KISS ist (m)eine Rebellion (?)

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Wieviel Fachsprachlichkeit braucht die Wissenschaft?

“Man sieht nur mit dem Herzen gut; das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.” sagte der Fuchs zum Kleinen Prinzen. ‘In der Wissenschaft geht es selten darum, was das Herz sieht, sondern um Fakten und deren Kombination’, werden Sie einwenden. Und zwar zu Recht! Allerdings ist dieser weise Satz hier ebenso gut zitierbar wie in der Liebe und den meisten zwischenmenschlichen Aktivitäten. Auch wenn wir in der Wissenschaft über “Wahrheiten” reden wollen [ohne dass irgendwer konkret sagen könnte, was genau eine Wahrheit ist], dann ist die Wahrheit – also das Wesentliche –  stets etwas, das für die Augen unsichtbar ist. Augen, Messgeräte, unsere übrigen Sinne erzeugen Fakten und die Algorithmen des logischen Schließen von einigen Fakten auf weitere Fakten liefern ebenso immer nur weitere Fakten; sozusagen punktuelle Mikro-Wahrheiten [das Wort hab ich gerade erfunden], die Bruchteile von Pixeln in unserem gesamten Weltbild ausmachen. Auch jedes Weltbild ist immer noch nur ein (Ab)bild der Welt, d.h. sowas wie eine Schattenprojektions: es zeigt grob die Umrisse, aber es gibt noch viel mehr in der Welt als es unser augenblickliches Weltbild beschreiben könnte.

Wenn wir also in der Wissenschaft eine Sprache wählen, dann wählen wir sie zunächst so, dass unsere unmittelbaren Kollegen sie verstehen (laut Ludwik Fleck der so genannte esotherische (innere) Kreis von Wissenschaftlern eines “Labors” oder besser: einer Arbeitsgruppe) und danach gehen wir nach außen in einen exotherischen (äußeren) Kreis, der alle Wissenschaftler desselben Faches weltweit umfasst. Erst wenn eine individuelle Erkenntnis in der Gruppe kommuniziert und damit etabliert ist, läuft die Info in den Nachrichten oder bloggen Leute wie ich darüber. Das ist im Grunde auch vernünftig, denn sonst würde die breite Öffentlichkeit, also das interessierte Laienpublikum, viel zu oft mit Fehlmeldungen verwirrt werden.

Warum aber sollte es deshalb nötig sein, alles wissenschaftsinterne in einer Art “Geheimsprache” zu besprechen, die nur noch Eingeweihte verstehen? Warum sollte es nicht erlaubt oder “unwissenschaftlich” sein, wissenschaftsintern mit Kollegen in einer Sprachform zu reden, die allen zugänglich ist? In interdisziplinären Teams ist es – das ist seit langem wissenschaftlich erforscht – ganz natürlich und üblich, dass man sich der Umgangssprache bedient, weil man ja sonst nicht zusammenarbeiten könnte. Stellen Sie sich vor, Sebastian Vettel (ein deutscher) fährt für den italienischen Rennstall Ferrari; er und sein Techniker reden verschiedene Sprachen und bei einem Rennen nach Dakar würde man unterwegs arabisch sprechen … wie sollte er da jemals heil ans Ziel kommen, wenn jeder nur seine Muttersprache spräche? Man einigt sich also auf eine Normsprache: z.B. englisch oder Vettel lernt noch italienisch. Da hat zwar jeder einen Akzent, aber immerhin kann man zügig kommunizieren. In der Wissenschaft ist das auch so. In einem Team aus einem Physiker, einer Mathematikerin, einem Kunsthistoriker und einer Altphilologin wird jeder eine andere Fachsprache sprechen: Sie einigen sich daher auf eine gemeinsame Sprache, die Umgangssprache, damit sie zusammen Ergebnisse produzieren können.

