Lichtmess: Frühlingsanfang heute!

Der zweite Februar ist einer der katholischen Feiertage, der seine Wurzeln im heidnischen Kulturkalender hat. Heute ist die Mitte zwischen Wintersonnenwende und Frühlingstag- und -nachtgleiche, der Tag des heidnischen Frühlingsanfangs (so dass Mittfrühling auf der Tag-und-Nachtgleiche liegt, so wie Mittsommer auf der Sonnenwende). 

Der Sonnenaufgang verbarg sich heute im Morgennebel, aber der Nachmittag hielt mir diese hübschen Lichtspiele vor: so genannte Nebensonnen. Sie entstehen in hochgelegenen Wolken aus feinem Eis. 

Der katholische Feiertag “Mariä Lichtmess” ist ein Relikt davon, dass die katholische Gottesmutter eine ägyptische Muttergöttin (Isis) war und damit auch Fruchtbarkeitsgöttin. Wir haben zwei große Marienfeste im mitteleuropäischen Kalender: Mariä Lichtmess Anfang Februar und Mariä Himmelfahrt Mitte August (analog zum heutigen Frühlingsanfang ist Mitte August Herbstanfang, also die Mitte zwischen der Sommersonnenwende und der Herbsttag- und -nachtgleiche). 

Die zwei Marienfeste beschreiben also die zwei Fruchtbarkeitsfeste: Zum Frühlingsanfang heute wird die Göttin/ Gottesmutter beschworen zurückzukehren, zum Herbstanfang wird sie verabschiedet. 

Im Alt-Griechischen findet sich dieses Lichtmess-Fest übrigens auch, und es war unmittelbar mit dem delphischen Kult verknüpft. Im alten Griechenland (obschon deutlich südlicher als wir, aber der Mittpunkt zwischen den beiden Jahreshauptpunkten ist ja der gleiche) begrüßte man den Licht-Gott Apollon (dessen Heiligtum in Delphi lag, zu dem man ihn zurückzukehren sehen glaubte) und seine Schwester, die Fruchtbarkeitsgöttin Demeter. Diese göttlichen Geschwister kehrten der Vorstellung nach aus dem Land der Hyperboreer (Ὑπερβορέα), das im Fernen Nordosten verortet wird, wieder nach Griechenland zurück, brachten Licht, Wärme und Fruchtbarkeit. (Die Wikipedia behauptet, dass das paradiesische Land Hyperborea im Nordwesten liege, aber das Sonnenlicht kommt nunmal aus dem Osten: ex oriente lux … so auch Apollo.)

Bei ihrer Rückkehr ritten sie übrigens auf einem riesigen Pfeil am Himmel entlang – und dieser Pfeil befindet sich heute als Sternbild Sagitta noch immer an unserem Sternhimmel. Am Abendhimmel werden Sie es nicht finden – denn es steht in der Morgendämmerung nur kurz sichtbar überm östlichen Horizont. 

Sommerdreieck in der Morgendämmerung
Morgendämmerung (ca. 06:30):
Sommerdreieck in der Morgendämmerung, ca. 06:30 Uhr
Sagitta in der Mitte des Sommerdreiecks

here comes the Sun

lustigerweise gerade am Folgetag morgens im Briefkasten

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Studienbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, jobbedingt 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017+2024 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten 2022), Jerusalem+Tel Aviv (Israel 2023), Hefei (China 2024)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

8 Kommentare

  1. Mit welcher Methode haben unsere Vorfahren die Tag- und Nachtgleiche festgestellt? Wenn man das visuell mit einer Uhr versucht, kommt man wegen der Refraktion zu einem früheren Tag.

