Was bringt 2016?

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Astronomisch hat das neue Jahr einiges zu bieten: Gleich am Jahresanfang, am 9. Januar, findet eine sehr seltene Planetenkonjunktion statt: Venus, die als Morgenstern schon wieder auf dem Weg zur Sonne ist, steht so nah beim Saturn wie normalerweise nur dessen Monde.

Freeware Stellarium zeigt die Okularansicht der Konjunktion.
Freeware Stellarium zeigt die Okularansicht der Konjunktion.

Für das bloße Auge verschmelzen also die beiden Planeten am Himmel und werden nicht mehr unterscheidbar sein. Was wohl die “Weisen aus dem Morgenlande” interpretieren würden? – Man weiß es nicht, denn Saturn war babylonisch “die Sonne der Nacht” und eher negativ konnotiert und Venus = Ischtar, die Göttin der erotischen(!) Liebe und des Krieges und eher positiv konnotiert. Für die griechisch-römische Astrologie war Saturn der Planet der Weisheit und Venus die Göttin der Liebe (allgemein, also auch der Freundschaft, der elterlichen Liebe etc.) – also, was die moderne Astrologie daraus macht, keine Ahnung. Ich kann nur sagen, was man am Himmel sieht.

Ansicht der Planetenkonjunktion überm Horizont.
Ansicht der Planetenkonjunktion überm Horizont.

Mondfinsternisse sind in den kommenden Jahren eher Mangelware, denn die einzige MoFi dieses Jahr ist eine Halbschattenfinsternis am 23. März.

Die zwei Sonnenfinsternisse sind leider nicht in Europa beobachtbar: Die SoFi am 8.(9. März sieht man in Indonesien und dem südlichen Pazifik, während die SoFi am 1. September im südlichen Afrika beobachtet werden müsste.

Ein besonderes Ereigenis bietet aber der Mai, denn am 9.5. ist mal wieder Merkurtransit: Das ist ja auch sowas wie eine Sonnenfinsternis, nur dass Merkur so winzig erscheint, dass er die Sonne nicht verdecken kann und nur als Pünktchen so groß wie ein kleinerer Sonnenfleck erscheint.

Merkur ca. beim ersten Kontakt, simuliert mit Stellarium. Für Nürnberg, Eintritt gegen Mittag, ca. 13 Uhr.
Merkur ca. beim ersten Kontakt, simuliert mit Stellarium. Für Nürnberg, Eintritt gegen Mittag, ca. 13 Uhr.
Merkurtransit 2016, Austritt ca halb neun, (20:30 Uhr) am Abend. Bitte Kontaktzeiten messen und Beobachtungsposition dazu notieren! :-)
Merkurtransit 2016, Austritt ca halb neun, (20:30 Uhr) am Abend. Bitte Kontaktzeiten messen und Beobachtungsposition dazu notieren! 🙂

Wie auch Venustransits genutzt wurden, um die Dimensionen des Sonnensystems abzuschätzen (vgl. meine Reproduktionsberichte von 2012 und Buch von Andrea Wolf), hatte diese Idee ja aufgrund von Halleys Beobachtungen des Merkurtransits im 17. Jh. erst richtigen Aufwind bekommen.

Man kann also auch mit Merkurtransits die Entfernung zur Sonne bestimmen, denn die Geometrie und die Keplerschen Gesetze sind ja dieselben. Allerdings sind Merkurtransits wohl schwieriger beobachtbar, weil Merkur kleiner ist als Venus, weiter entfernt und der Tröpfcheneffekt u.a. Beobachtungsstörungen aber gleich.

BEOBACHTUNGSAUFRUF: Wir können ja einmal unser Glück versuchen! Wer mir Beobachtungsdaten schicken wird, also Kontaktzeiten misst oder Photos macht, auf denen Sonnendurchmesser und Merkurdurchmesser auf das Pixel genau vermessbar sind, der bekommt von mir die Auswertung (sofern ich Vergleichsdaten habe).

Hier ist meine Lehreinheit zum Venustransit, bei der die Methode und Evaluation beschrieben ist.

Ich habe diesmal keine Expeditionen ausgestattet, denn erstens ist dieses Event nicht so deutlich (publikumswirksam, d.h. für alle Schüler tauglich) und zweitens sollte das Sonnendistanzmethode-Venustransit-Projekt(e) meine letzten werden, bei denen ich gratis gearbeitet hatte. Ich hatte die Entwicklung von Lehreinheiten ja eigentlich als (eines meiner) Promotionsprojekte gemacht, aber da mich die Didaktiker immer nur ausnutzten und leider nie etwas zurück gaben, sehe ich das einfach nicht mehr ein. Dann mache ich lieber glücklich die Forschungen, die mich selbst interessieren und die Arbeit, für die ich bezahlt werde, als weiterhin ehrgeizige Projekte, die so furchteinflößend für Professoren sind, dass da nichts zurück kommt.

 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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