Alexandria

Berühmt ist die Stadt für ihre Bibliothek (sog. museion – eigentlich eher ein Forschungszentrum als nur Bücherlager), die in der Antike abgebrannt sein soll (sicher ist das nicht, ebenso wenig wie eine behauptete Zerstörung im 7. Jahrhundert durch die Araber, die dem islamischen Streben nach Wissen widersprechen würde. Niemand weiß genau, wo das antike Alexandria gelegen hat. Es muss an der Küste gewesen sein, denn die Stadt beherbergte ja auch den Leuchtturm, der als eines der sieben Weltwunder des Altertums gesehen wurde (more in English). Fortschritte in der Unterwasser-Archäologie könnten Hinweise auf das antike Alexandria geben (Die Welt, Süddeutsche berichteten von Funden zu Herakleion), was bedeutet, dass vielleicht die ganze Stadt inzwischen vom Mittelmeer einverleibt worden ist.  

The city is famous for its library (so-called museion – actually a research center rather than just a storehouse of books), which is said to have burned down in antiquity (this is not certain, nor is a claimed destruction in the 7th century by the Arabs, which would contradict the Islamic pursuit of knowledge. No one knows exactly where ancient Alexandria was located. It must have been on the coast, as the city housed the lighthouse, considered one of the seven wonders of the ancient world (more in English). Advances in underwater archaeology may provide clues to ancient Alexandria (Die Welt, Süddeutsche reported findings on Herakleion), which means that perhaps the entire city has since been incorporated by the Mediterranean

Diese Zitadelle eine der ältesten, die bekannt sind – aber nicht antik, sondern lange nach der berühmten historischen Bibliothek errichtet.

Dort, wo diese Zitadelle am Meer steht, wurde eine moderne Stadt neu gegründet und “Alexandria” getauft. Natürlich waren in dieser Gegend auf ägyptischem Territorium auch griechische und römische Herrscher und ihre Untertanen errichteten Heiligtümer für die Götter einer neuen Kultur, die durch die Vermischung von ägyptischen und römischen Traditionen entstand. Das Serapeum im Zentrum der Stadt ist ein Zeugnis dieser spätantiken Kultur. Von außen sieht man nur eine Säule und zwei kleine Sphingen. In den Katakomben darunter allerdings glitzern die Wände von niedergeschlagenen Wassertröpfchen, was sie regelrecht heilig erscheinen lässt und am Ende des spärlich beleuchteten Ganges steht ein Apis-Stier.

Where this citadel stands by the sea, a modern city was refounded and christened “Alexandria”. Of course, in this area on Egyptian territory were also Greek and Roman rulers and their subjects built sanctuaries to the gods of a new culture, which was formed by mixing Egyptian and Roman traditions. The Serapeum in the center of the city is a testimony to this late ancient culture. From the outside, all you can see is a column and two small sphinxes. In the catacombs below, however, the walls glisten with fallen water droplets, making them seem downright sacred, and at the end of the sparsely lit passage stands a bull of Apis.

Serapeum in Alexandria

Geht man nicht den unterirdischen Gang zum Stier, sondern einen anderen in die Tiefe, passiert man ein Schild “Kleine Bibliothek”.

If you do not go down the underground passage to the bull, but another one into the depths, you pass a sign “Small library”.

Kleine Bibliothek unter Alexandria: in den Gängen gibt es überall Nischen und man kann sich vorstellen, dass hier vor Jahrtausenden eine Unmenge von Schriftrollen lagerte.
Small library under Alexandria: in the corridors there are niches everywhere and one can imagine that thousands of years ago a vast number of scrolls were stored here
Panorama-Aufnahme eines Ganges der “Kleinen Bibliothek” im Serapeum Alexandria
Panoramic view of a corridor of the “Little Library” in the Serapeum Alexandria
Bib. Alex. in Kairo

In Kairo gibt es am Ende einer Seitenstraße=Sackgasse eine Tür, auf der ebenfalls “Bibliotheca Alexandrina” geschrieben steht. Unsere Gruppe von deutschen und ägyptischen Informatikern und Datenwissenschaftlern besuchte diesen Ort und wir bewunderten die typisch islamische Architektur in der historischen Innenstadt von Kairo.

Hinter dieser Tür verbirgt sich wohl ein Zweigniederlassung der berühmten Alexandrinischen Bibliothek – allerdings konnten wir hier nicht reingehen. In Ägypten ist es sehr heiß tagsüber, weshalb das Leben überwiegend nachts stattfindet. 

