Intertextuelle Illusionen
BLOG: Sprachlog
Eine Siebzehnjährige schreibt einen Roman, der inhaltlich und sprachlich weit über ihren Erfahrungshorizont hinausgeht. Da es um Sex und Drogen geht und die Siebzehnjährige blond und – nun ja, siebzehn ist, kann sich das deutsche Literaturfeuilleton kaum einkriegen vor erregten Lobpreisungen. Sie bescheinigen ihr eine „ernste Wildheit, die in eine expressive Sprachgewalt drängt“ (Saarbrücker Zeitung), bezeichnen das Buch als „literarischen Kugelblitz“ (Die ZEIT) und „großen Coming-of-age-Roman der Nullerjahre“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) und behaupten ohne Ironie, dass sich „wohl alle deutschsprachigen Romandebüts [an ihm] messen lassen müssen“ (Tagesspiegel).
Dann stellt sich — eigentlich wenig verwunderlich — heraus, dass der Roman „Axolotl Roadkill“ nicht nur jenseits des sprachlichen und inhaltlichen Erfahrungshorizonts der Verfasserin Helene Hegemann liegt, sondern auch jenseits ihrer sprachlichen und erzählerischen Fähigkeiten: Sie hat Teile daraus aus dem Roman „Strobo“ des Autors Airen abgeschrieben, wie Deef Pirmasens in seinem Blog Gefühlskonserve zeigt.
Wie gesagt, es verwundert mich nicht. Natürlich gibt es literarische Wunderkinder; man denke an Jonathan Safran Foer, der gerade einmal 24 war, als sein überwältigendes Debüt Everything is Illumniated (dt. „Alles ist erleuchtet“) erschien. Nur schreiben die üblicherweise über Dinge, von denen sie etwas verstehen. Wenn jemand über Dinge schreibt, von denen er oder sie nichts wissen kann, sollte man stutzig werden (diese Strategie verwende ich seit Jahren erfolgreich, um Plagiarismus in Seminar- und Examensarbeiten aufzuspüren).
Dagegen bin ich höchst verwundert über die Reaktion des deutschen Feuilletons. Der Fall Hegemann könnte für den Literaturbetrieb ein Anstoß sein, die eigenen Qualitätsmaßstäbe und die eigene Qualitätssicherung zu überdenken, oder ein Anlass, sich ernsthaft mit dem Roman auseinanderzusetzen, aus dem Hegemann ihre kugelblitzartige, Maßstäbe setzende Sprachgewalt entwendet hat.
Stattdessen zünden die Literaturfeuilletonist/innen, bemüht um eine Ehrenrettung der eigenen Werturteile und der eben noch gefeierten Jungautorin, ein Feuerwerk an begrifflichen Nebelkerzen, das eine einfache Tatsache verschleiern soll: Axolotl Roadkill ist ein Plagiat.
Am beliebtesten scheint mir die Ausrede zu sein, der Diebstahl von Textpassagen sei ein Beispiel für Intertextualität:
Mit der These, dass wir immer schon in Zitaten reden, wenn wir den Mund aufmachen, operiert die ganze postmoderne Intertextualitäts-Theorie. [Neue Zürcher Zeitung]
Aber wenn der Begriff „Intertextualität“ irgendetwas bedeuten soll, ist es ausgemachter Blödsinn, ihn zu verwenden, um Plagiatsvorwürfe auszuräumen.
Denn entweder man fasst den Begriff sehr weit, dann umfasst er jede „effektive Präsenz eines Textes in einem anderen“ (um den Literaturwissenschaftler Gérard Genette zu zitieren [Genette 1993, S. 10]), wobei der Begriff „Text“ sich auf tatsächliche Texte oder sogar auf jede Manifestation von Kultur (wie bei Kristeva 1969) beziehen kann. Die „effektive Präsenz“ umfasst deutlich gekennzeichnete Zitate ebenso wie Anspielungen auf andere Texte und auch Plagiate. In diesem Sinne ist Hegemanns Text also tatsächlich ein Beispiel für Intertextualität. Aber entschuldigen tut das nichts, denn es ist eben die Art von Intertextualität, bei der man fremdes Gedankengut und fremde sprachliche Formulierungen als die eigenen ausgibt.
Oder man fasst den Begriff etwas enger und versteht Intertextualität als bewusst eingesetzte literarische Technik, dann umfasst er Anspielungen und Zitate, die — gekennzeichnet oder nicht — für die Leser/innen als solche identifizierbar sind und sie dazu anregen, Bezüge zwischen den Texten herzustellen. Das geht nur dort, wo Autor/innen voraussetzen können, dass die Texte auf die sie Bezug nehmen, den Leser/innen bekannt sind. Da Helene Hegemann behauptet, „Strobo“ selbst nicht zu kennen, kann sie kaum davon ausgegangen sein, dass ihre Leser/innen tatsächlich Bezüge zu dem weitgehend unbeachteten und in einem wenig bekannten Verlag erschienenen Roman herstellen können.
Die FAZ, deren Feuilleton mit am lautesten über Hegemann gejubelt hatte und die deshalb viel Glaubwürdigkeit zu verlieren hat, scheint das zu ahnen und versucht, einen Begriff der „webbasierten Intertextualität“ zu erfinden, der dem Diebstahl von Texten irgendwie Legitimität verleihen und gleichzeitig das Internet diskreditieren soll:
Sich mehr oder weniger ungeniert bei anderen zu bedienen und das dann Inspiration zu nennen, ist die moderne Form der webbasierten Intertextualität. [Frankfurter Allgemeine Zeitung]
Hier wird die Schuld von der Plagiatorin auf das Internet verlagert — ein rhetorischer Taschenspielertrick, den auch andere aufgreifen und von einer Remix-, Sharing- oder Sampling-Kultur im Internet faseln:
Eklektizismus ist fruchtbar, das lernt man an der Volksbühne, und zum Remixen gibt die Internetgemeinde ihren Segen. [Neue Zürcher Zeitung]
Ist das Junggenie Helene Hegemann jetzt entzaubert? Irgendwie schon – aller Verzauberung durch die Sharing-Kultur des Internets zum Trotz. [Badische Zeitung]
Helene Hegemann zeigt sich darin ganz als Kind einer Kultur, die das Collagedenken des Dadaismus und die postmoderne Intertextualität in die Ära des popmusikalischen Sampling und der Mashup-Ästhetik des Internets überführt hat. [Tagesspiegel]
Aber vielleicht kann die "Axolotl"-Affäre die Sharing-Kultur lehren, dass ein angeblich unzeitgemäßes Urheberrecht nicht den Konzernen, sondern etwas Unbezahlbarem dient: der Gerechtigkeit. [Hamburger Abendblatt]
Die „Internetkultur“, die hier bemüht wird, ist natürlich fiktiv und zeigt nur, dass die Feuilletonist/innen von der Urheberrechtsdebatte im Internet ebenso wenig verstehen, wie von guter Literatur.
Denn die Urheberrechtsdiskussion im Internet dreht sich nicht um das Recht, anderer Leute Ideen, Worte und künstlerische Leistungen zu stehlen und als die eigenen zu verkaufen, sondern ganz explizit um das Recht von Urhebern, die Weiterverwendung ihrer sprachlichen und künstlerischen Leistungen differenziert selbst zu regeln. Ich empfehle allen deutschen Feuilletonist/innen die aufmerksame Lektüre der Creative-Commons-Lizenzen und der Philosophie, die hinter diesen Lizenzen steht. Was diese Lizenzen gemeinsam haben, ist, dass die Urheber, bei denen man sich, je nach Lizenz, mehr oder weniger umfangreich bedient, explizit genannt werden müssen — ein ethischer Grundsatz, an den sich im Großen und Ganzen auch die Teile der Internetgemeinde halten, die nicht der Creative-Commons-Idee folgen.
