Indonesien

ein Hotel

Bis 17. August 2024 war Jakarta (seit Jahrhunderten) die Hauptstadt von Indonesien. Doch die Stadt wird untergehen: Bereits jetzt liegt sie nur 8 m über dem Meeresspiegel und mit dessen Anstieg wird Jakarta in absehbarer Zeit versinken, unterstützt von – wie ein Leser sehr richtig schreibt – dem Absinken des Landes (ARTE) durch architektonische, stadtplanerische, tiefbauliche Fehler der Menschen. Jakarta, früher Batavia, war auch für die Kolonie der “Dutch East Indies” eine wichtige Hafenstadt.

Bahnhof
Bahnhof
Rettungsring des Schiffs "Jakarta"
Rettungsring des Schiffs “Jakarta”
ein Hotel am Fluss

Die Regierung ließ daher eine neue Hauptstadt auf einer Nachbarinsel Kalimantan (Borneo) errichten: Nusantara. In dieser Stadt wurde zwar der Unabhängigkeitstag dieses Jahr offiziell gefeiert, aber nicht mit so vielen Menschen, wie ursprünglich geplant (8000 geladene Gäste), weil man kurzfristig bemerkte, dass die neue Planstadt noch gar nicht die Kapazitäten zur Nahrungsversorgung und Unterbringung von 8000 (und mehr) hat (ORF, ARD Tagesschau). Es wird also noch eine Weile dauern, bis das politische Zentrum wirklich komplett auf die Nachbarinsel umzieht und damit auch die Reputation der Kaffee-Insel Java als Hauptinsel allmählich verschieben wird. In Europa kennt man typischerweise eher Bali als Urlaubsparadies und als Kind habe ich den Abenteuer-Roman “Im Geistertal von Sumatra” gelesen und so also von den beiden Nachbarinseln gehört. Java ist aber nicht nur eine Programmiersprache mit Kaffeetasse als Symbol, sondern diese ist eben nach der langen schlanken Insel benannt, auf der die Hauptstadt Indonesien, Jakarta, liegt. Der Inselstaat Indonesien besteht als Archipel aus über 14.000 Inseln, von denen ich nur zwei besucht habe: Java (bereits 2017, bis 2018 eine Bachelorarbeit betreut) und Karimunjawa, wo meine Astronomenkollegen zum Beobachten hinfahren.

Der Stadt Jakarta merkt man an, dass sie von Europäern gebaut wurde: viele Häuser im europäischen Stil und viele bedeutende Gebäude tragen noch immer die Beschriftung auf Niederländisch – ebenso wie viele Straßennamen niederländisch sind. Das gilt auch für die anderen Metropolen des Landes.

Sonne in Laterne

Nach der Unabhängigkeit 1945 ist die Bevölkerung Indonesien überhaupt nicht nachtragend. Anders als in den Amerikas, Indien und Australien, wo man noch immer mit der Aufarbeitung der Unterdrückungen in der Kolonialzeit beschäftigt ist, sehen die Asiaten dies eher entspannt: Die Kolonialzeit ist eben ein Teil der Geschichte. Geschichte ist Vergangenheit und nicht änderbar; jetzt gilt es, in die Zukunft zu denken.

Mit der neuen Hauptstadt soll sich vieles ändern: man ist neugierig, will lernen, will sich stets weiter entwickeln. Die Regierung ist umgezogen, aber eben nur die wichtigsten Personen und noch nicht alle. “Es wird eine Weile dauern,” sagen die Gelehrten, weil man erst die Infrastruktur aufbauen müsse (Straßen, Wasserleitungen, Elektrizität, Schulen, Kultur…), damit sich auch Nichtregierungsmitglieder leisten können, dort zu wohnen. Aus der deutschen Erfahrung kann ich das nur unterstreichen: Auch ein Viertel Jahrhundert nach der Wiedervereinigung sind noch immer Regierungseinrichtungen in Bonn – und das, obwohl Berlin ja stets ebenfalls Regierungssitz und Hauptstadt gewesen ist (nur eben nicht für alle). 