    • es gibt zahlreiche Methoden – von aber einen Tag zu früh oder zu spät ist schon genauer als die meiste Zeit lang machbar. Uhren wie heute sind eine Sache der Zeitgeschichte, ca. 100 Jahre alt und zu der Zeit stand das im Kalender. Es kommt also drauf an, welche “Vorfahren” man meint: die Höhlenmenschen haben es sicher anders gemacht als die Erbauer von Stonehenge oder die Astronomen im Alten Babylon… Sonnenauf- und -untergangspunkte (genau Ost/West) beobachten, Sternbilder in der Dämmerung beobachten, Dauer der Tageslänge messen… der Möglichkeiten gibt es viele.

  2. Ich befinde mich, wie fast jedes Jahr, seit ich in Rente bin, im Winterhalbjahr in Brasilien.
    Beim Lesen des Artikels ist mir eingefallen, dass hier am 2.Februar ja auch das afro-brasilianische Ljemanjá-Fest aus dem Candoblé-Kult gefeiert wird.
    Es ist interessant zu erfahren, dass sich dieses Datum – unabhängig voneinander – in so vielen Kulturen der Welt festgesetzt hat.

    • Brasilien ist auf der Südhalbkugel, da ist es also Herbstanfang. Die alten Völker (Inka, Maya etc.) konnten aber in der Tat diese Jahreshauptpunkte (Solstitien, Äquinoktien) und deren Mittelpunkte bestimmen. Sie haben da bestimmt auch etwas gefeiert, aber das heutige Brauchtum ist typischerweise christlich übergestülpt. In Chile z.B wird Anfang Mai ein “Fest des Kreuzes” gefeiert, was natürlich christliches Kreuz ist, aber eben auch das indigene Fest des Winteranfangs.

  3. Liebe Frau Hoffmann, ich bin sehr angetan von Ihrem blog. Es ist herrlich, ein solches Wissen zur Verfügung zu haben und damit spielen zu können. Ich möchte Ihnen aus Sympathie einen Vorschlag machen: sie könnten einen nachhaltigen Urlaub bei uns verbringen: in der Mani im Süden Griechenlands, wo wir 2 neue Ferienhäuser gebaut haben, alleine gelegen hoch über dem Meer, ohne Lichtverschmutzung mit freiem Blick in die Milchstrasse. Ich bin Mediziner, nach abgebrochener Karriere vor 40 Jahren in dieser atemberaubenden Landschaft gelandet. Es würde mich sehr freuen, Sie kennen zu lernen! Schauen Sie mal: http://www.villas-alisseos.com

  4. Sehr geehrte Frau Hoffmann,

    danke für den interessanten Text! Ich war letzten Sonntag selbst bei einer Messe und habe um ehrlich zu sein, nicht sonderlich viele Gedanken an den Hintergrund von Maria Lichtmess in den vergangen Jahren gehegt.
    Die verweise auf vorchristliche Religionen halte ich aber etwas fraglich, schließlich gab es solche Vermutungen auch über Weihnachten oder Ostern die sich größtenteils als falsch (sol invictus und Jul sind erst nach dem Weihnachtsfest entstanden, bei Ostern ist der Rückgriff auf Osteria nur von einem einzelnen Mönch aus dem 8 Jahrhundert angenommen und eher fraglich).

    habe deswegen Perplexcity gefragt, ob es mir einen faktencheck geben könnte. Was halten sie persönlich von solchen Instrumenten, bzw. den Nutzen dazu? Würden sie KI´s als Fakten Checker geeignet halten? Würde mich interessieren 🙂
    Ich hoffe ich trete ihnen mit meinem Kommentar dabei nicht zu nahe, das wäre nicht meine absicht.

    Hier die Antwort der KI:

    1. Mariä Lichtmess und seine Wurzeln
    Katholischer Feiertag: Mariä Lichtmess (2. Februar) ist ein christliches Fest, das auf die Darstellung Jesu im Tempel zurückgeht. Es markiert den Abschluss der Weihnachtszeit und hat seine Ursprünge im jüdischen Gesetz von Moses, wonach Frauen 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes ein Reinigungsritual vollziehen mussten 134.

