Instrumentsammlung
Die astronomische Sammlung der Islamischen Universität ist ausgestattet mit zahlreichen Instrumente der islamischen Astronomie. Das Wort “Ilmu Falak” bedeutet wörtlich “Wissenschaft/ Kunde vom Globus”. Es ist das arabische Wort für Astronomie, aber Globen gibt es natürlich auch von der Erde. Darum beschäftigt sich beispielsweise in Ägypten, wo ein arabischer Dialekt ja Muttersprache ist, das Institut für “Ilmu Falak” mit beidem, Geographie und Astronomie. Dort geht es um Themen der Astrophysik, den Bau eines großen Feldes von Radioantennen in Afrika für die Detektion von Schwarzen Löchern, um Exoplaneten und andere Standardthemen der Astrophysik. In Indonesien gibt es nur ein solches Institut und zwar das National-Observatorium in Bandung. Mehrere Universitäten bieten zwar Astronomie als Studienfach an, aber sie benutzen, das arabische Fremdwort “Ilmu Falak”, um auszudrücken, dass sie sich eben nicht mit Astrophysik beschäftigen, sondern mit Islamischer Astronomie. Sie finden das ganz wichtig, weil es von gesellschaftlicher Relevanz sei. Wie ich bereits 2017 berichtete, ist daher die Ilmu Falak-Astronomie an der juristischen Fakultät bzw. genauer gesagt der “Fakultät für islamisches und bürgerliches Recht (Shariah und Hukum)”. Wie bei den Juristen wird also auch die Astronomie eine Wissenschaft aufgefasst, die als Ausbildung ein Universitätsstudium erfordert, aber direkt für die Bevölkerung arbeitet (was bei uns bestenfalls Volkssternwarten tun).
Die Instrumente-Sammlung befindet sich nun ebenfalls in einem neuen Gebäude und ist – obwohl erst wenige Jahre alt und daher klein – beeindruckend. Zumindest aus der Sicht der Kulturastronomie.
Quadrant und Schattenstab (links) werden klassisch zur Bestimmung der Gebetsrichtung (Qibla) eingesetzt. Die Sonnenuhr mit den zwei Gnomonen, einem zum justieren des anderen und je nach Sonnenstand an Solstitien und Äquinoktien mit vertauschter Gnomonreihenfolge zu nutzen, wurde von einem älteren Professor vor Jahrzehnten entwickelt: der ältere Herr ist inzwischen im Ruhestand. Das Instrument ganz rechts wurde von Studierenden dieser Universität erst vor wenigen Jahren entwickelt: Es stellt eine Kombination von Quadrant und Schattenstab-Tableau dar und hat den Entwicklern und der Universität eine Goldmedaille im nationalen Wettbewerb eingebracht.
Warum besteht in der Islamischen Astronomie die Notwendigkeit zur Vorhersage von Sonnen- und Mondfinsternissen? – Ganz einfach, weil es zu diesen Anlässen spezielle Gebete gibt. Die religiöse Ausrichtung der Studien findet sich also in allen Forschungs- und Entwicklungsthemen dieser Universität. Für uns mag das etwas befremdlich wirken, aber aus der Sicht der Wissenschaftshistorikerin in mir sind diese Instrumente sehr interessant: häufig werden Instrumente, die bereits in der Antike bekannt waren (wie die griechische Kugelsonnenuhr Skaphe) hier in ihren frühneuzeitlichen Formen rekonstruiert und für eigene Zwecke weiter entwickelt. Ich denke, dass wir hier sehr viel für unsere eigenen Studien des Altertums (sei es das alte Babylon, Ägypten oder die griechisch-römische Wissenschaftsgeschichte der Antike) lernen können:
“The Past is a Foreign Country. They Do Things Differently There.”
(L.P. Hartley)
Die indonesische Astronomie ist eben keine Astrophysik; wir dürfen sie nicht mit europäischen Astrophysik-Instituten vergleichen, sondern eher mit den Fächern an unseren Philosophischen Fakultäten wie z.B. “Vergleichende Religionswissenschaft” oder “Wissenschafts- und Technikgeschichte” (oder Kulturastronomie, wenn es dafür Professuren gäbe). Reisen ist also manchmal wie Zeitmaschine.
Die Kreativität ist nahezu grenzenlos, wenn es darum geht, neue Formen es Geräts zur Bestimmung der Gebetsrichtung zu entwickeln. Das mutet etwas sonderbar an, da eigentlich heute alle Muslime eine Smartphone-App dafür haben und die praktische Verwendung dieser Ideen fraglich bleibt. Trotzdem beschäftigen sich zahlreiche Bachelor- und Masterarbeiten in der Islamischen Astronomie damit, dieses Gerät neu zu erfinden:
Letztlich geht es aber immer nur um diese zwei Themen:
- Bestimmung der Gebetsrichtung (die übrigens in jedem Hotel im Land angezeichnet ist)
- Beobachtung der jungen Mondsichel – oder Berechnung ihres Erscheinens (und die damit verbundenen theologischen Fragen, ob Rechnen überhaupt erlaubt ist).