KOSMOlogs-Wunsch: Exoplaneten – Welten um fremde Sterne
BLOG: Uhura Uraniae
Der Frage "Sind wir allein im All" konnten Astronomen in den letzten 16 Jahren ein erhebliches Stück näher rücken. Schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist die mitunter auch nach Frank Drake benannte Greenbank-Formel bekannt, mit der die Wahrscheinlichkeit für Radiosignale aus dem All abgeschätzt wird. Nach den Regeln der Stochastik wird dazu ein Faktor an den anderen gekettet, welchen Erwartungswert folgende Leben bedingende Größen haben. Dazu gehört z.B. die Anzahl der sonnenähnlichen Sterne (also Sterne mit habitabler Zone) und die Chance, dass ein solcher Stern von Planeten umlaufen wird. Als diese Formel aufgestellt wurde, hatte man nicht die Spur einer Idee, wie man diesen Wert abschätzen sollte.
Vor einer Weile forderte Andreas Müller aus Einsteins Kosmos unsere LeserInnen auf, Themenvorschläge und Wünsche zu äußern. Exoplaneten waren einer davon. Da das Thema umfangreich genug für zahlreiche Diplom- und Doktorarbeiten ist (u.a. meine), teilen wir es in mehrere Abschnitte. Nach meiner Minieinführung, machen Stefan Oldenburg und ich in den nächsten Woche weiter, die Methoden vorzustellen.
Fieberhaft wurde nach den fernen Winzlingen gesucht, aber nachdem schon die Sterne — Gasbälle von der Größe der Sonne (=109facher Erddurchmesser) oder sogar noch viel größer — selbst in den stärksten Teleskopen Punkte blieben, erschien die Suche nach ihren Begleitern
hoffnungslos. Allerdings ist die Wissenschaft ja nie um raffinierte Methoden verlegen und selbst wenn bis heute kein direktes Foto geschossen wurde (Vgl. akt. Artikel von Thomas Bührke in der Zeitschrift Sterne und Weltraum, Spektrum-Verlag 07/2008, S. 36 ff.), so wies man dennoch hunderte von ihnen indirekt nach.
Das erste Mal, das man auf einen fernen Planeten schloss, war 1992, als bei dem Pulsar PSR B1257+12 Unregelmäßigkeiten im Takt feststellte. Da ein Planet diesen Stern umkreist, der wie ein Leuchtturm regelmäßige Signale aussendet, verrät er sich durch regelmäßige Abschirmung des Signals — nämlich immer dann, wenn er zwischen uns und dem Stern vorüber läuft.
Manche Menschen zählen das nicht, weil sie expressis verbis nach Planeten um sonnenähnliche Sterne suchen wollen. Daher hört man mitunter das Argument, dass dieser Stern ja auch sehr alt, eigentlich bereits eine Sternleiche sei. Dieser Fall gibt das Rätsel auf, wie der Planet dort hingekommen sei, denn falls er schon immer um diesen Stern kreiste, dann muss er nach aktuellen Sternentwicklungsmodellen ja eine Supernova-Phase seiner Sonne überlebt haben. Was ist ihm wohl dabei passiert? War er vorher auf einer anderen Bahn? Oder ist er vorher gar nicht dort gewesen, sondern ein Freefloater (ein so genannter Planemo), der nachträglich erst eingefangen wurde?
Egal, wie man es dreht: Dieser Himmelskörper ohne eigene Kernfusion im Inneren umkreist einen Stern, wenngleich das Sterninnere bereits relativistisch entartet ist. Mithin darf man das Objekt eigentlich seelenruhig einen Planeten nennen. Analog würde ja auch niemand bestreiten wollen, dass die Fingernägel vom alten Ritter Kahlbutz Fingernägel genannt werden dürfen, bloß weil der Herr seit gut 300 Jahren nicht mehr atmet.