    Verbindung zu heidnischen Bräuchen: Es gibt Hinweise darauf, dass Mariä Lichtmess Elemente heidnischer Traditionen wie dem keltischen Imbolc-Fest übernommen haben könnte, das den Beginn des Frühlings feierte. Dies ist jedoch eine Vermutung und keine gesicherte historische Tatsache 4.

    2. Astronomische und atmosphärische Phänomene
    Mitte zwischen Wintersonnenwende und Frühlings-Tagundnachtgleiche: Der 2. Februar liegt tatsächlich nahe an der Mitte zwischen diesen beiden astronomischen Ereignissen, was ihn in vorchristlichen Kulturen symbolisch bedeutsam machte.
    Nebensonnen: Die Beschreibung der Nebensonnen ist korrekt. Sie entstehen durch Brechung von Sonnenlicht an hexagonalen Eiskristallen in hohen Wolken 258.

    3. Mythologische Verbindungen
    Maria und Isis: Die Behauptung, dass Maria als katholische Gottesmutter auf die ägyptische Göttin Isis zurückgeht, ist eine spekulative These. Zwar gibt es Parallelen in der Darstellung von Mutter-Kind-Motiven in verschiedenen Kulturen, aber eine direkte Verbindung ist nicht historisch belegt 14.
    Griechische Mythologie (Apollon und Demeter): Die Verbindung zwischen Mariä Lichtmess und dem delphischen Apollon-Kult sowie Demeter ist nicht dokumentiert. Die Erwähnung des Sternbilds Sagitta (Pfeil) in diesem Zusammenhang ist astronomisch korrekt, aber mythologisch spekulativ.
    4. Marienfeste als Fruchtbarkeitsfeste
    Die Interpretation von Mariä Lichtmess (Februar) und Mariä Himmelfahrt (August) als Fruchtbarkeitsfeste ist keine etablierte kirchliche oder historische Sichtweise. Diese Deutung stammt aus einem synkretistischen Ansatz, der Elemente verschiedener Kulturen kombiniert, ist jedoch nicht durch kirchliche Traditionen gestützt 14.

    Fazit
    Der Text enthält korrekte Informationen über Mariä Lichtmess und atmosphärische Phänomene wie Nebensonnen. Viele der historischen und mythologischen Verbindungen sind jedoch spekulativ oder nicht wissenschaftlich belegt.

    • Ich habe keine KI benutzt. Ich habe das Wissen aus Vorlesungen/ Seminaren im Fach Wissenschaftsgeschichte und Büchern, die offensichtlich von dieser AI nicht gelesen wurden (z.B. weil im kleinen Utopica-Verlag aus Oberhaid erschienen). Ich empfehle das Lesen von Fußnoten und kritischen Apparaten von Philologen und Historikern – die sind mitunter recht aufschlussreich.

      Der “Hintergrund von Mariä Lichtmess” ist sicher nicht der delphische Apollo-Kult! Sowas scheint die KI zu halluzinieren, hab ich nciht geschrieben. Stattdessen habe ich gesagt “hier ist das Datum, verschiedene Kulturen feiern verschieden Feste, weil: Jahreszeit!”. Das sind unabhängige, aber nicht zufällige Koinzidenzen.

      Wissen Sie, es gab ganz, ganz früher, vor KI und Büchern einmal eine Erfindung, die hieß “Hirn”. Das war ein Werkzeug, das in alter Zeit von Menschen benutzt wurde und inzwischen bei den meisten in Vergessenheit geraten ist.

