Warum 300 Meter hohe Windräder die Energiewende entscheidend voranbringen können

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Von Julius Keil, Projektmanager bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND

Die beventum GmbH wurde im Dezember 2020 durch SPRIND gegründet. Sie verfolgt als primäres Ziel, neuartige Windenergieanlagen zu erforschen, die wirtschaftliche Effizienz der Windenergieanlagen zu steigern und dadurch die tatsächlichen Stromgestehungskosten von nachhaltigen und erneuerbaren Energien spürbar zu reduzieren.

Ein Teil der Forschungsarbeit konzentriert sich auf umfangreiche Windmessungen in großen Höhen. Seit September 2022 werden Windmessungen in einer Höhe von 300 Metern mithilfe der LiDAR-Technologie durchgeführt. Um Erkenntnisse über die spezifischen Windverhältnisse zu gewinnen, wurde der Bau eines Windmessmastes mit einer Höhe von 300 Metern in der Lausiitz beauftragt. (Hier geht es zur Kamera, die alle zehn Minuten ein 360-Grad-Bild vom höchsten Windmessmast der Welt erstellt.) Diese detaillierten und präzisen Messungen liefern wertvolle Daten, um die Höhenwindanlagen optimal zu konstruieren und ihre Leistung zu maximieren.

Die bisherigen Ergebnisse dieser Messungen sind äußerst vielversprechend. Es wurde festgestellt, dass der Wind in dieser Höhe kontinuierlich und relativ konstant oberhalb der sogenannten Cut-in-Geschwindigkeit, die einer Geschwindigkeit von unter 3 m/s entspricht, weht. Lediglich weniger als 6,5% der Messungen lagen unterhalb dieser Geschwindigkeit. Die Windgeschwindigkeiten waren rund um 8,5 m/s breit verteilt, und es wurde eine bemerkenswerte Stabilität der Windrichtung festgestellt. Im Vergleich zur Höhe auf ca. 150 m liegen fast 10% der Messungen unter der Cut-in-Geschwindigkeit und die Windgeschwindigkeiten sind schmal um ca. 6,5 m/s verteilt.

Abbildung 1: Windverteilung in den Monaten September bis März bei in einer Höhe von ca. 150 m (links) und einer Höhe von ca. 300 m

Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung, da sie es ermöglichen, die Höhenwindanlagen gezielt zu optimieren und auf die spezifischen Windbedingungen in dieser Höhe abzustimmen. Durch die präzise Ausrichtung und Konstruktion der Anlagen kann eine maximale Leistungsfähigkeit erreicht werden. Die bisherigen Ergebnisse zeigen vielversprechende Möglichkeiten zur Steigerung der Windgeschwindigkeit und somit zur Leistungssteigerung der Höhenwindanlagen. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für weitere Entwicklungen und Innovationen in diesem zukunftsweisenden Bereich der Windenergie.

Parallel hat die beventum den Bau von zwei Forschungsanlagen mit einer Nabenhöhe von ca. 300 Metern in Auftrag gegeben. Mit der Errichtung dieser Anlagen soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Die beiden Anlagen dienen dazu, den Nachweis zu führen, dass der Bau von Höhenwindrädern praktisch möglich ist und die Effizienz von Windenergieanlagen signifikant zu verbessern. Durch die Nutzung größerer Nabenhöhen wird durch die damit einhergehende deutlich höhere verfügbare Windenergie eine erhebliche Steigerung der Leistung und Effizienz von Windanlagen erwartet.

Höhenwindanlagen mit einer um ca. 150 m erhöhten Nabenhöhe (entsprechend 300 m) bieten eine Vielzahl von Vorteilen. Im Vergleich zu herkömmlichen Windkraftanlagen sind die Kosten in der Kleinserie etwa 37% höher. Gleichzeitig kann eine Steigerung des Ertrags um fast 100% bei gleichem Rotordurchmesser erzielt werden. Das bedeutet, dass beispielsweise eine Vestas mit einer Nennleistung von 7,2 MW und einem Rotordurchmesser von 162 m voraussichtlich eine Produktion von rund 35 GWh erreichen wird, und gleichzeitig Stromgestehungskosten von unter 40 €/MWh erreichbar sind.