Hegemann selbst hat von dieser Diskussion offensichtlich keine Ahnung, wenn sie das Folgende ernst meint:
[Es] muss auch anerkannt werden, dass der Entstehungsprozess [von Axolotl Roadkill] mit diesem Jahrzehnt und den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts zu tun hat, also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation. [Helene Hegemann in einem Interview in Die Welt]
Man könnte den Fall Hegemann durchaus nutzen, um über ein verändertes Urheberrecht zu diskutieren. Dieses hat sie nämlich gleich mehrfach verletzt: erstens, indem sie sich bei Texten bedient hat, deren Urheber sie nicht zum „Sharing“ und „Remixing“ freigegeben hatten, und zweitens, indem sie diese Urheber nicht genannt hat.
Stattdessen ist der Fall Hegemann ein Lehrstück dafür, wie mit dem Diebstahl von fremden Ideen und Formulierungen unter dem aktuellen, von den Nutzungsrechten kommerzieller Verwerter bestimmten Urheberrecht umgegangen wird: Sie werden mit Geld aus der Welt geschafft. Der SuKuLTur-Verlag, bei dem „Strobo“ erschienen ist, ist zu einer „gütlichen Einigung“ mit Hegemanns Ullstein-Verlag bereit (Die Welt).
Lernen wird die junge Plagiatorin dabei vermutlich nichts, wenn man sich Aussagen wie diese vor Augen führt:
Ich selbst habe den Roman als „Lüge“ bezeichnet, das ist er auch, aber nur über die Lüge kommen wir der Wahrheit nahe. [Helene Hegemann auf Buchmarkt.de]
Nein, Frau Hegemann. Nur über die Wahrheit kommen wir der Wahrheit nahe. Und die Wahrheit ist: Sie haben abgeschrieben ohne das zu kennzeichnen, und Sie haben damit Geld verdient. Das ist kein postmodernes literarisches Statement und kein Aufruf zu einer Reform des gängigen Urheberverständnisses.
Es ist Diebstahl geistigen Eigentums.
GENETTE, Gerard (1993) Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
KRISTEVA, Julia (1969) Séméiôtiké: recherches pour une sémanalyse. Paris: Edition du Seuil.
© 2010, Anatol Stefanowitsch
Dieser Beitrag steht unter einer Creative-Commons BY-NC-SA-3.0-(Deutschland)-Lizenz.
geistiges Eigentum..
Es… gibt… kein geistige Eigentum.
Es täte der Urheberrechtsdebatte gut, mal von dieser Methaper wegzukommen, die praktisch immer missbraucht wird.
Ansonsten stimm ich ihnen zu.
richtig
Der beste Text den ich zu dieser ganzen Debatte gelesen habe! Stimme voll zu.
Wenn schon die Rede von dieser “webbasierten Intertextualität” ist, darf man doch eigentlich gerade nicht verleugnen, dass im Web Bezüge, Zitate, etc. viel einfacher deutlich gemacht werden können, dies aber noch lange nicht dazu berechtigt, es nicht zu tun.
Vielleicht steckt aber hinter diesem Begriff noch mehr: dieses so genannte “social web”. Erst Google hat es gestern wieder verdeutlicht (im Zuge der Bekanntmachung von Google Buzz – zu finden in diesem Video bei YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=yi50KlsCBio ):
“The first thing we all do when we find something interesting is share it. More and more, this kind of sharing takes place online.”
Ich möchte mich keinesfalls einreihen in die Suche nach Ausreden und positiven Zuschreibungen, dass das, was Frau Hegemann getan hat, schon irgendwie in Ordnung geht! Ganz im Gegenteil.
Ich finde jedoch die Argumentation der Medien diesbezüglich ziemlich schwach.
Eigentlich hat sie Glück…
Ich stamme selbst aus dieser “Remix-, Sharing- oder Sampling-Kultur” und ich muss Frau Hegemann einräumen, dass sie Glück hatte. Das Glück nämlich, veröffentlicht zu werden – dabei handelt es sich durchaus um einen nicht zu verachtenden Schutz, wie die von Ihnen angeprangerten Feuilleton recht eindrucksvoll beweisen.
Sieht man sich hingegen die Archive an, in denen online Geschichten veröffentlicht werden und der Umgang der Archivleitung und der User mit Dieben – und nichts anderes ist sie ja letztendlich – nun, den Kopf gestreichelt hätte sie sicher nicht bekommen. Vielmehr hätte sie sich glücklich schätzen können, wenn ihr Account gelöscht wird, bevor ein entrüsteter und wenig zimperlicher Mob in ihr Profil und ihre Private Nachrichtenbox (und vielleicht auch ins Emailfach und die Messenger, falls sie diese öffentlich hat) einzieht…
Da bleibt mir wohl nicht viel anderes übrig, als Frau Hegemann viel Glück auf ihrem Weg zu wünschen – und ihr ans Herz zu legen, den Weg von Mitgliedern der “Remix-, Sharing- oder Sampling-Kultur” nicht zu offensichtlich zu kreuzen…
Sehr guter Blogeintrag! Frau Hegemann scheint das mit der Lüge, die uns in ihrem esoterisch verzerrten Weltbild zur Wahrheit führen wird, schon so stark verinnerlicht zu haben, dass sie inzwischen dazu übergegangen ist, ungeniert in aller Öffentlichkeit zu lügen, nämlich z.B. zu behaupten, dass sie Airens Buch nicht gelesen habe, obwohl dessen Verlag selbst ein Buch an ihre Adresse geschickt hat.
Und wer als Journalist allen Ernstes ein so dreistes und offensichtliches Plagiat als ‘intertextuell’ verteidigt, hat offenbar wenig Ahnung vom Schreiben im Allgemeinen. Gerade bei der FAZ überrascht mich das aber überhaupt nicht.
Nur ein paar mehr oder weniger spontane Gedanken beim Lesen des Beitrages:
Literatur ist mehr als Inhalt: Nicht (allein) der Plot macht ein gutes Buch sondern (auch) die Art und Weise, wie es geschrieben ist. So schreibt beispielsweise der Feuilletonist der FAZ gestern, dass Hegemanns Buch Strobo sprachlich wie stilistisch weit überlegen ist:
Der Kommentar von Hegemanns Verlag, den Johannes Boie auf der Schaltzentrale kommentiert, ist um einiges interessanter als die Reaktion einer pubertierenden Debut-Autorin, von der ich auf Grund ihres Alters nicht anderes erwarten würde als sich rauszuwinden:
Auch hat Hegemann, anders als A.S. behauptet, nicht einfach „abgeschrieben“, denn darunter würde ich das wörtliche Übernehmen verstehen. Sie hat sich inhaltlich reichlich bedient, aber dennoch umformuliert und das Ganze in sowas wie eine ansprechende Form gepresst, dazu muss man sich nur die aufgeführten Beispiele auf Deef Pirmasens Blog anschauen.
Bleiben wir beim initialzündenden Blogeintrag: Einzig die Tatsache, dass eine 17-jährige eine für ihr Alter ungewohnt wendige und „erwachsen“ klingende Sprache verwendet als Anfangsverdacht für einen Plagiat zu sehen, mag im Einzelfall funktioniert haben. Bedeutet das nun aber, dass jeder, der sich nicht Alters- und Standesgemäß ausdrückt, potentieller Dieb geistigen Eigentums ist? Bleiben wir bei dem Gedanken und nehmen einen älteren Menschen, der sich gleichermaßen auszudrücken vermag: Woher soll der seine Redegewandtheit haben, wenn nicht von anderen? Macht er sich auch potentiellem Plagiat schuldig, wenn er irgendwas aufschreibt und veröffentlicht?