Willkommenskultur

Erstmal essen

Mittagessen für 10
Kokosnuss
Snack im Bananenblatt

Man isst in Asien 3mal täglich warm, meist Reis oder Nudeln mit Gemüse (ich bin kein Fleischfresser) und sehr viele Suppen. Die (auch in den Niederlanden auffindbare) Marotte, jeden Salat mit einer Erdnuss-Soße zu übergießen finde ich furchtbar – aber sonst sind die Speisen köstlich und wie in heißen Ländern oft üblich: scharf. “Sambal” wurde in Indonesien erfunden – auch wenn man es in .de eher aus chinesischen Restaurants kennt; in China gar nicht sooo verbreitet. Tofu wurde in der Anhui-Provinz von China erfunden, ist aber in Indonesien auch frisch und köstlich. 

Die Reduktion von Kunststoffmüll durch den Einsatz von Bananenblättern und Kokosnuss-Gehäusen statt Einpackfolie und Papp-Bechern sollten wir uns merken und analog umsetzen.

auch an der Uni

Snackbox
vor Konferenz/ VL
Snackbox

Die Deutschen sind ja bekanntlich für ihre immense Brotvielfalt berühmt (UNESCO Welterbe seit 2014, es gibt sogar den Tag des deutschen Brotes am 5. Mai) und die einzigen, die das fast so gut können wie das deutsche Bäckerhandwerk, sind die Niederländer. In Indonesien gibt’s daher die Kette “Holland Bakery”, aber was da wie Brot aussieht, ist meist süß: Hefeteig oder Rührteig, kein Sauerteig. Dennoch: netter Versuch.

Ein Taxifahrer erzählt mir stolz “hier sind alle willkommen”, auch die Niederländer – besonders da die heutigen Niederländer ja die Kolonialzeit selbst nicht erleben haben und für sie dies ebenso Geschichte ist wie für die Einwohnenden des Inselarchipels. Er berichtet, dass manche Indonesier nicht ganz einverstanden mit der Unabhängigkeit waren und dann in die Niederlande gingen.

Umgekehrt sei es natürlich genauso in Ordnung, wenn Niederländer herkämen – egal, ob zum Arbeiten, für die Ferien oder aus anderen Gründen. Alle werden mit einem freundlichen Lächeln begrüßt und willkommen geheißen – wirklich alle, sogar ich (und dann machen sie youTube-shorts draus):

Empfang an der Universität – mit Rektor und zahlreichen Dekanen: man ist neugierig.

Indonesien war, ist und wird immer sein: ein Vielvölkerstaat. Die einheitliche Sprache, Bahasa Indonesia, ist vom Malayischen abgeleitet, denn eigentlich spricht die lokale Bevölkerung auf jeder Insel eine andere Sprache: Javanesisch, Balinesisch etc. Auf den großen Inseln gibt’s sogar jeweils mehr als eine Sprache und mehr als eine ethnische Gruppe. Die Schrift sind die lateinischen (etruskischen) Lettern und nach einer Rechtschreibreform 1980 gilt eine vereinfachte Schreibweise und nicht mehr die niederländische (z.B. “u” statt “oe”); die ältere eigene Schrift, die mit Sanskrit verwandt ist, sieht man gelegentlich auch noch. Um 400 CE waren zuerst indische Schiffe auf diesen Inseln gelandet und brachten den Hinduismus mit. Einige Jahrhunderte später brachten die Chinesen den Buddhismus (der ursprünglich auch aus Indien kommt) und den Islam. Viel später erst brachten die Kolonialeuropäer das Christentum: zuerst die Portugiesen, dann die Niederländer. Folglich gibt es auch alle großen Weltreligionen in dem Land. Heute ist die Mehrheit muslimisch, aber es gibt keine Staatsreligion (was ebenfalls ein Taxifahrer ausdrücklich betont): alle sind willkommen. Interessant finde ich, dass die Frage nach der Religion tatsächlich die erste Frage ist, die man bei einer Begegnung stellt (und die zweite ist angeblich, ob man verheiratet ist – aber das hat mich niemand gefragt). In Frankreich ist diese Frage verboten und in Deutschland zwar nicht tabuisiert, aber ungewöhnlich. In Indonesien ist sie Pflicht: Sobald man in ein Taxi steigt, wird als erstes nach der Religion gefragt. Es ist auch völlig egal, welche Antwort man gibt – alle Antworten sind ok außer “keine”. Alle Menschen müssen in indonesischer Vorstellung eine Religion haben.