Warum? – ein altes Gleichnis

aus dem Buch "Le Petit Prince"
Zeichnung von Saint-Ex

Kennen Sie eigentlich den Kleinen Prinzen? Es ist eine männliche Gestalt mit einem Umhang, der aussieht wie ein vorweg genommenes Supermman-Cape (royalblau und rot), aber mit goldenen Bügeln über den Schultern, auf denen je ein goldener Stern thornt. Wie Superman kann auch der kleine Prinz kann auch fliegen und kommt auch er von einem anderen Planeten als der Erde. Im Gegensatz zu Superman ist aber der kleine Prinz viel tiefsinniger. Das mag ich so an diesem Extraterresten. 🙂

Der Kleine Prinz begleitet mich durch mein Leben seitdem ich in der gleichen Gegend der Sahara unterwegs war, in der auch Antoine de Saint-Exupéry umher flog und wo sein Büchlein spielt. Ich hatte immer versucht, einer von den “großen Leuten” zu sein, bevor ich in die Wüste ging. Doch erst, als ich dort lebte, habe ich verstanden, worauf es wirklich ankommt im Leben und dass Saint-Ex. absolut Recht hat: Das Buch ist so tiefsinnig, dass zumindest ich es erst dort verstanden habe. Es ist inzwischen in vielen Lebensfragen eine Orientierung für mein Denken geworden – auch hier geht das:

Saint-Ex glaubte, dass der Kleine Prinz von dem (fiktiven) Asteroiden B612 herkam. “Dieser Planet ist nur ein einziges Mal im Jahre 1909 von einem türkischen Astronomen im Fernrohr gesehen worden. Er hatte damals beim internationalen Astronomenkongreß einen großen Vortrag über seine Entdeckung gehalten. Aber niemand hatte ihm geglaubt, und zwar ganz einfach, seines Anzugs wegen. Die großen Leute sind so. (…) Der Astronom wiederholte seinen Vortrag im Jahre 1920 in einem sehr eleganten Anzug [europäischen Stils]. Und diesmal gaben sie ihm alle recht.”

Saint-Exupéry hatte in der Einsamkeit sehr wichtige Einsichten über Menschen gewonnen. Scharfsinnig beobachtet er die Menschen aus der Ferne und unsere Gewohnheiten, die uns normalerweise so alltäglich geworden sind, dass wir sie nicht mehr der Zeit würdigen, sie zu hinterfragen. Er macht uns bewusst, was wir dadurch verpassen und dass das schade ist.

Er verspottet “die großen Leute” auch wegen ihrer Vorliebe für Zahlen: “Wenn ihr ihnen von einem Freund erzählt, befragen sie euch nie über das Wesentliche. Sie fragen euch nie: Wie ist der Klang seiner Stimme? (…) Sie fragen euch: Wie alt ist er? Wieviel verdient sein Vater? Dann erst glauben sie, ihn zu kennen. Wenn ihr zu den großen Leuten sagt: Ich habe ein sehr schönes Haus mit roten Ziegeln gesehen, mit Geranien vor den Fenstern und Tauben auf dem Dach … dann sind sie nicht imstande, sich dieses Haus vorzustellen. Man muss ihnen sagen: ich habe ein Haus gesehen, dass hunderttausend Franken wert ist. Dann schreien sie gleich: ach, wie schön.” Die großen Leute sind einfach dumm, wenn man Saint-Ex. fragt, denn sie haben verlernt, mit dem Herzen zu sehen.

Wenngleich Saint-Ex es hier auf die Spitze treibt, also eine verbale Karrikatur malt, so kann man doch von dieser Überzeichnung lernen: Der Kleine Prinz und vor allem der Ich-Erzähler seiner Geschichte sind voller Weisheiten und Wahrheiten. Zusammengefasst auf nur wenigen Seiten ist hier mehr als die großen Philosophen der Menschheit es in Jahrhunderten auf vielen hunderten Metern Bücherregal zusammenbrachten.

Wissenschaft muss nicht mit dem Herzen sehen, was hinter den Worten der Forschung steht, sondern mit dem Hirn – aber wahr ist auch, dass die Zahlen und Worte nur eine der Ausdrucksformen dessen sind, was die Wahrheit ausmacht. Sie sind nur Repräsentationen, Abbilder, Avatare von etwas – die Wahrheit ist etwas, das auf einer Metaebene dahinter liegt.

Das Messgerät ist eben nicht das, was es misst: Ein Maßband ist nicht die Länge und eine Uhr ist nicht die Zeit.

Wie schreibt die Wissenschaft?

