Tusk ist die Klimakonferenz egal

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Ein Kommentar von Gastautor Nick Reimer aus Warschau

Die Welt der Klimadiplomaten ist sehr stark reglementiert. Stand, Anstand und Verhaltensregeln spielen eine enorme Rolle – so wie überall in der Diplomatie. Schon wer die ihm zugebilligte Redezeit überschreitet, macht sich unbeliebt.

Auf der Klimakonfernz von Bali gab es 2007 extra einen Beschluss, die Anzugsordnung aufzuheben, des heißen Wetters wegen. Und als die Präsidenten Obama, Sarkozy, Medwejdew, Lula und Co 2009 zum Klimagipfel nach Kopenhagen anreisten, wurde die damalige Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard abgelöst. Die Dänin war nur Umweltministerin, und anderer Staaten Präsidenten verhandeln nicht auf diesem Niveau. So musste in Kopenhagen der damalige Premierminister Lars Løkke Rasmussen übernehmen, damit war die klimadiplomatische Verhandlungs-Hierarchie wiederhergestellt.

Insofern ist das, was heute in Polens Regierung passierte, ein Schlag ins Gesicht der Klima-Diplomaten. Umweltminister Marcin Korolec ist nicht mehr Umweltminister, sondern nur noch “Klima-Beauftragter” der Regierung. Der rechtskonservative Premierminister Donald Tusk hat innenpolitisch einige Probleme und demnächst stehen Wahlen an. Seine Umfragewerte sind schlecht und mit einer Kabinettsumbildung versucht der Premier wieder Dynamik in seine Arbeit zu bekommen.

Marcin Korolec als polnischer Umweltminister und Veranstaltungspräsident auf dem Weltklimagipfel 2013 in Warschau.
Marcin Korolec als polnischer Umweltminister und Veranstaltungspräsident auf dem Weltklimagipfel 2013 in Warschau. Foto: Nick Reimer

Dass Tusk die Kabinettsumbildung ausgerechnet zu einem Zeitpunkt vornimmt, zu dem der Klimagipfel dringend positive Impulse braucht, zeigt, was Polens Premier vom Klimagipfel hält: nämlich nichts. Ohne Probleme hätte Tusk bis Montag mit seiner Kabinettsumbildung warten können, so aber schwächt er die Konferenzpräsidentschaft, die doch wesentlich zum Gelingen eines UN-Gipfels beitragen muss.

Entweder hat Donald Tusk diesen Umstand billigend in Kauf genommen und innenpolitische Scharmützel über die Interessen der Weltgemeinschaft gestellt. Oder aber er hat sich überhaupt keine Gedanken über das Signal gemacht, das er an die Klimadiplomatie und die anderen angereisten Umweltminister aus der ganzen Welt gesendet hat.

So oder so: Wie Tusk agiert, ist ein Skandal.

 

1 Kommentar

  1. Es gibt noch eine andere Interpretation: Tusk wollte mit dem gleichzeitig zum Klimagipfel stattfindenden Kohlegipfel und jetzt mit der Herabstufung des Umweltministers allen klar machen: Polens Interessen gehen vor. Wenn Polen Kohle wichtig findet, dann müssen die andern das akzeptieren, wenn Polen den Umweltschutzminister degradiert, dann ist das allein eine innere Angelegenheit von Polen. Mit andern Worten: Nationale Interessen gehen vor. Seid froh, wenn Polen überhaupt irgendwie mitmacht!

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