht, weil wir kein Experiment zur Artentstehung haben. Oder es sei gar nicht klar, ob es den Holocaust wirklich gab, solange er unwiederholt bleibt. Die Paläoklimatologie und die atmosphärische Planetologie wären völlig widersprüchlich ohne CO2 und viele grundlegenden Fragen sind sehr gut gelöst mit der einschlägigen Treibhausgaswirkung. Dafür spricht auch, dass Klimatologen genau wie Astrophysiker (Planetologen) sich mit solchen Basisfragen nicht mehr beschäftigen, denn das ist einfach Grundlagenwissen. Dort geht es um ganz andere Details.
          Die Fehlergrenzen sind bekannt und eng genug. Und mit dem Stand der Erkenntnis ist die Wahrscheinlichkeit genauso groß, dass wir handeln müssen, wie bei einem wirklich ernsthaft erkrankten Patienten. Niemand würde auf eine 10%-prozentige Heilungschance ohne Intervention vertrauen, wenn eine solche möglich und angesichts der potentiellen Schäden sehr gut bezahlbar ist (aber die ökonomischen Schätzungen sind nicht mein Fachgebiet).

          • @Wizzy
            Die Beispiel, die Sie nennen, beziehen sich auch historische Entwicklungen und sind daher sehr wohl durch historische Fakten verifizierbar und deshalb nicht mit der Klimaforschung und deren Prognosen und Modellen vergleichbar. Dies wären sie allenfalls dann, wenn Wissenschaft aufGrundlage der Evolutionstheorie Modelle aufstellen würden, wie sich Flora, Fauna und der Mensch in 100 Jahren entwickelt haben werden.

            Dass das Klima verstanden ist halte ich für eine sehr subjektive Wahrnehmung ihrerseits. Wenn man unabhänging von herrschenden Meinungen die wissenschaftlichen Veröffentlichungen beobachtet, dann gibt es da sehr viele unterschiedliche Ansichten und Modelle, die aufbauend auf historischen Werten unter Berücksichtigung physikalischer Gesetze sehr unterschiedliche Temperaturentwicklungen für die Zukunft zeigen. Dies ist die erste große Unsicherheit in den Forschungen. Die zweite große Unsicherheit besteht darin herauszufinden, wie sich diese Temperaturentwicklungen tatsächlich auswirken, auch dort finden intensive wissenschaftliche Diskussionen statt.

            Sehr zu meinem Leidwesen werden aber die wissenschaftlichen Diskussionen zu den genannten Themen immer mehr ideologisiert, die Politik mischt sich ein und Wissenschaft verlassen die Plattform wissenschaftlicher Auseinandersetzungen.
            Der Gipfel ist es dann, wenn Wissenschaftler politische Forderung nach Verboten der Veröffentlichungen wissenschaftlicher Meinungen äußern oder gar das Argument der Meinungsmehrheit als ein Argument für die Richtigkeit wissenschaftlicher Theorien bringen.

          • @ joesachse :

            Es gibt viele “Köstlichkeiten” bei diesem erstmaligen Versuch ein derartig “chaotisches”, gemeint: hoch komplexes System, wie das terrestrische Klimasystem verstehen zu suchen und beschreibend, erklärend und prädiktierend zu werden.
            Ein paar Anmerkungen zu Ihrer Nachricht:

            Dass das Klima verstanden ist halte ich für eine sehr subjektive Wahrnehmung ihrerseits.

            Das terrestrische Klimasystem kann nicht ‘verstanden’ werden, was geht, ist sich seiner Funktionsweise anzunähern, im Verständnis, wobei dies ein Prozess zu bleiben hat.
            Bspw. die Wirtschaftswissenschaften sind auch nichts anders unterwegs, dort ist einiges aber einfacher.