Wissenschaftliche Artikel folgen gewissen Regeln: Man soll zitieren (nicht zu viel, nicht zu wenig), man soll nicht plagiieren, man soll gefälligst “wissenschaftlich” sprechen. Was das genau heißt, hängt allerdings letztlich davon ab, welcher Prof das geschriebene liest: erstens von seinem Fach und der Umgangsprache in der jeweiligen fachlichen Disziplin oder Arbeitsgruppe, zweitens vom persönlichen Geschmack des Gutachters (z. B., ob er denselben Dialekt spricht, die gewählten Fremdwörte mag, den gleichen Wortschatz hat usw.). Also eigentlich klare Quintessenz: Anything goes oder mach’s, wie du denkst.

Aber dann kommen hin und wieder solche Geschichten vor, wie sie Burger Voss im Vorwort seines ganz frischen Buches “Vom Anfang und Ende aller Dinge” schildert. Er schlägt in die gleiche Kerbe, wie die Geschichte über den türkischen Astronomen beim Kleinen Prinzen und das 70 Jahre nach dem Tod des fliegenden französischen Dichters:

“Als ich im Jahre 2006 meine Diplomarbeit einreichte und dann einen Monat später meinen Diplomvortrag halten musste (…), benutzte ich fpr das Herstellen einer chemischen Bindung zwischen Molekülen die Formulierung “der lipophle Rest muss an den Furanring herangebastelt werden.” Nach meinem Vortrag wurde ich von verschiedenen Stelle des Instituts darauf hingewiesen, eine solche Formulierung wäre unwissenschaftlich (…). Ein guter Vortrag, ja, aber das müsse weniger werden.” (S.9) schildert Voss eine Situation in seiner Einleitung, die ihn offenbar nachhaltig inspirierte, denn das Geschehen ist bereits neun Jahre her. Hat die Menschheit doch nicht so viel Fortschritt gemacht, wie wir dachten?

Voss plädiert für einfache Sprache in der Wissenschaft – ebenso wie es Saint-Ex der Philosophie in Kindersprache mustergültig vorturnt – und zwar auch innerhalb einer Disziplin und zeigt an mehreren Beiospielen auf, dass dieses Anspruch der “großen Leute” typisch deutsch und ganz gegenläufig dem internationalen Trend in der Forschung ist: “in Deutschland muss eine Aussage nicht nur inhaltlich richtig sein, sondern scheint auch so formuliert werden zu müssen, dass Nichteingeweihte gefälligst nichteingeweiht bleiben”, lästert er auf S.10, “oder selbst bei brennendem Interesse möglichst schnell die Lust an der Thematik verlieren.”

Als Beispiele aus seiner Wissenschaft, dass das international anders ist, führt er folgende Ironien an: “Wenn eine Zelle (…) Fresszellen anlocken will, setzt sie Signalproteine auf ihrer Oberfläche aus, die man eat-me-flags genannt aht, Friss-mich-Fähnchen. Nach deutschem Verständnis ist das unprofessionell (…). Kommt ein solcher Begriff aber aus dem angelsächsischen Sprachraum, ist er plötzlich schmissig und leicht zu merken.” (S.11)

Dann gibt er noch eine Annekdote zum besten über die Benennung eines Identifizierungsverfahrens “Southern Blot” nach seinem Entwickler, Herrn Edwin Southern, woraufhin zwei weitere, ähnliche Verfahren ironischerweise und ohne Bezug zu ihren Entwicklern, “northern blot” und “western blot” genannt wurden. Und er führt insbesondere die Astrophysik als “allgemein voll von einfachen, dynamischen und vor allem einprägsamen Wortschöpfungen” an.
Ich glaube, das ehrt “uns”, also die Astros – zumindest, wenn man sich den Kleinen Prinzen von Saint-Ex. zur Bibel gemacht hat und sich anderthalb Generationen nach den ’68er Hochschulreformern von den strengen Konventionen eines zu starren, verknöcherten Wissenschaftssystems zu lösen beginnt: Es sollte eben NICHT auf den Anzug des türkischen Astronomen ankommen, sondern auf den Inhalt seines Vortrags.

