Licht- und Luftverschmutzung
Über die Himmelsqualität habe ich ja schon öfter berichtet. Nicht alle Unterschiede sind menschengemacht: z.B. haben Küstenstädte oder die Tropen naturgemäß immer eine höhere Luftfeuchtigkeit als Wüstenregionen, so dass die Farben der Dämmerungen jeweils verschieden sind und auch das Seeing (die Güte der Durchsicht etc.). Für mich ist der vergleichende Blick interessant, darum hier einige Gedanken – bzw. Fotos.
Das GIF macht leider das eh nicht gute Foto der Milchstraßen noch schlechter. Jedenfalls zeigt es, dass einerseits die Technologie heute schon recht empfindliche Smartphone-Kameras produziert, aber dass andererseits der Tropenhimmel nicht durch hohe Güte glänzt – auch auf einer der kleineren Inseln des indonesischen Archipels.
Man sieht nachts und in der Dämmerung stets die Lichter des (fernen) Festlands. Zudem fällt in der Dämmerung auf, dass unter den Wolken bzw. direkt überm Wasser stets ein Nebelschleier liegt, der von den fernen Lichtern besonders gut angeleuchtet wird.
Großstädte
Egal, ob Kairo, Shanghai oder Jakarta – in Großstädten überbieten sich die Hochhäuser mit Leuchtreklamen. In Kairo schmerzten mir sogar die Augen, so grell waren die Reklametafeln mit neuer LED-Technik. Auf einem Boot auf dem Nil konnte ich die drei Sterne des Sommerdreiecks sehen – mehr nicht.
Das nebenstehende Bild habe ich in Eilat (Israel) aufgenommen, aber in Kairo auf dem Nil sah der Himmel genauso aus.
Das gleiche gilt für asiatische Städte: in Semarang ist der zentrale Stadtpark neben der Moschee taghell beleuchtet. In der Umgebung wohnt eigentlich niemand, da sind nur Hotels, aber die Einwohner anderer Stadtviertel kommen abends her, Kinder spielen bis spät in die Nacht fangen, die Erwachsenen sitzen zusammen und palavern, und Händler verkaufen an Ständen Luftballons, leuchtende Spielzeuge, Snacks und Getränke. Warum man für diese Aktivitäten Flutlichter braucht, erschließt sich mir nicht. Auch bezweifle ich, dass die LED-Werbetafeln an den umliegenden Hochhäusern von irgendwem wahrgenommen werden, weil die Leute ja auf den Boden schauen (auf die spielenden Kinder) und nicht auf die “Werbefernseher” über den Baumkronen.
Bettenburgen
Zudem ist mir ein Rätsel, warum Ski-Schulen in Österreich oder Hotels an den Traumstränden dieser Erde nachts ihre Fassade beleuchten oder Sky-Beamer in den Himmel schießen müssen. Die Touris sind doch schon da, wenn sie das sehen. Werbung macht das nicht.
In Hotels und auf Balkonen würde nachts auch ein bis zwei Kerzen reichen, damit Menschen es gemütlich und angenehm haben. Sie werden es kaum glauben, aber Menschen haben schon Nächte überlebt, in denen es dunkel war. Wenn Sie einen Saal mit hundert Kerzen erleuchten oder ein Wohnzimmer mit ein bis drei, ist das wohlig, gemütlich und anheimelnd: mit Flutscheinwerfern fühlt es sich an wie Bahnhofshalle.
Straßen
Es steht außer Frage, dass es Gegenden auf diesem Planeten gibt, in denen man besser nicht allein eine Straßen entlanggeht. Bei der IAU GA in Südafrika meldete sich beim Thema “Lichtverschmutzung” eine dunkelhäutige Astronomin und sagte, die Situation in diesem Land sei mancherorts so, dass Frauen besser nicht nachts allein unterwegs sind. Dass man dunkelhäutige Menschen nachts schlechter sieht als hellhäutige liegt auf der Hand und Straßenbeleuchtung an sich ist selbstverständlich nötig! (Nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa.)