Der aktuelle Stand der Höhenwindanlagen der beventum zeigt vielversprechende Fortschritte. Die wirtschaftliche Optimierung der Höhenwindanlagen wurde vorerst abgeschlossen, wobei weitere Potenziale identifiziert wurden. Das Engineering für zwei verschiedene Varianten der Höhenwindanlagen ist ebenfalls abgeschlossen. Die Genehmigung für mehrere Standorte, an denen die Forschungsanlagen errichtet werden sollen, ist sehr sicher. Zudem konnte bereits trotz der aktuellen Marktsituation eine Turbine für eine kurzfristige Lieferung gesichert werden, und die Verhandlungen über den Vertrag befinden sich in der Endphase.

Abbildung 2: Darstellung zweier möglicher Höhenwindanlagen

Die unternehmerische Verwertung der Höhenwindanlagen bietet verschiedene Anwendungsfälle. Langfristig am wichtigsten ist wahrscheinlich die Möglichkeit, Windenergieanlagen überall da zu bauen, wo sie akzeptiert und genehmigt werden, da nach derzeitigem Kenntnisstand der Höhenwind an jedem Standort nutzbar ist. Damit wird der Zugang zu akzeptierten Standorten der entscheidende Wettbewerbsvorteil, der eine Vielzahl von neuen Anbietern von Windenergie hervorbringt.

Die Entwicklung von Höhenwindanlagen erfordert auch eine Veränderung der Geschäftsmodelle. Die wesentlichen vorteilhaften Veränderungen sind:

  • Projektentwicklung und Ingenieurkompetenz eine zentrale Rolle
  • kleinere Turbinenhersteller haben einen Vorteil, da Flexibilität und Anpassungsfähigkeit wichtiger sind als der Preis
  • die Projektentwicklung für den Eigenbedarf ermöglicht die Umsetzung kundenspezifischer Lösungen im Bereich der Energieversorgung
  • ein digitales Geschäftsmodell, das auf Einkaufslogistik basiert und eine effiziente Beschaffung von Komponenten und Dienstleistungen ermöglicht
  • Die gesamte Berechnungskette und Zertifizierung spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Höhenwindanlagen.

Darüber hinaus bieten sich physikalisch-technische Möglichkeiten zur Optimierung der Höhenwindanlagen.

  • durch die Anpassung des Turms kann das Windprofil optimiert werden, um Belastungen zu reduzieren, was zu einer längeren Standzeit führt
  • Offshore-Windturbinen können Land verwendet werden, sofern die Transportmöglichkeiten gegeben sind
  • die optimierte Turmorientierung und -geometrie, basierend auf der hohen Richtungsstabilität des Windes, kann ebenfalls zu einer höheren Effizienz beitragen
  • der Ansatz eines teleskopierbaren Turms, bei dem der Turm von lokalen Stahlbauunternehmen im kostengünstigen Zeitrahmen errichtet werden kann

Die Entwicklung von Höhenwindanlagen hat unserer Meinung nach das Potenzial, die Windenergiebranche entscheidend zu verändern. Durch die Nutzung höherer Windgeschwindigkeiten und eine effizientere Ausnutzung der Ressourcen können höhere Erträge und eine bessere Wirtschaftlichkeit erzielt werden. Zudem bieten Höhenwindanlagen die Möglichkeit, ehemalige Braunkohlereviere zu revitalisieren und nachhaltige Lösungen für die Energieversorgung zu schaffen.

Wer sich weiter über das Höhenwindprojekt von SPRIND informieren möchte, dem empfehlen wir dieses Video:

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Veröffentlicht von

Christian Egle versteht sich als eine Art interdisziplinärer Hausmeister („I am helping put a man on the moon.“) bei SPRIND; immer darauf fokussiert, dass keine Bäume auf den Gleisen liegen, die den Weg zum Ziel versperren. Versteht Biochemie, ein wenig. Offizielles Tätigkeitsprofil: Pressesprecher und Referent der Geschäftsleitung.