Nun will ich keinesfalls unbequelltes Klauen verteidigen, aber seien wir mal einen Moment realistisch: Wer macht das denn nicht? Selbst Goethe hat Großteile der grundlegenden Ideen des Faust (I) aus einer Volkssage abgekupfert, was den Faust einzigartig macht ist die Form, wie es geschrieben ist, die Wortwahl, das individuelle Zusammenfügen von (teilweise bestehenden) Textfetzen.
All das führt mich zu einem Gedanken, den ich mal vor einiger Zeit in mein eigenes Blog geschrieben habe (und den ich auch mal irgendwo anders aufgechnappt habe): Gibt es sowas wie „geistiges Eigentum“ überhaupt? Ich denke nicht. Was es gibt sind ehrgeizige Menschen, die ihren Namen unbedingt durch die Assoziation mit einer Idee oder einem Ding vor der Vergessenheit retten wollen.
Danke für Klarheit
Lieber anatol:
Danke für die Klarstellung. Ich bin schon sehr überrascht, dass die Jung-Autorin offenbar ihr “furioses Debüt” geistigem Diebstahl verdankt. Ich habe selbst als 17-jähriger meinen ersten Roman geschrieben (und im Jahr darauf veröffentlicht). Von daher weiß ich, wie beschränkt damals meine Lebenserfahrungen waren (was bei einem Science-Fiction-Roman allerdings nicht so auffällt).
Dies ist eine willkommene Gelegenheit zur Beichte: Ich habe damals eine Stelle aus einem Sachbuch (A. Bragine: “Atlantis”, S. 238)abgekupfert, weil ich eine Schilderung des Untergangs von Atlantis “brauchte” und mich selbst überfordert fühlte, die Szene gut zu beschreiben. Ich habe die halbe Druckseite zwar mit meinen eigenen Worten wiedergegeben – aber “geklaut” war sie in ihrer Dramatik der Sezne eben trotzdem – und dies ohne Nennung des Autors. Mea culpa – ich war jung und brauchte (nicht das Geld aber den ersten) Erfolg.
Dennoch, oder gerade deshalb: Niemand sollte sich mit Internet-Zitier-Freiheit herausreden, wenn er fremde Inhalte klaut. Geistiger Diebstahl ist und bleibt Diebstahl. Zumindest möchte ich um mein Einverständnis als Autor mit der “Spende” (die ich ja gerne mache) gefragt werden.
Das gilt auch für jede Art von Raubkopie.
DankeDankeDankeDanke
Großartig, der Kommentar. Ich, als vom Literaturwesen unbeleckter, kann mit solchen Begriffen wie “Intertextualität” erstmal wenig anfangen. Und wenn die noch in so einem verschwurbelten Text wie dem von der Hegemann stehen, kriege ich Kopfschmerzen und fühle mich doof. Da hilft es ungemein, wenn mir ein Fachmann das Ganze einordnet und dafür klare Worte findet. Und ich mit meiner ersten Wahrnehmung nicht ganz falsch lag: Dass mich (mit solchen Texten) eine selbstverliebte Clique verarschen will.
Richtiges Plagiieren
Plagiieren, aber richtig:
Man übersetzt den zu plagiierenden Text vollautomatisch in irgend eine Fremdsprache, und dann ebenso vollautomatisch wieder ins Deutsche zurück.
Dann noch manuell korrigieren, und eine vollautomatische Rechtschreibkorrektur.
Ich wette, dass niemand das Original dieses Textes im Internet wieder findet.
Den Anfangsverdacht würde ich nicht nur darin sehen, sondern v.a. auch in der Tatsache, dass Hegemanns Drogeneskapaden-Plot auf Szenen aus dem Berghain aufgebaut ist, in dem sie auf Grund ihres Alters mit Sicherheit noch nicht einmal war. Und offenbar kennt sie den Club eben nicht nur, wie viele Berliner, vom ‘Hörensagen’ sondern eben ganz konkret vom Abschreiben.
Vielleicht habe ich (schon wieder) Schwierigkeiten mit der Ironie, aber vermutlich würde den Text dann niemand erkennen, weil er ungrammatikalisch und verfälscht wäre. Eine direkte Übersetzung lässt sich jedoch leicht erkennen, wie ja auch im Fall Hegemann geschehen, die sich auch per Übersetzung einfach einen Songtext der Band Archive zueigen gemacht hat, ohne dies zu kennzeichnen. Im Sinne der Wahrheitsfindung, selbstverständlich.
Auf den Punkt gebracht.
Das bringt es auf den Punkt. Erstaunlich, wie freimütig viele Zeitschriften mit dem Urheberrecht anderer Leute umgehen, während sie selber da oft sehr viel schärfer reagieren, wenn sich mal jemand bei ihnen bedinen sollte.
Besonders gut auch der verweis auf die Creative Commons, die meiner meinung nach noch viel zu wenig bekannt sind und zu selten genutzt werden.
>
http://twitter.com/zeitweise/status/8821428487
Allem darüber stimme ich zu.
MfG
doppelt schuldig?
Wenn es “geistiger Diebstahl” waere (warum eigentlich nicht “geistiger Mord”, das klaenge noch krasser? Vielleicht “geistige Vergewaltigung”?), und sie sich doppelt schuldig gemacht haette (klauen und die quellen nicht nennen), macht sich dann auch ein dieb doppelt schuldig, wenn er ein auto stiehlt und dann zu allem ueberfluss sich selbst nicht mal anzeigt?
Ein plagiat ist kein diebstahl, und wenn ihr euch, in all eurer selbstverliebten literatenpracht, auf den kopf stellt. (Gilt leider noch mehr fuer die kommentatoren bei Deef.)
Alles gute,
rob
PS: abschreiben und als eigenes werk ausgeben ist natuerlich trotzdem nicht ok. Man muss dafuer aber keine unzutreffenden hetzbegriffe verwenden.
Schaut mal weiter in die Verangenheit
Erstmal danke für diesen Text, der mir einen satten Brocken für meine Magisterarbeit liefert. Ich werde jetzt einige vor den Kopf stossen, jedoch ist das was die Hegemann da gemacht hat im Prinzip ganz normale Weiterverarbeitung eines Stoffes. Im Mittelalter war das Gang und gebe. Da hat sich auch keiner daran gestört, da es erst später Privilegien gab (Gutenberg) und nur durch das Kopieren – ergo dem Abschreiben – konnte ein Stoff erst zum Bestseller werden. Dadurch wurde ein Text in den nächsten auch öfters eingeflochten und alte Stoffe neu aufbereitet und umgedeutet. Immer wie es der Zeitgeist oder sonstige Umstände begünstigt hat. Man denke hier nur an das Nibelungenlied. Es ist in vielen Handschriften überliefert, entählt viele Teile der Edda und anderen Stoffen aus verschiedenen Mythen und Erzählungen. Die Copy-and-Paste Mentalität ist nicht erst seit dem Internet ein Thema. Wer sich mit der Literatur der Antike und des Mittelalters beschäftigt, wird mir hier zustimmen.
Die heutige Rechtslage ist in der Kulturgeschichte ein kleiner Ausnahmeklacks, der eventuell auch wieder der Vergangenheit angehören wird. Das Internet ermöglicht es, Stoffe und Inahlte viel effizienter zu bearbeiten und so viel rascher und vielfältiger Texte zu verbreiten als der Schreiberling im mittelalterlichen Scriptorium oder auch her Gutenberg es zu träumen gewagt hätten. Nur haben wir dank der damaligen Erfindung des Buchdrucks und der Etablierung der Geldwirschaft ein System erhalten, welches die Verbreitung vieler Informationen einschränkt. Die Information ist zur Handelsware geworden und ist somit einigen Zwängen ausgeliefert. CC-Lizenzen erleichtern es den Informationen mittlerweile etwas aufzuatmen.