Allerdings macht “mehr Licht” die Sache nicht unbedingt besser/ sicherer. Es kann sogar das Gegenteil der Fall sein. Nachts sind diejenigen, die im Licht leben, besonders gefährdet sind. Das menschliche Auge kann relativ gut bei geringem Licht die Umgebung wahrnehmen – nicht aber bei großen Lichtkontrasten. Wenn Sie sich auf einer Straße bewegen, die mit hellen Laternen gesäumt ist und an einem dunklen Wald entlang führt, dann werden sie von den Bösewichtern im Dunkeln gesehen, sehen aber umgekehrt die Bösewichter nicht. Wem nützt also die grelle Straßenbeleuchtung?
Warum man aber auf einem nachts leeren Universitäts-Campus (hier in Jena) nachts jeden kleinen Gehweg mit grellen Standlichtern beleuchten muss (hier in Jena fotografiert), erschließt sich mit mir nicht.
die Crux mit dem Klima
Unklar ist mir zudem, warum die Menschheit alles mit Klimaanlagen zuballert. Zwar verstehe ich, dass man bei zu großer Hitze oder Kälte schlechter arbeiten kann, aber a) ist mir die Klimaanlagen-Dichte nicht verständlich und b) habe ich null Verständnis für deren Dauernutzung.
Eilat ist die südlichste Stadt in Israel und Menschen reisen dort hin, weil es wegen der Küstenwüste heiß und sonnig ist (im Sommer 40°C im Schatten). Dass man es am Strand heiß, aber in der Bar nicht ganz so heiß haben möchte, verstehe ich. Warum man sich dann aber kein schattiges Plätzchen sucht oder woanders hinfährt, wenn’s einem zu heiß ist, verstehe ich nicht. Als ich es dort nachmittags zu heiß fand, habe ich in meinem Hotelzimmer die Anlage für ca. 15 min eingeschaltet und dann wieder aus. Das reichte. Bei Bedarf kann man diese Prozedur ca. alle 3 Stunden wiederholen, aber man muss sie nicht dauernd laufen lassen.
Auf Hawaii, das direkt am Wendekreis liegt, herrschen ganzjährig angenehme Außentemperaturen von 22 bis 25 °C. Ich hatte einst gelernt, dass Raumtemperatur 22°C ist und damit wären 25°C noch nicht “heiß”. Es ist mir ein Rätsel, warum man Hotels, Konferenzräume etc. auf 18°C herunterkühlen muss: Erstens brauchen dünne Leute wie ich dann immer eine Jacke (für innen!, die wir ausziehen, sobald wir die Räume verlassen – eigentlich hat man die Kleidung erfunden, um sich gegen das Außenklima zu schützen und nicht gegen das Innenraumklima) und zweitens verschwendet das Energie für die Klima-Anlage, wo sie von Natur aus völlig überflüssig ist. Es wird einfach gemacht, “weil man kann”. Drittens funktioniert eine Klima-Anlage ähnlich wie ein Kühlschrank: Damit es innen kälter wird, wird die Wärme nach außen gepumpt, d.h. wir befinden uns in einem Teufelskreis: außen ist es heiß und wenden wir enorme Energie auf, um es außen noch heißer zu machen und den Energiebedarf zur Innenkühlung weiter zu erhöhen. Diese “Logik” verstehe ich nicht.
Nett, dass die Venus wieder mal so nah an der Mondsichel steht, dass man beide locker in ein Bild kriegt. Ist mir noch nicht aufgefallen, weil hier bei München noch vor zwei Tagen Sonne und Mond praktisch gleichzeitig untergegangen sind (heute liegt schon eine Stunde dazwischen).