            Wenn man unabhängi[]g von herrschenden Meinungen die wissenschaftlichen Veröffentlichungen beobachtet, dann gibt es da sehr viele unterschiedliche Ansichten und Modelle, die aufbauend auf historischen Werten unter Berücksichtigung physikalischer Gesetze sehr unterschiedliche Temperaturentwicklungen für die Zukunft zeigen. Dies ist die erste große Unsicherheit in den Forschungen.

            Dies ist Voraussetzung für die Bearbeitung eines derartigen Systems,
            Eine derartige ‘Unsicherheit’ und dbzgl. wissenschaftliche Meinungsvielfalt muss es geben.
            ‘Herrschende’ Meinungen gibt es im Wissenschaftlichen also hierzu nicht, bspw. war Herr Rahmstorf so freundlich hier ein wenig zu erklären.
            Im Politischen gibt es dann Meinungsdruck, diesem gilt es zu widerstehen.
            Ebenfalls ist es problematisch, wenn führende Wissenschaftler zugleich Aktivisten sind, wie bspw. James Hansen es war.

            Es gibt hier auch eine wichtige Unterscheidung zu den Wirtschaftswissenschaften, der Wirtschaftswissenschaftler, der zugleich auch Statistiker und Stochastiker sein darf bis muss, verfügt über Erfahrung, die ihm idealerweise ermöglicht wirtschaftliche Systemen mit bereits betrachteten zu vergleichen, er hat vergleichbare Datenbasen zur Hand.

            Die Entwicklung des terrestrischen Klimas findet aber leider leider einmalig und unvergleichbar statt, die ausgefeilten Klimamodelle liefern insofern einen Prädiktionsrahmen oder ein Konfidenzintervall angenommene Erwärmung betreffend.
            Die Klimatologie, die streng auf der anthropogenen zusätzlichen Ausgasung bestimmter Stoffe basiert, wird so leider als ganze unfalsifizierbar.
            Wird es bspw. bis 2100 gar nicht wärmer, selbst wenn der atmosphärische CO2-Gehalt mit ca. 20-30 ppm pro Dekade ansteigt, werden dadurch die Projektionen und naturwissenschaftlichen Modellrechnungen nicht falsch, wenn es nicht wärmer wird, das Ergebnis aber im Konfidenzintervall liegt.
            Selbst wenn es nicht im Konfidenzintervall liegt.

            Unsinnig wird das Gesamtvorhaben so aber keineswegs.

            Die zweite große Unsicherheit besteht darin herauszufinden, wie sich diese Temperaturentwicklungen tatsächlich auswirken, auch dort finden intensive wissenschaftliche Diskussionen statt.

            Ebenfalls eine “Kunst für sich”.

            Eine “dritte große Unsicherheit” besteht darin Maßnahmen, die Maßgaben folgen, zu definieren und umzusetzen, die mitigierend wirken könnten.
            Herr Schwarze und sein Team nagen hier, der Schreiber dieser Zeilen, der hier einen durchaus guten Eindruck gewonnen hat, wünscht viel Erfolg.

            MFG
            Dr. W

          • PS:
            Es gibt auch noch einen Hans von Storch, der bspw. hier sehr nett, teilweise auch übertrieben defensiv, für die Klimatologie wirbt.
            Es sind für einige genau derartig Vortragende, die Vertrauen schaffen.
            Wobei der Schreiber dieser Zeilen gerade hier beim “Umweltforsch” ebenfalls gute Nachricht hat entnehmen können, jedenfalls: vertrauensbildende, anderswo oft auch.