Ohh wie frevelhaft mögen einige nun denken die dies lesen. Aber im gesamten Kontext ist dieses Buch kein Plagiatsskandal sondern Zeugnis der kulturellen Evolution die sich ihre Wege um die Restriktionen des Copyrights gräbt. Evolution kann am besten stattfinden, wenn diese sich frei entwickeln kann.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist dieses Buch sicherlich für Goldmann ein interessantes Projekt, denn skandalumwitterte Bücher verkaufen sich gut. Strobo könnte durch die Erwähnung als “Original” auch einiges mehr verkauft werden.
Ich werde jedenfalls beide Bücher käuflich erwerben und synoptisch bearbeiten.
DANKE!
P.S.: Geistiges Eigentum… ich sage nix mehr. Es gibt kein Recht auf Reichtum für geistige Kinder. Genauso kann keine Mutter tantiemen für ihre Kinder verlangen. In meinen Augen dasselbe. Allein die Namensnennung (siehe CC-Lizenzen) empfinde ich als etwas das mit einem Recht verbunden werden sollte. Alles andere ist harte Arbeit und wenn Geld dabei herumkommt, ist das natürlich gut.
Das Wort doppelt ist doch in dieser Diskussion vorher noch gar nicht gefallen – das hast du gerade dazugedichtet.
Deshalb wird ja auch das Wort ‘geistig’ hinzugefügt. Was ist daran bitte ein Hetzbegriff? Wie man mit dem Fall Hegemann derzeitig umgeht, ist doch das krasse Gegenteil von Hetze. Diebstahl ist in Deutschland übrigens so definiert, dass man jemandem etwas wegnimmt, um es z.B. sich selbst rechtswidrig anzueignen. (s. §242 StGB) Wenn jemand etwas verfasst und jemand anderes nimmt dies und veröffentlicht es unter seinem Namen, ohne ein Zitat kenntlich zu machen, dann ist das nichts anderes als geklaut.
Und das hat die Autorin nachweisbar in mehreren Fällen gemacht. Niemand will, dass sie dafür ins Gefängnis geht, aber es ist auch mehr als einfach nur ‘nicht okay’, v.a. wenn der Plagiator sein Plagiat rechtfertigt und weiterhin Lügen verbreitet.
Entschuldigung, aber das ist kein Argument, sondern eine nette Anekdote aus dem Literaturbetrieb des Mittelalters. Da hatten übrigens auch noch ganz andere Praktiken ihren Ursprung, die wir heute nicht mehr so doll finden – z.B. Judenverfolgung.
Oder halt nicht. So schön kann Spekulation sein.
Tippfehler
@A.S.: Im Satz, der mit “Die FAZ, deren Feuilleton ” beginnt, ist in der zweiten Zeile “am” zu viel.
Diebstahl
Was gibt es? Wenn es keinen Diebstahl geistigen Eigentums gibt, kann man ihn ja jederzeit einführen oder auch wieder abschaffen. Wir müssen unsere Regeln so schaffen, dass unser Gemeinwesen möglichst effizient ist. Das hat nicht viel mit der Moral alter Bücher oder unserer Großeltern zu tun. Unsere Moral, unsere Gesetze, müssen sich an die Verhältnisse anpassen. Wenn wir die “Produzenten” zu sehr schützen, kann ihr “Produkt” von der Gemeinschaft nicht hinreichend genutzt werden. Wenn wir sie zu wenig schützen, wird es nicht genug “Produkte” geben.
Natürlich kann man sich dabei ein bisschen vom Umgang mit Sachwerten leiten lassen: Wir akzeptieren weithin den Besitz von Dingen, aber es gibt massenhafte Ansätze, andere Menschen vom Besitz profitieren zu lassen: Gemeinschaftseigentum von Häusern, öffentliche Grünanlagen, Vermietung, Verpachtung, Leasing.
Interessanterweise steht augenblicklich der Unterschied zwischen Sachwerten und ideellen Werten in der öffentlichen Diskussion: Der Ankauf von gestohlenen Daten ist keine Hehlerei.
Harhar, eine siebzehnjährige Kleptomanin anscheinend.
http://twitter.com/mathiasrichel/status/8915263316
Mittlerweile dürfte Frau Hegemann der Wahrheit ganz schön nahe gekommen sein.
Noch mehr Plagiate
@Corax: Danke, ein sehr interessanter Link, den ich hier noch einmal direkt zur Lektüre empfehlen möchte:
http://www.viceland.com/…-eitelkeiten/
Es geht dort um eine Kurzgeschichte von Helene Hegemann, die erstaunliche Ähnlichkeiten mit einer Kurzgeschichte des französischen Schriftstellers Martin Page aufweist. Hegemanns Kurzgeschichte „Die Spiegelung meines Gesichts in der Erschaffung der Welt” ist hier zu lesen, das französische Vorbild „Un peu de tendresse“ hier. Für diejenigen, die kein Französisch können: Mit „erstaunliche Ähnlichkeiten“ meine ich, dass der zweite Teil von Hegemanns Geschichte inhaltlich und von der narrativen Struktur identisch mit der von Page ist, und zwar bis in kleine Details hinein.
Laut dem verlinkten Beitrag hat Hegemann die Geschichte nicht direkt rezipiert, sondern über den Kurzfilm „Try a Little Tenderness“ von Benjamin Teske, der auf Pages Geschichte beruht.
[Nachtrag (11. Februar 2010): Der Fall Hegemann/Teske ist heute morgen auch im Feuilleton angekommen, z.B. in der Berliner Morgenpost. Die Springer-Feuilletonistin Cosima Lutz, die vor Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe ein atemloses Portrait über Hegemann veröffentlichte und nach dem Bekanntwerden ein in Zuckerwatte verpacktes Interview mit ihr führte, sieht nach wie vor keine Schuld bei Hegemann. Nein, Schuld ist immer noch das Internet, das erst zum Stehlen verführt und die Diebin hinterher auch noch an den Pranger stellt:
Tja.]
[Nachtrag zum Nachtrag: Ach ja, die Springer-Bezahlwand… Die darf man ja wohl, im Sinne des „Sharing“ umgehen, also einfach über Google News gehen.]
… also, ich hätte da ein tolles Theaterstück anzubieten, geht um so’n Teenager, dessen Alter g’rad abgenippelt ist. Und jetzt weiß’r irgendwie nich’ so, was er machen soll. Ach ja, am Anfang kommt da so sein Alter nochma’ als Geist und sacht ihm der Bruder hätt’ ihn umgebracht. Nachher gibt’s noch’n Theaterstück im Theaterstück, so als metatextuelle Ebene, nich’. Bisschen Äktschn hab’ ich am Ende, da hauen und stechen die sich, sind dann alle Tod, auch so’n bisschen Krieg und so.
Wer will’n das haben, weil, ich will da’n bisschen was Kohle mit machen, so Druck und Indernett und eigentlich auch so auffer Bühne. Angebote einfach an direkt an mich. Oh, der Titel: Omelette oder Unschlüssigkeit in Zeiten des Textes.
Der Skandal
scheint heutzutage eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende, Vorbedingung für den Verkauf von Texten zu sein…
Wieviel Cleverness muß die junge Frau haben – und wieviel mehr hat der Verlag…
“Dann stellt sich — eigentlich wenig verwunderlich — heraus,”
“Wie gesagt, es verwundert mich nicht.”
Natürlich, alles schon vorher gewusst…
Sehr gute Analyse
Schön, wie hier der Begriff der Intertextualität erläutert und abgegrenzt wird. Das scheinen einige Feuilletonisten schon nicht mehr auf die Reihe zu bekommen, was einiges über den sogenannten “Betrieb” aussagt.
