Exoplaneten in der Grundschule
Heute nehmen wir uns zwei Schulstunden für das Thema Exoplaneten Zeit. In der ersten Stunde betrachten wir den aktuellen Nachthimmel mit Stellarium und wiederholen die Planeten unseres Sonnensystems. In der zweiten Stunde beschäftigen wir uns mit erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, betrachten insbesondere das Beispiel des Systems Trappist 1 und machen ein kleines Experiment, um zu verstehen, wie man diese Planeten gefunden hat.
Diese Lehreinheit wurde in der 2. und 3. Klasse einer Grundschule in Berlin erfolgreich durchgeführt.
Nachdem wir mit der Planetariumssoftware Stellarium die Sternbilder des aktuellen Abendhimmels entdeckt haben, fliegen wir damit zu den Planeten:
Venus hat eine undurchsichtige Atmosphäre.
Saturn hat einen Ring, den man auch schon im Schulfernrohr sehen kann.
Jupiter hat vier Mond, die so groß sind, dass sie beinahe Planeten sein könnten: Ganymed, Callisto, Europa und Io. Die letzten drei (Callisto, Europa, Io) sind nach Prinzessinnen benannt, während Ganymed der Mundschenk der griechischen Götter war, ein besonders schöner Jüngling.
Jupitermonde
Schauen wir uns diese Monde näher an: Ganymed ist bräunlich-weiß, offensichtlich eine Gesteinskugel, die mit Eis bedeckt ist. Er ist etwa so groß wie Mars und damit der größte Mond im Sonnensystem. Callisto hat von den vier genannten Monden die größte Enfernung zum Jupiter: Dort ist es am kältesten. Callisto ist zwar auch eine Gesteinskugel, aber viel vereister als Ganymed und man sieht viele kleine Krater, die von Mikrometeoriten geschlagen wurden und die das helle Eis unter der staubigen Oberfläche freilegen. Io ist hingegen der Mond, der am nächsten am Jupiter dran ist; dort ist es nicht nur wärmer, sondern durch seine Gezeitenkraft, knetet Jupiter diesen Mond so stark durch, dass es dauernd irgendwo Vulkanausbrüche gibt. Lavamassen, Asche und Ruß, den diese produzieren, färbt die Oberfläche von Io in allen Gelb-, Orange-, Rot- und Ockertönen, so dass manche Leute ihn auch liebevoll den “Pizzamond” nennen (wie eine große Pizza Magherita mit viel Tomatensoße, Käse und Oliven). Diese drei Monde des Jupiter sehen also zwar erstmal erdähnlich aus, aber bei näherer Betrachtung entpuppen sie sich als giftig (wie die Schwefelvulkane von Io) oder eisig und jedenfalls unbewohnbar.
Europa, der zweitinnerste von die vier großen Jupitermonden, ist aber besonders (wikipedia): Das ist eine spiegelglatte Eiskugel und wir sehen kein Gestein an der Oberfläche. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es im Kern von dieser Eiskugel einen Gesteinskern gibt, aber davon ist an der Oberfläche nichts zu sehen. Es handelt sich um einen riesige Kugel aus Wassereis, die so kalt ist, dass dieser Riesenozean dauernd zugefroren ist. Unter der Oberfläche gibt es aber Wasser auch in flüssiger Form und dort könnte es möglicherweise ganz winzige Lebewesen geben, die an die Kälte und Dunkelheit dieses Ozeans angepasst sind. Das wissen wir noch nicht, sondern müssen es erst erforschen.
Dann verlassen wir das Jupitersystem und betrachten wieder einen größeren Himmelsausschnitt in Stellarium. Wir blenden die Exopaneten ein, die man bisher schon gefunden hat und die Kinder sehen, dass sie über den ganzen Himmel verteilt sind. Wenn das Kepler-Feld gerade überm Horizont ist, kann man darüber sprechen, dass wir überall am Himmel die gleiche Planetendichte erwarten wie hier: Es gibt also noch viel zu entdecken für alle, die später mal Astronom werden möchten!
Zweite Stunde
In der zweiten Stunde schauen wir uns zuerst ein bestimmtes Exoplaneten-System an, nämlich den roten Zwergstern TRAPPIST-1, der sieben Gesteinsplaneten besitzt.
Darstellungen dieses Systems findet man ganz leicht im Internet: Die Lehrkraft kann Bilder der Planeten auf Karten drucken und mit den Kindern einzeln durchsprechen oder man macht auch einen Bildschirm-Präsentation, in die man hineinzoomen kann – je nach Lehrtyp und Gruppe. Jedenfalls kann man an diesem System wunderschön sehen, dass vier der sieben Planeten bewohnbar sein könnten.