14 Kommentare

  1. So hohe Windräder bedeuten auch, dass sie fast überall gebaut werden können: mitten im Wald, ja sogar über bebautem Gelände, sogar über einer Stadt. Denn ich erwarte, dass die Spitzen der Rotorblätter bei 300 Meter Nabenhöhe immer noch einen Abstand von 50 bis 100 Metern vom Untergrund haben und damit höher liegen als die höchste Baumkrone und höher als selbst mehrstöckige Gebäude.

    • sogar über bebautem Gelände, sogar über einer Stadt.

      Hab ich zuerst auch gedacht. Das geht aber nicht wegen Eisabwurf. Die Gefährdung von Fledermäusen und Vögeln könnte sich aber verringern.

  2. Wir haben ja, streng genommen, keine Energiekrise, sondern eine Konverterkrise – wir kriegen so viel von dem Saft, dass wir darin ertrinken, in solchen Dosen, dass sie uns jeden Apparat zerfetzen, mit dem wir es ernsthaft aufzusammeln versuchen. So müssen wir laue Lüftchen und Sonnenstrahlen in zarte Seifenblasen einfangen, wie die Feen, und können höchstens davon träumen, einen Fahrraddynamo an den Mond anzuschließen oder ein Mühlrad in den Golfstrom zu hängen. Wir brauchen viel Masse, weil uns die Klasse fehlt, viel Kleinvieh für genug Mist, viele Mäuse melken statt einer Kuh für den gleichen Eimer Milch, und das geht mächtig auf Rohstoffe, Zeit und Kosten. So sehr, dass die gleichen Zwei-Minuten-Hellseher, die Putins Gas für eine tolle Idee hielten, dem Atom in Europa eine strahlende Zukunft herbei beten. Aber man sieht, die dritte Minute ist schon in Arbeit.

    Mit robusteren Materialien werden wir den Quatsch mit den Türmen vielleicht irgendwann sein lassen, und die Propeller gleich an Ballons hängen. Vielleicht Heißluftballons, die sich selber heizen, und vollautomatisch die Höhe ändern, um den Wind zu finden, die zum Kurs passt, wie es Ballonfahrer seit jeher machen. Geht viel mit Luft, wir hätten CargoLifter, trotz aller Schwierigkeiten, weiterentwickeln sollen, vielleicht können die Erkenntnisse jetzt auch für fliegende Windräder genützt werden.

    Vielleicht kann ich auch die hier beschriebene Technologie stromlos nützen, als mechanisch-pneumatische Klimaanlage. Ist kalt da oben. Hier unten gibt’s Städte, die inzwischen Fernkühlung genauso gut gebrauchen könnten, wie Fernwärme. Und weil ich schon wieder viel zu groß denke, sehe ich vor mir Wälder von gigantischen Windrädern in der Sahara, darunter wohltemperierte Oasen mit mediterranem Klima. Könnte man vielleicht den Saudis andrehen, die haben Wüste und Geld für Größenwahn.

    Ob sich eine mechanische Vorrichtung, die Gewichte anhebt, um die Energie zu speichern, die erst beim Fallen zur Elektrizität verbraten wird, mehr lohnt, als ein Elektromotor, müsste man wohl ausrechnen, aber wenn man mit Rotation arbeitet, ist der Gedanke naheliegend. Es dürfte von den in Zukunft verfügbaren Ressourcen abhängen, welche Technologie wo angewandt wird. Hightech allein reicht nicht, es muss auch kostengünstige Hightech sein, aus den Materialien, von denen man viel hat, und zu der sich leicht Ersatzteile herstellen lassen. Ich sehe im Moment nur, wenn ich 300 Meter hoch baue, habe ich 300 Meter Fallhöhe, und wenn ich schon mal oben bin…

    Scheint auch eine gute Methode, Naturschutzgebiete abzusichern. Wenn ein Brocken Eis in den Wald fällt, ist er politisch nie runter gefallen, aber der Wald kann jederzeit auf dem Altar des Mammon geopfert werden, wenn da keins runterfällt. Ist für den Wähler schon ein Unterschied, ob da nur Grünzeug irgendwo weichen soll, nach dem bei ihm kein Chicken McNugget kräht, oder das Kraftwerk, das ihm dieses Chicken McNugget brät.

    Sieht auf jeden Fall gut aus. Weiter so.