Und lustig wie in Anbetracht der Argumentation des Autors von einigen Kommentatoren die Existenz von so etwas wie geistiges Eigentum einfach geleugnet und als “Kampfbegriff” denunziert wird. In der Mehrheit dürften dies Leute sein, die nicht damit ihr Geld verdienen. Sie sind nicht einen Deut besser als die Rechtfertiger, In-Schutz-Nehmer und Texträuber.
Ausreden sind feige!
Man kann es drehen und wenden, bezeichnen und definieren wie man will: Was dort passiert ist, bleibt falsch. Da nützt es auch nichts, irgendwelche hanebüchenen Beispiele aus einem ganz anderen Medium heranzuziehen, die – und das sollte man dabei nicht unterschlagen – in vielen Fällen gnadenlos mit Abmahnungen, Unterlassungsverfügungen und/oder hohen Geldbußen geahndet werden. Man sollte also vorsichtig sein, wenn man sich so öffentlich als “Raubkopierer” (wir alle wissen, daß es sowas nicht gibt, aber die DAUs da draußen nennen es so) outet, der nicht nur Sharing betreibt, sondern damit einen immensen Gewinn erwirtschaftet.
Und da sind wir bei der unerträglichen Zweizüngigkeit der etablierten Klüngelgesellschaft: Das ist plötzlich Kunst und kein Verbrechen, aber wenn ein 12jähriger seinen LEGO-Film mit Musik von Metallica hinterlegt, soll er zahlen bis zur Rente? Ebenso wie Alkohol – gegen alle Fakten – als weniger gefährlich und vor allem kulturell wichtig bezeichnet wird als z.B. Cannabis. Das Feierabendbier ist der Inbegriff der teutschen Gemütlichkeit, der Feierabendjoint brutzelt das Hirn weg und macht aus braven Gymnasiasten Monsterterroramokläufer. Man könnte die Liste weiterführen…
Doch damit nicht genug. Das Internet, mit all seinen bösen Raupenkopierern und Hackerz ist sogar besser, ehrlicher und verantwortungsbewußter. Wer schon mal einen Film oder ein Album gesaugt hat, wird die kleinen TXT-Files kennen, die dort anhängen oder sich auch im Downloadportal finden. Dort findet sich IMMER ein Hinweis wie “Wenn Euch der Film/die Musik gefallen hat, kauft Euch das Original, um die Künstler für ihre Leistung zu entlohnen.”. Das könnte man jetzt als hohle Floskel belächeln, aber denkt man drüber nach. Sie machen sich immer wieder die Mühe, solche Hinweise in die Texte zu schreiben. Sie könnten auch einfach nichts schreiben oder sogar “Saugt alles kostenlos, sie haben es nicht besser verdient!”. Passiert aber nicht. Man solidarisiert sich mit den Künstlern, man sucht das Gleichgewicht zwischen fairer Entlohnung und Illegalität. Eine Art virtueller Klingelbeutel, in den man natürlich nichts werfen muß, aber es dann doch tut, weil man sich schuldig fühlt. Aber ich schweife ab…
Selbst wenn man Remix und MashUp als Vergleich heranzieht, greift das nicht. Solche Künstler (ja, das sind sie) suchen nur die Anerkennung für ihre eigene Leistung, als für das “upmashen” und “remixen”. Sie behaupten nicht, das verwendete Material produziert zu haben. Daher finden sich meist auch umfangreiche Quellennachweise bei den Dateien, die genau wiedergeben, wessen Produkt hier verwendet wurde.
All das fehlt bei Frau Hegemann. Sie ist damit also nicht mal auf dem Niveau von Menschen, für deren Ergreifung sogar extra neue Gesetze geschaffen und vom Grundgesetz garantierte Freiheiten eingeschränkt wurden. Wenn schon die anonymen Urheberrechtsverletzer aus dem Internet Staatfein Nr. 1 sind, wie soll man dann dieses Mädel einordnen?
Was mir gerde so in den Sinn kommt: Da man ihr ja durch die Bank eine große Weisheit bescheinigt hat, die weit über ihr Alter hinausgeht, wie sieht das denn vor Gericht aus? Mit 17 würde sie noch als Jugendliche milder behandelt werden. Personen über 18 können auch noch so behandelt werden, wenn man ihnen mangelnde geistige Reife zugesteht, aber da Frau Hegemann ja geistig ja schon deutlich älter ist, könnte man diese Begründung für den Jugendschutz nicht gelten lassen. Jaja, ich weiß, in dubio pro reo. Nur so ein Gedanke…
Ich würde es als Verleger von Airen bzw. als Autor in diesem Fall mal drauf ankommen lassen. Hart bleiben und klagen, wenn nicht wenigestens 90% der Gesamten Einnahemn rüberfließen. Das wäre ein schöner Musterprozeß und es wäre interessant zu sehen, welche Waffen das Feuillton noch auffahren würde, um Hegemann und sich selbst zu retten.
Dazu wird es wohl leider nicht kommen. Schade.
Es bleibt das gute Gefühl, moralisch ,trotz einiger Ecken und Kanten, weit über solchen selbsternannten Journalisten und Literaturkritikern zu stehen. Und solchen Plagiatisten. Pfuibäh!
Joachim
Plagiat ist kein Diebstahl?
Stellt euch mal vor, ihr laßt einen coolen Spruch. Und euer Freund hört den.
Und bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit läßt der den ab.
Und alle Umstehenden staunen offenen Mundes und klatschen verbal Beifall: Hey, coool, super gesagt, Alter.
Und euer Freund grinst und freut sich.
Wie fühlt ihr euch dann? Und JA, genau so funktioniert “geistiger Diebstahl” und Plagiat.
Was die Journalisten angeht, merkt man deutlich, wie wenig sie von der “Sharingkultur” des Internets verstanden haben. Sonst wäre es ihnen schon lange aufgefallen, daß die meisten Leute überhaupt nichts dagegen haben, ihre geistigen oder künstlerischen Ergüsse auf möglichst vielen Websites wiederzufinden – solange sie deutlich als Quelle (oder sollen wir sagen, als URHEBER) genannt werden. Mit die “schlimmste Sünde” im Netz ist Hotlinking (zu Eigen machen von Inhalten ohne Kenntlichmachung der Quelle PLUS Trafficklau, also wirtschaftlichem Schaden). Im Gegensatz dazu “die größte Ehre”: möglichst viele Links und Trackbacks.
Dabei wäre es so einfach. Sharing bedeutet Teilen. Wer möchte im realen Leben schon seinen Keks teilen, ohne auch nur ein Danke dafür zu bekommen?
Salat
das ist ja auch so
es hätte ehrlich gekennzeichnet werden müssen, wo es massiv war. aber wo war der verlag? der kritische (auch schützende – sie ist gerade so kein kind mehr- verlag)?
ihr lasse ich es noch als jugendsünde, jugenddummheit durchgehen. alle anderen sind profis. alle anderen (zeitungen, verlage, claqueure) gehören noch am härtesten angegangen.
ich bin leider kein dichter 😉
@gareth:
> “Das Wort doppelt ist doch in dieser Diskussion vorher noch gar nicht gefallen – das hast du gerade dazugedichtet.”
Das _wort_ ja, nicht aber den inhalt:
“Man könnte den Fall Hegemann durchaus nutzen, um über ein verändertes Urheberrecht zu diskutieren. Dieses hat sie nämlich gleich mehrfach verletzt: erstens, indem sie sich bei Texten bedient hat, deren Urheber sie nicht zum „Sharing“ und „Remixing“ freigegeben hatten, und zweitens, indem sie diese Urheber nicht genannt hat.”