Stets aktuell nachlesbar: https://de.wikipedia.org/wiki/Trappist-1
Woher kommen diese Bilder?
Die Bilder, die wir oben zeigen, sind aber keine Fotos, sondern Gemälde. Ein Maler hat sie gezeichnet mit den Informationen, die wir bisher haben. Also woher wissen die Astronomen das, was sie dem Maler sagen, wenn sie doch gar nicht mit Teleskopen direkte Fotos machen können?
Nun, Astronomen haben auch Messgeräte. Sie schauen doch seit fast 200 Jahren gar nicht mehr selbst durch ihre Fernrohre, sondern sie schließen Messgeräte an. Man stelle sich nur das Hubble-Weltraumteleskop vor: Da guckt doch keiner durch, sondern es ist ein Kamera angeschlossen. Ein anderes Messgerät, das man anschließen könnte, wäre ein Photometer. Was ist das?
Ein Analog-Experiment
Das wollen wir in einem Experiment verstehen.
Betrachten wir dieses Gerät: Der Sensor ist die weiße runde Fläche (links).
Wir haben unseren Klassenraum abgedunkelt und jetzt schalten wir das Licht ein: Das Messgerät zeigt einen großen Zahlwert an, etwa 280 lux. Dann schalten wir eine Lampenreihe aus und das Messgerät zeigt nur noch 180 lux. Wenn wir auch die zweite Lampenreihe ausschalten, misst der Sensor nur noch das Licht, das vom Beamer an die Wand geworfen wird: etwa 80 lux.
Die Kinder kommen durch diese Beobachtung selbst darauf, dass das Messgerät das Licht in unserem Zimmer misst. Die Zahl, die es anzeigt, ist ein Maß dafür, wie hell es ist: große Zahl bedeutet hell, kleine Zahl bedeutet dunkel oder dunkler.
Dann habe ich noch eine spezielle Lampe mitgebracht: Sie ist kugelrund wie ein Stern und wir haben vorher ja am (künstlichen) Sternhimmel gesehen, dass es rote, orangefarbene, gelbe, weiße und bläuliche Sterne gibt. Messen wir nun, wie hell diese Lampe ist, indem wir sie uns als sonnenähnlichen (gelben) Stern vorstellen: 8 lux.
Jetzt geben wir der Lampe einen “Planeten”, einen dunklen Umläufer, der nicht selbst leuchtet:
Zählen wir alle gemeinsam im Chor wie lange die Eisenbahn für einen Umlauf braucht: Das sind etwa 10 Sekunden. Alle 10 Sekunden misst also unser Photometer nicht die vollen 8 lux der Lampe, sondern nur 6 oder sogar nur 2 lux (je nach Größe der Lok und wie günstig es steht). Das habe ich vor dem Unterricht schon mal aufgezeichnet: siehe Abbildung.
Die Astronomen messen also mit ihren Photometern und Teleskopen die Helligkeit eines Sterns (bei uns: Lampe). Sie würden die Eisenbahn nicht sehen, aber wenn das Licht des Stern (Lampe) ganz regelmäßig ein bißchen runtergeht, dann “fährt” um diesen Stern vermutlich ein dunkler, nicht selbst leuchtender Planet herum (bei uns: Eisenbahn). Zunächst wissen wir jetzt nur, dass es einen Umläufer gibt.
Würden wir eine kleinere Eisenbahn nehmen, würde sie weniger vom Stern verdecken. Würden wir eine größere nehmen, mehr. Je nachdem, wie viel die Helligkeit des Sterns abnimmt, handelt es sich also um einen großen oder einen kleinen Planeten. Wir finden mit dieser Methode also, ob es sich um einen jupitergroßen oder erdgroßen Planeten handelt. Wir wissen aber noch nicht, woraus er besteht: Ein erdgroßer Planet kann aus Wasser oder aus Stein und/ oder Metall bestehen, während ein jupitergroße Planet aus Wasser oder aus Gas bestehen kann. Um das herauszufinden müssen wir mit anderen Methoden beobachten.
Ich habe zwei Modellplaneten mitgebracht, die exakt gleich groß sind. Sie bestehen aber aus verschiedenen Materialien: Der eine ist ein Gesteinsplanet, der andere ein Lametta-Planet. Jedes Kind soll beide Kugeln in die Hand nehmen und sich merken, wie sie sich unterscheiden, dann weitergeben ans nächste Kind. Wenn alle sie mal in der Hand hatten, rufen sie im Chor: “Der eine ist schwerer!” Ich frage “Was müssen wir also machen?” und alle wissen, dass wir jetzt eine Waage brauchen. Die Kinder sollen zu zweit antreten und jedes Kind legt einen Planeten auf die Waage, während ich alle Messwerte an die Tafel schreibe. Auch die Zweitkläßler, die erst bis 100 rechnen können, sehen intuitiv, dass 380 Gramm viel mehr ist als 85 Gramm. (Wir müssen hier nichts rechnen, nur vergleichen.)