  3. Wie schwer dürften denn diese Windkraftanlagen werden, nachdem die heutigen mit 200 m Nabenhöhe schon 5000 bis 8000 Tonnen schwer sind?

  4. Das sind doch “olle Kamellen” das mit steigender Höhe der Wind regelmässiger aus einer Richtung “weht”.
    Hätte von dem Artikel eigentlich erwartet das andere “Windfang-Vorrichtungen”, wie zB. der Flettner Rotor usw. in ihrem Entwicklungspotential beschrieben werden.

    • Edelbert Hackenberg
      07.06.2023, 19:10 Uhr

      Entwicklungspotential

      Der Physiker Albert Betz (1885-1968) hat 1920 die optimal erreichbare Leistungsumsetzung für ein idealisiertes Windrad berechnet. Ein Auftriebsläufer kann maximal 59 % der im Wind vorhandenen Leistung entnehmen. Widerstandsläufer entnehmen dem Wind maximal 19% Leistung. Man findet leider wenig Informationen über die theoretischen maximalen Leistungsbeiwerte anderer Windkraftanlagentypen.
      Aber die Betz’sche Formel sagt mit v³ deutlich, dass der Windgeschwindigkeit eine sehr hohe Bedeutung zukommt.

    • mit steigender Höhe gibt es mehr und länger Wind. In Bayern etwa hat es bei 50 Meter Nabenhöhe fast überall wenig Wind, bei 200 Meter Nabenhöhe aber sieht das ganz anders aus wie ein Video von Volker Quaschning kürzlich zeigte. 300 Meter Nabenhöhe verbessert Quantität und Qualität des Windes noch einmal.

  5. Ich mein, solange die auch 400 Meter wegstecken sehe ich da keine Probleme. weil wie ist das denn wenn’s richtig Sturm ist bin mal gespannt was die ersten Dauertests ergeben.

  6. Windräder machen Lärm, machen Schatten und verschandeln die Umwelt.
    Es wird sich hoffentlich keine Mehrheit für diese Lösung der Stromerzeugung finden.
    Solaranlagen auf jedes Haus sind die bessere Lösung.

  7. Zitat aus dem Artikel: „. Das bedeutet, dass beispielsweise eine Vestas mit einer Nennleistung von 7,2 MW und einem Rotordurchmesser von 162 m voraussichtlich eine Produktion von rund 35 GWh erreichen wird…“

    Eine Produktion von 35 GWh bedeutet, dass diese Strommenge pro Jahr produziert wird. Das entspricht ungefähr dem Zehnfachen dessen, was ein durchschnittliches Windrad gegenwärtig in Deutschland produziert, wenn man die Anzahl der Windräder und die Stromproduktion von 2021 als Bezugsdaten nimmt: 3,52 GWh als Durchschnittswert der Stromproduktion pro Jahr für alle in Deutschland betriebenen Windräder. Im Jahr 2021 drehten sich in Deutschland 32.600 Windmühlen, 31.109 an Land („onshore“) und 1501 auf See („offshore“). Die installierte Leistung betrug fast 64 Gigawatt (GW), 56,13 GW an Land und 7,8 GW offshore. Das entspricht im Durchschnitt einer installierten elektrischen Leistung von 0,001963 GW = 1,963 Megawatt pro Windrad. Aber diese Leistung wird oft genug nicht erreicht, weil zu wenig oder gar kein Wind weht. Je weiter man ins Binnenland geht, desto weniger Strom kann ein Windrad produzieren. Pro Jahr würde bei 8.760 Jahresstunden pro Durchschnitts-Windrad mit einer installierten Leistung von 1,963 MW eine Stromerzeugung von 17,2 GWh zu erwarten sein, wenn eine Auslastung = Jahresnutzungsgrad von 100 % angenommen wird. Die Stromerzeugung durch Windkraft belief sich in Deutschland im Jahr 2021 auf 114,7 Terawattstunden = 114.700 Gigawattstunden (GWh), das macht 3,52 GWh pro Windrad und Jahr im Durchschnitt für jedes in Deutschland installierte Windrad, also ein durchschnittlicher Jahresnutzungsgrad = Jahresvolllaststunden von 20,5 %.

