Islamische Astronomie


Eine von zahlreichen Richtungen der Astronomie ist die Kulturastronomie und innerhalb dieser ist eine der zahlreichen Richtungen die Islamische Astronomie. Dabei geht es vor allem um religiöse Fragen der Bestimmung des islamischen Kalenders oder der Gebetsrichtung. Studieren kann man dieses Fach zwar nicht in Deutschland, aber in anderen Ländern der Erde mit großem Anteil von Muslimen. Da sich diese auf viele geographische Breiten und Klimata verteilen, wird die junge Mondsichel stets zu unterschiedlichen Zeitpunkten (oder gar an verschiedenen Tagen) gesehen. Die Frage ist dann häufig, ob nur die freiäugige oder auch teleskopische/ fotografische Sichtungen zählen und ob es überhaupt eine Sichtung geben muss, um den neuen Monat zu starten oder man auch eine Berechnung der Mondposition hernehmen darf.
Gerade hat ein neuer Mondmonat begonnen; die junge Mondsichel (“Neulicht”) wurde in Marokko am Freitag Abend gesehen. Marokkos Klima ist désertique: Wüste. In den Tropen, wo die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist und dauernd ein wenig Licht schluckt, ist das meist erst einen Tag später möglich – zumindest freiäugig. Mit Teleskopen haben muslimische Astronomen auf Java die Sichel auch schon gesehen.
Das Team unserer Universität hatte allerdings damit kein Glück: Freitag Abend legte unser Schiff (die “Jakarta”) erst nach dem üblichen abendlichen Tropenregenguss ab: d.h. gegen Mitternacht, denn der Kapitän war in Sorge, dass die Gewitter Elmsfeuer verursachen könnten. Sehen konnten wir die junge Mondsichel erst am Samstag, als sie neben alpha Librae und der Venus stand.
Wann der Monat beginnen darf bzw. welche Hilfsmitte die Astronomie verwenden darf, um den Monatsanfang zu bestimmen, das ist eine eher theologische Frage und da halte ich mich gern heraus. Die Argumente sind, grob gesagt, dass der Prophet selbst ja auch nicht gerechnet hat und man also nur “sehen” dürfe. Mit dem gleichen Argument kann man der Meinung sein, dass nur das freie Auge und kein Teleskop oder andere optische Hilfsmittel verwendet werden darf/ dürfen. Andererseits wäre mit dieser Methode allein der Tropen-Islam stets benachteiligt, weil es einfach zu keiner Zeit dermaßen gute Wetter- und Witterungsbedingungen gibt wie in der Gegend am nördlichen Wendekreis, wo der Islam erfunden wurde. Auch in den bestmöglichen Beobachtungsstandorten auf den Kuppen eines Südsee-Eilands fernab der Großstädte liegt stets ein Schleier von Tropenschwüle und eine Wolkenschicht in der Luft. Obwohl der Tag im Pazifik früher beginnt als in Mekka, würde man also niemals die Mondsichel zuerst sehen, sondern stets um 1-2 Tage später.
Wir experimentierten auch mit der Fotografierbarkeit der Milchstraße: gesehen hat man sie ganz deutlich auf dem Südsee-Eiland – fürs menschliche Auge ist der Himmel also “schön”. Möchte man jedoch solche Raffinessen wie eine schmale Mondsichel in der Dämmerung erspähen, stößt man an die Grenzen.
Derlei praktische Beobachtungen sind für mich sehr nützlich, wenn ich mich mit Fragen der antiken (babylonischen, arabischen, griechischen, chinesischen) Astronomie beschäftige, wo es stets darum geht, wer was tatsächlich am Himmel gesehen oder eben berechnet hat. Umgekehrt hoffe ich, mit meiner Kenntnis der Antike auch die zeitgenössische Islamische Astronomie bereichern zu können. So ergibt sich ein sehr spannender Austausch.


Während der 6-7stündigen Überfahrt sprachen wir auch über die arabischen Sternbilder und Mondstationen in Stellarium etc., aber sonst bot sich nach dem kräftezehrenden (aber sehr interessanten) Wochenende auch mal etwas Ruhezeit. Dann gab es kurz vorm Erreichen des Heimathafens einen wunderschönen tropischen Sonnenuntergang: die Sonne nicht am Horizont versinkend, sondern an der Wolkenschicht über diesem.

Vielen Dank für Deine wunderbaren Beiträge und beste Grüße . Ich hoffe es geht Dir gut. Viele Grüße, Jürgen Stolze (Berlin / WFS)
danke Jürgen & ganz liebe Grüße in die Heimat