Beim zweiten Mal, das jemand einen "Exoplaneten" verkündete, gab es einen größeren Aufschrei in der Fachwelt und dann auch in der Öffentlichkeit. Die Meldung landete 1995 sogar auf der Titelseite des Spiegel-Magazins. Diesmal hatte man einen Planeten um 51 Peg nachgewiesen, einen Stern im Herbststernbild Pegasus. Seine Beobachter, der Schweizer Astronom Didier Queloz (Doktorand) und sein Betreuer Michel Mayor gingen namentlich in die Astronomiegeschichte ein. Das besondere: Diesmal war der Stern nicht nur wirklich in der Blüte seines Lebens, sondern sogar tatsächlich sonnenähnlich!
Der Trick, mit dem sie den Planeten nachwiesen, heißt Radialgeschwindigkeitsmethode: Der Planet zurt also während seines Umlaufs am Stern und da dieser folglich genüsslich um den gemeinsamen Schwerpunkt eiert, bewegt er sich mal auf uns Erdlinge zu und mal von uns weg.
Die folgliche Rot- und Blauverschiebung kann man seit Mitte der 1990er Jahre nachweisen. Das Taumeln des Sterns direkt astrometrisch zu beobachten ist zwar eine Idee, allerdings wurde so noch kein Planet neu gefunden.
Weiteres zu dieser und anderen Entdeckungsgeschichte(n) wird Stefan Oldenburg in Clear Skies nächste Woche erzählen. Ich werde dann andere Methoden vorstellen: Man kann ja solche Planeten auch bei ihrem Transit vor dem Mutterstern ertappen, was man hier in Berlin tut oder mit Hilfe von Gravitationslinsen in fernen Teilen der Galaxis sondieren, womit ich mich während meiner Diplomarbeit beschäftigen durfte.
Anm.: Das Kunstwort "Exoplanet" bedeutet ausgeschrieben "extrasolarer Planet", ist also im Grunde ungenau: Außerhalb der Sonne ist glücklicherweise jeder Planet 😉 , aber hier ist natürlich gemeint, dass der Planet auch außerhalb des Sonnensystems ist. Ein Exoplanet ist also ein Planet, der einen anderen Stern als die Sonne umläuft. Ein Planet ist ein Nichtfusor, der um einen Fusor kreist, also um einen Himmelskörper, der im Inneren durch Kernfusion Energie erzeugt.
Weiter so
Spannende Infos. Kann ich vielleicht für den SF-Roman brauchen, an dem ich gerade arbeite.
Herzliche Grüße
Jürgen vom Scheidt
New Worlds in the Cosmos
Erwaehnenswert in diesem Zusammenhang ist das Buch “New Worlds in the Cosmos” von Didier Mayor (einem der Mitentdecker des ersten Exoplaneten, wie von Frau Hoffmann erwaehnt) und Pierre-Yves Frei.
Hier ein Auszug:
http://books.google.com/…s&submit=Go#PPR6,M1
Der Urheber der Drake-Gleichung heisst nach meinem Wissensstand Frank. Sir Francis Drake ist ein englischer Volksheld, obwohl (oder weil) er sich als Pirat und Sklavenhaendler hervortat, das ist allerdings schon ein paar Jahrhunderte her. Das ist nicht wirklich wichtig und tut der Qualitaet des Blog-Artikels keinen Abbruch, ich erwaehne es nur, falls mal jemand nach dem Herrn Drake googeln will.
Vornamen-Schabernack
vielen Dank für den wichtigen Hinweis! – Pardon!
Korrektur
Ich habe mir auch gleich einen Schnitzer mit einem Vornamen erlaubt, der Herr Mayor heisst mit Vornamen natuerlich Michel. Seit Doktorand und Mitentdecker hiess dagegen Didier Queloz.
Pulsar planets, radial velocity method
(Sorry for writing in English).
