das Planetarium ist tot – es lebe das Planetarium!
BLOG: Uhura Uraniae
das Zeiss-Großplanetarium Berlin, die große Silberkugel an der Prenzlauer Allee 80 in Berlin, ist (bekanntlich?) gerade wegen Renovierung geschlossen. Derzeitige Innenansichten zeigen, wie wenig es dort gerade nach Planetarium aussieht. Der Sternprojektor aus den 1980ern, die “größte Sternenhantel der Welt”, das so genannte COSMORAMA ist jedenfalls gerade demontiert worden.
Hintergrund:
Das große Planetarium wurde der Hauptstadt der DDR aus Prestigegründen zu ihrer 750-Jahr-Feier geschenkt und 1987 eingeweiht. Das damals in der Tat sehr prestige-trächtige Gerät des (hantelförmigen) Sternprojektors ist aber inzwischen längst von modernen Entwicklungen überholt worden. Er funktionierte noch mit riesigen Glühlampen in den beiden Kugeln der Hantel und voll mechanischen “Lidern”, die von den handgestochenen Sternen in den Bullaugen jeweils die unterm Horizont stehenden Sterne abgeblendet haben. Im Prinzip ausgeklügelte Mechanik vom Anfang des 20. Jahrhundert. Die optische Technologie des 21. Jahrhunderts sind aber Glasfasern, von denen in modernen “Starball”-Planetarien für jeden Stern ein unterschiedlich heller Punkt auf die Kuppel projiziert werden kann anstatt nur unterschiedlich große Sternscheibchen der handgestochenen Sterne. Außerdem sind moderne Planetarien ja auch nicht mehr mit ratternden Dia-Projektoren ausgestattet, sondern mit Beamern, von denen man höchstens noch Lüftergeheul hört.
Es war also längst Zeit für diese und noch mehr Modernisierungen an der Prenzlauer Allee. Der Kuppelsaal sieht den aktuellen Fotos zu Folge daher ziemlich leer aus.Hier ein Video von der Facebook-Seite des Planetariums:
https://vimeo.com/126042032
Gestern ging nun die Nachricht auf der Planetarier-Mailingliste um [mit freundlicher Genehmigung der Publikation von Tim Horn]:
Auf Wiedersehen Cosmorama!
Die folgenden Fotos vom Hausfotograf Michael Arndt dokumentieren die systematische Demontage:
Der Cosmorama-Projektor war ja schon lange der “letzte seiner Art”, der noch in Betrieb war. Pflege und Wartung solch alter Maschinen ist bekanntlich ein Problem, denn abgesehen von den schwer beschaffbaren Ersatzteilen sterben” auch irgendwann die Leute mit dem entsprechenden Know-How aus. Das Zwillingsgerät des 1987 in Berlin (Ost) aufgestellten Projektors in Jena stand schon seit langem in Jena gar nicht mehr in der Kuppel, sondern als Dekoration im Einkaufszentrum “Goethegalerie”.
Wir dürfen gespannt sein, wie es jetzt an der Prenzlauer Allee weitergeht. Übers Wochenende ist ja die Planetarier-Tagung in Potsdam. Mal schauen, ob ich von da einen Gastbeitrag kriege.
GIMMICK
Dieses Buch habe ich neulich in einer Nische irgendwo in unserem Institut gesehen. Es war wohl von jemandem versehentlich dort abgelegt worden. Ich habe nicht reingeschaut, aber der Titel allein spricht schon Bände…
Die Zukunft des Planetariums könnte das virtuelle Planetarium sein, beispielweise als Occulus-Rift-Applikation.
Idee: Das zukünftige Planetarium als grosser Raum in dem sich unsere lokale Gruppe masstabstgemäss materialisisert befindet. Wer durch den Raum spaziert kommt an unserer Milchstrasse vorbei und kann dann zu Andromeda weiterspazieren. Die Besucher müssten dazu eine den ganzen Blick umfassende Brille tragen. Sie könnten sogar mitten durch die Milchstrasse hindurchmarschieren und einen Halt bei unserem Sonnensystem einlegen. Details könnten sie durch virtuelles Einschalten einer Lupe (Opernfernglas) sichtbar machen, sie sähen dann dort ein vergrössertes Bild.
Das wäre ein ganz anderes Erlebnis. Jede Besucherin könnte die Objekte ihres Interesses (ihrer Begierde) aufsuchen und andere überreden mitzukommen oder später den anderen davon berichten, was sie gesehen und besucht hat.
Das Rattern der Dia-Projektoren wird mir fehlen. Dabei fühlte ich mich jedes mal wie in meine Kindheit zurückversetzt.
Schöner Artikel. Einen Gastbeitrag kann ich Dir leider nocht liefern, aber einen Rückblick wirst Du die Tage zur GDP-Tagung (Planetariertagung) auf meinem Blog nachlesen.
LG von der GDP-Tagung
Stefan