    Wenn der Jahresnutzungsgrad entsprechend gesteigert werden könnte, was bei Windrädern nur über die Größe erreicht werden kann, klingt das zunächst positiv. Wenn ein Windrad mit einer installierten Leistung von 7,2 MW das ganze Jahr mit voller Leistung arbeiten könnte, so wäre eine Stromproduktion von 63,07 GWh zu erwarten. Eine Stromerzeugung von 35 GWh würde einem Jahresnutzungsgrad von 55 % entsprechen, das klingt schon ambitioniert, das sieht nach einem „großen Sprung nach vorn“ aus, aber was sagen die beiden Zahlen letztlich aus? Setzt man es mit der Jahresstromproduktion eines Kernkraftwerks wie das im April stillgelegte Kraftwerk Isar 2 (installierte Leistung 1410 MW) und einer Jahresstromproduktion von 12.070 GWh im Jahr 2021 ins Verhältnis, so wären dafür 345 (sic!) dieser Windräder mit 300 m Nabenhöhe erforderlich. Aber selbst diese große Zahl solcher Windrad-Giganten liefert keinen grundlastfähigen Strom, der bei jedem Wetter und bei jeder Tag- und Nachtzeit ZUVERLÄSSIG zur Verfügung steht. Die gesicherte Leistung auch solcher Windrad-Giganten liegt nahe bei Null und es ist zwingend erforderlich, dass auch hier für jedes MW, für jedes GW installierter Windrad-Leistung die gleiche installierte Leistung an konventionellen Kraftwerken zur Verfügung steht, also Kohle- oder Gaskraftwerke oder auch Kernkraftwerke, wenn der ggf. fehlende Strom aus unseren Nachbarländern importiert werden muss. Wenn solche Windkraft-Giganten tatsächlich in großer Zahl gebaut werden sollten, wäre es das ästhetische Ende für weite Teile unserer Natur- und Kulturlandschaften, deren Schönheit schon jetzt mit über 31.000 Windrädern an Land schon in erschreckendem Maße auf dem Altar der Windkraft-Industrie geopfert wurde.

    PS. Wer meint, einige oder alle Aussagen seien Fake News eines Fossil- und Nuklearenthusiasten oder gar –„Söldners“, der folge mir auf die Seiten von „agora-energiewende.de“, die dank Herrn Graichen in den letzten Wochen recht bekannt geworden sind.
    Am 5. Juni 2023 um 3°° Uhr morgens wurden in Deutschland 43,34 GW elektrische Leistung benötigt. Die hochgelobten „offshore“-Windräder, über 1500 riesige Anlagen mit durchschnittlich 5 MW installierter Leistung und einer installierten Gesamtleistung von 7,8 GW und angeblich 40 – 50 % Jahresnutzungsgrad lieferten gerade einmal 0,007 GW Strom, also 1/1000, in Worten: ein Tausendstel der installierten Leistung! Und es kommt noch besser: um 4°° des gleichen Tages gab es nur noch 0,003 GW und um 5°° sage und schreibe nur noch 0,001 GW Leistung; gut 1/10.000 der installierten Leistung! Dabei werden die offshore-Windräder immer wieder für die hohe und zuverlässige Stromproduktion gepriesen, weil auf der Nordsee doch fast immer reichlich Wind zu erwarten ist. Wie wird es mit den 300 m-Windrädern im harten Licht der Realität aussehen?
    Zum Ausgleich für die fehlende Stromproduktion stieg der Stromimport von 12,96 GW um 3°° auf 13,33 GW und 4°° und 13,85 GW um 5°°. Das entspricht der Leistung von neun Kernkraftwerken wie z. B. das im April stillgelegte und oben bereits erwähnte Kernkraftwerk Isar 2 oder 13 modernen Kohlekraftwerken wie Datteln IV. Der benötigte Strom musste in bis zu neun Ländern zusammengekauft werden.
    An diese Zahlen sollte jeder Windkraft-Befürworter denken. Sie belegen überdeutlich, dass ein moderner Industriestaat nicht mit unzuverlässigem Flackerstrom aus Wind und Sonne versorgt werden kann. Ohne Absicherung einer für Deutschland fast immer erforderlichen Grundlast von 40 GW und einer Spitzenlast von 75 GW durch konventionelle Kraftwerke (Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke im In- und Ausland) wird unser Land nicht funktionieren, ganz gleich, wie viele und wie hohe Windräder wo auch immer gebaut werden!