The first planet(s) around PSR B1257+12 were detected by periodic variations in the timing of pulses received here on earth (quite similar to the radial velocity method used to detect most exoplanets), not by occultation (=Abschirmung) as indicated in your article. See also: http://www.astro.psu.edu/…lsar_planets_text.html
Best regards / Hans
Echte Exoplaneten vor 1995 (und auch 92)
Das hier ist die bekannte Geschichte, es gibt aber eine noch viel spannendere unbekannte (die ich dringend mal im Detail niederschreiben muss): Bereits 1988 wurde die Entdeckung mehrerer Exoplaneten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode bekanntgegeben, von den Medien kurz auf- und in der Fachwelt heftig angegriffen, die dann wieder in Vergessenheit geriet.
Mehrere der damals publizierten Kandidaten haben sich indes Jahre später (und nach der Entdeckung von 51 Peg b) als korrekt herausgestellt, und die damals schemenhaft gemessenen Radialgeschwindigkeiten als Funktion des Datums passen zur heutigen Ephemeride. Die damaligen Entdecker arbeiten entweder bei den aktuellen Programmen mit – oder verliessen seinerzeit gefrustet die Astronomie.
Und da es Kanadier und weder US-Amerikaner noch Europäer waren, werden sie in den zahllosen Chroniken der Geschichte der Exoplanetologie aus den später darin so erfolgreichen Weltregionen – wie auch diesem Artikel hier – kurzerhand totgeschwiegen. Aber nicht mehr lange, versprochen!
Geschichte der Exoplanets
Danke Daniel Fischer für den Hinweis auf genaue Geschichtsschreibung.
Ich habe keinerlei abwertende Vorurteile, auch nicht gegen Kanadier (falls ich dabei emotional wäre, dann sehr positiv: Kanada hat ausgezeichnete WissenschaftlerInnen in vielen Disziplinen!).
Wenn ich hier nur die Planeten von 1992 und ’95 vorstellte, hat das seine Gründe in der Sparsamkeit des Mediums “Webblog”. Ich könnte (gerne) ein Buch über die Geschichte der Exoplanetologie schreiben, in der dann all die interessanten Fälle vor ’92 und zwischen ’92 und ’95 genannt werden, die leider oft ungenannt bleiben müssen (aber nicht ‘totgeschwiegen’ werden, sondern nur aus reduktionistischen Gründen: so, wie man in Schulbüchern oft Hinweise auf präkopernikanische heliozentrische Weltbild vermisst usw. Das liegt an der Struktur von Einführungen und ihrer Intention: dazu auch siehe Thomas Kuhn: The Structure of scientific revolution, 1970, S. 137/8)
übrigens – weil offenbar viele verschiedene Auffassungen zur Blog-Idee existieren – McLuhan ist m.E. einer der bedeutensten Medienphilosophen bis heute. Er war Kanadier. 🙂
(siehe dazu auch meinen Beitrag zur Wissenschaftsphilosophie)
Gravitationslinsen?
Danke fuer den Bericht!
Dann werde ich mal die Fortsetzung abwarten, insbesondere wie man Planeten mit Hilfe von Gravitationslinsen aufspueren will… Klingt fuer mich recht eigenartig, aber ich lass mich ueberraschen!
Viele Gruesse,
Jan
Gravitationslinseneffekt
Zu Jan Hattenbachs Kommentar:
> insbesondere wie man Planeten mit
> Hilfe von Gravitationslinsen
> aufspueren will…
Soweit ich weiß, will man das nicht nur, es ist auch schon gelungen.
http://www.perthobservatory.wa.gov.au/OB05390/
Sehr interessant daraus dieses Diagramm:
http://www.perthobservatory.wa.gov.au/…0mods.gif
@Jan Hattenbach
an den Gravitationslinsen hängt mein Herz… und danke an Michael Khan für den Hinweis: die Gravi-linsen-Suche ist ja schon älter als drei Jahre und es gab haufenweise Bestätigungen, dass die Methode funktioniert (durch Nachweis an bereits mit anderen Methoden entdeckten Planeten). Die erste eigene Entdeckung habe ich gerade noch live miterlebt bevor ich mit der Astrophysik (vorübergehend?) abschloss: Kinder, das war eine Aufregung!
akg traunstein
FRAU KAMMMERGRUBER
VON MAXI