          • @joesachs

            Nun, unser Wissen des Klimas stammt aus historischen und planetologischen Daten und ist demnach ebenfalls und genauso verifizierbar.
            Betrachten wir mal die wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Deren Bandbreite ist weitgehend im IPCC wiedergegeben. Über AGW herrscht im Rahmen der gesamten Bandbreite aller Veröffentlichungen (auch der nicht im IPCC erwähnten) über grundsätzliche Fragen Konsens, genauer dass AGW der Main Driver des aktuellen Klimas ist, dass die Erwärmung selbst bei hypothetisch stagnierendem CO2-Levels nicht beendet ist und dass weiteres CO2 weitere Erwärmung bedeutet, solange keine Vulkane, Flächenbrände oder starken La Ninas den Trend kurzfristig unterbrechen. Es gibt ein paar einzelne Klimatologen die Temperatur- / Meeresspiegelanstieg etwas höher einschätzen (Spread in model climate sensitivity traced to atmospheric convective mixing, Nature 2014: 1,5-5°C climate sensitivity gegenüber 1,5-4,5 °C im IPCC 2013 – Bericht), aber nicht niedriger – die vorliegenden Daten reichen aus wissenschaftlicher Sicht seit langem, AGW als gefährlich einzugrenzen; ebenso ist die 2°C-Grenze im Rahmen des bisherigen Wissens relativ* vernünftig. Diskutiert werden natürlich die Details im Rahmen der angegebenen Spannen – diese sind nicht unwichtig, aber die zentrale These dass der CO2-Ausstoß große Auswirkungen hat, bleibt in jedem Fall bestehen (*die Schwelle katastrophaler Gefährlichkeit ist nicht exakt bekannt, aber bei meines Wissens jeglicher Risikoabwägung auch im Alltag ist das niemals so; die Risiken des Klimas sind z.B. weit besser verstanden und genauer eingegrenzt als die Gefahren des Terrorismus, die Gefahren eines modernen Krieges, die Gefahren der Atomkraft u.a.).

  5. 100 Milliarden Dollar Klimagelder pro Jahr sind genau so viel wie die gesamte heutige Entwicklungshilfe. Doch 100 Milliarden sind weltweit verteilt tatsächlich wenig Geld. Damit könnte man 50 Kohlekraftwerke a 1000 Megawatt bauen, etwas was die Chinesen zwischen 2000 und 2010 tatsächlich jedes Jahr gemacht haben. Natürlich sind die Gelder nicht für den Bau von Kohlekraftwerken vorgesehen. Ganz ausgeschlossen ist es aber nicht, dass sie auch für solche Zwecke eingesetzt werden. Jedenfalls können sich die Industriestaaten mit diesen 100 Milliarden Dollar pro Jahr nicht das Wohlverhalten der Entwicklungsländer kaufen. Dafür ist es dann doch zuwenig.

  6. @Webbaer

    “Die CO2-zentrierte Theoretisierung könnte sich in der (Prognose-)Größe vertun, die heutige Datenlage lädt nicht dazu ein die Klima-Sensitivität so zu bestimmen, wie zurzeit gehabt, die Auswirkungen könnten schwächer ausfallen, vielleicht wird es erst in 500 Jahren so warm wie für 21 oder 22 prädiktiert.”

    Die Klimasensitivität kann bei jetziger Datenlage auch unterschätzt werden, dass vergessen sog. Klimaskeptiker gerne. Statt 1,5° oder 2° C am unteren Ende des Bereichs wären auch 4,5° C möglich. Der wahrscheinliche Wert liegt um oder knapp unter 3°C. Bis man besseres weiß, muss man damit arbeiten.

    “Das Marketing aus dem Hause PIK nervt bisweilen, korrekt, dort sind wohl auch Lyriker (“Die Erde / das Klimasystem bebt.’ etc.) am Start.”

    Das sagen Sie als Oberlyriker hier?

