Leserexkursion zum Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen

Text: Gerd Marmitt, Laudenbach
(Abonnent von Spektrum der Wissenschaft & Sterne und Weltraum)

Meine erste Information über die Sonne aus einem Was ist Was-Buch habe ich nicht in guter Erinnerung. Ich las den ersten Artikel als damals Achtjähriger noch während der Heimfahrt vom Einkaufszentrum und stieg kreidebleich aus dem Auto. Die Sonne, so erfuhr ich, würde in vier Milliarden Jahre alles Leben auf der Erde vernichtet haben! Keinerlei Vorstellung von den beschriebenen Zeiträumen, musste meine Mutter es gegen einen anderen Band über das Wetter eintauschen. Es sollte vier Jahre dauern, bis ich wieder mehr über Sonne erfahren wollte.

Foto: Gerd Marmitt

Diese Erinnerung geht mir durch den Kopf, als der Referent seinen Vortrag damit eröffnet, dass die Sonne doch eigentlich ein langweiliger Stern sei. Unabhängig von meinem Erlebnis ist die Sonne dies natürlich nicht. Allein die durchschnittlich zwei Sonnenstürme pro Jahr werden für unsere hoch technisierte Welt immer mehr zu einem Problem. Um mehr über die Ursache dieser und anderer Phänomene unseres Zentralgestirns zu erfahren, wurde im Jahr 1948 das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung gegründet. Der Urvater war die 1934 gegründete Ionosphären-Beobachtungsstation in Rechlin. Nach mehreren Umzügen bezog es 2014 ein neues Gebäude in Göttingen, wo nun eine kleine »Spektrum«-Lesergruppe ein Vortrag einschließlich Rundgang durch das Institut erwartet. Das Gebäude wurde übrigens so konzipiert, dass Sonnen- oder Sternenlicht direkt in eine Reinraumkammer geleitet werden kann, wo die Instrumente zusammengebaut und getestet werden. Das Institut selbst gliedert sich in die Abteilungen Sonne und Heliosphäre, Planeten und Kometen sowie das Innere der Sonne und der Sterne. Fans von Douglas Adams können zudem im hinteren Bereich der großzügigen Eingangshalle das Restaurant am Ende des Universums besuchen.

Foto: Gerd Marmitt

Schwerpunkt dieser Exkursion ist die Sonnenbeobachtung durch am Institut entwickelte Instrumente. Diese werden vor allem für ballongetragene Sonnenobservatorien wie SUNRISE oder für Raumsonden, z. B. den Solar Orbiter oder Bepi Colombo, entwickelt. Letztere Variante ist für die Instrumentenentwickler auf Grund der unvereinbaren Anforderungen eine enorme Herausforderung: Die Beförderung von einem Kilogramm Nutzlast ins All kostet ungefähr eine Million Euro – Entwicklung und Bau des Instruments noch nicht einmal eingerechnet. Die Nutzlast wissenschaftlicher Instrumente ist bei aktuell verfügbaren Raketentypen zudem auf 100 kg beschränkt. Gleichzeitig muss das Instrument aber robust genug gebaut sein, um die Vibrationen beim Start auf Grund der Raketentriebwerke zu überstehen. Die eigentliche Schwierigkeit ist allerdings der Betrieb eines solchen Instruments im Vakuum des Weltraums. Dadurch kann die von der Sonne zwangsläufig aufgenommene Energie nicht wie auf der Erde durch die allgegenwärtige Umgebungsluft abgeführt werden. Auf der Erde problemlos betreibbare Geräte würden deshalb im Vakuum in etwa einer Minute den Hitzetod sterben. Umfangreiche Thermal-Vakuum-Tests sind darum ein wichtiger Meilenstein in solchen Entwicklungsprojekten und verlangen nach besonderen Materialeigenschaften. Alltagsmaterialien können auch deswegen kaum verwendet werden, weil diese im Vakuum zu stark ausgasen. Zusätzlich sind viele Arbeiten unter Reinraumbedingungen auszuführen, da Verschmutzungen im All den Betrieb stören würden.

Foto: Gerd Marmitt

Der sich nahtlos anschließende Rundgang zeigt, dass diese Reinraumbedingungen nur durch ein System ineinander verschachtelter Schleusen erreicht werden. Als Besuchergruppe dürfen wir natürlich nur einen Blick von außen durch einzelne Verglasungen werfen. In einigen Räumen wird zudem die Ersatz-Flugeinheit betrieben. Jedes Instrument wird zwecks Risikominderung zweifach gebaut. Während die Flugeinheit Bestandteil der Raumsonde wird, bleibt die Ersatz-Flugeinheit am Boden, um Ergebnisse oder auch Probleme während der Laufzeit experimentell nachzuvollziehen oder sogar nachträglich Software-Fehler zu beheben. Dies führt dazu, dass selbst Instrumente von Missionen betrieben werden, deren Messungen bereits vor zehn Jahren und mehr beendet wurden, deren Datenauswertung allerdings noch läuft. Einschließlich der damals verwendeten Entwicklungssoftware samt Betriebssystem und Rechner wohlgemerkt.

Foto: Gerd Marmitt

Nicht weniger interessant ist das ebenfalls dort betreute Projekt des ballongetragenen Sonnenobservatiums SUNRISE. Dieser Ballon kreist mehrere Tage am Polarkreis in 37 km Höhe und wurde 2009 und 2013 erfolgreich eingesetzt. Dies ermöglicht zwar keine Langzeitmessungen, ist aber deutlich günstiger gegenüber einer Raumsonde.

Foto: Gerd Marmitt

Es wartete also wieder eine Fülle an Informationen auf die »Spektrum-Leser«, und sowohl der Vortrag als auch der Rundgang durch das Gebäude machte allen Teilnehmern auf Grund der gelungenen Kombination aus Wissensvermittlung und Anekdoten sichtlich Spaß. 

3 Kommentare

  1. Sehr verehrte Damen und Herren,

    ich möchte Fragen ob bei oben genannter Leserexkursion zum Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen noch ein Platz frei ist ?

    Beste Grüße
    Egbert Eger

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