Zum diebstahl: meiner ansicht nach ist der kern des diebstahls nicht, dass der dieb etwas hat, was er vorher nicht hatte, sondern dass der bestohlene etwas nicht mehr hat. Wenn ich einen replikator erfinde und dann mittels einer wunderbaren brotvermehrung in einer baeckerei das brot verdoppele und dann an die hungernden verteile, habe ich den baecker nicht bestohlen.
Wenn sich eine minderwertige kopie besser verkauft als das original und wenn dies sogar dazu fuehrt (auch wenn ich nicht weiss, wie das hier zusammenhaengen sollte), dass sich das original schlechter verkauft, dann ist das zwar schade, aber das problem ist weniger das kopieren als die bedauernswerte tatsache, dass sich qualitaet nicht durchsetzt. Wenn die kopie aber besser ist, kann sich dann der autor des originals beschweren, wenn die leute lieber die bessere version lesen und kaufen?
Erfreulich klare Worte! Danke!
Ein kleines Lehrstück darüber, wie sich Medien blamieren und weiter überflüssig machen.
Nun kann man also in der Zeitung aufgeregte Stellungnahmen zu einer vermeintlichen Selbstbedienungsmentalität im Internet und der Notwendigkeit besonderer Schutzrechte für Verlage lesen – und zwei Seiten weiter die Verteidigung des Plagiats als einer Art neuer Schreibkultur. Dummdreister und schleimiger geht’s kaum noch!
“nicht okay”
Sorry, noch vergessen:
Wenn ich sage, es war kein diebstahl, dann meine ich damit genau so wenig, dass es ok (oder auch nur legal) ist, wie wenn ich sage, eine vergewaltigung ist kein mord. Ich sage nur, dass ich es nicht fuer sinnvoll halte es als diebstahl zu bezeichnen, weil ich das hauptkriterum [das wegnehmen] nicht erfuellt sehe.
Und ein hetzbegriff ist es IMHO deswegen, weil beim diebstahl mehr oder weniger konsens herrscht, was seine verwerflichkeit angeht, und vor allem weil er, ebenfalls meiner persoenlichen wertung nach, schlimmer ist, da er ein natuerliches recht [eigentum bzw. anspruch darauf, dass einem andere nicht einfach was wegnehmen, was man rechtmaessig besitzt] angreift, was beim “geistigen eigentum” eben nicht der fall ist. Es ist _nicht_ der natuerliche ursprungszustand, dass ich anderen leuten verbieten kann, auf ihrer schreibmaschine die selben tasten zu druecken, die ich vorher gedrueckt habe, nachdem ich ihnen meinen text gezeigt habe. Oder dass ich ihnen vorschreiben kann, wem [d.h. welchem verlag] sie das so beschriebene papier fuer wie viel geld ueberlassen. Somit muss grundsaetzlich gebruendet werden, warum es “geistiges eigentum” gibt, und nicht, warum es das nicht gibt.
Urheberrecht kann es natuerlich auch dann geben, wenn man das konzept des geistigen eigentums nicht anerkennt. Zum beispiel weil man es fuer sinnvoll haelt, den oft zitierten ausgleichen zwischen kreativem produzent und konsument herzustellen, da andernfalls, mangels anreiz, nicht mehr genug produziert wuerde.
Insgesamt halte ich das aber fuer eine interessante und vor allem wichtige diskussion, auch unabhaengig vom konkreten fall. Da waere es auch hilfreich, wenn man trennt zwischen dem abschreiben und dem verheimlichen, denn man kann ja auch das eine akzeptieren, das andere aber nicht, ebenso wie man beides verdammen oder tolerieren koennte. Es erleichtert die kommunikation, wenn klar ist, was man gerade kritisiert. (Ich kritisiere hier die verwendung des begriffs diebstahl und ein verbot des abschreibens [von literatur, ausserhalb der schule ;-)]. Ich _unterstuetze_ der verbot des _heimlichen_ abschreibens – welches man vermutlich mit dem gesetz gegen den unlauteren wettbewerb erschlagen kann, voellig ohne sich auf ein urheberrecht beziehen zu muessen).
Alles gute,
rob
Absolut d’accord: Das hat weder etwas mit postmoderner Intertextualität zu tun noch mit der Remix-Kultur. Und das Händewedeln von Hegemann & Feuilleton in Richtung Kathy Acker ist ganz besonders frech oder dumm oder beides.
Vielen Dank für diesen Artikel – damit wurde eigentlich alles gesagt, was zum Fall Hagemann gesagt werden konnte. Oder…
Ich persönlich bin Frau Hagemann dankbar. Dass sie – durch ihre eigene (vielleicht unbewusste) Aufopferung die Missstände unserer Quasi-Medienwelt passiv aufgedeckt hat. Und anders als eine Aufopferung kann ich ihre Plagiat-Tätigkeiten nicht bewerten. Denn von nun an ist ihr Name fast schon mit Plagiat synonymisiert (und sie wird es nicht wieder reinwaschen können mit der schwachen Argumentation des “Postmodernen” oder des “Intertextuellen”). Doch es geht hier eigentlich weder um sie, noch um das Plagiat an sich.
Es geht hier um die manichäische Haltung und völlige Inkompetenz der Printmedien, was die neuen Medien angeht. Es geht hier um die blinde und leicht explosive Emotionalität der Feuilleton-Bezirke. Es geht hier im Endeffekt um die Selbstdarstellung der agonisierenden Printmedien.
Minderwertigkeitskomplex der Printmedien (ohne jetzt verallgemeinern zu wollen, anders aber nicht könnend) ist bereits weit entwickelt. Und mit Fall Hagemann sieht man endlich sehr deutlich, wie weit es gekommen ist…
geistiges Eigentum
Ich hatte gestern erst die Diskussion mit meiner Freundin: gibt es sowas wie geistiges Eigentum?
Der Begriff setzt voraus, dass eine Idee (= eine geistige Leistung) etwas materialisier- und handelbares ist, was man besitzen und verkaufen kann. Denkt man das weiter, muss man zwangsweise zu den Schluss kommen, dass dieser Besitzanspruch aufgelöst wird in dem moment, wo ich meine Idee irgendwem anders mitteile, da dieser Empfänger der Idee dann ebenfalls diese Idee in seinem Kopf trägt. Dem „Empfänger“ der Idee streitet man aber dann das Recht, diese Idee zu Eigen zu haben, ab, gleichwohl sie auch in seinem Kopf fortan verankert ist. Klar, kann derjenige, der eine Idee hat entscheiden, was mit dieser passiert. Das geht aber nur solange, wie er diese Idee niemandem mitteilt. Was aber hat er dann von seinem Recht auf „geistiges Eigentum“, also dem Recht, mit seiner Idee zu machen, was er will?
Mit geistigem Eigentum kann mal also niemals eine Idee oder ein abstraktes Konzept schützen, sondern nur eine Verbindung von diesem Konzept mit einem konkreten Namen. Diese Verbindung wird aber von Außen hergestellt, nämlich in dem Moment, in dem eine Idee mitgeteilt wird.
Was bleibt ist die Tatsache, dass „geistiges Eigentum“ kein Handelsgut sein kann, wie es materielle Eigentümer sind, sondern nur ein abstrakter Begriff, aus dem man irgendwelche Rechte versucht herzuleiten, die ansonsten völlig aus dem Nichts gegriffen sind.
Ist das Buch nun gut oder nicht?
Die Begriffsklärung ist hilfreich für das Wort “Intertextualität”. Aber was hat man erreicht, wenn man Schwaflern ein einzelnes Wort wegnimmt? Vermutlich wenig.