  8. @Quentmeier 13.06. 22:20

    „Ohne Absicherung einer für Deutschland fast immer erforderlichen Grundlast von 40 GW und einer Spitzenlast von 75 GW durch konventionelle Kraftwerke (Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke im In- und Ausland) wird unser Land nicht funktionieren, ganz gleich, wie viele und wie hohe Windräder wo auch immer gebaut werden!“

    Das ist vollkommen klar. Aber es spart dann eben die Brennstoffe ein, immer wenn das Backup nicht gebraucht wird. Und Elektromobilität wie auch Heizungswärmepumpen können variabel betrieben werden, und werden nur in Überschusssituationen aufgeladen bzw. eingeschaltet.

    Im weiteren Ausbau der Energiewende reicht im wesentlichen das Backup, das wir derzeit installiert haben, und das Volumen der Stromproduktion wird durch Abdeckung von Mobilität und Heizung um ein Mehrfaches steigen können, ohne neue Backupkraftwerke zu benötigen.

    In Mangelsituationen wird dann eben eine Aufladung der E-Autos verschoben, und die Wärmepumpenheizungen können noch eine Alternativheizung z.B. mit Gas oder Holz haben. Bei Vollausbau der Energiewende mit Windrädern und PV-Modulen entstehen dann erhebliche Überschüsse, die aber auch nicht abgeregelt werden müssen, sondern zur Produktion von grünem Wasserstoff verwendet werden können.

    Den man dann vielfältig einsetzen kann, auch als Brennmaterial für die Backupkraftwerke. Genau so kommen wir dann eben auch bis zur Klimaneutralität.

    Wasserstoff kann dann auch weltweit ausgetauscht werden, wie auch der grüne Strom selbst innerhalb Europas ausgetauscht werden kann, was den Backupbedarf in vielen Betriebssituationen weiter reduzieren kann.

  9. Zitat Jeckenburger: „Und Elektromobilität wie auch Heizungswärmepumpen können variabel betrieben werden, und werden nur in Überschusssituationen aufgeladen bzw. eingeschaltet.“ Der Strom in Deutschland wird nur zu einem kleinen Teil für Mobilität und Heizung verbraucht. Der Anteil für Industrie und andere Bereiche ist deutlich höher. Viele Industrieanlagen laufen mit hohem Energieverbrauch rund um die Uhr, sieben Tage die Woche und über 300 Tage im Jahr. Solche Anlagen kann man eben nicht nur betreiben, wenn es „Überschusssituationen“ gibt. Auch zahlreiche wichtige Einrichtungen wie z. B. Krankenhäuser, Bahn, öffentliche Einrichtungen brauchen zuverlässig Strom; daher werden selbst an Wochenenden und Feiertagen auch in tiefster Nacht ca. 40 Gigawatt Strom verbraucht, an Werktagen ca. 50 Gigawatt.
    Zitat Jeckenburger: „Im weiteren Ausbau der Energiewende reicht im wesentlichen das Backup, das wir derzeit installiert haben, und das Volumen der Stromproduktion wird durch Abdeckung von Mobilität und Heizung um ein Mehrfaches steigen können, ohne neue Backupkraftwerke zu benötigen“. Wenn der Stromverbrauch weiter steigen soll, eben durch den geplanten Ausbau der Elektromobilität und Millionen Wärmepumpen, aber vor allem durch die geplante weitere Elektrifizierung der Industrie (alles auf Strom!), dann brauchen wir auch mehr zuverlässigen Strom, also auch mehr Reservekraftwerke. Und die vorhandenen Reservekraftwerke altern auch und müssen nach einigen Jahrzehnten ersetzt werden. Leider hat die irrationale Politik in Deutschland einige der modernsten und effizientesten Kohlekraftwerke wie Hamburg-Moorburg nach nur sieben Jahren Betriebszeit stillgelegt und stattdessen müssen wesentlich ältere und ineffizienter Anlagen noch viele Jahre weiterlaufen. Das gehört auch zu „dümmsten Energiepolitik der Welt“, die nach der völlig richtigen Ansicht des „Wall Street Journal“ in Deutschland betrieben wird.
    Zitat Jeckenburger: „In Mangelsituationen … und die Wärmepumpenheizungen können noch eine Alternativheizung z.B. mit Gas oder Holz haben“. Dann wird es aber richtig teuer und unvernünftig. Aber dieser Vorschlag entspricht der Logik der Energiewende im allgemeinen: zwei parallele Systeme einsetzen, wo vorher ein System ausreichte, mit entsprechender Kostensteigerung. Wir haben es ja! Und wenn dieses Prinzip in der Industrie angewendet werden soll, dann ist das der Todesstoß für die deutsche Industrie!
    „Grüner Wasserstoff“ ist bisher mehr Fata Morgana als Wirklichkeit. Auch für die Elektrolyse gilt, was für fast alle anderen energieintensiven Industrien gilt: ein kontinuierlicher Betrieb der entsprechenden Anlagen ist zwingend erforderlich für eine wirtschaftliche und anlagenschonende Produktionsweise. Und das größte Problem der erneuerbaren Stromerzeugung ist die Unzuverlässigkeit besonders der Windenergie.
    Und damit noch ein kurzer Blick auf die Notwendigkeit der Reservekraftwerke: so deutlich wird deren Anteil an der Stromversorgung gar nicht sinken. Auch wenn wir 10x so viele Solarkraftwerke bauen, ändert das nichts an der Tatsache, dass nachts keinerlei Stromproduktion erfolgen kann. Ebenso helfen 10x mehr Windstrom-Kapazität gar nichts bei Flauten, wie ich sie in meinem vorherigen Beitrag geschildert habe. Es bleibt dabei: ein moderner Industriestaat kann nicht mit Wind- und Sonnenstrom versorgt werden. Wer es dennoch versucht, wird katastrophalen Schiffbruch erleiden!