Woran wir allerdings sehr wohl arbeiten müssen, in Deutschland, ist die schmissige Sprache. Wenn ein Eat-Me-Flag nur auf Englisch gesagt werden darf (nichts gegen Anglizismen, ich persönlich liebe es, Wörter aus anderen Sprachen in meine Wissenschafts- und Alltagssprache eingehen zu lassen: man ist schließlich weltoffen), dann läuft etwas falsch in der deutsch-sprachigen Wissenschaft!

KISS – auf Deutsch nur ein frommer Wunsch?

KISS ist die Abkürzung für “keep it simple, scientist!”, also “halt es einach, WissenschaftlerIn”.

😉

d.h. eigentlich – wer sich auskennt, weiß’s: “keep it simple and stupid”, aber ich denke, wir sollten das ab heute umschreiben: Dumm ist die Wissenschaft nicht und sollte sie sich auch nicht darstellen – aber einfach sollte man’s sagen, bitt’schön!

Ich persönlich mache mir seit Jahren einen Schabanack damit, hin- und wieder in fachlichen Gesprächen mit Kollegen die schmissigen englischen Begriffe zu übersetzen: Die meisten stuzen dann erstmal und wissen erst gar nicht, worum es geht. Nach Rückübersetzung ernte ich dann aber Gelächter und schon hat man gute Stimmung bei der Besprechung. Das öffnet die Herzen und bringt, wie wir alle wissen, die Zusammenarbeit zwischen Menschen (ja, auch Wissenschaftler sind Menschen) voran.

Die großen Philosophen heute vertreten schon sehr lange eine sehr umgangssprachliche Art des Philosophierens – sei es, weil ihre Studierenden vllt. später mit Journalismus ihr Geld verdienen oder weil die Wortwahl weniger wichtig ist als das gute Argument. Man darf alle Wörter benutzen, die die deutsche Sprache zur Verfügung stellt – egal, wie Dialekt oder Umgangssprache sie sind – Hauptsache, das Argument ist und – in der Naturwissenschaft hinzukommend – die Fakten sind korrekt.

Philosophen, die – wie einer meiner früheren Profs manchmal in Seminaren selbstbewusst konstatierte – ihr naturwissenschaftliches Wissen “nur” (oder besser: immerhin) aus dem Feuilleton haben und Lehrer, können nicht von allem, über das sie reden, gleich viel verstehen wie ein Fachwissenschaftler. Das ist eine einfache Bilanz von Lebenszeit und Zeitbudget zum Lernen in dem jeweiligen Fach und kein Vorwurf! Wenn z.B. jemand, der auf Lehramt studiert [nur, weil ich das von meinen früheren Studis kenne], zwei Fachwissenschaften unterrichtsreif inhaltlich kennen muss und zudem noch Unterrichtsmethodik (Didaktik) und Erziehungsmethoden (Pädagogik, Psychologie) und sich in Gesellschafts-/ Sozialkunde/ Politik schulen muss, dann kann er von jedem Fach einzeln naturgemäß in fünf Jahren nicht genauso viel lernen wie jemand, der fünf Jahre lang nur eines davon studiert. Das heißt also nicht, das Philosophen oder Lehrer unwissend wären, sondern nur, dass sie andere Sachen studieren als die anderen Fachwissenschaftler. Sie müssen trotzdem nach dem Studium mehr oder minder korrekt über diese Dinge reden können.

Wichtig ist beim Reden aber, dass man wenigstens im Grunde versteht, worüber man spricht und nicht, dass alle Fachbegriffe perfekt sein müssen. Gerade bei Lehrern und Journalisten (die den Feuilleton für die Philosophen schreiben), ist es eben wichtig, dass man die Dinge auf eine Art und Weise verbalsprachlich ausdrückt, die der umgangssprachlich gebildete Leser versteht. Warum um alles in der Welt sollte das in irgendeiner Wissenschaft anders sein?