    • @ Herr Stefan :

      Der atmosphärische CO2-Gehalt lag in prähistorischer Zeit, also vielleicht vor 6.000 Jahren, bei ca. 180-200 ppm, zurzeit bei über 400 ppm, er wächst bald mit +20 ppm / Dekade.
      Eine Zunahme der (modellierten) Erdtemperatur im Sinne der postulierten Klima-Sensitivität von ca. + 2,5 C bis ca. 9 C (so ganz “Mutige”, die sich verstärkendes Feedback annehmen) ist nicht nachweisbar.
      Die GISS-Daten deuten auf ca. +0,8 C seit 1880 hin, sie sind auch ganz bemerkenswerten Neu-Aggregationen unterworfen, wie Ihr Kommentatorenfreund findet:
      -> https://web.archive.org/web/*/http://data.giss.nasa.gov/gistemp/tabledata_v3/GLB.Ts+dSST.txt

      Da geht’s schon mal mehr als zehn Punkte hoch und runter für die monatlich bestimmten Aggregationen.

      Mögliche Verzögerungseffekte sind dem Schreiber dieser Zeilen bekannt, sie werden u.a. als sogenannten CO2-Senken erklärt und kommuniziert, nichtsdestotrotz ist die Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehalts seit vielleicht 6.000 Jahren klar.

      BTW, Lyriker sollen Feedback-Gebende und nur sekundär Inhaltsbeitragende gerne sein, Marketing aus dem Hause PIK geht auch OK, es darf aber angemängelt werden.
      Der hier ist auch nicht schlecht:
      -> http://www.zeit.de/2009/14/DOS-Schellnhuber (K-Probe: ‘Nun, die Chance, dass das gesamte Wissenschaftssystem hier irrt, liegt wohl unter einem Prozent.’)

      MFG
      Dr. W

      • Ich denke nicht, dass Sie für diese Problematik des Klimawandels eine ausreichende Kompetenz haben. Ich selbstverständlich auch nicht. soweit mein Verständnis reicht, ist die Argumentation von Rahmstorf etc. aber überzeugender.

        Der vorindustrielle Wert der CO2-Konzentration wird m.W. mit um die 270 ppm angegeben. Woher Ihr Wert stammt, weiß ich nicht. Ich kenne die Fachliteratur nicht, laut wikipedia (die falsch liegen kann), war 260ppm schon ca. 10 000 vor Christus erreicht.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Klimageschichte#Das_aktuelle_Eiszeitalter

        • Doch, doch, Herr Stefan, Dr. W ist lange Zeit “Datenarbeiter” gewesen und kann recht gut verstehen, wie physikalische Modellierung und Theoretisierung des Klimawandels problematisch sein kann.
          Zudem ging er auch ca. fünf Jahre bei Herrn Georg Hoffmann von den ScienceBlogs.de in die Lehre.
          Ihnen ist die schier unglaubliche Größe dieses wissenschaftlichen Vorhabens vielleicht unklar, es handelt sich um nichts weniger als das größte wissenschaftliche Vorhaben bisher, nur möglich geworden wegen der heutzutage bereit stehenden IT.

          Das mit den ca. 180 ppm in prähistorischer Zeit war schon richtig:
          -> https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdioxid_in_der_Erdatmosph%C3%A4re

          MFG
          Dr. W (der ganze “klimakritische” Aufsätze schreiben könnte, der übrigens nie grundsätzlich gegen die Klimawissenschaft argumentiert, wie der Kommentatorenkollege weiter oben)

          • Danke für den link, danach habe ich gesucht. In dem von Ihnen verlinkten Artikel lese ich aber auch: “Die Analysen von Eisbohrkernen führten zu dem Ergebnis, dass das atmosphärische CO2-Niveau vor dem Beginn industrieller Emissionen im Bereich zwischen 260 und 280 ppm lag. Diese Konzentration blieb im Verlauf der letzten 10.000 Jahre weitgehend stabil.”

            Also nicht vor 6000 Jahren, wie Sie sagten. Ich kann Ihr Argument nicht nachvollziehen. Seit der letzten Eiszeit hat sich die CO2-Konzentration erhöht und es ist schon prähistorisch wärmer geworden. Der Höhepunkt der Erwärmung seit der Eiszeit ist offenbar schon überschritten.