Wenn man mit dem Handy nicht nur Schnappschüsse macht, sondern auch mal ein Stativ und eine flexible Kamera-App (z.B. Open Camera) benutzt, kann man die negativen Einflüsse von Lichtverschmutzung und Dunst stark reduzieren. Hier mal als Beispiel ein Bild des Orion, das ich mit meinem Google Pixel 6 auf meinem Balkon in der Nahe von München (und dessen Lichtglocke) gemacht habe (sorry für den überlangen Link, aber die Google-Cloud macht das halt so):
https://photos.google.com/share/AF1QipO1KDbd9uJ-QJ_PFTHkk5ZI4qj3BDTglilNAuQlc3rrGWgAXpblTwIU5NJo_rII7w/photo/AF1QipOQKKzkcyVjJIQpB5J3s24NxLNrr1S4yoHI7_VZ?key=T1dYdHVFX1h4c1BudEJuLWRWdDhrYkRKR19rOU1R
Aber das ist eben kein Schnappschuss, sondern zehn Einzelbilder, die per Stacking übereinandergelegt wurden, und dann noch etwas am Gamma-Wert gedreht, um den Himmel dunkler zu machen und das Farbrauschen zu minimieren. Dass Beteigeuze unnatürlich groß ist, ist ein Artefakt durch das Stacking. Das hätte ich mit etwas anderen Einstellungen verhindern können, aber es hat mir gerade so gut gefallen.
Sehr schönes Photo mit der Smartphone-Kamera! Orion wirkt, in Gänze, sehr anmutig – mit einem Stern Beteigeuze, wie man sich ihn am Himmel wünscht (eigentlich).
Klimaanlagen dürften auch in Europa so selbstverständlich werden wie Heizungen, und wir sollten und schon mal genau angucken, was die Südländer falsch machen, schließlich müssen wir wissen, welch harte Konkurrenz wir im Verbocken übertreffen müssen. Stromverbrauch ist jedenfalls nur heute ein Problem, wenn die Energiewende durch ist, können wir prassen. Naja, wir haben Apokalypse, das heißt, wir würfeln jeden Tag aus, wie schlimm es wird, wenn die alte Welt untergeht, um für eine neue Platz zu machen, und da kann Energiewende durchaus bedeuten, dass der Strom ausfällt, aber wir selbst im Dunkeln leuchten vor Radioaktivität. Ich würd’s aber erst mit biolumineszenten Pflanzen versuchen. Leuchtbäume statt Straßenlaternen, die erst im Dunkeln angehen, wäre doch was?
Wenn wir von wegen Albedo die Städte weiß streichen, um sie abzukühlen, könnten wir ähnliche Effekte erzeugen, wie bei Vollmondnächten im Schnee. Weniger Licht, mehr Spiegelung und Streuung, das hellt auch dunklere Gassen auf. Hat auch was von Kerzenlicht. Überhaupt sind Spiegel und Streuung und Lichtverteilung über spezielle Tunnel ein interessanter Ansatz. Falls ich irgendwann wie ein Morlock unter der Erde leben muss, will ich ja trotzdem so viel Sonnenlicht haben wie möglich. Eventuell sogar Periskop-Fenster. OK, ich persönlich hoffe, dass ich nicht mehr lebe, wenn ich unter der Erde komme, solchen Luxus kann ich mir nicht leisten und ohne wäre es mir da etwas zu stickig, zu eng und zu laut.
Kühlung muss nicht unbedingt Stromverbrauch bedeuten, Architekten in Arabien, China, Ameisenhaufen, haben das Problem längst gelöst. Keller ist kalt, Kanalisation ist kalt. Wasser muss nur zirkulieren, um zu kühlen, auch wenn man da aufpassen sollte, dass die Luftfeuchtigkeit nicht steigt. Allerdings nützt das eher was bei neuen Häusern. Meine Altbau-Bude hat zwar eine effiziente Kühlung, die funktioniert aber nur im Winter, dafür ist die Heizung im Sommer schon zu viel des Guten. Ob’s helfen würde, sie Stein für Stein nach Australien zu versetzen, damit das Timing passt?
Klimaanlage mit Balkonkraftwert wäre vielleicht eine Idee, mangels Balkon müsste ich zusehen, dass ich die Fassade mit Solar-Efeu verkleide, also Mini-Solarpanelen, die sich selbständig nach der Sonne drehen, ohne einander das Licht zu nehmen. Ein Solardach überm Bürgersteig würde unten für Schatten sorgen. Ein Efeu-Dach auch, falls die Bäume aus Versehen als Sperrmüll abgeholt wurden. Man könnte auch was ganz Exzentrisches probieren und die Solaranlage aufs Dach setzen, den Strom gleichberechtigt ins Hausnetz einspeisen und den Stromzähler nur ticken lassen, um die Differenz zum Bedarf zu kompensieren. Vielleicht nützen wir stillgelegte Kaminschächte, um da eine mehrere Stockwerke hohe Bleisäule unterzubringen, die wir hochziehen, um überschüssigen Strom zu speichern? Kann man die vielleicht zur Kühlung umbauen? In die Bleisäule alten Atommüll einschließen, um Nuklearbatterien zu haben? Ah nee, so was vergräbt man lieber 30 Meter tief unterm Fundament, spart sich die Risiken und holt nur den Strom rauf. Wäre jedenfalls sicherer als die Knalltüten-Pläne, Europa mit Nuklearreaktoren zu verminen.