      Man könnte einfach mal nachzählen: Sonnenwende am 21. Dez., Tagundnachtgleiche am 20. März. Dann haben wir 10 Tage von Dez. plus 31 von Jan. plus 28 von Feb. plus 20 von März, gesamt: 89 Tage. Das durch zwei, ca. 45.
      Und noch so ein Trick: das Jahr hat 365 Tage – Sie wissen vllt. noch aus dem Geometrieunterricht, der Kreis hat 360 Grad und ein Viertelkreis daher 90°. Die Hälfte ist 45: genau das sehen wir hier. Teilt man das Jahr in vier Jahreszeiten, haben die vier Teile jeweils ca. 90 Tage (plusminus ein bisschen wegen der Elliptizität der Erdbahn und des zweiten Keplerschen Gesetzes). Die Christen feiern jeweils 40 Tage vor Ostern den Beginn der Fastenzeit, 40 Tage nach Ostern Christi Himmelfahrt – 40 Tage vor Weihnachten St. Martin = Winteranfang, 40 Tage danach Lichtmess = Frühlingsanfang… wer sich je gewundert hat, dass es zwar z.B. gerade bei den beweglichen Ostern-abhängigen Festen “40 Tage” heißt, aber beim Zählen nicht hinkommt, kriegt die Antwort, dass die Sonntage nicht mitgezählt werden – d.h. bei 40 Tagen plus ca. fünf Sonntage sind wir exakt bei den Teilungen der Achtel, wie sie die mitteleuropäischen Jahreszeiten vorgeben.

      Überraschung: Das Christentum kommt nicht aus Mitteleuropa, sondern aus einer anderen Klimazone, wurde aber aus missionarischen Gründen angepasst.

      PS: ich habe über das oben vorgerechnete Phänomen bereits im verlinkten Beitrag vor Jahren geschrieben.

      PPS: Das sind die nüchternen Fakten – über keltische Bräuche Ihrer KI habe ich nichts geschrieben; damit kenne ich mich nicht aus. Mit meinem Wissen über die Kulturen des alten Griechenlands, Roms, Zweistromlands, Chinas und Ägyptens (die alle hochentwickelte Messkünste hatten) lässt sich aber sicher sagen, dass eine Messunsicherheit von 5 Tagen (=fast eine Woche) absolut charakteristisch war. Das hat so oder mehr sicher auch für Kelten etc. gegolten.

      PPPS: Früher, ganz früher – so lange her, dass es schon nicht mehr wahr ist, fand man die kreative Transfer-Leistung, mehrere Wissensbereiche zu verknüpfen, eine brillante Angelegenheit. Es gibt nicht viele Menschen, die aus einem Dachfenster an den Sternhimmel schauen und gleichzeitig im selben Sternmuster einen griechischen Löwen, einen babylonischen Dämon und einen chinesischen Drachen “sehen” können – oder den Vollmond neben den Hyaden sehen und sofort die Sonnenstellung zum Zeitpunkt des Nachweises der Allgemeinen Relativitätstheorie assoziieren. Heute muss man sich mit solchen Fähigkeiten von einer KI sagen lassen, man sei spekulativ. Ich glaube zu erahnen, wie das Gutachten meines letzten Papers oder Forschungsantrags erstellt wurde und bin ab sofort gegen Peer-Reviewing von überlasteten, ehrenamtlichen Gutachter.

      • Sehr geehrte Frau Hofmann,

        danke für die ausführliche Antwort! 🙂

        Prinzipiell bin ich jedem neuem Wissen offen und auch dankbar, möchte aber immer wieder mal einfach nachhaken, gerade wenn es ein Thema ist, das mich interessiert.

        Dadurch das ja die Menschheit seit ziemlich langer Zeit die gleichen Sterne und Himmelskörper um sich herum hat, ist es ja nicht verwunderlich, das sich vieles daran orientiert und daraus entwickelt. Staune immer wieder mit welchen Mitteln dies damals schon bewerkstelligt worden ist.

        Tatsächlich ist mir das Organ Hirn noch bekannt, oder wie ein Lehrer von mir zu sagen Pflegte: “Sei froh das du noch schnaufen kannst”.^^

        Glauben sie mir, ich bin alles andere als ein Gutachter und würde mir das auch nicht anmaßen (allein weil mir das fachliche Wissen dazu fehlt).

        Danke für die Zeit die sie für mich aufgebracht haben!

Schreibe einen Kommentar