            “Eine Zunahme der (modellierten) Erdtemperatur im Sinne der postulierten Klima-Sensitivität von ca. + 2,5 C bis ca. 9 C (so ganz “Mutige”, die sich verstärkendes Feedback annehmen) ist nicht nachweisbar.”

            Da müssten Sie schon deutlicher werden. Der Satz scheint widersprüchlich zu sein. Modellierte zukünftige Temperaturen können selbstverständlich jetzt nicht nachgewiesen werden. Die Klimasensitivität wird vom IPCC m.W. mit 1,5°-4,5° C angegeben.

            “Ihnen ist die schier unglaubliche Größe dieses wissenschaftlichen Vorhabens vielleicht unklar, es handelt sich um nichts weniger als das größte wissenschaftliche Vorhaben bisher, nur möglich geworden wegen der heutzutage bereit stehenden IT.”

            Ich kann nicht mit Experten auf Augenhöhe diskutieren (habe nur zwei Semester Physik studiert), wundere mich aber, dass sich viele für Experten halten. Vielleicht ist Ihnen die Komplexität des Themas auch nicht ausreichend bewusst. Schreiben Sie doch ganze “klimakritische” Aufsätze und stellen Sie sich der wissenschaftlichen Fachdiskussion.

            Prähistorisch: Die prähistorische Zeit endet mit der Erfindung der Schrift, also je nach Kultur, in Ägypten und im Zweistromland um 3000 v. Chr.

          • Die Klimasensitivität wird vom IPCC m.W. mit 1,5°-4,5° C angegeben.

            Vgl. :
            -> https://de.wikipedia.org/wiki/Klimasensitivit%C3%A4t#Bandbreite_der_Forschungsergebnisse_.28ECS.29

            Da ist man bei +2 C bis +3 C als “am wahrscheinlichsten”, wobei Werte bis +9 C genannt werden, die Bauphysik sozusagen +1,2 C nahelegt.
            Wer sparsamer als +2 C ist, wird in der Regel angegriffen.
            Recherchieren Sie gerne i.p. Lennart Bengtsson und nehmen Sie gerne auch den seinerzeitigen (und hoffentlich nicht mehr öffentlich ausgetragenen, zumindest nicht so) Disput zwischen Hans von Storch und Stefan Rahmstorf zur Kenntnis.

            MFG
            Dr. W (der zudem anrät das Autoritätsargument zu unterlassen, die Klimawissenschaften sind eine interdisziplinäre Veranstaltung, die Folgenbearbeitung, das PIK ist ja eine Klimafolgenverstaltung, ist ohnehin für “Ich und Du”, also i.p. Maßgabe und Maßnahme politisch unterworfen)

      • @Dr.Webbaer: Zitat aus verlinktem Zeitartikel: “Der neue US-Präsident Obama etwa scheint tatsächlich das halten zu wollen, was er im Wahlkampf versprochen hat”

        Da haben sie aber eine alte Zeitung ausgegraben.

  7. Sieh an, welch’ Überraschung, die Erdölindustrie betreibt offenbar Desinformation:

    “Die New Yorker Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Falschangaben zum Klimawandel gegen den Ölmulti ExxonMobil. (…) Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehe die Frage, ob der weltgrößte Ölkonzern Öffentlichkeit und Anleger über mögliche Folgen des Klimawandels belogen hat. Exxon soll Anleger nicht ausreichend über die finanziellen Risiken des Klimawandels, beziehungsweise der dadurch nötig gewordenen Begrenzung fossiler Brennstoffe, informiert haben. Über mindestens zehn Jahre soll Exxon Studien finanziert haben, um die Klimaforschung zu beeinflussen.”

    http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-11/klimawandel-exxonmobil-luege-oeffentlichkeit?page=5#comments

  8. @joesachse

    Bevor man Klimamodelle auf die Zukunft loslässt, lässt man sie das vergangene, bekannte Klima simulieren und kann sie so kalibrieren.