Die Literaturmarkt-Motoren wollen sich ja keinesfalls geirrt haben. Sie haben sich aber unabhängig von jeder “Intertextualität” in der Qualität des “Romans” geirrt. Wer lesen kann, merkt und fühlt es gleich. Um es mit einem Zitat zu sagen: “You imitate the best, the rest you memorize but do you really feel what you feel?” Die anderen merken es dann später, in ein paar Jahren, wenn sich alle wieder einmal an die Stirn fassen und denken: Warum hat denn damals dieser Keks so viel Aufmerksamkeit bekommen? Eine Glosse wäre es vielleicht wert gewesen -aber solche Elogen? Peinlich. Das ist – wie andere hier auch schon festgetsellt haben – das wirklich Peinliche. Ach Karl Kraus, mit diesem krachenden Unfall der Buch-Kritik hättest du mehrere Fackeln anzünden können.
Gareth schrieb:
“Entschuldigung, aber das ist kein Argument, sondern eine nette Anekdote aus dem Literaturbetrieb des Mittelalters. Da hatten übrigens auch noch ganz andere Praktiken ihren Ursprung, die wir heute nicht mehr so doll finden – z.B. Judenverfolgung.”
Warum schreibt jemand solche einen Unsinn? Was bitte hat die Tatsache, dass in der Weltliteratur seit Jahrtausenden Stoffe weiterverarbeitet werden, mit der Judenverfolgung zu tun? Einfach mal dumm dahergesabbelt, oder was?
Herr, wirf Hirn vom Himmel
Es gibt kein geistiges Eigentum, aber was die Hegemann da gemacht hat ist echt nich ok, ne.
Was für ein himmelschreiender Unfug. Und (sorry, Klischee) meistens von denen am lautesten in die Welt geblasen, die keinen blassen haben, wie Kunst “erschaffen” wird. So ein bissel copy & paste reicht da nicht. Die (Eigen-Schöpfung) ist das wichtige. Und die ist verdammt nochmal geschützt. Und das ist auch verdammt gut so, denn das führt dazu, dass Künstler zuallererstmal für ihre Arbeit bezahlt werden, bevor man darüber salbadert, dass das Resultat irgendwie gefälligst Allgemeingut zu sein hat.
Frag doch mal den Schreiner um die Ecke, wie prickelnd er es findet, wenn man meint, für seinen Tisch nicht bezahlen zu müssen, ihn dann grün streicht und dann auch noch so zu tut, als habe man das ganze selber zusammengefummelt und damit eine Menge Asche einfährt.
Ich nenne das Diebstahl. Und Betrug gleich noch dazu.
Hochgejubelt
Das Feuilleton (zumindest ein großer Teil desselben) hat sich von einem geltungssüchtigen Vater aus dem sogenannten Kulturbetrieb missbrauchen lassen.
Das Machwerk bleibt schlecht, egal ob abgeschrieben oder vom Vater oder der Tochter hingesudelt.
Peinliche “Edelfedern”
Es ist megapeinlich, die Verrenkungen der “Edelfedern” zu lesen, die – nachdem sie das Mädel unisono gehypt haben – jetzt zu erklären versuchen, warum es eine “Kunst” sei, abzuschreiben. Das deutsche Feuilleton begräbt sich langsam aber sicher selbst. Kein Wunder, wenn die Literaturkritik in Blogs an Ansehen gewinnt.
Naiv?
Ich wundere mich nicht nur über die (angeblich) verkehrte Welt (Blogger entlarvt Abschreiberin, Zeitungen verteidigen sie) sondern auch daum, dass alle das Statement der Autorin als “naiv” einstufen.
Ich denke, sie hat ganz genau gewusst, was sie da tut und hat nur nicht damit gerechnet, dass man ihr auf die Schliche kommt.
Ihre Replik erinnert mich allerdings fatal an Ausreden meiner Schüler, wenn ich deren Referat im Internet gefunden habe…
Gerhard:
Immer mit der Ruhe. Die Judenverfolgung hat mit der Weiterverarbeitung von Stoffen per se natürlich gar nichts zu tun. Habe ich auch nicht behauptet. Ich habe auch nicht bestritten, dass man das seit Jahrhunderten von Jahren so macht. Es geht um Argumente! Ich habe also lediglich angeführt, dass ein Verweis auf eine lange Tradition nicht als Argument dafür benutzt werden kann. Sie können nicht daherkommen und sagen: “Das wird aber schon seit Erfindung des Buchdrucks so gemacht!” bzw. “Es ist deshalb legitim, weil es die Erfinder im Mittelalter auch so gemacht haben” (paraphrasiert). Ist es nämlich nicht. Es kann aus ganz vielen Gründen legitim sein, aber nicht aus Tradition. Daher mein Beispiel mit der Judenverfolgung (die zufälligerweise auch im Mittelalter zum Renner wurde) – dass sie eine jahrhundertelange Tradition in Deutschland hat, legitimiert sie nicht. Sie können aber auch tausend andere Beispiele nehmen, wenn Ihnen das nicht passt: Dass asiatische Völker seit Jahrtausenden Akupunktur betreiben, ist ein Fakt. Dieser hat aber keinen Einfluss darauf, ob Akupunktur nun gut oder schlecht (bzw. wirksam oder unwirksam) ist. Ich zweifle keine Fakten an und ich lasse Ihnen Ihre Meinung, aber es wäre klasse, wenn nur Argumente angeführt würden, die auch welche sind.
rob:
Diebstahl ist aber nicht Ansichtssache. Von mir aus kann man darüber debattieren, ob ein Plagiat wirklich Diebstahlcharakter hat (meiner Meinung nach ja, doch darum ging’s mir gar nicht), aber Diebstahl ist ein strafrechtlich definierter Begriff. Man nimmt jemandem etwas weg, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Alles andere klingt mir außerdem ein bisschen arg nach Robin Hood.
Verstehe ich nicht. Wenn man bei jemandem abschreibt und es nicht verheimlicht, nennt man das doch “Zitat”. Die Akzeptanz dessen steht doch außer Frage.
@Gareth
Kann ich nachvollziehen.
Und nehme meinen Kommentar hiermit zurück.
Danke für diesen Artikel, so gut hat es noch keiner zusammengefasst.
Sehr richtig!
Sehr geehrter Herr Stefanowitsch, wie Recht Sie haben!
Und das Schäbigste ist, dass sich hier die blamiertesten Kritiker besonders als Klageweiber des immer noch leidlich funktionierenden Urheber- (Zitat-)rechts hervortun. Besonders die, deren Verlagen das nicht genügt, weshalb sie dazu noch ein “Leistungsschutzrecht” haben wollen (wobei sie verkennen, dass dieses dann ja wohl dem Mörder und nicht dem Verleger zustehen müsste, der bloß den Bericht eines Journalisten über den Mord abdruckt).
Ein Gutes hat’s: Es gibt einige Kritiker-Namen, die man in Zukunft gar nicht erst wird ignorieren müssen.
Apropos: Das Kind kann einem ja nur leid tun, egal wie größmäulig es sich gibt. Aber gibt es in Berlin eigentlich keine Jugendämter und Staatsanwälte, die sich um einem Vater kümmern, der seine kleine Tochter offenbar zu derartigen Drogen- und Sex-Exzessen angestiftet hat, indem er ihr die Gebrauchsanweisungen besorgte?
Was heisst das?
“Wenn jemand über Dinge schreibt, von denen er oder sie nichts wissen kann […]”
Ohne das Buch gelesen zu haben: Was denn zum Beispiel? Mir fiele da recht wenig ein (Einkommenssteuer zahlen und Rentner sein als so ziemlich einzige Beispiele), worüber man mit 17 grundsätzlich nichts wissen kann und selbst da kann man mit Betroffenen reden und sich informieren. Man ist geschlechtsreif, hat vielleicht schon (ferien-)gearbeitet usw.