Life Skill House – ein Professor mit zahlreichen Kindern, nimmt auch hundert Studierende bei sich auf: eine Art Madrasa im historischen Sinn.

Die staatlichen Universitäten sind dem Religionsministerium unterstellt. Das mag für uns Europäer sonderbar wirken, da wir eigene Ministerien für Bildung und Forschung haben. Dort hinterfragt das aber fast niemand.

neues Gebäude (Jura)
Soz.Fak.
altes Gebäude (Jura)

Indonesien ist nicht nur stolz darauf, alle willkommen zu heißen. Es wird auch gern kulturell gemischt: “wir übernehmen alles, was wir für nützlich erachten,” erklärt mir ein Soziologe: die Jahreszählung “Common Era” (deren christlichen Ursprung die meisten eh vergessen haben), das christliche Wochenende am Sa/So (nicht jüdisch-muslimisch Fr/Sa), die muslimischen Gebetsformeln zur Eröffnung von Business-Meetings, den Hijab als Schönheitsmaßnahme für dunkelhaarige Frauen (statt gefärbter Haare nimmt man farbige Tücher mit Glitzerspangen am Tuch statt in den Haaren) und nicht in der strengen Weise wie in arabischen Ländern – wer will, kann ihn tragen, niemand muss. Kopfbedeckungen sind angemessen bei Sonnenhöchststand und die Männer tragen in Indonesien eine schwarze Filzkappe (auch diese ist nicht verpflichtend, aber manche Kollegen kann ich mir ohne gar nicht vorstellen: ein Soziologe, der sie selbst nicht trägt, meint verschmitzt, dass die Männer das machen, um eine Glatze zu verbergen – aber die Träger finden es in Wahrheit ebenso tugendhaft/ gelehrt/ würdevoll wie die Frauen ihre bunten, hijab-ähnlichen Tücher). Vor allem sehe der Tropen-Islam die Mode eher légèr und (asiatisch) bunt, mit viel Glitzer, Perlen, Kettchen und Schmuck und auch nicht so verbissen, dass kein Haar unter Tuch hervorschauen dürfe. In manchen Inseln lebt sogar ein recht rigoroses Matriarchat der indigenen Kultur weiter (ARTE), trotz Islam (die Männer sind da nur “Zuchtbullen”, die nur zum Gebet in der Moschee das Haus verlassen; Frauen gehen Arbeiten und führen den Haushalt). Wenn junge Leute die Ehe eingehen, können sie entscheiden, nach welchen kulturellen Rollenbildern sie ihre neue Familie ausrichten möchten. Rassismus kenne man nicht und es seien auch religionenübergreifende Ehen erlaubt, solange es beides abrahamitische Religionen sind; ein Gemisch von monotheistischen und polytheistischen fände man schwierig und würde mehr Fragen bei der Erziehung der Kinder aufwerfen, aber sonst sei alles erlaubt.

Semarang: bei einer Konferenz wird nach dem Grußwort des Dekans ein Gebet gesungen, dann allen Beteiligten eine Minute zum stillen Gebet fürs Gelingen eingeräumt.

Allgegenwärtige Religionspraxis

Aus meiner relativ französischen Sicht, dass man Religion aus dem öffentlichen Raum, der Universität und Schule am liebsten heraushalten möchte, wirkt es auch befremdlich, dass in Indonesien jede Vorlesung, jede Konferenz, jedes Seminar mit einem Grußwort an Gott und einem Gebet begonnen wird. Man spricht hier direkt die arabischen Gebetsformeln und die arabische Sprache wird natürlich auch gelehrt, um die Gebete verstehbar zu machen.