Nach unserem Workshop in der Nil-Universität, der tagsüber stattfand, waren wir abends mit den Kollegen in Kairo – gemeinsames Abendessen wie auch ein bisschen Stadtrundgang (sofern man das in einer Stadt mit fünfmal so viel Einwohnern wie Berlin “mal eben schnell” kann).

After our workshop at the Nile University, which took place during the day, we were in Cairo with our colleagues in the evening – dinner together as well as a bit of sightseeing (if you can do that “quickly” in a city with five times as many inhabitants as Berlin).

Moderne Bibliothek

Die Stadt, die neu gegründet wurde, stellt sich aber als direkter Nachfolger der Stadt Alexanders des Großen dar und hat auch eine neue, moderne Bibliothek, die unter dem Namen Bibliotheca Alexandrina auf sich aufmerksam macht. Auch hier traf ich einen Kollegen, den ich von einer Konferenz kenne. Dr Hussien Soliman führte mich und meine Gruppe von Studierenden der Nile University. Er ist Spezialist für islamische Manuskripte, forscht zur Rezeption der Antike in der Spätantike und im Islam. Ich kenne ihn von einer wissenschaftshistorischen Tagung, bei der wir beide über die Vorstellungen der Milchstraße in der Antike redeten (er über die Aristoteles-Rezeption von Philoponos von Alexandria, ich vergleichend über diese beiden und die Vorstellungen in anderen Kulturen und der modernen Astrophysik). 

Modern Library

However, the city, which was newly founded, presents itself as a direct successor to the city of Alexander the Great and also has a new, modern library, which attracts attention under the name Bibliotheca Alexandrina. Here, too, I met a colleague I knew from a conference. Dr Hussien Soliman guided me and my group of students from Nile University. He is a specialist in Islamic manuscripts, researching the reception of antiquity in late antiquity and Islam. I know him from a conference in the history of science where we both talked about conceptions of the Milky Way in antiquity (he on the Aristotle reception of Philoponos of Alexandria, I comparatively on these two and the conceptions in other cultures and modern astrophysics). 

Vor der modernen Bibliothek steht eine symbolische Figur für den König Ptolemäus (nicht den Astronomen: die Figur trägt offensichtlich die ägyptische Krone, es ist also der Gründer der Bibliothek gemeint, nicht der Wissenschaftler, der sie ein halbes Millennium später nutzte). Ein Bronze-Porträt für Alexander den Großen als Gründer der Stadt findet sich ebenfalls im Hof der Bibliothek.

In front of the modern library there is a symbolic figure for King Ptolemy (not the astronomer: the figure obviously wears the Egyptian crown, so it means the founder of the library, not the scientist who used it half a millennium later). A bronze portrait for Alexander the Great as the founder of the city is also found in the courtyard of the library.

In Alexandria gibt es auch das einzige Planetarium Ägyptens. Die Astronomen und Geographen am NRIAG planen derzeit ein weiteres.
Alexandria is also home to Egypt’s only planetarium. The astronomers and geographers at NRIAG are currently planning another one.

Bibliothek? Wir haben Big Data!

Hier gibt es einen sehr interessanten Vortrag zur Rolle der Bibliothek (im Allgemeinen) im Zeitalter von Big Data

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

2 Kommentare

    • Dieses Press Release von Nature zu einem Artikel in JHA habe ich missbilligend zur Kenntnis genommen.

      Der Fund des alten Textes auf dem Pergament ist wahrlich sensationell und ich gratuliere den Kollegen in Cambridge und an der Sorbonne/ CNRS von Herzen dazu! Die Interpretationen des Textes durch die Philologen halte ich für großteils unbegründet, teilweise falsch (aber das ist nicht Gegenstand eines SciLogs, sondern Bestandteil wissenschaftlicher Diskussion) und das Press Release für eine sachliche Katastrophe mit viel Effekt-Hascherei: längst Bekanntes wird als “neu” dargestellt. Sowas passiert, wenn Philologen ihre – wahrhaft sensationellen – Funde “verkaufen” wollen und dafür im Feld der WissenschaftshistorikerInnen wildern.

      Wo ist eigentlich der Qualitätsjournalismus geblieben, der zwischen Leuten, die dringend Publicity suchen und solchen, die ehrliche Forschung präsentieren wollen, unterscheiden kann? Das Magazin Nature ist je bekannt dafür, dass es hier oft mehr um Effekte als um Wahrheiten geht… Großartig, dass hier aber wenigstens einmal die wissenschaftshistorische Forschung ins Rampenlicht gerückt wird. Sie hat’s verdient!

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