Voss zählt dafür wieder Beispiele auf, wie die schmissige Sprache der Astrophysik unmittelbaren Eingang in unser Kultur- und damit Unterhaltungsprogramm gefunden hat: “Die Fernsehserie Big Bang Theory nutzt einen der zentralen Begriffe der Kosmologie als Wortwitz für eine Gruppe von Wissenschaftlern, die gern mal wieder Sex hätten. String Theory hätte hier genauso gut gepasst, und auch der Begriff “Doppelspaltexperiment” hat etwas Gruppensextaugliches.” Hieran sehen wir gleich zwei positive Wirkungen auf einmal, erstens: “sex sells”, also die Begriffe sind für Wissenschaftler wie Studis wie Lehrer wie Schüler einprägsam und schmissig (didaktische Wirkung) und zweitens: wenn wir es also unter uns gut verkaufen können, dann können wir es auch nach außen gut verkaufen und kriegen so auf komödiantische Art auch eine Spur von Wissenschaft und Forschung in die Köpfe der Lernverdrossenen und Fernsehkieker.

Fazit: KISS ist nicht nur ein frommer Wunsch, denn es ist ein internationalisierungsgeförderter und generationsbedingter Trend in die richtige Richtung erkennbar. Es wird schon umgesetzt, aber es ist noch nicht bei jedem gleichermaßen gut angekommen. Die Entwicklung geht aber weiter und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Wissenschaftler – die ja auch immer mehr interdisziplinär arbeiten (müssen) – alle vom KISS-Syndrom befallen sind und die Nichteingeweihten auch einweihen können.

Das lässt hoffen!

Für freie Wahl der (sprachlichen) Kleider!

Das Tragen des “richtigen” Anzugs, wie bei dem türkischen Astronomen im Kleinen Prinzen, hilft zwar immer noch ein bißchen, aber er ist schon längst nicht mehr ausschlaggebend für die Anerkennung von Ergebnissen. Die “schwarzen Herren” und Talare vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die Saint-Ex noch kannte, sind inzwischen eh längst passé – schon allein deshalb, weil für Frauen noch nie so ein strikter Kodex existierte und wenn die Kolleginnen heute im Sommerkleidchen, morgen im adretten Anzug, übermorgen in Jeans und T-Shirt erscheinen dürfen, warum sollten dann nicht auch die Herren die Wahl haben? Natürlich haben sie das (gewisse Astrophysiker sind für ihre Hawaii-Hemden berühmt).

Das richtige sprachliche Kleid für Diplom-, Doktor- und andere Qualifikationsarbeiten sollte entsprechend frei wählbar sein. Schließlich sollen die Worte nur eine aller möglichen Repräsentationsformen von Ergebnisse und guten Argumenten sein. Das Ergebnis ist nicht das Wort, sondern es ist ein “Sinn”, der von dem Wort (oder der Wortgruppe) repräsentiert wird. Vielleicht wird es auch durch ein Bild repräsentiert oder durch Wort und Bild zusammen. Na und? Warum sollte unser türkischer Astronom nicht gleichzeitig einen europäischen Anzug und die Schnabelschuhe vom Kleinen Muck (für den schnellsten) tragen dürfen? Man merkt ihm doch eh an, woher er kommt und warum sollte das denn auch schlimm sein. Wozu die Uniformierei? Sogar Mignons sind nicht alle gleich.

Mit der Sprache ist es ein bißchen analog: Es gibt sowieso keine Privatsprachen [Wittgenstein], denn eine Sprache ist nur dann als ein Kommunikationsmittel erklärt, wenn man damit Informationen übertragen kann. Wenn also jede/r weiß [oder wissen kann: Missverständnisse passieren ja bei fast jeder Kommunikation], was gemeint ist, warum sollte man dann nicht die umgangssprachlichen Worte wählen? Was sollte es der Wissenschaft denn schaden, wenn nicht nur die Eingeweihten ihre Worte verstehen, sondern auch die Nichteingeweihten, die mit ihren Steuergeldern schließlich dafür sorgen, dass wie Wissenschaftler überhaupt in unseren anspruchsvollen Eingeweihtenkreisen arbeiten dürfen, denn – so beendet Voss sein Vorwort: “immerhin handelt es sich dabei um ein gesellschaftliches Ereignis. Und das sollten die Naturwissenschaften auch sein.”

Meines Erachtens gilt das für alle Wissenschaften; nicht nur für die Naturwissenschaften, aber auch für diese.