Es ist aber nicht nur die Religion das einende Element – auch die Nationalhymne “Indonesia Raya” (Großartiges Indonesien) wird im Rahmen der Eröffnungszeremonien gesungen: 

Indonesien, mein Volkstum, meine Nation und mein Land,
Lasst uns ausrufen: “Indonesien ist vereint!” …

Nicht nur hört man zu den Gebetszeiten jeweils die Muezzine singen, sondern auch an der Universität wird der Stundenplan um die Gebetszeiten herum geplant. Allen soll die Möglichkeit gegeben werden, ihr Gebet ordnungsgemäß durchzuführen.

Auto der Katholischen Universität
Auto der Islamischen Universität

Das Bizarre ist allerdings in Indonesien, dass erstens nicht nur nach dem Muezzin jeweils ein Volkslied, interpretiert von einer Kinderstimme, über die Lautsprecher (oder Minarette) übers Land geht, sondern auch, dass nicht nur die muslimischen Feste als Feiertage festgelegt sind, sondern alle Fest der großen Religionen. Zwar macht man keine zwei Wochen Weihnachtsferien, aber die christlichen Feiertage (mindestens der 25.12. für Weihnachten) sind arbeitsfreie Tage für alle. Zwar ist die Mehrheit im Land derzeit muslimisch, aber die Vertreter anderer Religionen gruppieren sich oft in bestimmten Gegenden/ Dörfern/ Siedlungen, die dann auch entsprechend der eigenen (und nicht der muslimischen) Feiertage herausgeputzt werden.

Eine christliche Kollegin frage ich, wie sie denn überhaupt Weihnachten feiern und sie erzählt mir von (künstlichen) Weihnachtsbäumen, Sternen, Kerzen und anderem bekanntem (europäischem) Brauchtum. Als ich die studierte Astronomin darauf aufmerksam mache, dass das Weihnachtsfest in Europa ein Lichterfest ist, weil man kurz nach der Wintersonnenwende die Rückkehr des Sonnenlichts feiert, ist das für sie ein Aha-Moment: In den Tropen bekommt man davon natürlich nichts mit – es ist hier einfach nur lieb gewonnenes Brauchtum. Dass der Nadelbaum das einzige ist, was in Europa um diese Zeit noch grün ist und sich als Frühlingsbringer-Symbol eignet, ist auch eine Erfahrung, an die man auf den ewig grünen Tropen nicht als erstes denkt.

Im Gegenteil stöhnen die Kollegen bei meiner Ankunft (ca. Äquinoktium), dass dies ja nun die heißesten Tage seien: zweimal pro Jahr, im September und im März, steht schließlich die Sonne im Zenit (= im Punkt genau über unseren Scheiteln, wo sie sich in Europa niemals hinwagt) und die Sonnenwenden im Juni und Dezember sind daher eher etwas erholsamer. Das finden zumindest die Einwohner der Tropen: aus euorpäischer Sicht sind die stets ca. 30°C immer heiß, egal, wo die Sonne gerade steht. Man sieht, die Menschen dort haben eine viel höhere Sensibilität für die (geringen) Temperaturschwankungen als unsereins.

Sonnentiefstand am Abend – man sieht, die Atmosphäre ist trüb von Feuchtigkeit und Smog. Die Sonne versinkt hier keineswegs im Meer oder Berg, sondern in der Wolkenschicht 5 bis 10° darüber.

Seltsame Europäerin

Für Heiterkeit bei meinem Kolleg:innen sorgt auch häufig meine Körpergröße. Ich bin für eine mitteleuropäische Frau eigentlich ziemlich durchschnittlich: Körperhöhe entspricht genau der Norm der Bekleidungsindustrie, ich trinke (wie in meiner Generation mehr üblich als bei den jüngeren) unglaublich viel Kaffee, und bin mit braunen Augen, relativ heller Haut (die erröten, blaue Flecke kriegen oder ziemlich farbig werden kann) und braunem Haar auch relativ durchschnittlich kaukasisch.