Da eine Freundin sich (nicht bei Ihnen/dir, nicht in Bremen) schon einen Plagiatsvorwurf gefallen lassen musste, weil sie sich über das Thema ihrer Abschlussarbeit tatsächlich informiert hat (das war dann “Wissen, das sie nicht haben konnte”), bin ich bei sowas sehr vorsichtig.
Berghain.
fr.helene hegemann benutzt eine neue erzählform,die zu unser zeit passt,auch wenn sie der bisher üblichen widerspricht.fr.hegemann hat etwas angestossen,das in zukunft als neue wiedergabe angesehen wird.
Berghain
Wieso sollte eine 17-jährige nicht übers Berghain schreiben können? Ich kenne hervorragende Romane über den Zweiten Weltkrieg, geschrieben von Leuten, die deutlich nach 1970 geboren wurden.
Ja, Chance verpasst, live dabei zu sein… Es können auch Nicht-Blinde einen Roman schreiben, in dem es um Blinde geht, und der kann auch gut sein. Ich hielt es auch bei Frau Hegemann nicht für unmöglich, aber zumindest doch für ungewöhnlich. Nicht dass sie auf Recherche angewiesen war (das ist ja weiter nicht verwunderlich), sondern dass ihr ein laut Feuilleton ein so “authentisches” Buch gelungen ist über etwas das man – anders als den 2WK – nicht einfach tausendfach in der Literatur recherchieren kann. Hat sich dann ja auch herausgestellt, dass es genau die Authentizität war, die sie bei anderen geklaut hat.
„Literarisches Talent“, so’n Quatsch
@Werner Sauerwein und alle anderen Hegemann-Apologeten: Hegemanns angebliches literarisches Talent und ihre angebliche alles verzeihlich machende jugendliche Naivität sind mir völlig egal, ebenso wie die abstruse Theorie, dass Abschreiben erlaubt sei, weil andere Autor/innen das auch gemacht haben. Mir geht es um Teile des deutschen Literaturfeuilletons und deren unsägliche Rechtfertigungsarien unter mutwilliger Verwendung unpassender Begriffe.
Aber da wir schon bei einer Bewertung von Hegemanns Vorgehen sind: Ihnen und allen anderen, die nicht verstehen wollen, was Hegemann falsch gemacht hat sei folgender Beitrag von Volker Ludewig auf FAZ.net ans Herz gelegt: Nicht abschreiben! Selber leben! Selber schreiben!.
Exzellente Analyse
Vielen Dank für diesen herausragenden Beitrag.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist “share-alike”: Grundlage für die Nutzung und Weiterentwicklung (derivative works) vieler unter Creative Commons veröffentlichter Inhalte ist ja, dass das neu zusammengebastelte Werk *unter den gleichen Bedingungen* lizensiert wird wie das Ausgangsmaterial! Also so, dass der Nächste auch wieder einen Remix machen darf.
So wird durch den Ursprungsautor sicher gestellt, dass seine Impulse weiter gegeben werden können und die kollektive geistige Entwicklung voranschreiten kann.
Und genau das ist bei Axolotl Roadkill eben nicht der Fall. Der Ullstein Verlag beansprucht das volle Copyright für den Text. Wer einen Remix davon anfertigt, bekommt es mit der Rechtsabteilung zu tun und kann sehen, wie er sich aus der Abmahnung wieder rauskauft.
Das ist schlicht Diebstahl und muss auch klar als solcher benannt werden. Wer von Remix-Kultur spricht und gleichzeitig alle Rechte beansprucht und verteidigt, handelt zynisch und ohne Ehre.
Frau Hegemann und die Verlagsbranche haben damit – absichtlich oder unfreiwillig – ihre eigene hässliche Fratze entblößt.
Einkommenssteuer
@ shadaik:
Das mit der Einkommenssteuer geht demnächst wohl los, wenn ich mir anschaue, in welchem Tempo die Stapel bei Hugendubel & Co. umgeschichtet werden. Oder sollte sie den Urheberbegriff auch für sich so locker auslegen, dass sie den Text ohne anständige Tantiemenforderung an den Verlag gegeben hat?
@rob
“Zum diebstahl: meiner ansicht nach ist der kern des diebstahls nicht, dass der dieb etwas hat, was er vorher nicht hatte, sondern dass der bestohlene etwas nicht mehr hat. Wenn ich einen replikator erfinde und dann mittels einer wunderbaren brotvermehrung in einer baeckerei das brot verdoppele und dann an die hungernden verteile, habe ich den baecker nicht bestohlen.”
Im wörtlichen Sinne sicher nicht.
Wenn der Bäcker allerdings davon lebt, seine Brote zu verkaufen, hast du ihm die Existenzgrundlage entzogen.
Es gibt übrigens Leute, die haben zwar keinen Replikator, aber Arbeiter, die zu Hungerlöhnen arbeiten (müssen) und dann das von denen produzierte Brot zwar nicht an die Armen verschenken, aber einfach billiger als der Bäcker verkaufen. Das ist in unserer Gesellschaft auch kein Diebstahl, sondern “Freie Marktwirtschaft”
“Heute in den Feuilletons…”
Jaha, Traditionen soll man pflegen…
…aber meines Wissens haben heutzutage Feuilletonartikel einen Autor!
Wieso wird der nicht genannt?
Nicht nur in dieser spannenden Debatte ist es doch nützlich zu wissen, welcher Großkritiker welchen Mist verzapft hat ohne mühsam den Originalartikel zu konsultieren.
“…meint die ZEIT, …empört sich die FAZ, …lobt die TAZ” ist anachronistische Nullinformationsrhetorik der alten Schule.
Warum als Kurzbeleg nicht einfach (M. Biller/FAS)?
“Diebstahl ist aber nicht Ansichtssache. Von mir aus kann man darüber debattieren, ob ein Plagiat wirklich Diebstahlcharakter hat (meiner Meinung nach ja, doch darum ging’s mir gar nicht), aber Diebstahl ist ein strafrechtlich definierter Begriff. “
Hui, entweder missverstehe ich Sie, oder jemand begibt sich hier auf ein ziemliche dünnes Eis.
Straftrechtlich ist es nunmal kein Diebstahl, der Paragraph über Diebstahl bezieht sich AUSDRÜCKLICH nur auf SACHEN.
Um den Beginn von “StGB §242 Diebstahl” zu zitieren:
“(1) Wer eine fremde bewegliche Sache[…]”
Nebenbei ist noch interessant, das für Diebstahl eine Aneignungsabsicht bestehen muss, das “borgen” eines Fahrrads ist also kein Diebstahl, weswegen es den §248b gibt 😉
Weder in Deutschland, noch – meines Wissens – international haben Begriffe wie geistiges Eigentum, Diebstahl geistigen Eigentums, Raubkopie etc irgendeine rechtliche Bedeutung.
Es geht ausschließlich immer um Urheberrecht und Verletzung des Urheberrechts.
Damit ist es nunmal ein Begriff der versucht, Emotion mit Argumentation zu vermischen, oder etwas negativer ein “reiner Kampfbegriff”.
Zum Artikel selbst:
Auf jedenfall interessant und habe ich gerne gelesen.
Der Kommentar verschwindet wahrscheinlich ungelesen, weil ich “zu spät” etwas geschrieben habe, aber die Sache mit dem Diebstahl konnte ich so nicht stehen lassen. 🙂
@ TMP
Da kann man sich täuschen. Es werden auch ältere Artikel und deren Kommentare gelesen.
Sehr schöner Artikel
Trifft es auf den Punkt. Aber wieso sollte die Journaille sie verurteilen, wenn sie selbst kaum noch was anderes macht, als (ohne Prüfung) Artikel von Presseagenturen abzukupfern? Gab es eigentlich eine Klage wegen der Urheberrechtsverletzungen?