Saturnbedeckung heute

Der 4. Januar ist ja jedes Jahr ein besonderer Tag: schließlich durchschreitet die Erde ihren sonnennächsten Punkt (heute um 14:28 uhr MEZ) und oft hat auch der sternschnuppenreichste Meteorstrom des Jahres, die Quadrantiden, sein Maximum. Nun sind Januarnächte meist recht ungemütlich kalt, so dass sich die meisten Leute lieber im August auf Sternschnuppenjagd begeben.

Allerdings hatte der heutige 4. Januar, ein Saturntag (engl: Satur(n)day) eine seltene Saturnbedeckung für uns parat (mit etwa ringlosem Saturn). Nachdem es gestern Abend hier schneite, habe ich die Gestirne vorgestern, an einem Donnerstag (Donar Wettergott, Sohn des Gottes Wotan/Odin, dessen Tag der Mittwoch wäre, engl. “Wednesday” für “Wotantag”/ niederländisch “woensdag”) gesehen. 

Bei mir war es (natürlich) bewölkt: Odin und sein Hexen- und Kriegergefolge sind offensichtlich mit der “Wilden Jagd” noch nicht ganz fertig; die Nacht scheint semi-rau zu werden; mal klar, mal Wolken in verschiedenen Schichten: das bringt Regen/ Schnee. Eine besonders dunkle Wolke zog während des Austritts von Saturn am hellen Mondrand vorüber. (Die Wetterregeln der alten Germanen treffen also immer noch halbwegs zu, auch wenn es inzwischen deutlich wärmer geworden ist auf diesem Planeten: das Klima der Gemäßigten Breiten eben.)  

Dennoch gelangen mir ein paar Beweisfotos, dass die Sache (hinter Wolken) wirklich stattgefunden hat. 

Smartphone-Bilder

um 18:27 war Saturn (links oberhalb vom Mond) noch da.
um 18:37 aber nicht mehr… dafür wurde es etwas klarer: Venus und Mond sind klar abgebildet.
18:27 Uhr

Dann wölkte es wieder zu und bei Austritt sah es, wie gesagt, auch düster aus. Ich fuhr schwerere Register auf, nämlich die gute alte Spiegelreflex-Kamera – aber auch damit war Saturn nicht deutlich. Nur anschließend am Bildschirm konnte ich einen Lichtfleck nachweisen und zwar ca. 10 min nach dem (berechneten) Austritt.  

Spiegelreflex mit starkem Tele guckt auf Saturnbedeckung durch den Mond
Saturn neben Mond; 19:45 Uhr MEZ
Ausschnitt eines Bilds mit der Canon EOS 600D

Nachdem es dann wieder zu wölkte, verkroch ich mich wieder an den Rechner: die düsteren Wolken der Raunächte brauche ich mir nicht anzuschauen. 🙂 

Apropos “Altes Brauchtum”

Feuerwerk ist kein altes Brauchtum in Europa (kommt aus China) – auch nicht zu Silvester. Das kam erst im 20. Jh. auf, in der Nachkriegsgeneration (sehr guter Artikel bei Deutschlandfunk Kultur, zeigt klar, dass das Abbrennen von Geld in der Luft ein Phänomen des Wirtschaftswunders ist und das bis vor wenigen Jahr(zehnt)en dies nur Leute mit Waffenschein durften: übrigens ja bis heute – zumindest für 363 Tage des Jahres). 

Altes Brauchtum der Raunächte, also zwischen der Sonnenwende und dem Dreikönigstag (Epiphanias) ist hingegen: 

  • man soll keine Wäsche raushängen (angeblich, damit sich die Wilde Jagd nicht darin verfängt, d.h. man sich keine böse Geister einfängt – in realitas aber, weil das Wetter instabil ist und es relativ kurzfristig zu regnen/schneien oder stürmen anfangen kann) 

Ein besser zur feierlichen, nachdenklichen, rekapitulierenden und neu aufbrechenden Stimmung an Weihnachten/ Silvester-Neujahr passender Brauch: 

  • Räuchern (weihnachtliche Räuchermännchen sind ein Relikt davon), um die bösen Geister auszutreiben
  • am Abend des 20. oder 21.12. (Sonnenwendtag, also längste Nacht des Jahres) schreibt man 14 Wünsche fürs nächste Jahr auf kleine Zettelchen und in den Raunächten vom 24.12. bis 06.01. verbrennt man jeden Abend eines dieser Zettelchen: Der Wunsch geht dann als Rauch in den “Äther” und wird von den guten Geistern und Göttern erfüllt. 
    (Können Sie ja nächstes Jahr mal ausprobieren. Man kann dem Ganzen heutzutage auch mit Wunderkerzen = “versprühen von Wundern” nachhelfen.)
  • Das ist übrigens auch der Grund, weshalb man mit Geräuschen die bösen Geister vertreibt: in Österreich/ Süddeutschland findet man Krampus-Züge (die bösen Geister) prominent und relativ verbreitet in der Vorweihnachtszeit, aber wenn ich mich recht entsinne, haben die auch mit den Raunächten zu tun.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

2 Kommentare

  1. What a fascinating observation of the Saturn occultation! Your detailed account and photos really bring this rare astronomical event to life. The mix of modern astronomy with Germanic folklore adds such an interesting cultural dimension to your stargazing experience. Corruptbox

  2. Immer schade, wenn man eine bestimmte Planetenkonstellation fotografieren will und die Wolken einem einen Strich durch die Rechnung machen.

    Ist das Objektiv an der 600D ein Walimex 800mm?

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