Mal abgesehen davon, dass sich die Einwohner der Mischkulturen (s.o.) der Tropeninseln immer fragen, ob sie bei Bewerbungen in Amerika “asiatisch” oder “people of colour” ankreuzen sollen, da sie doch beides sind… finden sie auch mich nicht nur blass, sondern vor allem einen ziemlichen Lulatsch. Nur manche der Männer erreichen ungefähr meine Augenhöhe, die Frauen sind alle viel, viel kleiner. Diese Insulaner sind ein sehr heiteres Völkchen; es ist Teil der Kultur, viel zu kichern und sich lustig zu machen – aber wirklich nicht im negativen Sinn, sondern zur Unterhaltung. So wird meine Studentin von ihrer Mutter am Telefon gefragt, ob sie gerade so lang ist wie meine Elle und ich werde häufig gefragt, ob ich Niederländerin sei (die gelten ja als hell, schlank und vor allem: hochgewachsen). Man meint, dass man in Asien “Dutch” (niederländisch) und “Deutsch” (German) nicht auseinanderhalten könne (woher auch immer sie das deutsche Wort für “deutsch” kennen, wo es doch auf Indonesisch “Jerman” heißt). Ehrlich gesagt, bin ich mir selbst nicht immer sicher, wo da der Unterschied ist: in Europa verschwimmt ja alles. Ok, die Niederländer haben einen König, die Deutschen nicht – aber der niederländische Königshaus kommt ganz ursprünglich aus Frankreich (Oranje) und eher direkt aus Deutschland (Nassau), weshalb die Stadt Siegen symbolisch die niederländische Krone auf dem Kirchturm trägt. Der einzige Unterschied zwischen Deutschen und Niederländern, der mir spontan einfällt, ist, dass letztere deutlich besser die jeweils andere Sprache sprechen. Also – mir ist das egal, ich fühle mich als Europäerin (egal, ob man mich für niederländisch hält wie in Indonesien, für portugiesisch wie in Portugal, für polnisch wie in Polen oder für französisch wie in Frankreich, …).

Als ich einem der männlichen Kollegen, der ca. einen Kopf kleiner ist als ich, ein Foto relativ rezentes Familienfoto mit meinem Bruder (groß, blond, blauäugig) zeige, kann er sich kaum vorstellen, wie jemand dermaßen groß sein kann. Wenigstens habe ich den Beweis erbracht, dass ich unter meinesgleichen eher klein (oder durchschnittlich) bin.

Das obligatorische Gruppenfoto nach jeder gemeinsamen Aktivität. Hier hatten wir alle zusammen einer Konferenz in Berlin beigewohnt, denn man wollte sehen, was anderswo in der Kulturastronomie geforscht wird. 

Der greco-babylonische Zodiak kam offenbar schon mit den Indern um 400 CE nach Java, denn es gibt Darstellungen davon. 

hab mich extra nach unten gestellt

Meine Kollegen finden das jedenfalls sehr erheiternd: ich glaube, in keinem anderen Land wurde ich so häufig fotografiert. Nach jedem Vortrag will eine Schar von Gästen ein Selfie mit mir – der eine Astronom witzelt schon, ich wäre bald Schauspielerin. Auch vermute ich, dass die unsozialen Medien in den letzten paar Wochen mehr Bilder von mir gesehen haben als in den letzten zehn Jahren (denn ich selbst poste fast nie und wenn, dann auch noch seltener Bildern von mir selbst).

Dass ich Kaffee konsumiere wie andere Wasser, wissen meine Kollegen auf den Kaffeeinsel Java und von vielen bekomme ich auch ein Päckchen Kaffee mit für zuhause. Ich hätte einen größeren Koffer nehmen sollen, denke ich. Diese Menschen sind so unglaublich freundlich und (arabisch-überschwelgend) dankbar, dass es mir eine noch größere Freude ist, mich dort auch ehrenamtlich zu engagieren. Ich sollte das nicht zu oft machen, denn sonst komme ich nicht zu meiner eigentlichen Arbeit – aber diese Mission an der Islamischen Universität war eine extrem arbeitsintensive Zeit, die mir enorm viel Freude bereitet hat.

Vulkane (Yogyakarta)
(Zentral-Java)
Wasserfall (mal trocken)
Äffchen
Vöglein (ein Reisdieb, pipit?)

