Ladd Observatory

Am 275sten Geburtstag von Caroline Herschel hier ein kurzer Bericht von meinem jüngsten Sternwartenbesuch. 

In Europa werden Sternwarten häufig nach einem Astronomen benannt, der dort tätig war. In den USA hingegen wird Wissenschaft normalerweise privat finanziert. Die Geldgeber werden dann gewöhnlich als Namensgeber der von ihnen finanzierten wissenschaftlichen Einrichtung gewürdigt. Bei meinem Gastaufenthalt war diese Sternwarte (zufällig) am Ende der Straße, wo ich wohnte: Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, wurde sie auf dem (damals) höchsten Hügel errichtet und diente in erster Linie zur Ausbildung der Studenten der Brown-Universität, unterhielt aber auch – wie damals üblich – ein Zeitsignal für die Region. Vor der Gründung der Ladd-Sternwarte erhielt Providence sein Zeitsignal von der nördlich gelegenen Harvard-Sternwarte bei Boston.

1891 gegründet, also im gleichen Jahr als in Berlin der Astronom Friedrich S. Archenhold mit seinen Bauplänen der heut nach ihm benannten Archenhold-Sternwarte begann. Wie die Berliner Sternwarte ging auch das Ladd-Observatory bereits im frühen 20. Jahrhundert dazu über, regelmäßig die Öffentlichkeit zu unterhalten. Man kann die Leute ja schon damit beeindrucken, dass eine Kuppel drehbar ist (deswegen sind diese Dächer eben rund), aber schöner ist es, wenn man an einem klaren Abend einmal durch das historische Fernrohr schauen kann. Da es sich um ein Linsenteleskop handelt, sind die dankbarsten Objekte die Planeten des Sonnensystems – und diesen Winter steht Jupiter ja sehr prominent im Sternbild Stier: hier wird im Ladd-Observatory beobachtet (von mir durch den Kuppelspalt mit Smartphone (wie freiäugig), von der Person am Teleskop durch das Rohr. 

Smartphone Fotos

Orion
Jupiter Beobachtung
Orion

In der astronomischen Sammlung der Sternwarte befinden sich natürlich auch einige wissenschaftliche Instrumente dieser Zeit, z.B. ein Spektrograph. Was die Amerikaner wirklich sensationell gut können, ist das Zugänglichmachen von Informationen. Bei uns würden solche Geräte in irgendeinem Regal versteckt oder hinter Glas, in einer Vitrine, stehen. Hier wird das Gerät einfach auf einen Tisch gestellt und alle dürfen “mal durchgucken” … was man ja gerade möchte, sobald man irgendeinen Tubus mit Okular sieht. Und das wird nicht nur einmal im Jahr gemacht, wenn gerade “Tag der offenen Tür” ist, sondern tatsächlich jeden Dienstag, wenn die Sternwarte bei klarem Wetter die Pforten öffnet. 

Spektrograph und Lampe
Spektrum der Glühlampe

Das Wetter in New England ist leider nicht viel anders als in England selbst, so dass es bisweilen auch von Küstennebel und anderen Himmelstrübungen heimgesucht wird: es gibt zwar schöne, sonnige Tage (und sternklare Nächte), aber an manchen Tagen kommt der Himmel nur mit ein paar blauen Flecken davon. Es ist beim besten Willen kein Standort für eine reine Beobachtungssternwarte, sondern sie steht an diesem Standpunkt wegen seiner Nähe zur berühmten Brown University.  

englischer Morgen
van Wickle Gates am Hauptcampus von Brown
sonniger Morgen
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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Kultur-Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Studienbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, jobbedingt 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten 2022), Jerusalem+Tel Aviv (Israel 2023), Hefei (China 2024), Semarang (Indonesien 2017, 2024), USA (2024, 2025)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte(n) - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglicht, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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