Riesenfernrohr an neuem Standort
BLOG: Uhura Uraniae
Seit Dienstag, dem 16.12. steht das Rathenower Riesenfernrohr komplett montiert an seinem neuen Standort, am Rand des öffentlichen Optikparks. Nach Osten stehen einige Bäume ca 5m entfernt, so dass sie zwar nicht die Bewegung, aber das Gesichtsfeld des Fernrohrs einschränken. In alle anderen Himmelsrichtungen haben wir jedoch freie Sicht.
Das Rathenower Riesenfernrohr ist ein Brachymedial, das in seinen Abmessungen am ehesten vergleichbar ist mit dem Berliner Riesenrefraktor der Archenholdsternwarte: Beide haben ungefähr den gleichen Durchmesser und die gleiche Brennweite, nur dass das Archenholdsche Fernrohr ca 65 Jahre älter ist. (Fertigstellung 1896, während das in Rathenow 1953 fertig wurde)
Archenhold | Rolf | |
Durchmesser | effektiv 68 cm | 70 cm |
Brennweite | 21 m | 20,80 m |
Damit rangieren beide in den Top-Ten der größten Teleskoplinsen der Welt, denn deren bauliche Grenze liegt aus verschiedenen Gründen des Materials und vor allem der Halterung bei ungefähr einem Meter (Yerkes).
Das Rolfsche Fernrohr aber ist viel raffinierter konstruiert als das Archenholdsche Fernrohr und hat daher einen nur halb so langen Tubus:
Archenhold | Rolf | |
Tubuslänge | 21 m | 10,50 m |
Der hier verwendete Fernrohrtyp, Medial, war zu Archenholds Planungszeit noch nicht erfunden: Der Fertigstellungstermin für die Himmelskanone war 1896 zur Gewerbeausstellung, aber die theoretischen Grundlagen für die Mediale wurden erst drei Jahre später von Schupmann veröffentlicht. – In der materialknappen Nachkriegszeit, in der Rolf seine Pläne verwirklichte, war das natürlich eine gewaltige Errungenschaft!
Beinahe wären die beiden Giganten sogar in Berlin nebeneinander gestellt worden. Es gibt wage Erinnerungen der ehemaligen Leitung der Archenhold-Sternwarte und auch Stadtgerüchte in Rathenow, dass Herr Rolf selbst das Fernrohr der Sternwarte angeboten habe. Leider konnte diese das Angebot jedoch nicht annehmen. Die genauen Umstände konnten noch nicht rekonstruiert werden. – Der ehemalige Direktor, Prof. Dr. Dieter B. Herrmann, verweist auf das Schriftenarchiv "seiner" Sternwarte, das eventuell Antworten bergen könnte: Wir werden sehen.
Viele Details zur Technik und Entwicklung des Brachymedialfernrohrs lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Sterne und Weltraum (SuW 1/09) von der Frau, die es nun buchstäblich in- und auswendig kennt. 😉
Lit.: Ein Höhepunkt der Optikgeschichte – Das Rolfsche Brachymedialfernrohr in Rathenow, S. 88 ff. (Susanne M. Hoffmann, in SuW 1/09)
Lesen Sie gerne auch die ganze Geschichte, wie das Fernrohr – diesmal binnen nur ca. drei Wochen! – seit Anfang Dezember von der Bruno Bürgel Schule in den Optikpark versetzt wurde: Beginn hier
Karte von Rathenow, farbig ist der Optikpark, der rote Kreis markiert ungefähr den Fernrohr-Standort.
Mein Blogbericht über den Optikpark.
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