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Studienbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, jobbedingt 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017+2024 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten 2022), Jerusalem+Tel Aviv (Israel 2023), Hefei (China 2024)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

16 Kommentare

  1. Danke für den interessanten Text.
    und Indonesien auf diese Weise beschrieben assoziiere ich immer ein wenig mit dem positiven Menschenbild der Star Trek Föderation 🙂

  2. “Interessant finde ich, dass die Frage nach der Religion tatsächlich die erste Frage ist, die man bei einer Begegnung stellt .. In Indonesien ist sie Pflicht: Es ist auch völlig egal, welche Antwort man gibt – alle Antworten sind ok außer “keine”.

    Was bedeutet das konkret für jemandem, der wirklich keiner Religion angehört? Wie würde sich das “nicht ok” in der Praxis auswirken?

    • weiß ich nicht: Ich war auf einer politischen Mission unterwegs und wurde instruiert, das nicht zu antworten – darum habe ich es nicht ausprobiert. Was ich aber aus Gesprächen mit sehr eng vertrauten Personen (wo man etwas persönlicher wird) abschätzen kann, ist, dass sie es wirklich nicht verstehen würden: es wäre unglaubwürdig.

      • “..und wurde instruiert, das nicht zu antworten”

        Interssant, seine ehrliche Meinung sollte man also in Indonesien besser nicht äußern. Gab es noch weitere Instruktionen zu anderen Themen?

        • doch, ich antworte immer ehrlich (das ist eines der obersten Gebote im Codex Susannae) – aber manchmal umschiffe ich Themen, wenn sie mir zu persönlich erscheinen. Man muss nicht alles beantworten, aber in dem, was man sagt, authentisch sein. Die beiden Fragen a) nach meiner Religion und b) ob ich verheiratet bin, gehen einfach fast niemanden etwas an. Ich beschränke mich daher auf Minimalwahrheiten (wahr, aber so wenig wie möglich preisgeben).

          bzgl. “Instruktionen”: Darf ich mal fragen, in welcher Welt Sie leben??? Selbstverständlich informiert man sich über ein Land, bevor man dort hinfährt – besonders, wenn man es beruflich tut. Ich zumindest möchte mich nicht wie ein Kolonialherr(in) benehmen, sondern versuche, mich den Gepflogenheit anzupassen und auf die Menschen einzugehen. Selbstredend darf und möchte ich mich nicht zu sehr verbiegen, sondern bleibe stets meinen (europäischen) Werten und Naturell treu; das ist mitunter eine Gratwanderung. ABER: Ehrlich währt am längsten.

          • “Ich zumindest möchte mich nicht wie ein Kolonialherr(in) benehmen, sondern versuche, mich den Gepflogenheit anzupassen und auf die Menschen einzugehen.”

            Wenn man ehrlich antwortet, das man mit Religionen nichts am Hut hat, verhält man sich wie ein Kolonialherr? Wir leben wohl wirklich in verschiedenen Welten.

          • die Wahrheit sagen, ohne Menschen vor den Kopf zu stoßen, ist eine hohe Kunst. Erstens kann die Wahrheit manchmal weh tun, z.B. wenn Leute völlig unqualifiziert auf irgendwelche Posten geraten und das nicht hören wollen (Lügner und Betrüger wollen nicht, dass die anderen wissen, dass sie lügen und betrügen). Zweitens fällt es mir mitunter schwer, wenn ich das Wertesystem der anderen nicht kenne, darum informiere ich mich. Grundsätzlich aber hilft es in vielen Fällen, wenn man die Wahrheit sagt, aber nicht alles sagt, was einem zum Thema einfällt. “Wissen immer, was du sagst, aber sage nicht immer, was du weißt.”

  3. Einen Guten Abend 🙂

    Ein wirklich schöner Blogbeitrag!

    Die Art und weise wie sich Indonesien entwickelt, ist sehr interessant. Die Herausforderung die dieses Land vor sich hat ist sicherlich mehr als fordernd. Der Bericht zeigt aber wohl auch das einerseits Vielvölkerstaaten/Kulturen sehr wohl funktionieren und eben Religionen nicht als ultimativer Sündenbock für Probleme herhalten können.