GIMMICK

grandPrince_b_sDer (von mir soeben erfundene) Große Prinz mit seiner Rose. Wer weiß, ob er noch immer auf seinem Asteroiden (sei es nun der mit der fiktiven Bezeichnung B612 oder nicht) ist, auf den er am Ende der Geschichte von Saint-Ex zurück kehrte, oder ob er wieder unter uns lebt. In der Sahara habe ich ihn nicht getroffen, aber vielleicht habe ich ihn vor ein paar Tagen in Berlin gesehen: Sicher bin ich mir nicht, aber ich könnte es dem Autor leider eh nicht mehr – wie es doch sein Wunsch war – erzählen.

🙂

Wo auch immer er steckt, wir können seine Botschaft verstehen: “Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deine Rose verantwortlich.” Wie aber könnte ein Wissenschaftler in Grundlagenforschung oder Orchideenfach (was keine unmittelbare Anwendung für den Endverbraucher produziert) besser diese Verantwortung für das Studierte und smoit vertraut Gemachte übernehmen, als dadurch, dass er durch Wahl des richtigen sprachlichen/ kommunikativen Kleides die gesamte Gesellschaft daran teilhaben lässt, was seine Wissenschaft findet?

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Veröffentlicht von

"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

8 Kommentare

  1. Pingback:[SciLogs] KISS ist (m)eine Rebellion (?) – #Astronomie

  2. “KISS” war bspw. hier ganz OK oder bspw. hier; korrekt bleibt womöglich angemerkt, dass auch Jüdisch-Sein hier stattgefunden haben könnte. [1]

    MFG
    Dr. W

    [1]
    Wie dem auch sei, der Schreiber dieser Zeilen hatte das Vergnügen regelmäßig auch gemeinte Veranstaltung kennen zu lernen, Teilnehmer meinend, ohne Teil geworden zu sein.

    PS:
    Ging vom Thema womöglich weg, gell, hmm, hmm, bei W. und so wird der Schreiber dieser Zeilen immer ein wenig scharf, im Jagdsinne, sr.

    • PS + abschließend ergänzend:
      KISS = “Keep it simple” und so, hier natürlich verstanden

      Auch als Schönheit, Schönheit müsste Einfachheit bedeuten…

      • PPS:
        ‘Weltbikl’ war “vermopst”, bei ‘esotherisch’ gucken zumindest einige grau und werden unbeispringend, ‘Anekdote’ bevorzugt als Anekdote, ‘einfach’, ‘stutzen’ und so…

  3. Das mit der Rose des großen Prinzen habe ich erst langsam verstanden. Also als Ergebnis seiner Wissenschaft, richtig?

    Oder ist das ein Szenario aus der kl. Prinzen-Geschichte? Ich kenn die nicht.

    Ja, die Wüste mit ihrer Fülle an (fast) nichts, was den Anblick erneuert und die viel mehr an sich (oder Schicksal oder Gott) zu glauben zwingt. Das lässt einem tiefer in sich und die Welt blicken. Viel tiefer, als es eine Welt der unendlichen Ablenkung, Unterhaltung und Enge von Großstädten zulässt. So stell ich es mir vor.

  4. Ein sehr schöner Artikel, dem eine grössere Aufmerksamkeit zu Teil werden sollte. Vor allem bei Leuten, die meinen, sie könnten damit angeben, das sie etwa von Mathe keine Ahnung haben.

    Zu “KISS” … – also abgesehen von einer amerikanischen Rockband kenn ich das “KISS” eher als: “Keep it simple, Stupid!”, also etwa: “Halt es einfach, Dummkopf”, was so zu verstehen ist, dass man ein Dummkopf ist, wenn man sich nicht einfach ausdrückt sondern unnötig kompliziert. Also anstatt man etwa sagt: “Der dümmste Bauer erntet die dicksten Kartoffeln”, schwafelt man “Das Volumen der subterranen Feldfrüchte verhält sich reziprok zur intellektuellen Kapazität des Agrarökonomen.” daher. Dazu meine ich dann auch: “Keep it simple, Stupid!”.

    ——
    P.S. Was soll das denn, “Bitte geben Sie eine URL ein.”? – Ich hab keine, deshalb hab ich die von diesem Artikel darein gesetzt.

  5. Viel schlimmer als ein Paper mit Fachbegriffen finde ich ein Paper mit Fachbegriffen und komplett in einer Fremdsprache.

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