Wie Astronomen die fernen Planeten auch ohne Küchenwaage “wiegen” können, heben wir uns für später auf. Für den Augenblick reicht es zu wissen, dass wir das auch aus dem Licht lesen können und zwar, indem wir das weiße Sternlicht in einen Regenbogen von allen Farben zerlegen. Jedes Kind darf durch ein Handspektroskop einmal die Deckenleuchte anschauen und den künstlichen Regenbogen sehen, aber wie das genau geht, dazu lohnt es sich, weiter zur Schule zu gehen und die Astronomin in ein paar Jahren nochmal zu fragen.
Jedenfalls ist klar, dass wir nun nicht nur wissen, dass irgendetwas um unseren künstlichen Stern (die Lampe) herum gefahren ist, sondern auch, was dieser Umläufer ist: Wir können bestimmen, ob es ein Stein- oder ein Wasser- oder ein Gasplanet ist – oder vielleicht etwas ganz anderes und gar kein Planet.
Habt Ihr toll gemacht, Kinder!
PS: Bevor hier jemand auf falsche Gedanke kommt: NEIN, ich war nie, bin nicht und werde nicht Lehrerin in Schulen – ich gehe nur alle ~8 Jahre mal in eine Schule zu Besuch, um mit SchülerInnen dort einen Workshop zu machen. Arbeite ich gerade in der Astrophysik, nehme ich dafür Urlaub – in der Arbeitszeit geht das mitunter, falls ich in der Fachdidaktik arbeite. Darum gebe ich hier eine Anleitung zum Nachmachen für alle Lehrkräfte, die sich fürs Arbeiten in der Grundschule berufener fühlen als ich es bin und je sein werde:
ZUM NACHMACHEN!
Vorwissen der Kinder: Sie kennen die acht Planeten unseres Sonnensystems.
Materialien /Ausblick
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Ravensburger Puzzle-Planeten zur Anschauung (Video)
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Desktop-Planetariumssoftware, Stellarium (Freeware): stellarium.org
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Kugelleuchte, die man in 12 Farben und 4 Helligkeitsstufen durchschalten kann (Baumarkt oder Internet-Handel: ~60 €).
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Photometer
(auch genannt Luxmeter, Internet-Handel ab ~30 €, ich verwende eins mit Datenlogger, um die Lichtkurve in der Pause vorbereiten zu können und die Anzeige für alle sichtbar mit Beamer und ohne Dokumentenkamera projizieren zu können. Meins von nktech hat ca 50 € gekostet). -
Elektrische Eisenbahn.
In der Grundschule verwende ich als “Freihandexperiment“ ein so genanntes Starter-Set. Es enthält mehrere Schienenstücke aus Kunststoff, eine batteriebetriebene Lok mit drei Wagons und einem Kohlenwagen sowie einige Deko-Elemente (Bahnhof, Bäumchen). Gesamtkosten: ca. 35 €. Wir brauchen davon für das Experiment nur einen Schienenkreis und die Lok, mit dem Rest können die Kinder aber bei anderer Gelegenheit normal spielen.
In der Uni habe ich für die älteren Schüler (im Berufspraktikum, Klasse 9 bis 12) mit einer richtigen elektrischen Eisenbahn (Metallschienen, Spannung über Trafo/ Labornetzteil) zwei Keplerellipsen als Planetenbahnen gelegt. Das ist dann ein realistischeres Experiment und ist maßstabgetreu für Mars und typische Bahnparameter der Planetoiden der Hilda-Gruppe. Ältere Schüler machen die Messungen viel genauer, messen vorher das Abstandsgesetz der Photometrie (wie 2. Semester Grundpraktikum Physik). Auch die Dichtebestimmung machen ältere Schüler genauer und natürlich nicht nur heuristisch.
Auch probiert: Es gibt so eine elektrische Eisenbahn (batteriebetrieben) auch so, dass sie Dampf macht: Man kann dann Öl in den Schornstein der Lok träufeln und dann dampft die Lok. Das wäre wie ein Exoplanet mit Atmosphäre.
Eine meiner Loks kann das und ich habe probiert, ob man das mit einem Schul-Handspektroskop irgendwie sehen kann. Das ist aber nicht gelungen und daher habe ich in der Grundschule auf dieses Gimmick verzichtet und nur die Lok ohne Dampf vorgeführt.
Sehr erbaulicher Beitrag 🙂 sind die 8 Jahre herum? In der Schule meiner Kleinen ist in NW nämlich nur Wüste…