    Sicherlich nicht perfekt, aber das erwartet ja auch niemand. Schließlich ist ja auch das System Frankreichs nur eine Form von vielen und die Zukunft wird zeigen, welche Art des zusammenlebens Früchte tragen wird 🙂

    • Das Konzept der Religionsfreiheit, das die französische Revolution forderte und in die Menschenrechte und das dt Grundgesetz einging, ist allerdings etwas, hinter dem ich wirklich stehe und hinter dem ich mich als Europäerin im Ausland immer sehr gut “verstecken” kann: ich möchte das Thema Religion nicht öffentlich behandeln (wenn andere sich Kreuze oder Hijabs umhängen oder sonstwie religiös dekorieren, ist das deren Sache; berlinerisch “is’ mia egal!”) und damit stehe ich als Europäerin nicht allein.

      Als ich früher im Tourismus arbeitete, einigten wir uns darauf, dass wir Religion und Politik nicht thematisieren, um den Klienten im Urlaub eine schöne & entspannte Atmosphäre zu verschaffen. Ich bin in einem Staat aufgewachsen, in dem Religion nicht in den öffentlichen Raum gehörte (zuhause darf man machen, was man will, aber nicht in der Schule – da wurden nur Menschenrechte und Völkerfreundschaften gelehrt).

      • Danke für die Antwort und den Einblick in ihr denken Frau Hoffmann🙂

        Es gibt wohl nur wenige Themen, die eine solche Emotionale zereiß Kraft bergen wie Religion bzw. Weltanschauungen, deswegen verstehe ich es wenn man das lieber zur Seite schieben will.

        Das schöne am erleben anderer Kulturen und Lebensarten ist ja auch das spüren des eigen kulturellen Körpers, wenn man das so beschreiben will ^^

  4. Ich habe Ende der 90er c.a. 1.5 Jahre in Indonesien gelebt. Wäre spannend, mal wieder dort hinzufliegen und zu schauen, wie es sich seitdem verändert hat.

  5. Das eigentliche Problem von Jakarta ist nicht der steigende Meeresspiegel, sondern das rapide Absinken des Landes wegen des Abpumpens des Grundwassers und einer an einer völlig ungeeigneten Stelle gebauten Großstadt, wie hier berichtet.

  6. Es ist eine westliche Marotte, vieles, was früher Religion hieß, für säkular erklärt zu haben, ohne dass es aufgehört hat, Religion zu sein. Ein europäischer Nationalstaat ist eine Theokratie mit der Staatsreligion Nation, und in dem einen oder anderen davon gewinnen die lokalen Taliban sogar Wahlen. Dass der Mensch keinen Glauben haben könnte, ist ein ziemlich weltfremdes religiöses Dogma. Und wenn der Mensch auf die Frage danach mit „keinen“ antwortet, so meint doch jeder nur, dass es ihm schwer fällt, den seinen in ein Wort zu fassen.

    Jeder Staat ist im Grunde eine Theokratie, man baut eine gemeinsame Identität auf Glauben, Werten, Mythen, dem Überbewerten zufälliger Gemeinsamkeiten, dem Schaffen gemeinsamer Rituale auf, aber Vielvölkerstaaten können nie derart zum ethnischen Monolith verschmelzen, wie sprachlich verwandte Gruppen. Das Vielvölker-Indonesien nützt den Islam, wie wir versuchen, Europa durch gemeinsame Werte zu einigen. Ein Vielvölkerstaat braucht sehr viel Toleranz oder sehr viel Unterdrückung, um bestehen zu bleiben. Dass sie mit der Toleranz mehr Erfolg haben, liegt vielleicht daran, dass sie mit dem Einigen schon fertig sind, während sich unsere Kaziken verzweifelt an die Macht klammern, deswegen verhindern, dass sie welche haben, deswegen fast alle Kraft Europas in Stammeskriegen gebunden ist und für seine Selbstzerstörung drauf geht.