    • Da wird ja auch gemacht und diese “Kalibrierung” wird ja auch immer besser. Die Fortschritte seit dem 4. IPCC-Bericht sind erkennbar. Allerdings gibt es dabei das Problem, dass flächendeckende Daten höchstens für die letzten Jahrzehnte existieren und deshalb auch die “Kalibrierung” nur mit Einschränkungen bzw. hohen Fehlern möglich ist.

  9. Das Autoritätsargument haben Sie ins Spiel gebracht, als Sie auf ihre Kompetenzen als “Datenbearbeiter” hingewiesen haben. Aus meiner Perspektive ist dann ein Stefan Rahmstorf oder Michael Mann die höhere Autorität als Sie.
    Grundsätzlich möchte ich selbstverständlich die Argumentation verstehen und soweit meine Kräfte reichen, schnitten die sog. “Skeptiker” und Relativierer schlecht ab. Zur Zeit sprießen nicht nur die Klimaexperten wie Pilze aus dem Boden, sondern auch die Poppers und Wissenschaftstheoretiker, die endlos auf einem allgemeinem Niveau über die problematische Datenlage und das Wesen von Theorie und Modellierung räsonieren können. In den Zeilen oder zwischen den Zeilen lese ich dann eigentlich immer Zweifel, dass es so schlimm kommen könnte, wie es z.B. das IPCC in den verschiedenen Szenarien vertritt. Dass man sich auch in die andere Richtung, einer beträchtlichen Unterschätzung der globalen Erwärmung vertun kann, wird gerne verdrängt.
    Selbstverständlich lässt sich die Theorie der anthropogenen Erwärmung falsifizieren, in dem man nämlich eine andere Ursache, einen anderen Klimatreiber finden würde.

    • @ Herr Stefan :

      Das Autoritätsargument haben Sie ins Spiel gebracht, als Sie auf ihre Kompetenzen als “Datenbearbeiter” hingewiesen haben.

      Nachdem Sie Kommentatoren-Kompetenz in Frag gestellt haben.

      Aus meiner Perspektive ist dann ein Stefan Rahmstorf oder Michael Mann die höhere Autorität als Sie.

      Na hoffentlich! – Oder ernster gemeint: Es geht hier nicht um Autorität, sondern um Kompetenz, hier dann dito: Na hoffentlich!
      Ansonsten bleibt das wissenschaftliche-ökonomische-politische Großvorhaben “terrestrisches Klimamanagement” [1] interdisziplinär und letztlich auch politisch.

      Selbstverständlich lässt sich die Theorie der anthropogenen Erwärmung falsifizieren, in dem man nämlich eine andere Ursache, einen anderen Klimatreiber finden würde.

      Nicht ‘als ganze’, das war hier die wichtige Einschränkung,
      Und das gro-oße Forschungsobjekt findet ‘einmalig’ statt, das war auch als wichtich angemerkt.
      Zu den ‘anderen Klimatreibern’, also da gibt es schon unterschiedliche sogenannte Forcings (das Fachwort), nicht nur das atmosphärische CO2, also mehr in die Klima-Modellerei einzuarbeiten als den Kohlenstoffzyklus (das Fachwort); Sie möchten sich vielleicht dbzgl. noch ein wenig fitten. [2]

      MFG
      Dr. W

      [1]
      Eine Klimatologie, die sich um die terrestrische Temperatur bemüht, würde selbst dann Sinn machen, wenn das mit dem CO2 und so “alles falsch wäre” (was der Schreiber dieser Zeilen keineswegs glaubt).

      [2]
      Klingt jetzt vielleicht ein wenig arrogant, war aber ganz primär um die Sache bemüht angemerkt, mit Samthandschuhen, die in Watte gepolstert sind, argumentieren Sie in dieser Kommentatorik ja auch nicht.

  10. @Dr. W.
    Vielen Dank für die ausführliche Antwort auf meinen Beitrag und vor allem für den Link auf das Interview mit Professor Rahmsdorf. Sehr interessant, diese Sätze aus seinem Munde zu lesen.

