SAAO – South African Astronomical Observatory

wenn man schon in Kapstadt ist, sollte man sich dies auf keinen Fall entgehen lassen. Das South African Astronomical Observatory (SAAO) wurde gebaut, nachdem mehrere kleinere, provisorische Beobachtungsstationen den europäischen Land- und Himmelsvermessern gedient hatten. Es ist auf einem Hügel errichtet worden, der (aus biologischen Gründen) Schlangenhügel genannt wird und der seinerzeit aus dem sumpfigen Umland heraus ragte, auf dem man sich schwerer bewegen und schon gar nicht wissenschaftliche Instrumente aufstellen konnte. 

Die historische Bibliothek der Sternwarte reicht bis Lacaille zurück, denn der hatte ja hier in Kapstadt das Sternbild Mensa (Tafelberg) erfunden, als er in den 1750ern Land und Himmel vermaß.

Für die moderne Populärastronomie aber viel wichtiger ist, dass diese Sternwarte auch die Sternbilder der indigenen Khoikhoi, San (bei Kapstadt), Zulu (bei Johannisburg), Kora und Xhosa erforscht. Diese Sternbilder sind inzwischen auch in der populären Planetariumssoftware Stellarium für den Heimcomputer enthalten. Sie sind aber auch im Observatorum in Kapstadt an eine Deckenkonstruktion gemalt worden.

Am berühmtesten ist wohl die Sammlung von indigenen Geschichten durch die Europäer Wilhelm Bleek und Lucy Lloyd, die im Jahr 1884 unter dem deutschen Titel “Mythen und Märchen der Buschmannvölker” erschienen. Zwar würde man heute einen solchen Buchtitel nicht mehr vertreten können (ebenso wie viele Vokabeln bei Karl May), da es sich eben bei dem vermeintlichen Sammelbegriff südafrikanischer Ureinwohner um zahlreiche verschiedene ethnische Gruppen handelt. Allerdings wurde das im 19. Jahrhundert noch nicht so differenziert gesehen. Diese beiden Europäer haben zwei Afrikaner, die wegen eines falschen Verdachts im Gefängnis inhaftiert waren, ausführlich zur Astronomie ihrer Heimatkultur befragt, ihre Geschichten aufgeschrieben und bildlich dokumentiert.

Bilddokumente werden im Observatorium unter dem künstlichen Sternhimmel an der Decke ausgestellt:

Und hier das Ergebnis an der Decke:

Ich kam in den besonderen Genuss dieser Demonstration, weil ich vor ein paar Jahren in Zusammenarbeit mit dem SAAO die südafrikanischen Sternbilder in Stellarium implementiert habe. 

Milchstraße und Sternbilder gemalt, Sterne durch Löcher modelliert
ohne Sternbeleuchtung sieht man die Figuren besser

Auch moderne Astronomie

Beobachtungsstuhl
Fernrohre
astronomische Uhren

Außer den künstlerischen Deckenkonstruktionen mit indigenen Sternbildern, den üblichen historischen Fernrohren des 19. Jahrhunderts mit astronomischen Uhren, (zumindest Spuren von) Meridianinstrumenten und einem historischen Beobachtungsstuhl hat die Sternwarte natürlich auch einen kleinen Vorlesungssaal. Dort trugen während der IAU-Tagung auch einige internationale Gäste vor. Als ich dort war, trug beispielsweise eine junge Lehrerin aus Guatemala, wie sie Schülern das Thema Neutronensterne nahebringt – die anschließende fachliche Diskussion mit Neutronenstern-Experten, bei der wir gemeinsam erschlossen, welche schönen Effekte es auf ihnen gibt, war sicher für Lehre wie auch für Forschung inspirierend.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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