    Je mehr der Papst die Kontrolle über die Überreste Westroms verlor, desto mehr wollte jeder Kazike selbst Papst werden, daraus entstanden erst Gegenpäpste, dann Protestanten, schließlich Nationalstaaten. Und wie es für so einen frisch gebackenen Sektenführer üblich ist, schuf sich jeder erst mal ein totalitäres Kalifat, in dem sogar Strich und Komma im Gleichschritt marschieren müssen. Weil es in Europa aus geografischen Gründen nahezu unmöglich ist, dass ein Staat die anderen lange Zeit dominiert und die Allianzen ständig wechseln, sah sich jeder stets von einer potenziellen Übermacht umzingelt, musste in steter Angst leben und Sparta sein. Jeder Zwergstaat eine Kreuzritter-Festung im Feindesland, Dschihadisten und Assassinen, nur dazu da, die Nachbarn zu vernichten. Wenn jemand Kolonien und Sklaven hatte, um mächtiger zu werden, wurden auch die Nachbarn mächtiger, aller Reichtum nährte nur die Angst, denn die Waffen wurden mächtiger, die Menschen blieben genauso leicht zu töten wie seit jeher.

    Wenn wir die Wahl hatten, dies zu überwinden oder unterzugehen, haben wir immer den Untergang gewählt. Mal sehen, ob die Pax Americana uns gelehrt hat, dass es gar nicht so schlimm ist, ohne unsere geliebte, traditionelle Heilige Furcht voreinander leben zu müssen. Vielleicht gefällt es uns ja so sehr, dass wir dabei bleiben wollen. Vielleicht wollen wir ja so sehr dabei bleiben, dass wir das tun, was dafür nötig ist, statt immer nur darüber zu jammern, dass wir uns stets gegenseitig in den Krieg treiben, einfach, weil wir nie was Besseres gelernt haben und es uns im Blut liegt.

    Ich find’s ironisch, dass wir, trotz all unserer Macht und unseren Reichtums, in der Welt der steinzeitlichen Kopfjäger und Kannibalen des Indopazifiks gefangen bleiben, und Indonesier nicht mehr. Schön für sie. Wir haben ihnen so viel genommen und so wenig gegeben, und doch haben wir aus dem Vielen so wenig gemacht, und sie aus dem Wenigen so viel.

  7. Es ist eine westliche Marotte, vieles, was früher Religion hieß, für säkular erklärt zu haben, ohne dass es aufgehört hat, Religion zu sein. Ein europäischer Nationalstaat ist eine Theokratie mit der Staatsreligion Nation, und in dem einen oder anderen davon gewinnen die lokalen Taliban sogar Wahlen.

    Sinnfreies Wortgeklingel, welches höchstens davon zeugt, dass der es Äußernde ein merkwürdiges Verhältnis zum sinnhaften Gebrauch von Begrifflichkeiten hat.

    Dass der Mensch keinen Glauben haben könnte, ist ein ziemlich weltfremdes religiöses Dogma. Und wenn der Mensch auf die Frage danach mit „keinen“ antwortet, so meint doch jeder nur, dass es ihm schwer fällt, den seinen in ein Wort zu fassen.

    Was Sie meinen, das andere meinen, ist erstens Schwachsinn und zweitens ziemlich irrelevant.

  8. Ja, die Worte von “Paul S” sind provokativ, aber es lohnt sich, bis zum Ende zu lesen und dann nicht gleich loszuschreien. Man muss nicht jedes Wort unterschreiben, aber es liegt auch eine Wahrheit darin:

    “Wir haben ihnen so viel genommen und so wenig gegeben, und doch haben wir aus dem Vielen so wenig gemacht, und sie aus dem Wenigen so viel.”

    “wir” eigentlich nicht – niemand, der heute lebt! aber unsere europäischen Vorfahren haben sich mitunter auf anderen Kontinenten benommen wie die Axt im Wald. In Indonesien waren die Portugiesen zuerst – und die lernen in der Schule, dass sie stolz sein können, weil sie als erste Kolonialmacht die Sklaverei abgeschafft und Kolonien freigelassen haben (das hat mir ein Portugiese erzählt, als ich dort lebte) – und dann die Niederländer, die es irgendwie eher als Entdecker und Erkunder in die Geschichtsbücher geschafft haben, als als Mörder.

    Fakt ist, dass Asien, Ozeanien (wie auch Australien und Nordamerika) wirtschaftlich über Europa hinausgewachsen sind und mit ihren eigenen Ideologien offenbar auch gut klarkommen.

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