T CrB -wird spannend!

Bereits letztes Jahr habe ich dem Medienhype um einen Stern im Sternbild Nördliche Krone (CrB) ein paar nüchterne Betrachtungen entgegengestellt. Ein Hochstapler mit Prof-Emeritus-Titel hatte das Gerücht gestreut, dass der Stern letztes Jahr August/September eine Eruption machen solle. Das ist nicht passiert und das ist auch nicht überraschend: Faktisch gibt unser Wissen über diesen Stern und Sterne dieses Typs allgemein solch genaue Vorhersagen gar nicht her. Wir wissen auch nicht genau, wie hell der Stern werden wird, wenn er denn endlich ausbricht (2 mag, 4 mag, 6 mag … vieles ist möglich) – sicher sollte das aber in nächster Zeit passieren: wenn nicht letztes Jahr, dann eben dieses (oder nächstes…). Besonders ist das, weil dieser Stern normalerweise fürs menschliche Auge unsichtbar ist (darum hat er auch keinen Namen, sondern nur eine Nummer) und so selten ausbricht, dass es derzeit nur ca. zwei oder drei Menschen auf der Welt gibt, die ihn gesehen haben: ein 95-jähriger Brite wurde kürzlich für seine Erstsichtung am 9. Feb. 1946 geehrt: als 15jähriger Schuljunge!

Spannend ist aber, was die Kollegen von der Thüringer Landessternwarte (TLS) in Tautenburg (bei Jena) kürzlich meldeten (unter dem Link gebe ich kursiv eine deutsche Übersetzung): 

Plötzlicher Anstieg der Akkretionsrate

Diese Meldung wurde am 11. Februar ausgesendet und deutet auf interessante Veränderungen im Doppelsternsystem hin, so dass der mit Spannung erwartete Ausbruch nun wahrlich naht:

https://astronomerstelegram.org (ATel #17030)

Wir berichten über einen starken Anstieg der Höhe der Emissionslinien im Spektrum der wiederkehrenden Nova T CrB. Wir beobachten dieses System mehr oder weniger regelmäßig mit dem Echelle-Spektrographen im Coudé-Fokus unseres 2m-Alfred Jensch-Teleskops in Tautenburg seit etwa einem Jahr. Wir verwenden einen Wellenlängenbereich von 4590 bis 7350 Angström und eine Auflösung von R=65000. Dieser Wellenlängenbereich deckt die Halpha- und Hbeta-Balmer-Linien sowie mehrere He I- und He II-Linien ab, die in der Emission gezeigt werden und von der Akkretionsscheibe um den massereichen Weißen Zwerg herrühren. Während der letzten 2,5 Wochen haben wir eine konstante Zunahme der Höhe der Wasserstoff-Emissionslinien gemessen. Die Äquivalentbreite der Wasserstofflinien verdoppelte sich vom 21.01.2025 bis zum 09.02.2025. Auch das Linienprofil änderte sich deutlich von einer doppelspitzigen Form mit zentraler Absorption zu einer einzelnen Emissionsspitze.

Ähnlich wie bei Astronomer’s Telegramm #16912 beginnen auch die He-Emissionslinien wieder aufzutauchen, die im Dezember letzten Jahres verschwunden waren. Die Äquivalentbreite der Heliumlinien hat seit dem 21.01.2025 um mehr als das Vierfache zugenommen. Dies zeigt sich in den Linien He I 5875, 6678 und 7065 sowie in der Linie He II 47686. In der He I 5876-Linie erschien ein zweiter rotverschobener Peak bei 5876 Angström zusätzlich zu dem bereits vorher sichtbaren blauverschobenen Peak bei 5874. Das kurze Auftreten der He-Emissionslinien im Spektrum von T CrB im November letzten Jahres fiel mit einer Spitze in der Lichtkurve von T CrB zusammen. Derzeit ist jedoch noch kein Anstieg der Lichtkurve zu beobachten. Die aktuellen spektralen Veränderungen deuten auf einen starken Anstieg der Akkretionsrate hin, der schließlich zu einem Novaausbruch führen wird, wie er für dieses oder nächstes Jahr vorhergesagt wird (z. B. Schaefer et al. 2023). Wir werden diese Quelle weiterhin beobachten. Darstellungen der spektralen Veränderungen finden Sie auf der zitierten Website:

TLS Webseite

Webseite der Tautenburger Beobachtungskampagne von T CrB.

Nachtrag 16. Februar

Es bleibt spannend: Hier gleich das nächste ATel zum Thema #17041

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Kultur-Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Studienbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, jobbedingt 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten 2022), Jerusalem+Tel Aviv (Israel 2023), Hefei (China 2024), Semarang (Indonesien 2017, 2024), USA (2024, 2025)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte(n) - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglicht, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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