    Ich möchte hier nur noch kurz erklären, welches grundlegende Problem ich mit mit dem Thema Klimaforschung habe.
    Die Interpretation der Ergebnisse der Klimaforschung ist zu einem Werkzeug der Politik geworden. Die Klimaforschung liefert Begründungen für politische Entscheidungen. Ob diese Begründungen aber richtig sind, wird erst die Zukunft in einigen Dekaden zeigen. Ein für Politiker idealer Zustand, welcher die Verifizierung der Wirksamkeit politischer Entscheidungen in die weite Zukunft schiebt und damit die Notwendigkeit der mit diesen Entscheidungen verbundenen kurzfristigen Änderungen nicht verhandelbar macht. Es geht schließlich um die Zukunft unserer Kinder und Enkel.
    Diese Sache erzeugt bei mir große Bauchschmerzen, da ich mich noch gut an mein Leben in der DDR erinnere und auch damals nicht überprüfbare Theorien als Grundlage für die Einschränkung der Freiheit der Menschen dienten. Dabei spielt auch eine Rolle, dass bei den Menschen Angst vor dem Klimawandel erzeugt wird. Diese Prozesse finden heute und jetzt statt.

    Dies alles hat aber gar nichts mit der Klimaforschung und den Klimaforschern an sich zu tun.

    Ich bin mir übrigens gewiss, dass die Generationen meiner Kinder und Enkel sich erfolgreich an kommende Klimaänderungen anpassen werden mit Technologien, die heute eher Träume oder Sciencefiction sind.

    • “Die Interpretation der Ergebnisse der Klimaforschung ist zu einem Werkzeug der Politik geworden. Die Klimaforschung liefert Begründungen für politische Entscheidungen.”

      Die Politik wäre glücklich, wenn ein Wissenschaftler mit einem Geniestreich nachweisen könnte, das CO2 klimatisch weitgehend wirkungslos und die globale Erwärmung nur eine kurzfristige, natürliche Fluktuation ohne Bedeutung wäre. Das sieht man ja an der endlosen Prozession von Klimagipfeln mit unzureichenden Ergebnissen bezüglich der Einhaltung des 2°C-Ziels.

      In jeder Wissenschaft gibt es Zweifel und Kritik, das gehört dazu. Auf den Tagungen der Deutschen physikalischen Gesellschaft dürfen auch immer “Spinner” vortragen, die Einsteins Theorien bezweifeln und “widerlegen”.

      Die grundlegenden Zweifel an der Klimaforschung aber wurden hauptsächlich von interessierten Kreisen gesät, deswegen mein Hinweis auf ExxonMobil vom 6. November. Berüchtigt ist vor allem das Heartland Institute, es wurde früher auch von General Motors unterstützt, bis der Konzern seine Ansicht zum Klimawandel änderte:

      https://de.wikipedia.org/wiki/The_Heartland_Institute

    • @ joesachse :

      Die “Klimatologie mit dem CO2-zentrierten Erwärmungstrend” ist sozusagen für einen biozentrischen Kollektivismus politisch tauglich.
      Was einigen Sorge bereitet.
      BTW, hier bei Umweltforsch sind dem Schreiber dieser Zeilen gelegentlich auch Gastbeiträge des Doktoranden (noch?) Bartosz Bartkowski positiv aufgefallen, zum Beispiel:
      -> https://scilogs.spektrum.de/umweltforsch/oekonomische-bewertung-natur-wurzel-boesen/

      Der Schreiber dieser Zeilen hofft in diesem Zusammenhang, dass es nicht ganz so schnell wärmer wird, wie die sogenannten IPCC-Sachstandsberichte annehmen; dies würde dann Druck oder Spannung aus der Sache herausnehmen…

      MFG
      Dr. W

Schreibe einen Kommentar