Energiekrise ist jedenfalls ein gelöstes Problem, bei der sich die Lösung nur noch durchsetzen muss. Je besser die Technik wird, desto mehr werden wir merken, dass wir eher viel zu viel von dem Zeug um uns haben als zu wenig, und gerade deswegen Klimaanlagen und Heizungen und Häuser brauchen, damit’s uns nicht umlegt.
Kleidung ist seit jeher ein probates Mittel, um Menschen mit verschiedenen Neigungen und Vorlieben in selber Umwelt überleben zu lassen. Ritterrüstung zum Beispiel, oder der Pullover gegen Grapscher. Menschen sind verschieden, an öffentlichen Orten gilt stets ein Konsens, der sich an den Vorlieben der Mehrheit orientiert, aber Minderheiten die Möglichkeit schafft, trotzdem teilzunehmen. Betrachten Sie Ihre Jacke als so was wie eine Krücke oder einen Rollstuhl oder ein Hörgerät oder eine Erwachsenenwindel. Sollten wir Städte in der Antarktis oder der Sahara bauen, werden wir uns vielleicht sowieso daran gewöhnen, dass jeder ein eigenes Thermostat in den Klamotten trägt. Bislang besteht dieses Thermostat aus der privat ausgesuchten Zahl und Art von Kleidungsschichten, kann man aber upgraden.
Lichtverschmutzung… tja. Zur Apokalypse gehört auch eine stinknormale Landflucht mit schlechtem Timing. Die Wirtschaft zieht seit Jahrtausenden in Wellen von Expansion und Implosion an immer weniger Orten zusammen, die zu Superstädten werden, den Rest darf sich die Natur zurückholen. Das bedeutet aber auch, dass wir mehr Staaten auf der Erde haben, als wir brauchen, wenn sie doch einen Weg finden wollen, zu überleben, müssten sie sich hinten anstellen bei all den anderen Katastrophen, da sie aber die mächtigsten Ellbogen haben, drängeln sie sich vor und sorgen dafür, dass die meisten zwar trotzdem nicht überleben, aber ihre Überlebenskämpfe die Mittel verzehren, die wir bräuchten, um all das zu überleben, was wichtiger ist. Theoretisch ist Europa schon ein Riesen-Konstantinopel, eine Stadt gebaut von Gott, mit Zyklopen-Vierteln aus Bergen und Straßen aus Flüssen, sie war schon da, als wir aus Afrika eingewandert sind, seit Jahrtausenden wachsen wir hinein und lassen uns von ihr zu Städtern machen. Wir könnten die Viertel mit Schnelltransport verbinden, dann wär’s nicht so eng wie in New York, Hongkong oder Seoul. So, wie es aussieht, könnte es zu einem Ort werden, in dem Sie einen sehr, sehr klaren Sternenhimmel über sich haben, ohne mehr Lichtverschmutzung, als durch ein paar Blechtonnen, in denen altes IKEA brennt und Ratten röstet.
Falls wir aber zu einer der Superstädte werden, die sich als Rückzugsorte der Menschheit durchsetzen, werden Sie nicht mehr um die Welt reisen müssen, um ihr zu begegnen, Nahverkehr reicht.
Tja, so ist das in der Apokalypse – man hat das ganze Spektrum von Optionen vor sich. Von Tod und Hölle bis Paradies ist alles drin. Sicher ist nur, dass es zwischendurch a bissl zwicken wird. Kühlung mit kalten Schauern übern Rücken funzt jedenfalls prima.