  10. Stand Dezember 2023 liegt die Zustimmungsrate für Onshore-Windenergie-Anlage bei nur 42%, daher kann man nicht nur “Ingenieurs-” oder “Physikerkriterien” zur Beurteilung von neuen Technologien heranziehen. “Eiffelturmähnliche” Masten sind nichts neues, die Anlagen des Windkraftpioniers Joachim Fuhrländer basierten auf einem Gitterturm. Dieser konnte sich nicht nur wegen der hohen Arbeitskosten durchsetzen, sondern auch wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds. Gittertürme haben die Anmutung von Strommasten, die nur 23% der Menschen in Deutschland in ihrer Nähe haben.
    Die Energiewende ist nicht durch technische Randbedingungen begrenzt (bei geeigneter Speicherung ist auch eine 100% Versorgung durch Erneuerbare, wie in vielen sehr detaillierten Studien gezeigt, durchaus möglich), sondern durch die Akzeptanz der Bevölkerung (Landschaftsschutz und Kosten). Diese Akzeptanz hat auch bei Windkraftunterstützern ihre Grenzen. Deshalb vorsichtig mit Aussagen wie “da kann man in bestehenden Windparks – wo ja eine Akzeptanz besteht – eine zweite Höhenebene nutzen”.

  11. habe mit Interesse die vielen Beiträge hier gelesen und stelle fest, es gibt wohl nur entschiedene Befürworter bzw. Gegner der Windenergie.
    Was man bedenken sollte:
    Auch ein Flettner-Rotor dreht sich nur, wenn der Wind weht und:
    die Abhängigkeit der Stromerzeugung von der Windgeschwindigkeit geht mit der 3-ten Potenz: d.h. Verdoppelung der Windgeschwindigkeit gleich Verachtfachung des erzeugten Strom bzw: Halbierung des Windes gleich 1/8 des Stroms.
    Das bedeutet: bei starkem Wind kann man sich vor Strom nicht retten, muss ihn (z.B. an Frankreich) verschenken,
    bei schwachem Wind bleibt f kein Strom übrig und muss Atomstrom aus Frankreich teuer einkaufen –
    und: 50% des Jahres weht kein Wind.
    Vorsichtig ausgedrückt: es ist alles nicht so einfach.
    Kolumbus segelt schon lange nicht mehr 🙂

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